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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Sächsisches Dolmetschergesetz

Vollzitat: Sächsisches Dolmetschergesetz vom 16. Juni 1994 (SächsGVBl. S. 1105), das zuletzt durch Artikel 30 des Gesetzes vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 138) geändert worden ist

Sächsisches Gesetz
über die öffentliche Bestellung und allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und Übersetzern
(Sächsisches Dolmetschergesetz – SächsDolmG)

Vom 16. Juni 1994

Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. August 2008

Der Sächsische Landtag hat am 26. Mai 1994 das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1
Dolmetscher und Übersetzer

(1) Zur Sprachenübertragung für gerichtliche und behördliche Zwecke werden Dolmetscher und Übersetzer für das Gebiet des Freistaates Sachsen öffentlich bestellt und allgemein beeidigt.

(2) Die Tätigkeit der Dolmetscher umfaßt die mündliche und schriftliche Übertragung, die der Übersetzer nur die schriftliche Übertragung einer Sprache.

§ 2
Zuständigkeit für Bestellung und Beeidigung

Für die öffentliche Bestellung und allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und Übersetzern ist der Präsident des Landgerichts zuständig, in dessen Bezirk der Antragsteller seine berufliche Niederlassung hat. Für Antragsteller ohne berufliche Niederlassung ist der Wohnsitz maßgebend.

§ 3
Voraussetzungen der Bestellung

(1) Als Dolmetscher (Übersetzer) wird auf Antrag öffentlich bestellt, wer

  1.
seine berufliche Niederlassung oder seinen Wohnsitz im Freistaat Sachsen hat,
  2.
volljährig ist,
  3.
die erforderliche persönliche Zuverlässigkeit besitzt und
  4.
seine fachliche Eignung nachgewiesen hat.

(2) Für Dolmetscher der Gebärdensprache gilt Absatz 1 entsprechend.

§ 4
Ermächtigung

(1) Das Staatsministerium der Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Kultus durch Rechtsverordnung zu bestimmen, aufgrund welcher Bildungsabschlüsse die fachliche Eignung des Dolmetschers (Übersetzers) gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 besteht.

(2) Das Staatsministerium für Kultus wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz durch Rechtsverordnung die Prüfung und die Anerkennung von Prüfungen für Dolmetscher und Übersetzer zum Nachweis der fachlichen Eignung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 in sonstiger Weise zu regeln. Insbesondere können bestimmt werden:

  1.
die Art der Prüfungen,
  2.
das Prüfungsverfahren zur Feststellung der fachlichen Eignung, insbesondere die Prüfungsorgane, die Voraussetzungen für eine Bestellung zum Prüfer, die Zulassung zur Prüfung, die Prüfungsgegenstände, die Zahl und die Art der Prüfungsarbeiten, die Gliederung der Prüfung in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil, die Bewertung der Prüfungsleistungen, die Zulassung von Hilfsmitteln bei der Prüfung, die Folgen von Verstößen gegen die Prüfungsbestimmungen und die Prüfungsvergünstigungen in besonderen Fällen,
  3.
die teilweise Übertragung der Zuständigkeit zur Abhaltung der Prüfungen auf öffentliche Schulen und staatlich anerkannte Ersatzschulen sowie die Regelung der Vergütung in diesen Fällen,
  4.
die Voraussetzungen, unter denen Prüfungen für Dolmetscher (Übersetzer), die in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland abgelegt worden sind, als gleichwertig anerkannt werden, sowie das Verfahren der Anerkennung,
  5.
im Benehmen mit dem Sächsischen Staatsministerium für Soziales die Eignungsfeststellung für Dolmetscher der Gebärdensprache mit und ohne Ausbildungsabschluß (§ 3 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2) sowie die Übertragung der Eignungsfeststellung und der Durchführung des Verfahrens. 1

§ 5
Beeidigung

(1) Vor Aushändigung der Bestallungsurkunde wird der Dolmetscher (Übersetzer) durch den Präsidenten des Landgerichts oder einen von diesem beauftragten Richter dahin beeidigt, daß er treu und gewissenhaft übertragen und alle sonstigen Pflichten als öffentlich bestellter Dolmetscher (Übersetzer) gewissenhaft erfüllen werde.

(2) Auf die Beeidigung finden im übrigen die Vorschriften des § 189 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sowie der §§ 480, 481, § 483 Abs. 1, § 484 der Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung.

(3) Über die Beeidigung ist eine Niederschrift zu fertigen.

§ 6
Bestallungsurkunde

(1) Die Bestellung des Dolmetschers (Übersetzers) wird durch die Aushändigung der Bestallungsurkunde wirksam.

(2) Der Verlust der Bestallungsurkunde ist dem zuständigen Präsidenten des Landgerichts unverzüglich mitzuteilen.

§ 7
Bezeichnung

Der Dolmetscher (Übersetzer) ist berechtigt, die Bezeichnung „Öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Dolmetscher (Übersetzer) für die ... (Angabe der Sprache, für die er bestellt ist) Sprache“ zu führen.

§ 8
Dolmetscher‑und Übersetzerlisten

(1) Bei dem Präsidenten des Landgerichts wird eine Liste der in seinem Zuständigkeitsbereich öffentlich bestellten und allgemein beeidigten Dolmetscher und Übersetzer geführt, die zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen ist.

(2) Verlegt der Dolmetscher (Übersetzer) seine berufliche Niederlassung oder für den Fall einer beruflichen Niederlassung außerhalb des Freistaates Sachsen seinen Wohnsitz in einen anderen Landgerichtsbezirk des Freistaates Sachsen, so bleibt die öffentliche Bestellung aufrechterhalten. Der Dolmetscher (Übersetzer) hat bei dem nunmehr zuständigen Präsidenten des Landgerichts die Eintragung in die Dolmetscherliste (Übersetzerliste) zu beantragen.

§ 9
Mitteilungspflichten

Der Dolmetscher (Übersetzer) hat dem Präsidenten des Landgerichts unverzüglich jede Änderung seines Wohnsitzes oder seiner beruflichen Niederlassung, die Verhängung einer gerichtlichen Strafe und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sein Vermögen mitzuteilen. 2

§ 10
Berufspflichten

Der Dolmetscher (Übersetzer) ist verpflichtet,

  1.
seine Aufgaben gewissenhaft und unparteiisch zu erfüllen,
  2.
die ihm anvertrauten Urkunden und sonstigen Schriftstücke sorgsam aufzubewahren, von ihrem Inhalt Unbefugten keine Kenntnis zu geben und sie einschließlich der Übersetzungen nur dem Auftraggeber oder dessen Bevollmächtigten auszuhändigen,
  3.
Verschwiegenheit zu bewahren und Tatsachen, die ihm bei der Ausübung seiner Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, weder zu verwerten noch Dritten mitzuteilen,
  4.
Aufträge für Dolmetscher-und Übersetzeraufgaben der Gerichte und Behörden innerhalb des Landgerichtsbezirks zu übernehmen, in dessen Liste er geführt wird. Eine Ablehnung aus wichtigem Grund ist zulässig.

§ 11
Bestätigung der Übersetzung

(1) Der Dolmetscher (Übersetzer) hat die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihm angefertigten Übersetzungen zu bestätigen.

(2) Der Bestätigungsvermerk lautet:

„Als vom Präsidenten des Landgerichts ... öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Dolmetscher (Übersetzer) für die ... Sprache bestätige ich: Vorstehende Übersetzung der mir im ... (Original, beglaubigte Abschrift, Fotokopie, usw.) vorgelegten, in ... Sprache abgefaßten Urkunde ist richtig und vollständig.“

(3) Die Bestätigung ist auf die Übersetzung zu setzen. Sie muß Ort und Tag der Bestätigung sowie Unterschrift und Stempel des Dolmetschers (Übersetzers) enthalten. Sie hat kenntlich zu machen, wenn nur ein Teil der Urkunde übersetzt wurde. Sie soll auch auf Auffälligkeiten der übersetzten Urkunde, insbesondere auf unleserliche Worte, Änderungen oder Auslassungen hinweisen, sofern sich dies nicht aus der Übersetzung ergibt.

(4) Absatz 2 und 3 finden entsprechende Anwendung, wenn ein Dolmetscher (Übersetzer) eine ihm zur Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit vorgelegte Übersetzung als richtig und vollständig befunden hat.

§ 12
Beendigung der Bestellung

(1) Die öffentliche Bestellung erlischt

  1.
durch Tod,
  2.
bei Aufgabe der beruflichen Niederlassung und des Wohnsitzes im Freistaat Sachsen,
  3.
bei Verzicht,
  4.
bei Rücknahme oder Widerruf.

(2) Der Verzicht ist schriftlich gegenüber dem zuständigen Präsidenten des Landgerichts zu erklären. Er darf nicht zur Unzeit erklärt werden. Im Falle von Absatz 1 Nr. 2 und 3 sind laufende Aufträge der Gerichte und Behörden fortzuführen. Für sie gilt die Bestellung weiter.

(3) Die Bestellung kann unbeschadet des § 1 des Vorläufigen Verwaltungsverfahrensgesetzes für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfG) vom 21. Januar 1993 (SächsGVBl. S. 74) in Verbindung mit § 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 25. Mai 1976 (BGBl. I S. 1253) widerrufen werden, wenn

  1.
der Dolmetscher (Übersetzer) wiederholt mangelhafte Übertragungen ausgeführt hat,
  2.
der Dolmetscher (Übersetzer) gegen seine Pflichten aus § 10 verstoßen hat oder
  3.
sonstige Tatsachen seine mangelnde persönliche Eignung als öffentlich bestellter Dolmetscher (Übersetzer) ergeben.

(4) Für die Rücknahme oder den Widerruf der öffentlichen Bestellung ist der Präsident des Landgerichts zuständig, bei dem der Dolmetscher (Übersetzer) in der Liste geführt wird. Rücknahme und Widerruf sind dem Betroffenen nach dem Verwaltungszustellungsgesetz für den Freistaat Sachsen (SächsVwZG) vom 21. April 1993 (SächsGVBl. S. 362) zuzustellen.

(5) Im Falle des Erlöschens der Bestellung ist die Bestallungsurkunde dem zuständigen Präsidenten des Landgerichts zu übergeben.

§ 13
Ordnungswidrigkeit

(1) Ordnungswidrig handelt, soweit die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
sich als öffentlich bestellter und allgemein beeidigter Dolmetscher (Übersetzer) im Sinne von § 7 bezeichnet, ohne dazu berechtigt zu sein, oder
2.
eine Bezeichnung führt, die damit verwechselt werden kann.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße von 500 bis 5 000 EUR geahndet werden. 3

(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die Landesdirektion. I

§ 14
Übergangsregelungen

(1) Eine vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach der Anordnung über die Bestellung von Dolmetschern und Übersetzern für die Gerichte und Staatlichen Notariate vom 5. Februar 1976 (GBl. DDR I Nr. 6 S. 101) erfolgte Bestellung als Dolmetscher (Übersetzer) erlischt, wenn der Betroffene zum öffentlich bestellten und allgemein beeidigten Dolmetscher und Übersetzer nach diesem Gesetz bestellt wird, im übrigen mit Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes. § 12 Abs. 2 Satz 3 und 4 findet entsprechende Anwendung.

(2) Rechte und Pflichten dieser Dolmetscher (Übersetzer) richten sich nach der in Absatz 1 Satz 1 genannten Anordnung. §§ 9, 10 finden entsprechende Anwendung.

(3) Bei dem Präsidenten des Landgerichts wird eine Liste der in seinem Zuständigkeitsbereich nach der in Absatz 1 genannten Anordnung bestellten Dolmetscher und Übersetzer geführt. § 2 und § 8 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung.

§ 15
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Anordnung über die Bestellung von Dolmetschern und Übersetzern für die Gerichte und Staatlichen Notariate vom 5. Februar 1976 außer Kraft.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 16. Juni 1994

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 1994 Nr. 37, S. 1105
    Fsn-Nr.: 304-1

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. August 2008

    Fassung gültig bis: 30. September 2008