Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums
für Umwelt und Landesentwicklung
über bautechnische Prüfungen von Anlagen zur oberirdischen Ablagerung von Abfällen
(BauTechPrüfVwV-Dep)

Az.: 33-8974.20

Vom 11. September 1996

Aufgrund von § 14 des Ersten Gesetzes zur Abfallwirtschaft und zum Bodenschutz vom 12. August 1991 (SächsGVBl. S. 306), geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 4. Juli 1994 (SächsGVBl. S. 1261), wird im Benehmen mit dem Sächsischen Staatsministerium des Innern zur bautechnischen Prüfung von Abfallentsorgungsanlagen folgende Verwaltungsvorschrift erlassen:

§ 1
Anwendungsbereich

(1) Diese Verwaltungsvorschrift regelt die bautechnischen Prüfungen von Anlagen zur oberirdischen Ablagerung von Abfällen, für die nach dem Abfallgesetz vom 27. August 1986 (BGBl. I S. 1410), zuletzt geändert durch Artikel 2 Ausführungsgesetz zum Baseler Übereinkommen vom 30. September 1994 (BGBl. III 2159-15) sowie ab dem 7. Oktober 1996 nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz in der Fassung vom 27. September 1994 (BGBl. I S. 2705), eine Genehmigung, Planfeststellung oder nachträgliche Anordnung erforderlich ist.
(2) Diese Verwaltungsvorschrift gilt auch für die nachträgliche bautechnische Prüfung von Altanlagen (Altdeponien) einschließlich erforderlicher Nachsorge- und Sicherungsmaßnahmen.
(3) Diese Verwaltungsvorschrift gilt auch für die Prüfung der Anforderungen an Deponieabdichtungssysteme hinsichtlich der

1.
Material- und Einbauparameter,
2.
Eignung vorgesehener Materialien und beabsichtigte Herstellungsverfahren,
3.
Qualitätssicherung.

(4) Diese Verwaltungsvorschrift gilt nicht für Gebäude von Anlagen zur oberirdischen Ablagerung von Abfällen, soweit die Sächsische Bauordnung (SächsBO) in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung findet.

§ 2
Begriffe

(1) Anlagen zur oberirdischen Ablagerung von Abfällen sind Deponien, in denen Abfälle zeitlich unbegrenzt abgelagert werden.
(2) Altanlagen (Altdeponien) sind Abfallentsorgungsanlagen, deren Betrieb noch nicht abgeschlossen ist, sowie Abfallentsorgungsanlagen, deren Errichtung und Betrieb vor dem 1. Juni 1993, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Dritten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz (TA Siedlungsabfall) vom 14. Mai 1993 (BAnz. 99a), zugelassen waren oder deren Vorhaben im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens vor dem 1. Juni 1993 öffentlich bekanntgemacht worden waren.

§ 3
Allgemeine bautechnische Anforderungen

(1) Anlagen zur Ablagerung von Abfällen sind so zu planen, anzuordnen, zu errichten, zu ändern, instandzusetzen und instandzuhalten, daß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden. Die Anlagen müssen dem Stand der Technik im Sinne des Absatzes 3 entsprechen. Von diesen Regeln zum Stand der Technik kann die zuständige Behörde Abweichungen zulassen, wenn im Einzelfall der Nachweis erbracht wird, daß durch andere geeignete Maßnahmen das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird.
(2) Für Rückbau, Abschluß und Nachsorge von Deponien gilt Absatz 1 sinngemäß. Für Altanlagen und Deponieabschnitte, die am 1. Juni 1993 bereits rekultiviert waren, sind Ausnahmen bezüglich der Anforderungen der TA Siedlungsabfall an Oberflächenabdichtungssysteme zulässig, wenn nachgewiesen wird, daß das anfallende Sickerwasser hinsichtlich Menge und Qualität zu keiner Gewässerbeeinträchtigung führt (vergleiche TA Siedlungsabfall Nummer 11.2.1 h 3. Absatz).
(3) Als Stand der Technik und damit als Prüfungs- und Entscheidungsgrundlage gelten die Anforderungen der Zweiten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz (TA Abfall) vom 12. März 1991 (GMBl. Nr. 8/91 S. 139) und der Dritten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Abfallgesetz (TA Siedlungsabfall) sowie die von der obersten Bauaufsichtsbehörde durch öffentliche Bekanntmachung eingeführten Technischen Baubestimmungen.

§ 4
Besondere bautechnische Anforderungen

(1) Anlagen zur Ablagerung von Abfällen müssen insbesondere folgende Anforderungen entsprechend der Sächsischen Bauordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung einhalten:

1.
an die Zugänglichkeit baulicher Anlagen auf Grundstücken und ihre Einfriedung (§§ 5 und 10 SächsBO);
2.
an die Baustelle, die Standsicherheit, den Schutz gegen schädliche Einflüsse, den Brand- und Erschütterungsschutz, die Verkehrssicherheit (§§ 14 bis 19 SächsBO);
3.
an Umwehrungen und Abdeckungen (§§ 32 bis 37 SächsBO) und
4.
an besondere Anlagen (§§ 49, 51 und 52 SächsBO).

(2) Deponien dürfen nur auf mehreren zusammenhängenden Grundstücken errichtet werden, wenn rechtlich gesichert ist, daß die Nutzungsbefugnisse auf Dauer nur einheitlich ausgeübt werden.

§ 5
Ausnahmen

Die zuständige Abfallbehörde entscheidet auf Vorschlag des zuständigen Staatlichen Umweltfachamtes über Ausnahmen oder Befreiungen von den Anforderungen nach §§ 3 und 4, wenn dies nach den entsprechenden Vorgaben der Sächsischen Bauordnung zulässig wäre.

§ 6
Bautechnische Planvorlagen
von Anlagen zur Ablagerung von Abfällen

(1) Mit dem Antrag auf Zulassung von Anlagen zur Ablagerung von Abfällen bei Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahren sowie bei nachträglichen Anordnungen sind auch alle für die Beurteilung des Vorhabens und die Bearbeitung des Antrages erforderlichen bautechnischen Planvorlagen (Bauvorlagen sowie bautechnischen Nachweise) gemäß Anhang A der TA Abfall einzureichen. Es kann gestattet werden, daß einzelne bautechnische Planvorlagen nachgereicht werden. Die zuständige Abfallbehörde kann im Einvernehmen mit dem zuständigen Staatlichen Umweltfachamt auf einzelne Planvorlagen verzichten.
(2) Für Inhalt und Umfang der einzureichenden bautechnischen Planvorlagen gelten Anhang A der TA Abfall sowie die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über Bauvorlagen und bautechnische Prüfungen vom 11. März 1993 (SächsGVBl. S. 255).

§ 7
Durchführung der bautechnischen Prüfung
der Planvorlagen

(1) Die bautechnische Prüfung ist Teil des abfallrechtlichen Verfahrens (Planfeststellungs-, Genehmigungsverfahren, nachträgliche Anordnung). Sie obliegt dem zuständigen Staatlichen Umweltfachamt.
(2) Die Prüfung der Zulässigkeit von Materialien und Bauprodukten für Deponieabdichtungen nach Anhang E der TA Abfall muß im Auftrag und auf Kosten des Vorhabenträgers, zum Beispiel durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, erfolgen.
(3) Eine Beurteilung anderer Deponieabdichtungssysteme als nach TA Siedlungsabfall empfohlen, hat auf Antrag und auf Kosten des Vorhabenträgers durch eine anerkannte Prüfstelle zu erfolgen. Dies betrifft nicht andere Systeme, für die eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung durch das Deutsche Institut für Bautechnik bereits erteilt wurde oder ein Übereinstimmungszeichen entsprechend Bauregelliste A nach § 20 SächsBO sowie eine Eignung für diesen Zweck vorliegen.
(4) Das zuständige Staatliche Umweltfachamt kann mit der bautechnischen Prüfung auf Kosten des Antragstellers auch externe anerkannte Sachverständige beauftragen, wenn eine Kostenübernahmeerklärung des Antragstellers vorliegt. Hiervon ist im Regelfall bei der Prüfung von Standsicherheitsnachweisen und anderen statisch-konstruktiven Nachweisen Gebrauch zu machen, soweit sie das Staatliche Umweltfachamt für erforderlich hält. Anerkannte Sachverständige sind zum Beispiel:

   
Sächsische Landesstelle für Bautechnik,
   
anerkannte Prüfingenieure für Baustatik gemäß Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern,
   
öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Baugrund und Grundbau gemäß Verzeichnis der Sächsischen Industrie- und Handelskammern,
   
anerkannte Sachverständige für Böschungen gemäß Liste des Sächsischen Oberbergamtes.

Die Beauftragung hat schriftlich unter Festlegung des Prüfumfanges zu erfolgen. Die Prüfung der statischen Nachweise soll erst veranlaßt werden, wenn sich absehen läßt, daß dem eingereichten Antrag stattgegeben werden kann.
(5) Das Ergebnis der bautechnischen Prüfung ist der zuständigen Abfallbehörde durch das zuständige Staatliche Umweltfachamt in Form einer die fachtechnische Stellungnahme ergänzenden bautechnischen Stellungnahme vorzulegen, die – soweit erforderlich – konkret formulierte Auflagenempfehlungen enthalten soll.

§ 8
Baubeginn nach bautechnischer Prüfung
der Planvorlagen

(1) Mit der Ausführung der Vorhaben nach § 1 Abs. 1 darf nicht begonnen werden, bevor die in der Entscheidung der zuständigen Abfallbehörde für den Baubeginn enthaltenen Nebenbestimmungen erfüllt sind.
(2) Der Antragsteller hat der zuständigen Abfallbehörde den Ausführungsbeginn der Vorhaben nach § 1 Abs. 1, eine Unterbrechung von mehr als drei Monaten und die Wiederaufnahme der Bauarbeiten nach einer Unterbrechung von mehr als drei Monaten schriftlich mitzuteilen.
(3) Auf Verlangen der zuständigen Abfallbehörde haben die für die Bauausführung vorgesehenen Unternehmen entsprechend § 57 Abs. 2 SächsBO nachzuweisen, daß sie für den Deponiebau geeignet sind, das heißt über qualifiziertes Personal, geeignete Geräte und besondere Erfahrungen verfügen. Als Nachweis gilt auch eine Anerkennung als Fachbetrieb der Überwachungsgemeinschaft Bauen für den Umweltschutz.

§ 9
Qualitätssicherung/Überwachung

(1) Die Überwachung der Baumaßnahme hat zu gewährleisten, daß die dem Stand der Technik entsprechenden Qualitätskriterien eingehalten werden. Sie muß sich sowohl auf die Qualität des eingesetzten Materials als auch auf die Qualität der Ausführung beziehen. Die Qualitätssicherung orientiert sich an den Vorgaben der TA Siedlungsabfall Nummer 10.4.1 in Verbindung mit TA Abfall Anhang E sowie an den Empfehlungen des Arbeitskreises „Geotechnik der Deponien und Altlasten“.
(2) Die Überwachung der Qualität hat für Deponieabdichtungssysteme auf der Grundlage eines Qualitätssicherungsplanes gemäß Nummer 10.4.1.2 TA Siedlungsabfall zu erfolgen, in dem zu Art, Umfang und Nachweis der Qualitätssicherung vom Antragsteller vor Baubeginn mit dem zuständigen Staatlichen Umweltfachamt als Überwachungsbehörde Einvernehmen hergestellt ist.
(3) Für das konkrete Bauprojekt sind in diesem Qualitätssicherungsplan festzulegen:

1.
Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Eigen- und Fremdprüfer,
2.
Herstellungsbeschreibung des Abdichtungssystems mit Angabe der zu überprüfenden Vorgänge,
3.
Art und Anzahl der Qualitätsprüfungen der angelieferten Baustoffe.

(4) Güteüberwachungen während der Baumaßnahmen sind:

1.
Eigenüberwachung des Herstellers (bauausführendes Unternehmen) entsprechend DIN 18200 Abschnitt 3;
2.
Fremdüberwachung durch ein im Einvernehmen mit dem zuständigen Staatlichen Umweltfachamt beauftragtes unabhängiges Institut oder Ingenieurbüro gemäß DIN 18200 Abschnitt 4 auf Kosten des Vorhabenträgers;
3.
Kontrollüberwachung durch das zuständige Staatliche Umweltfachamt nach den Festlegungen des Zulassungsbescheides sowie der nachträglichen Anordnungen. Dieses kann in begründeten Einzelfällen auf Kosten des Vorhabenträgers Kontrollprüfungen durch einen weiteren unabhängigen Sachverständigen veranlassen.

(5) Die Überwachung bezieht sich auch auf die Einhaltung sicherheitstechnischer Anforderungen des Arbeitsschutzes, wie zum Beispiel der „Sicherheitsregeln für Deponien“ sowie der „Richtlinien für Arbeiten in kontaminierten Bereichen“.
(6) Die Ergebnisse der Überwachungsmaßnahmen sowie daraus resultierende Festlegungen sind schriftlich zu dokumentieren.

§ 10
Bauabnahme

(1) Die fachtechnische Bauabnahme obliegt dem zuständigen Staatlichen Umweltfachamt und erfolgt nach den Festlegungen des Zulassungsbescheides sowie der nachträglichen Anordnungen für Teilleistungen im Ergebnis der Güteüberwachung.
(2) Bei abschnittsweiser Erstellung und Nutzung von Deponien sind Zwischenabnahmen vorzunehmen. Alle während der Bauausführung im Rahmen der Güteüberwachung erarbeiteten Dokumente sind in die Schlußabnahme einzubeziehen.
(3) Die Bestätigung der ordnungsgemäßen Ausführung der Baumaßnahme erfolgt im Abnahmeprotokoll durch das zuständige Staatliche Umweltfachamt gegenüber der zuständigen Abfallbehörde.
(4) Für die Durchführung von Maßnahmen, die sich aus der fachtechnischen Bauabnahme sowie der Überwachung durch die Staatlichen Umweltfachämter ergeben, bleibt die Zuständigkeit der Abfallbehörden unberührt.

§ 11
Inkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Dresden, den 11. September 1996

Sächsisches Staatsministerium
für Umwelt und Landesentwicklung
zu Hohenlohe
Ministerialdirigent