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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Integrationsverordnung

Vollzitat: Integrationsverordnung vom 24. März 1995 (SächsGVBl. S. 136)

Fünfte Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums
für Soziales, Gesundheit und Familie
zur Durchführung des Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen im Freistaat Sachsen
(Integrationsverordnung – IntegrVO)

Vom 24. März 1995

Aufgrund von § 3 Abs. 5 des Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen im Freistaat Sachsen (Gesetz über Kindertageseinrichtungen – SäKitaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 1993 (SächsGVBl. S. 999) wird verordnet:

§ 1
Geltungsbereich, Begriffsbestimmung

(1) Diese Verordnung regelt die Bedingungen für die Integration von Kindern, die im Sinne des § 39 Abs. 1, 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) oder des § 35a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) behindert oder von Behinderung bedroht sind (behinderte Kinder), in Kindertageseinrichtungen nach dem Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (SäKitaG). Sie gilt für behinderte Kinder mit und ohne Anspruch auf Eingliederungshilfe.

(2) Integration im Sinne dieser Verordnung ist die Förderung, Bildung, Erziehung und Betreuung von behinderten Kindern gemeinsam mit nicht behinderten Kindern.

(3) Ein behindertes Kind in einer Kindertageseinrichtung wird gefördert, wenn es dort über mehrere Stunden des Tages und in regelmäßiger Folge eine nach Art, Gestaltung und Zeitdauer planvolle Hilfe entsprechend seiner Behinderung erhält.

§ 2
Grundsätze

(1) Eine Kindertageseinrichtung, die behinderte Kinder zur Integration aufnimmt, muß den Anforderungen dieser Verordnung entsprechen.

(2) Ein behindertes Kind ist auf Verlangen der Erziehungsberechtigten möglichst wohnortnah in eine Kindertageseinrichtung aufzunehmen. Unter Beachtung des Förderbedarfs und der Fördermöglichkeiten im Einzelfall ist die Integration in einer Kindertageseinrichtung der Aufnahme in einer Sondereinrichtung für behinderte Kinder vorzuziehen.

(3) Für jedes behinderte Kind, das Eingliederungshilfe erhält, hat der zuständige Sozialleistungsträger gemäß § 46 BSHG oder § 36 Abs. 2 SGB VIII einen Plan zur Durchführung der Fördermaßnahmen nach § 1 Abs. 3 aufzustellen. Der Träger der Einrichtung hat dafür zu sorgen, daß ein behindertes Kind, das keine Eingliederungshilfe erhält, auf der Grundlage eines von einem sozialpädiatrischem Zentrum erstellten Förderprogramms gefördert wird.

§ 3
Anzahl der Kinder und Zusammensetzung der Gruppen

(1) Die Anzahl der Kinder einer Gruppe ist in Abhängigkeit vom Alter der Kinder, der Art und Schwere der Behinderung sowie den Regelungen gemäß Absatz 2, 3 und § 6 Abs. 2 Buchst. a zu bestimmen.

(2) Bei Integration eines behinderten Kindes mit Anspruch auf Eingliederungshilfe

a)
in eine Gruppe, in der ausschließlich Kinder bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres betreut werden, sind insgesamt nicht mehr als 11 Kinder aufzunehmen,
b)
in eine Gruppe, in der ausschließlich Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres bis zum Schuleintritt betreut werden, sind insgesamt nicht mehr als 17 Kinder aufzunehmen,
c)
in eine Gruppe, in der ausschließlich Kinder vom Schuleintritt bis zur Vollendung der vierten Klasse betreut werden, sind insgesamt nicht mehr als 17 Kinder aufzunehmen,
d)
in eine altersgemischte Gruppe, in der kein Kind bis zum vollendeten dritten Lebensjahr betreut wird, sind insgesamt nicht mehr als 17 Kinder aufzunehmen,
e)
in eine altersgemischte Gruppe, in der auch ein Kind bis zum dritten Lebensjahr betreut wird, sind insgesamt nicht mehr als 16 Kinder aufzunehmen.

Für jedes weitere in die Gruppe aufgenommene behinderte Kind mit Anspruch auf Eingliederungshilfe ist die Zahl der insgesamt aufgenommenen Kinder um eins zu verringern.

(3) Die Gruppengröße nach Absatz 2 ist zu verringern, wenn die Schwere der Behinderung eines Kindes das im Einzelfall erfordert.

§ 4
Personalschlüssel und personelle Besetzung

(1) Bei der Bemessung des einzusetzenden Personals nach § 1 Personalverordnung vom 24. Februar 1994 (SächsGVBl. S. 690) ist jedes behinderte Kind mit Anspruch auf Eingliederungshilfe wie zwei nichtbehinderte Kinder der entsprechenden Altersgruppe zu zählen. Für ein behindertes Kind ohne Anspruch auf Eingliederungshilfe ist der sich aus der Rechtsverordnung nach § 13 Abs. 4 Satz 4 und § 16 Abs. 2 und 3 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen (SchulG) ergebende Personalschlüssel entsprechend anzuwenden. Ist wegen der Schwere der Behinderung eines Kindes von diesen Personalschlüsseln zugunsten des Kindes abzuweichen, ist dies mit dem zuständigen Sozialleistungsträger vorher zu vereinbaren.

(2) Eine Gruppe von Kindern im Alter bis zum Schuleintritt, von denen drei oder mehr Kinder Anspruch auf Eingliederungshilfe haben, ist mit mindestens zwei pädagogischen Fachkräften zu besetzen. Eine dieser Fachkräfte soll über eine Zusatzqualifikation gemäß Absatz 3 Satz 1 verfügen.

(3) In jeder Gruppe, in der behinderte Kinder mit Anspruch auf Eingliederungshilfe betreut werden, soll eine der eingesetzten Fachkräfte über eine heilpädagogische Zusatzqualifikation verfügen, die mindestens der Empfehlung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit und Familie vom 2. Februar 1994 (SächsABl. 1995 S. 534) entspricht. Anstelle der Fachkraft kann ein Heilerziehungspfleger eingesetzt werden.

§ 5
Heilpädagogische und therapeutische Förderung

(1) Entsprechend den Bedürfnissen eines behinderten Kindes ist eine heilpädagogische Förderung in der Kindertageseinrichtung zu gewährleisten.

(2) Ärztlich verordnete physikalische Therapie, Physiotherapie, Sprachtherapie und Beschäftigungstherapie sollen, falls dies medizinisch sinnvoll mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand möglich ist, in der Kindertageseinrichtung von nach § 124 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenen und mit den Krankenkassen abrechnungsbefugten Leistungserbringern erbracht werden. Therapeutische Maßnahmen sind soweit wie möglich in die heilpädagogische Arbeit zu integrieren.

(3) Die heilpädagogische und therapeutische Fachberatung der Frühförderstelle oder der förderpädagogischen Beratungsstelle ist von den pädagogischen Fachkräften regelmäßig in Anspruch zu nehmen. Zu diesem Zweck schließt der Träger der Einrichtung mit der Frühförderstelle oder der förderpädagogischen Beratungsstelle Vereinbarungen ab.

(4) Wurde ein Kind bis zur Aufnahme in eine Kindertageseinrichtung von einer Frühförderstelle betreut, soll diese den Träger nach Erforderlichkeit noch für eine angemessene Übergangszeit beraten und unterstützen.

§ 6
Räumliche Bedingungen und Ausstattung

(1) Die Räumlichkeiten und die Ausstattung der Kindertageseinrichtung müssen die Betreuung und Förderung sowohl der behinderten als auch der nicht behinderten Kinder ermöglichen.

(2) Folgende räumlichen Voraussetzungen müssen vorliegen:

a)
ein Gruppenraum, in dem für ein behindertes Kind mit Anspruch auf Eingliederungshilfe mindestens 5 m² Fläche zur Verfügung stehen,
b)
ein Raum für eine differenzierte Arbeit.

(3) Für Einrichtungen, die nach Inkrafttreten dieser Verordnung errichtet oder rekonstruiert werden, sind die Planungsgrundlagen für barrierefreie öffentlich zugängige Gebäude und andere bauliche Anlagen und Einrichtungen (Schriftenreihe des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit und Familie und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über barrierefreies Planen und Bauen im Freistaat Sachsen Heft Nr. 2 vom Januar 1993) anzuwenden.

(4) Für Einrichtungen, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung bestehen, sollen die Planungsgrundlagen nach Absatz 3 entsprechend den Erfordernissen, wie sie sich aus den Behinderungen der aufgenommenen Kinder ergeben, angewendet werden.

§ 7
Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten

Die Integration behinderter Kinder erfordert eine partnerschaftliche Zusammenarbeit des Betreuungspersonals mit den Erziehungsberechtigten der behinderten und nichtbehinderten Kinder sowie der Erziehungsberechtigten untereinander.

§ 8
Aufnahmeerfordernisse

(1) Unter Beachtung von § 2 Abs. 1 hat der Träger bei der Entscheidung über die Aufnahme eines behinderten Kindes dessen Förderbedarf und die in der Kindertageseinrichtung vorhandenen oder noch zu schaffenden Fördermöglichkeiten zu berücksichtigen.

(2) Erziehungsberechtigten, deren behindertes Kind voraussichtlich einen Anspruch auf Eingliederungshilfe hat, ist zu empfehlen, einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Sozialleistungsträger zu stellen. Sie sind dabei vom Träger der Einrichtung zu unterstützen.

§ 9
Übergangsregelungen

(1) Ist in der Einrichtung keine Fachkraft mit heilpädagogischer Zusatzqualifikation gemäß § 4 Abs. 3 tätig, hat die zuständige Frühförderstelle die Anleitung und Begleitung der Einrichtung für einzelne behinderte Kinder zu übernehmen. Dafür ist zuvor die Genehmigung des örtlichen Trägers der Sozialhilfe einzuholen. Diese Regelung gilt bis 31. Dezember 1998.

(2) Eine Kindertageseinrichtung, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung den Anforderungen nach § 6 Abs. 2 nicht entspricht, hat diese bis zum 31. Dezember 1995 zu erfüllen.

§ 10
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.

Dresden, den 24. März 1995

Der Staatsminister
für Soziales, Gesundheit und Familie
Dr. Hans Geisler

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 1995 Nr. 10, S. 136

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 22. April 1995

    Fassung gültig bis: 31. Dezember 2002