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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über die Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch Arbeit

Vollzitat: Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa über die Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch Arbeit vom 18. Oktober 2010 (SächsGVBl. S. 313)

Verordnung

des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa
über die Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch Arbeit

Vom 18. Oktober 2010

Aufgrund von Artikel 293 Abs. 1 Satz 1 und 4 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch (EGStGB) vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 1975 I S. 1916, 1976 I S. 507), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2288, 2289) geändert worden ist, in Verbindung mit § 1 Nr. 13 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Übertragung von Zuständigkeiten zum Erlass von Rechtsverordnungen im Bereich der Rechtspflege auf das Sächsische Staatsministerium der Justiz (Zuständigkeitsübertragungsverordnung Justiz – ZustÜVOJu) vom 7. November 2007 (SächsGVBl. S. 501), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 14. März 2010 (SächsGVBl. S. 94, 95), wird verordnet:

§ 1
Allgemeines

(1) Die Vollstreckungsbehörde kann einem Verurteilten auf Antrag gestatten, die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch Arbeit abzuwenden.

(2) Arbeit im Sinne dieser Verordnung ist gemeinnützige und unentgeltliche Tätigkeit. Geringfügige freiwillige Zuwendungen an den Verurteilten zum Ausgleich von Auslagen im Zusammenhang mit der Arbeitsleistung berühren die Unentgeltlichkeit nicht.

§ 2
Antragsverfahren

(1) Die Vollstreckungsbehörde weist den Verurteilten bereits bei Einleitung der Strafvollstreckung auf die Möglichkeit einer Antragstellung nach § 1 Abs. 1 hin. Bei Anordnung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe wiederholt sie den Hinweis und setzt dem Verurteilten zur Antragstellung nach § 1 Abs. 1 eine Frist. Zugleich gibt sie dem Verurteilten Gelegenheit, innerhalb dieser Frist eine ihm mögliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 sowie eine geeignete Einsatzstelle vorzuschlagen.

(2) Ein Hinweis nach Absatz 1 kann unterbleiben, wenn der Verurteilte innerhalb der letzten sechs Monate Gelegenheit hatte, die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch Arbeit abzuwenden und die Erlaubnis nach § 6 Abs. 1 widerrufen worden ist.

(3) Befindet sich der Verurteilte in Strafhaft, erteilt die Vollstreckungsbehörde den Hinweis zeitgleich mit dem Ersuchen um Vormerkung von Überhaft für die Ersatzfreiheitsstrafe.

§ 3
Entscheidung der Vollstreckungsbehörde

(1) Die Vollstreckungsbehörde prüft, ob sich aus den vorliegenden Unterlagen zum Verurteilten Hinweise auf eine mögliche Gefährdung der Mitarbeiter oder weiterer Personen, die sich in den Einsatzstellen aufhalten, ergeben.

(2) Gestattet die Vollstreckungsbehörde, die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch Arbeit abzuwenden, bestimmt sie unter Berücksichtigung der Feststellungen nach Absatz 1 zugleich die Einsatzstelle, setzt eine Frist zur Ableistung der Arbeit und belehrt den Verurteilten über seine Pflichten nach § 5 und die Regelungen der §§ 6 und 7.

(3) Die Vollstreckungsbehörde kann die Abwendung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch Arbeit nach Absatz 2 auch dann gestatten, wenn die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe bereits begonnen hat.

(4) Die Vollstreckungsbehörde darf den Antrag nur dann ablehnen, wenn

1.
Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass der Verurteilte die Arbeit nicht leisten will oder dazu in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein wird oder
2.
eine Einsatzstelle in angemessener Zeit nicht vermittelt werden kann.

§ 4
Vollstreckungshemmung

Die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe unterbleibt, solange

1.
über einen fristgerecht gestellten Antrag des Verurteilten nach § 2 Abs. 1 nicht entschieden ist oder
2.
dem Verurteilten die Abwendung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch Arbeit gestattet ist.

§ 5
Weisungen

Der Verurteilte hat den Weisungen der Vollstreckungsbehörde und im Rahmen der Abwendung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch Arbeit den Anordnungen des Sozialen Dienstes der Justiz und der Einsatzstelle nachzukommen.

§ 6
Widerruf und Beendigung der Gestattung

(1) Die Vollstreckungsbehörde kann die Gestattung nach Anhörung des Verurteilten widerrufen, wenn dieser

1.
ohne genügende Entschuldigung die Arbeit nicht aufnimmt, nicht zur Arbeit erscheint oder die Arbeit abbricht,
2.
trotz Abmahnung der Einsatzstelle mit seiner Arbeitsleistung hinter den Anforderungen zurückbleibt, die an ihn gestellt werden können,
3.
in erheblichem Maße oder zum wiederholten Mal gegen ihm erteilte Weisungen oder Anordnungen verstößt oder
4.
sonst schuldhaft seine Weiterbeschäftigung für die Einsatzstelle unzumutbar macht.

(2) Die Gestattung endet, wenn der Verurteilte bei der bisherigen Einsatzstelle nicht mehr weiter tätig sein und eine neue Einsatzstelle in angemessener Zeit nicht vermittelt werden kann.

§ 7
Erledigung der Ersatzfreiheitsstrafe

(1) Die Vollstreckung eines Tages der Ersatzfreiheitsstrafe wird durch sechs Arbeitsstunden abgewendet. In Ausnahmefällen kann die Vollstreckungsbehörde den Anrechnungsmaßstab insbesondere mit Rücksicht auf Inhalt und Umstände der Tätigkeit oder auf die persönlichen Verhältnisse des Verurteilten bis auf vier Stunden herabsetzen.

(2) Bleibt der Verurteilte der Arbeit fern, wird die versäumte Arbeitszeit auch dann nicht auf die Gesamtarbeitszeit angerechnet, wenn das Fernbleiben genügend entschuldigt ist. Hat der Verurteilte nur einen Teil der zu leistenden Arbeit erbracht, wird dies auf die zu vollstreckende Ersatzfreiheitsstrafe angerechnet.

(3) Der Verurteilte hat der Vollstreckungsbehörde die Ableistung der Arbeitsstunden innerhalb einer von dieser bestimmten Frist durch entsprechende Bescheinigung der Einsatzstelle nachzuweisen. Mit dem Nachweis ist die Ersatzfreiheitsstrafe erledigt. Die Vollstreckungsbehörde teilt dies dem Verurteilten schriftlich mit.

§ 8
Beteiligung des Sozialen Dienstes der Justiz

(1) Die Vollstreckungsbehörde kann abweichend von § 3 Abs. 2 die Bestimmung der Einsatzstelle auf den Sozialen Dienst der Justiz übertragen und diesen mit der Vermittlung der Einsatzstelle sowie der Überwachung der Arbeit beauftragen. Einschränkungen, die sich aus der Prüfung nach § 3 Abs. 1 ergeben, werden dem Sozialen Dienst der Justiz mitgeteilt. Hat der mit der Vermittlung beauftragte Soziale Dienst der Justiz Erkenntnisse, aus denen sich Hinweise auf eine mögliche Gefährdung im Sinne des § 3 Abs. 1 ergeben, so teilt er diese unverzüglich der Vollstreckungsbehörde mit.

(2) Der mit der Vermittlung beauftragte Soziale Dienst der Justiz ermittelt auch Umstände, die zur Antragsablehnung nach § 3 Abs. 4 sowie zum Widerruf oder zur Beendigung der Gestattung nach § 6 führen. Erlangt der Soziale Dienst der Justiz solche Informationen, so teilt er diese umgehend der Vollstreckungsbehörde mit.

§ 9
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.

Dresden, den 18. Oktober 2010

Der Staatsminister der Justiz und für Europa
Dr. Jürgen Martens

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 2010 Nr. 13, S. 313
    Fsn-Nr.: 311-7

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 21. November 2010

    Fassung gültig bis: 31. Januar 2014