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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur sozialen Betreuung ausländischer Flüchtlinge

Vollzitat: Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur sozialen Betreuung ausländischer Flüchtlinge vom 27. Juni 1995 (SächsABl. S. 958), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 11. Dezember 2007 (SächsABl. SDr. S. S 486)

Richtlinie
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
zur sozialen Betreuung ausländischer Flüchtlinge

Vom 27. Juni 1995

1
Zweck
 
Das Zurechtfinden in die Lebensbedingungen eines unbekannten Landes, die Ungewißheit der Flüchtlinge über die Dauer des Aufenthalts und das Zusammenleben verschiedener Personen mit unterschiedlichem sozio-kulturellem Hintergrund kann durch Maßnahmen sozialer Betreuung erleichtert werden. Bisher leisten Verbände, Kirchen, Ausländerbeauftragte, Ausländer- und Unterbringungsbehörden sowie Betreiber Betreuungsarbeit, wobei die Behörden auch Verfahrensberatung durchführen. Durch das Recht auf Schulbesuch wird Kindern weitere Unterstützung zuteil. Bei der Betreuung darf allerdings nicht außer acht gelassen werden, daß der Aufenthalt der Personen meist nur vorübergehend ist. Ein Rechtsanspruch auf Teilnahme an Betreuungsmaßnahmen, für die auf der Grundlage dieser Richtlinie eine Kostenerstattung/Kostentragung (nachfolgend: Kostenerstattung) gewährt wird, besteht nicht.
2
Kostenerstattungspflicht
 
Die Kostenerstattungspflicht für die vom Gesetz zur Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern, Asylberechtigten und anderen ausländischen Flüchtlingen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Flüchtlingsaufnahmegesetz – SächsFlüAG) vom 28. Februar 1994 (SächsGVBl. S. 357, ber. S. 1630) umfaßten Personenkreise ergibt sich aus § 5 SächsFlüAG, im übrigen aus § 2 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes (DVAsylbLG) vom 22. Dezember 1993 (SächsGVBl. S. 100).
3
Begünstigter Personenkreis
 
Eine Kostenerstattung für Betreuungsmaßnahmen erfolgt nur für die in § 1 SächsFlüAG genannten Personengruppen sowie für geduldete Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge.
4
Zuständigkeit
4.1
Die Aufgabe der sozialen Betreuung in den Gemeinschaftsunterkünften/Wohnheimen und sonstigen gemeinsamen Einrichtungen obliegt den Landkreisen/Kreisfreien Städten. Aufgaben der sozialen Betreuung sind Weisungsaufgaben.
4.2
Dem Freistaat Sachsen (Regierungspräsidien) obliegt die soziale Betreuung in den Aufnahmeeinrichtungen einschließlich ihrer angegliederten Unterkünfte.
4.3
Über Art, Umfang und Durchführung der Betreuung entscheidet die zuständige Körperschaft. Sie kann auch geeignete Dritte, zum Beispiel Wohlfahrtsverbände, mit der Betreuung betrauen, wobei die Koordinierung und Überwachung der Betreuung im Verantwortungsbereich der zuständigen Körperschaft verbleibt.
4.4
In den Einrichtungen, in denen die Regierungspräsidien unmittelbar für die Betreuung zuständig sind, können die Maßnahmen auch durch bereits vorhandenes geeignetes Personal durchgeführt werden.
4.5
Die zuständigen Körperschaften können zur Wahrnehmung der Betreuungsaufgaben zusammenarbeiten.
5
Allgemeine Voraussetzungen für die Kostenerstattung von Betreuungsmaßnahmen
5.1
Die Kostenerstattung für die Betreuung von ausländischen Flüchtlingen erfolgt nach Maßgabe dieser Richtlinie und der allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen sowie im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
5.2
Eine Kostenerstattung erfolgt nur, wenn der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit eingehalten und die Maßnahme im Freistaat Sachsen durchgeführt wurde.
5.3
Maßnahmen zur Betreuung werden nur für diejenigen Flüchtlinge erstattet, die nicht andere öffentlich geförderte Betreuungsmaßnahmen oder Eingliederungshilfen in Anspruch nehmen können.
5.4
Es werden nur solche Maßnahmekosten erstattet, für die nicht bereits eine Förderung aus öffentlichen Mitteln erfolgt.
6
Kosten
6.1
Bei Durchführung von Maßnahmen werden erstattet:
 
a)
notwendige Sachkosten,
 
b)
notwendige Personalkosten bis zu einem Betrag von maximal 8 DM pro Betreuer und Stunde; darin eingeschlossen sind alle eventuell anfallenden Nebenkosten wie Fahrtkosten und andere.
6.2
Die zur Verfügung stehenden Mittel können von der zuständigen Körperschaft teilweise oder vollständig als Personalkosten zur Vergütung von geeigneten Betreuern verwendet werden. Eine zusätzliche Erstattung von Personalkosten nach Nummer 6.1 für diese Betreuer ist ausgeschlossen.
7
Erstattungsfähige Betreuungsmaßnahmen
 
Erstattungsfähig sind Kosten für Maßnahmen, die geeignet sind,
7.1
das Zusammenleben der Bewohner einer Unterkunft zu gestalten und den Kontakt der Bewohner zu fördern;
7.2
die gegenseitige Unterstützung der Bewohner der Unterkunft zu fördern und durch Organisation des täglichen Lebens und Entwicklung des Verantwortungsgefühls für die Umgebung zur Eigenverantwortlichkeit der Bewohner beizutragen, zum Beispiel Reparatur- und Renovierungskurse, Anleitung zur Kinderbetreuung, Hinweise zur Alten-, Kinder- und Krankenpflege, um später Arbeitsgelegenheiten gemäß § 5 des Asylbewerbeleistungsgesetzes (AsylbLG – BGBl I S. 1074), geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 21. Dezember 1993 (BGBl I S. 2374), wahrnehmen zu können;
7.3
den Bewohnern zu helfen, Konfliktsituationen zu vermeiden oder zu bewältigen, zum Beispiel Kurse zur Eigenhygiene, Kurse zur Sexualaufklärung/Geburtenregulierung, Maßnahmen zur Konfliktlösung bei Problemsituationen im Unterkunftsbereich;
7.4
zum Kennenlernen und gegenseitigen Verständnis zwischen Flüchtlingen und einheimischer Bevölkerung beizutragen, zum Beispiel gemeinsame Freizeitaktivitäten, gemeinsames Feiern religiöser Feste, dabei ist ein angemessenes zahlenmäßiges Verhältnis zwischen Einheimischen und Flüchtlingen Voraussetzung für die Förderung;
7.5
zur Erhaltung des Kulturgutes der Flüchtlinge beizutragen oder durch Vermittlung von Kenntnissen die Ausgangslage der Flüchtlinge bei einer Rückkehr in das Heimatland zu verbessern;
7.6
den Flüchtlingen die Orientierung vor Ort zu ermöglichen, zum Beispiel Informationsveranstaltungen über den Umgang mit Behörden, Informationsveranstaltungen zur Vermittlung eines realistischen Deutschlandbildes, Erläuterungen und Hinweise zu den in Deutschland gültigen Bestimmungen und den als strafbar angesehenen Handlungen.
8
Nichterstattungsfähige Betreuungsmaßnahmen
 
Nicht erstattungsfähig sind Kosten
8.1
für Maßnahmen, die den Grundsätzen unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht entsprechen;
8.2
für Verfahrensberatung;
8.3
für Maßnahmen, die mit einem hohen Verletzungsrisiko verbunden sind, und für das Erlernen von Kampfsportarten.
9
Kostenerstattungsverfahren
9.1
Die den zuständigen Körperschaften zur Verfügung stehenden Betreuungsmittel berechnen sich wie folgt: Zur Verfügung stehende Haushaltsmittel, multipliziert mit der Anzahl der tatsächlich belegten Plätze jeweils im Zuständigkeitsbereich des Landkreises, der Kreisfreien Stadt oder des Regierungspräsidiums nach Nummer 4.2 am 1. Januar des Haushaltsjahres, dividiert durch die gesamte Anzahl der tatsächlich belegten Plätze im Freistaat Sachsen am 1. Januar des Haushaltsjahres. Veränderungen der belegten Plätze innerhalb des laufenden Haushaltsjahres werden nicht berücksichtigt. Die für die Berechnung maßgeblichen Zahlen ergeben sich aus den Statistiken der Regierungspräsidien und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern.
9.2
Die Regierungspräsidien informieren die Landkreise/Kreisfreien Städte unmittelbar nach Verabschiedung des Haushaltsgesetzes über die Höhe der Haushaltsmittel, die ihnen zur Betreuung der Flüchtlinge zur Verfügung stehen und rechnen die Kosten mit diesen Körperschaften ab.
9.3
Die Kostenerstattung gemäß Nummer 6.1 erfolgt nach Abschluß einer Betreuungsmaßnahme. Die Kosten müssen innerhalb eines Zeitraumes von zwei Monaten nach Abschluß der Betreuungsmaßnahme durch die Körperschaften geltend gemacht werden. Bei Verwendung der Mittel als Personalkosten nach Nummer 6.2 erfolgt die Kostenerstattung vierteljährlich; diese Kosten sind spätestens zwei Monate nach Quartalsende geltend zu machen.
9.4
Zur Kostenerstattung sind überprüfbare Ausgabennachweise, zum Beispiel Projektunterlagen und Projektabrechnungen sowie eine Erklärung, wonach keine anderen öffentlichen Mittel für die Betreuungsmaßnahme in Anspruch genommen wurden, vorzulegen. Bei Verwendung der Mittel als Personalkosten nach Nummer 6.2 hat der Nachweis über Art und Umfang der Betreuungstätigkeit im Sinne dieser Richtlinie vierteljährlich durch Vorlage von Berichtheften und anderen geeigneten Unterlagen zu erfolgen.
9.5
Soweit bis zum 30. September des Haushaltsjahres Mittel für Betreuungsmaßnahmen nicht verplant sind, können diese unabhängig vom Berechnungsmodus nach Nummer 9.1 anderen Landkreisen/Kreisfreien Städten oder Regierungspräsidien zur Verfügung gestellt werden.
10
Inkrafttreten
 
Die Richtlinie tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.


Dresden, den 27. Juni 1995

Sächsisches Staatsministerium des Innern
Springborn
Abteilungsleiter

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsABl. 1995 Nr. 36, S. 958
    Fsn-Nr.: 270-V95.1

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 11. August 1995

    Fassung gültig bis: 16. Juli 2009