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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

RL Härtefallfonds SBZ/DDR

Vollzitat: RL Härtefallfonds SBZ/DDR vom 8. März 2019 (SächsABl. S. 526)

Richtlinie
des Sächsischen Landtags
über einen Härtefallfonds zur Gewährung von Unterstützungsleistungen an in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR aus politischen Gründen Verfolgte
(RL Härtefallfonds SBZ/DDR)

Vom 8. März 2019

I.
Zweck der Unterstützungsleistung, Rechtsgrundlage

1.
Der Freistaat Sachsen gewährt in Anlehnung an die §§ 23, 44 und 53 der Sächsischen Haushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 2001 (SächsGVBl. S. 153), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 14. Dezember 2018 (SächsGVBl. S. 782) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zu § 44 der Sächsischen Haushaltsordnung vom 27. Juni 2005 (SächsABl. SDr. S. S 226), die zuletzt durch die Verwaltungsvorschrift vom 27. Februar 2019 (SächsABl. S. 451) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 8. Dezember 2017 (SächsABl. SDr. S. S 378), in der jeweils geltenden Fassung, sowie nach Maßgabe dieser Richtlinie Unterstützungsleistungen an in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR aus politischen Gründen Verfolgte (nachfolgend: Verfolgte).
2.
Der Sächsische Landtag richtet hierzu einen Härtefallfonds zur Unterstützung ehemals Verfolgter ein, aus dem Leistungen zur Linderung besonderer Notsituationen, in denen die durch anderweitige Regelungen bereitgestellten Hilfen nicht ausreichen, gewährt werden können. Mit derartigen Unterstützungsleistungen sollen zugleich die bis heute anhaltenden Folgen politischer Repression gemindert und die soziale Integration der ehemals Verfolgten verbessert werden. Die Leistungen sollen bundesgesetzliche Regelungen und bestehende sozialrechtliche Versorgungssysteme ergänzen, diese jedoch nicht ersetzen.
3.
Ein Anspruch auf Gewährung von Unterstützungsleistungen besteht nicht. Die Bewilligungsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

II.
Antragsberechtigte

1.
Antragsberechtigt sind alle Personen, die ihren Wohnsitz im Freistaat Sachsen haben, in der SBZ und/oder DDR politisch verfolgt und nach den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen rehabilitiert wurden sowie in ihrer wirtschaftlichen Lage in besonderem Maße beeinträchtigt sind.
2.
Eine Unterstützungsleistung aus dem Härtefallfonds wird solchen Personen nicht gewährt, die wegen einer vorsätzlichen Straftat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wurden, sofern die Entscheidung in einer Auskunft aus dem Zentralregister enthalten ist. Bei Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine entsprechende Verurteilung ist die Bewilligungsbehörde befugt, den Antragsteller zur Vorlage eines Behördenführungszeugnisses aufzufordern beziehungsweise gemäß § 31 des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229, 1985 I S. 195), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2732) geändert worden ist, ein solches selbst einzuholen. Dadurch entstehende Gebühren erstattet die Bewilligungsbehörde.

III.
Voraussetzungen, Art und Umfang der Unterstützungsleistung

1.
Allgemeine Voraussetzungen
Die Gewährung einer Unterstützungsleistung ist unter folgenden allgemeinen Voraussetzungen möglich:
a)
Die Unterstützungsleistung wird als nicht rückzahlbarer finanzieller Zuschuss gewährt.
b)
Dem Antragsteller darf aus dem Härtefallfonds nur einmalig eine Unterstützungsleistung von höchstens 5 000,00 Euro geleistet werden. Falls einer Person bereits in der Vergangenheit eine Leistung bewilligt wurde, ist eine erneute Antragstellung unzulässig. Ausnahmen sind nur bei länger währenden Maßnahmen, beispielsweise im therapeutischen, im medizinischen oder im Aus- beziehungsweise Weiterbildungsbereich möglich.
c)
Laufende Ausgaben und der Schuldendienst des Antragstellers werden nicht gefördert.
d)
Die geförderte Maßnahme soll möglichst nachhaltig sein. Nachhaltig sind Hilfen zur Selbsthilfe und Hilfen, die dauerhaft aus einer Problemlage herausführen.
2.
Art der Unterstützungsleistungen
Beantragte Hilfen können nur dann gewährt werden, wenn sie der Förderung einer der nachfolgend aufgeführten Maßnahmen dienen:
a)
Gesellschaftliche Integration
Unterstützt werden können unter anderem Maßnahmen, die nachhaltig die Integration in den Arbeitsmarkt fördern. Erhält der Antragsteller weder von der Agentur für Arbeit noch über den § 6 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Juli 1997 (BGBl. I S. 1625), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 28. November 2018 (BGBl. I S. 2016) geändert worden ist, eine ausreichende finanzielle Unterstützung, mit der ihm eine Aus- beziehungsweise Fortbildung ermöglicht wird, kann aus den Mitteln des Härtefallfonds eine Hilfe gewährt werden. Es können auch solche Aus- und Fortbildungen unterstützt werden, die in der DDR aus politischen Gründen versagt wurden.
b)
Medizinische Hilfen
Unterstützt werden können unter anderem Maßnahmen, die zur Linderung von Gesundheitsschäden beitragen, soweit sie nicht von anderweitigen sozialen und medizinischen Hilfesystemen abgedeckt sind. Dazu gehören auch notwendige Therapien und gesundheitliche Hilfsmittel, die nicht kassengestützt sind oder einen hohen Betrag an Eigenbeteiligung verlangen. Die Gesundheitsschäden müssen (mit)ursächlich auf der Verfolgung beruhen. Der Antragsteller soll dazu Gutachten, wenn vorhanden, vorlegen.
c)
Schaffung und Erhalt selbstbestimmter Wohn- und Lebensmöglichkeiten
Unterstützt werden können unter anderem Maßnahmen, wie der Umzug in eine behinderten- und altersgerechte Wohnung oder die behindertengerechte Ausstattung von eigenem Wohnraum, soweit dies nicht durch soziale Hilfesysteme übernommen wird.
d)
Technische Hilfen im Alltag
Unterstützt werden kann unter anderem die Anschaffung von technischen Geräten, die geeignet sind, die selbstständige Lebensführung zu unterstützen, insbesondere bei körperlichen Einschränkungen. Voraussetzung ist, dass die Kosten nicht von anderen sozialen Hilfesystemen übernommen werden.
e)
Kommunikationshilfen für die soziale Teilhabe
Unterstützt werden können unter anderem die Anschaffungen und die Reparatur von Kommunikationsgeräten, die die soziale Teilhabe verbessern, wie Telefone oder Computer.
f)
Verbesserung der Mobilität
Unterstützt werden können unter anderem Maßnahmen oder Hilfsmittel, mit denen durch die Förderung der Beweglichkeit die Selbstversorgung und das selbstbestimmte Leben nachhaltig aufrechterhalten und verbessert werden. Hierzu gehören zum Beispiel Hilfen zur Anschaffung von Fahrrädern oder motorisierten Fahrzeugen.

IV.
Bewilligungsbehörde, Beirat

1.
Bewilligungsbehörde ist der Sächsische Landtag.
2.
Die Bewilligungsbehörde wird im Bewilligungsverfahren durch einen Beirat beratend unterstützt.
3.
Den Vorsitz im Beirat führt der Sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (LASD). Neben dem Vorsitzenden gehören dem Beirat zwei vom Präsidium des Sächsischen Landtags zu wählende Beisitzer an, von denen einer von den Fraktionen, die die Staatsregierung tragen, und einer von mindestens einer Oppositionsfraktion vorgeschlagen wird. Die Beisitzer werden vom Präsidenten des Sächsischen Landtags für die Dauer der Legislaturperiode ernannt. Ein Beisitzer kann vom Präsidenten abberufen werden, wenn Gründe in der Person oder im Verhalten des Beisitzers vorliegen, die eine der Bedeutung des Amts angemessene Fortsetzung der Beiratstätigkeit unmöglich machen, und das Präsidium der Abberufung des Beisitzers zustimmt. Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung.
4.
Dem Beirat gehört beratend ein Vertreter des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz an. Zur fachlichen Beratung kann der Beirat durch Beschluss weitere Fachinstitutionen hinzuziehen.
5.
Der Vorsitzende leitet die Beiratssitzungen. Der Beirat ist beschlussfähig, wenn der Vorsitzende ordnungsgemäß zur Sitzung eingeladen hat und mehr als die Hälfte der Beiratsmitglieder zur Sitzung erschienen sind. Beschlüsse werden einstimmig gefasst.
6.
Die Mitwirkung der Beisitzer im Beirat ist eine ehrenamtliche Tätigkeit, die nicht vergütet wird. Etwaige anfallende Reisekosten der Beisitzer werden in entsprechender Anwendung des Sächsischen Reisekostengesetzes vom 12. Dezember 2008 (SächsGVBl. S. 866, 876), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. S. 970) geändert worden ist, von der Bewilligungsbehörde erstattet.

V.
Verfahren

1.
Die Antragstellung erfolgt schriftlich unter Verwendung des Antragsformulars (Anlage) beim LASD. Im Antrag ist die Maßnahme, zu deren Förderung die Unterstützungsleistung beantragt wird, zu benennen, deren Förderfähigkeit zu begründen und die Höhe der benötigten Mittel zu vermerken. Bei Bedarf unterstützt der LASD den Antragsteller beim Ausfüllen des Antragsformulars beziehungsweise wirkt auf eine Konkretisierung des Antrags hin.
2.
Die Anträge für das jeweilige Haushaltsjahr sind spätestens bis zum 30. Juni dieses Haushaltsjahres einzureichen.
3.
Nach Prüfung des Antrags verfasst der LASD ein schriftliches Votum, in dem die zu fördernde Maßnahme benannt sowie Feststellungen zur Verfolgung des Antragstellers in der SBZ/DDR, zu seiner Rehabilitierung nach den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen, zur Beeinträchtigung seiner wirtschaftlichen Lage sowie zur Nachhaltigkeit der Förderung enthalten sein müssen. Falls der LASD die Bewilligung einer Unterstützungsleistung befürwortet, enthält das Votum zudem Angaben über die Art der unterstützenden Maßnahme und die Höhe der Leistung.
4.
Der Beirat befindet in nicht-öffentlicher Sitzung über das Votum des LASD. Dem Beirat liegen hierfür der Antrag, das Votum des LASD und eine aktuelle Übersicht über die vorhandenen beziehungsweise bereits ausgegebenen Haushaltsmittel des Härtefallfonds vor.
5.
Unter Bezugnahme auf das Votum des LASD beschließt der Beirat eine Entscheidungsempfehlung für den Präsidenten. Die Empfehlung ist schriftlich zu verfassen. Sie muss eine Begründung enthalten, soweit vom Votum des LASD abgewichen wird.
6.
Auf Grundlage der Empfehlung des Beirats und des Votums des LASD entscheidet der Präsident des Sächsischen Landtags über den Antrag im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens.
7.
Sofern nicht genügend Haushaltsmittel vorhanden sind, um alle bewilligungsreifen Anträge festzusetzen, erfolgt eine Festsetzung unter Berücksichtigung zunächst des Prioritätsprinzips. Entscheidend ist weiter die Reihenfolge des Eingangs der Anträge beim LASD. Im Falle der Mittelausschöpfung erfolgt bei zeitgleichem Antragseingang ein Losentscheid.
8.
Der Sächsische Landtag erhält die Empfehlungen des Beirates und die Voten des LASD zur weiteren Umsetzung bis zum 1. Oktober eines jeden Jahres.

VI.
Bewilligungsbescheid, Auszahlung, Verwendungsnachweis

1.
Ein Bewilligungsbescheid enthält neben den persönlichen Daten des jeweiligen Antragstellers, die Bezeichnung der konkreten Unterstützungsleistung sowie eine Begründung hierfür und legt das Verfahren der Auszahlung der Unterstützungsleistung sowie das der Verwendungsnachweiskontrolle fest.
2.
Die Auszahlung erfolgt in der Regel auf das Konto des Antragstellers. Werden mit den Unterstützungsleistungen Dienste Dritter bezahlt, ist es ausnahmsweise zulässig, die Zahlung unmittelbar an den Dienstleister zu erbringen.
3.
Der Unterstützungsnehmer hat die Verwendung der Mittel durch Vorlage von Originalbelegen gegenüber der Bewilligungsbehörde nachzuweisen, sofern im Bewilligungsbescheid kein anderes Verfahren festgelegt wurde.

VII.
Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt mit Wirkung vom 15. März 2019 in Kraft.

Dresden, den 8. März 2019

Der Präsident des Sächsischen Landtags
Dr. Matthias Rößler

Anlage
Antrag auf Unterstützungsleistungen

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsABl. 2019 Nr. 13, S. 526
    Fsn-Nr.: 5500-V19.2

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 15. März 2019