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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Tätigkeit von Beratungslehrern an den Schulen des Freistaates Sachsen

Vollzitat: Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Tätigkeit von Beratungslehrern an den Schulen des Freistaates Sachsen vom 1. Juni 1992 (MBl. SMK S. 50)

Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus
zur Tätigkeit von Beratungslehrern an den Schulen des Freistaates Sachsen

Vom 1.Juni 1992

1
Aufgaben
1.1
Beratungslehrer haben die Aufgabe, die pädagogische Arbeit an den Schulen aller Schularten zu unterstützen und dadurch zur bestmöglichen Entfaltung der Persönlichkeit der Schüler sowie zur Erfüllung des schulischen Erziehungs- und Bildungsauftrages beizutragen (§ 17 Abs. 2 SchulG vom 3.Juli 1991, SächsGVBl. S. 216).
Bei ihrer Tätigkeit handelt es sich um eine Funktionsstelle.
1.2
Beratungslehrer nehmen insbesondere die folgenden Aufgabenbereiche wahr:
1.2.1
Schullaufbahnberatung
 
Beratungslehrer unterstützen Lehrer und Schulleiter bei der Schullaufbahn- und Bildungswegberatung, indem sie
 
bei Informationsveranstaltungen mitwirken und umfassend über das Schulsystem und die möglichen Bildungswege mit ihren jeweiligen Voraussetzungen und Abschlüssen informieren,
 
Schüler und Eltern in Fragen der Schullaufbahnwahl und des Schullaufbahnwechsels individuell beraten,
 
zur Feststellung der persönlichen Eignung eines Schülers für einen bestimmten schulischen Bildungsweg im erforderlichen Fall spezielle Untersuchungs- und Testverfahren mit heranziehen.
1.2.2
Berufs- und studienorientierende Beratung
 
Beratungslehrer unterstützen die Einrichtungen der Berufs- und Studienberatung, indem sie
 
den Schülern allgemeine Orientierungshilfen in Fragen der Berufs- und Ausbildungswahl geben,
 
den Schülern entsprechendes Informationsmaterial zugänglich machen,
 
über existierende Beratungseinrichtungen informieren und im erforderlichen Fall Kontakte vermitteln.
1.2.3
Beratung bei Lern-, Leistungs- und Verhaltensstörungen
 
Soweit die Möglichkeiten im pädagogischen Bereich liegen, sind Beratungslehrer den Schülern, Eltern und Lehrern bei der Vermeidung, Milderung und Lösung von Problemen im Lern-, Leistungs- und Verhaltensbereich behilflich, indem sie
 
im schulischen Bereich bestehende Probleme mit den ihnen gegebenen Verfahrensweisen analysieren,
 
präventive und lerntherapeutische Fördermaßnahmen (z.B. Konzentrationstraining, Lese- Rechtschreib-Training, Begabtenförderung ...) anregen, organisieren oder selber durchführen,
 
beratende Hilfestellung zur allgemeinen Verbesserung der schulischen Unterrichts-, Erziehungs- und Lernbedingungen und zum Einsatz besonderer pädagogischer Maßnahmen geben,
 
Informationsveranstaltungen für Eltern organisieren bzw. selber durchführen,
 
mit anderen Beratungseinrichtungen Kontakt aufnehmen, wenn dies erforderlich erscheint.
1.2.4
Aufklärung, Prävention und Beratung
 
Beratungslehrer tragen durch Aufklärung, Prävention und Beratung dazu bei, die Schüler in den Bereichen
 
Gesundheit
 
Sucht und Drogen
 
Aids
 
Sekten und Jugendreligionen
 
Gewalt und Radikalismus
 
besondere Problemfelder von aktueller und regionaler Bedeutung
 
zu einem verantwortungsbewußten Verhalten gegenüber sich selbst und der Gesellschaft zu erziehen, indem sie
 
auf die fächerübergreifende Einbindung dieser Themen in den Unterricht achten,
 
entsprechende Informationsveranstaltungen für die verschiedenen Zielgruppen (Schüler/Eltern/Lehrer) organisieren oder selber durchführen,
 
zusätzlich fächerübergreifende Maßnahmen an den Schulen (z.B. Projekttage, Projektwochen ...) anregen und organisieren,
 
über örtliche, in den genannten Bereichen engagierte Institutionen und Selbsthilfeinitiativen informieren und in die Zusammenarbeit koordinieren,
 
im Einzelfall im Rahmen ihrer Kompetenzen beraten und die erforderlichen diagnostischen und therapeutischen Hilfen vermitteln.
1.3
Beratungslehrer sind an der Neugestaltung und Weiterentwicklung des Schulwesens mitbeteiligt, indem sie ihre Erkenntnisse und Erfahrung aus der Beratungstätigkeit weitergeben und bei der Lehrerfortbildung mitwirken.
2
Einverständnis der Betroffenen
2.1
Jede auf die Person eines Schülers bezogene Tätigkeit der Beratungslehrer erfolgt grundsätzlich nur mit Einverständnis
 
eines Erziehungsberechtigten des betroffenen Schülers, sofern dieser das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
 
eines Erziehungsberechtigten und des betroffenen Schülers, sofern dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat.
 
des betroffenen volljährigen Schülers.
 
Eine Ausnahme besteht, wenn besondere Rechtsvorschriften vorliegen.
2.2
Werden Beratungslehrer auf Veranlassung von Lehrern, Schulleitern oder Schulaufsichtsbehörden tätig und der betroffene Schüler ist zur Teilnahme an erforderlichen Untersuchungen nicht durch Rechtsvorschriften verpflichtet, so können diese nur durchgeführt werden, wenn der betroffene Schüler bzw. ein Erziehungsberechtigter (vgl. 2.1.) vorab schriftlich erklärt, daß er mit der Untersuchung sowie der Bekanntgabe der Ergebnisse an den Auftraggeber in dem für die Fragestellung erforderlichen Umfang einverstanden ist.
2.3
Werden Beratungslehrer auf Wunsch minderjähriger Schüler tätig, ist eine Beratung auch ohne Zustimmung eines Erziehungsberechtigten zulässig.
Sind darüber hinaus weitere Maßnahmen erforderlich, können diese nur durchgeführt werden, wenn das schriftliche Einverständnis eines Erziehungsberechtigten vorliegt.
2.4
In Ausnahmefällen, in denen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß eine Unterrichtung der Erziehungsberechtigten das körperliche, geistige oder seelische Wohl des betroffenen Schülers gefährdet, entfallen die unter 2.3 und 2.4 diesbezüglich genannten Auflagen der Beratungslehrer.
3
Arbeitsweise
3.1
Beratungslehrer sind an den Schulen im Rahmen ihrer Aufgabenschwerpunkte direkte Ansprechpartner für Schüler, Eltern und Lehrer. Sie führen sowohl Einzelberatungen („Sprechstunden“) als auch Informations- bzw. Fortbildungsveranstaltungen durch.
3.2
Beratungslehrer gewinnen die für den jeweiligen Beratungsfall erforderlichen personenbezogenen Informationen vor allem durch Anamnese, Gespräche und Verhaltensbeobachtungen. Darüber hinaus können sie im erforderlichen Fall bei vorliegendem Einverständnis der Betroffenen (vgl. 2.1.) spezielle Untersuchungs- und Testverfahren mit heranziehen.
Grundsätzlich sind nur die zur Erfüllung der Beratungsaufgaben erforderlichen personenbezogenen Informationen und Daten zu erheben.
3.3
Die Schulleiter und Lehrer gewähren den Beratungslehrern die notwendige Unterstützung bei ihrer Arbeit. Beratungslehrer sind im Rahmen ihrer Tätigkeit berechtigt, mit Zustimmung des Schulleiters und in Absprache mit den beteiligten Lehrkräften Unterrichtshospitationen durchzuführen.
3.4
Im erforderlichen Fall arbeiten Beratungslehrer eng mit den zuständigen Schulpsychologen zusammen.
3.5
Beratungslehrer ermitteln im erforderlichen Fall weitere diagnostische und therapeutische Hilfen und nehmen – bei vorliegendem Einverständnis der Bertoffenen (vgl. 2.1.) – Kontakt mit Personen oder Institutionen auf, die an der Erziehung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen mitwirken.
Insbesondere sind zu nennen:
 
Erziehungs- und Familienberatungsstellen
 
Jugendgesundheitsdienst der Gesundheitsämter
 
Drogen- und Suchtberatungsstellen
 
Jugend- und Sozialämter
 
Einrichtungen der Jugendfürsorge und Familienbetreuung
 
Berufs- und Studienberatungsstellen an den Arbeitsämtern und Hochschulen
 
Kirchliche Sektenbeauftragte
4
Verschwiegenheitspflicht und Auskunftserteilung
4.1
Beratungslehrer sind grundsätzlich zur Verschwiegenheit über die ihnen in Ausübung ihres Amtes bekanntgewordenen Tatsachen und Ergebnisse verpflichtet.
Dies gilt grundsätzlich auch gegenüber Vorgesetzten.
4.2
Erforderliche Unterlagen und Beratungen sind in der Regel unter Ausschluß Dritter durchzuführen.
In Ausnahmefällen entscheiden die Beratungslehrer nach pflichtgemäßem Ermessen über das Hinzuziehen dritter Personen und holen dazu das schriftliche Einverständnis des betroffenen Schülers bzw. eines Erziehungsberechtigten (vgl. 2.1) ein.
4.3
Werden Auskünfte von Lehrern, Schulleitern oder Schulaufsichtsbehörden erbeten, so sind diese nur bei vorliegendem Einverständnis des betroffenen Schülers bzw. eines Erziehungsberechtigten (vgl. 2.1) in dem für die Fragestellung erforderlichen Umfang zu erteilen.
Die Einwilligung muß sich sowohl auf die Person, der eine Auskunft erteilt werden soll, als auch auf den inhaltlichen Umfang beziehen.
4.4
Werden Arbeitsergebnisse unter Beachtung der Festlegungen des Abschnittes 4.3 weitergegeben, so ist darüber ein Weitergabevermerk anzufertigen.
In dem Vermerk ist zu begründen, warum Daten übermittelt werden. Es ist die Aufgabe zu benennen, zu deren Erfüllung die Ermittlung der Daten notwendig ist.
5
Behandlung von Untersuchungsbefunden
5.1
Beratungslehrer führen Aufzeichnungen über ihre Beratungstätigkeit. Sie halten alle wesentlichen Ergebnisse ihre Beratungstätigkeit in Aktenunterlagen und Fallkarteien fest.
Die aktenmäßigen Aufzeichnungen über Beratungen enthalten in der Regel folgende Angaben:
 
Datum
 
Name des Ratsuchenden (evtl. des Erziehungsberechtigten, weitere Gesprächsteilnehmer)
 
Beratungsanlaß
 
Gesprächsverlauf
 
Maßnahmen
5.2
Alle der Schweigepflicht unterliegenden Unterlagen (Fallakten, Untersuchungsmaterial) sind unter Verschluß zu halten. Die Akten sind bis zum Ablauf von 3 Jahren nach Beendigung der Schulpflicht des Schülers aufzubewahren. Danach sind sie als „geheimzuhaltendes Schriftgut“ zu vernichten.
6
Fort- und Weiterbildung

Die Beratungslehrer sind verpflichtet, durch berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung für den Erhalt ihrer Qualifikation zu sorgen. Die Teilnahme an den vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus durchgeführten Fortbildungsveranstaltungen ist ihnen von ihrer Dienststelle zu ermöglichen, soweit nicht wesentliche dienstliche Belange entgegenstehen.

7
Inkrafttreten

Die Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Dresden, den 1. Juni 1992

Nowak
Staatssekretär

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    MBl. SMK 1992 Nr. 10, S. 50

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. Juni 1992

    Fassung gültig bis: 26. August 2004