Gemeinsame Verwaltungsvorschrift
der Sächsischen Staatskanzlei,
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern,
des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen,
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz,
des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus,
des Sächsischen Staatsministeriums
für Wissenschaft und Kunst,
des Sächsischen Staatsministeriums
für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr,
des Sächsischen Staatsministeriums
für Soziales und Verbraucherschutz
und des Sächsischen Staatsministeriums
für Umwelt und Landwirtschaft
über die Aussonderung von Personalakten
(VwV AusPersAkten)

Vom 26. September 2016

I.
Geltungsbereich, Zielsetzung und Rechtsgrundlagen

1.
Die Verwaltungsvorschrift gilt für alle anbietungspflichtigen Stellen des Freistaates Sachsen, die Personalakten führen. Ausgenommen sind der Aufsicht des Freistaates Sachsen unterstehende juristische Personen des öffentlichen Rechts, die nach § 15 des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen vom 17. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 499), das zuletzt durch das Gesetz vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. 2014 S. 2) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, eigene fachlich geleitete Archive oder zusammen mit anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder anderen öffentlichen Archiven gemeinsame Archive unterhalten.
2.
Diese Verwaltungsvorschrift regelt das Verfahren der Aussonderung von Personalakten, einschließend deren Anbietung, Bewertung und Übergabe gemäß § 5 in Verbindung mit § 4 Absatz 2 des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen. Auf der Grundlage von § 5 Absatz 9 Satz 3 des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen werden Art und Umfang der an das Staatsarchiv anzubietenden und zu übergebenden Unterlagen im Einvernehmen mit diesem bestimmt.
3.
Grundlage für die Führung, Aufbewahrung und Archivierung von Personalakten im Freistaat Sachsen sind in der jeweils geltenden Fassung
a)
§§ 111 bis 118 des Sächsischen Beamtengesetzes vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. S. 970, 971),
b)
§ 20 Absatz 3 und § 37 des Sächsischen Datenschutzgesetzes vom 25. August 2003 (SächsGVBl. S. 330), das zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 29. April 2015 (SächsGVBl. S. 349) geändert worden ist,
c)
§ 4 Absatz 2 und § 5 des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen,
d)
Sächsisches Disziplinargesetz vom 10. April 2007 (SächsGVBl. S. 54), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. S. 970) geändert worden ist,
e)
Verwaltungsvorschrift Personalakten Beamte vom 11. Dezember 1998 (SächsABl. 1999 S. 10), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 1. Dezember 2015 (SächsABl. SDr. S. S 348),
f)
VwV Personalakten vom 3. Dezember 1996 (SächsABl. 1997 S. 145), die durch die Verwaltungsvorschrift vom 20. Juli 1999 (SächsABl. S. 866) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 9. Dezember 2015 (SächsABl. SDr. S. S 374),
g)
VwV Personalakten Justiz vom 4. August 2008 (SächsJMBl. S. 354), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 8. Dezember 2015 (SächsABl. SDr. S. S 362),
h)
VwV Aktenführung vom 31. Mai 2013 (SächsABl. S. 624), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 1. Dezember 2015 (SächsABl. SDr. S. S 348),
i)
§ 3 Absatz 6 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. Oktober 2006 in der Fassung des Änderungsvertrages Nummer 7 vom 9. März 2013.

II.
Begriffsbestimmungen

1.
Das Anbietungsverzeichnis (AV) wird von der anbietungspflichtigen Stelle erstellt und führt alle Personalakten auf, die dem Staatsarchiv nach dieser Verwaltungsvorschrift zur Bewertung anzubieten sind.
2.
Das Bewertungsverzeichnis (BV) wird vom Staatsarchiv auf der Grundlage des Anbietungsverzeichnisses erstellt und enthält dessen Bewertungsentscheidung für die nach dieser Verwaltungsvorschrift anzubietenden Personalakten („A“ = archivwürdig, „V“ = von der anbietungspflichtigen Stelle zu vernichten).
3.
Der Ablieferungsnachweis (AblN) führt alle Personalakten auf, die dem Staatsarchiv nach dieser Verwaltungsvorschrift ohne vorherige Anbietung zu übergeben sind oder nach der Anbietung von ihm als archivwürdig bewertet wurden (bereinigtes Anbietungsverzeichnis).

III.
Anbietung und Übergabe von Personalakten an das Staatsarchiv

1.
Dem Staatsarchiv zu übergeben sind
a)
die Grundakten
aa)
der Mitglieder der Staatsregierung, aller Beschäftigten der Besoldungs- und Entgeltgruppen A 16, E 15Ü, B 1 und höher, C 4, W 3, R 2 und höher sowie aller außertariflich Beschäftigten (hierarchische Auswahl 1),
bb)
von Leitern der Gerichte, Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen ohne deren ständige Vertreter, unabhängig von der Besoldungs- oder Entgeltgruppe (hierarchische Auswahl 2),
cc)
aller Beschäftigten, die am 1. März, 1. Juni , 1. September und 1. Dezember eines Jahres geboren sind (Quotenauswahl),
b)
einschließlich folgender Teilakten:
aa)
Nebentätigkeiten
bb)
Fortbildungen
cc)
Beurteilungen
dd)
Disziplinarakten
ee)
Rechtsstreitigkeiten aus dem Dienstverhältnis
ff)
Personalakten aus der DDR bis einschließlich 3. Oktober 1990
gg)
Personalakten aus früheren Beschäftigungsverhältnissen.
c)
Werden die Teilakten von der personalverwaltenden Stelle mit den Grundakten in einem Aktenband geführt, sind sie mit den Grundakten zu übergeben. Teilakten, die zu einem früheren Zeitpunkt ausgesondert werden als die Grundakten, sind dem Staatsarchiv zu dem früheren Zeitpunkt anzubieten. Teilakten, für die bereits eine unbefristete Vernichtungsgenehmigung besteht, zum Beispiel Teilakten zu Urlaub und Erkrankungen, sind nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen datenschutzgerecht zu vernichten.
d)
Das Staatsarchiv kann im Einzelfall weitere Personalakten als übergabepflichtig bestimmen.
2.
Darüber hinaus sind dem Staatsarchiv anzubieten:
a)
die Grundakten einschließlich der unter Nummer 1 Buchstabe b genannten Teilakten
aa)
herausragender Persönlichkeiten (zum Beispiel Personen, über die umfangreich in der Presse berichtet wurde; Personen mit besonderem beruflichen, politischen, kulturellen, wissenschaftlichen, sozialen Engagement; Personen mit besonderem beruflichen Werdegang oder besonderen beruflichen Aufgaben),
bb)
von Beschäftigten, zu denen der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) im Rahmen der Überprüfung auf eine Tätigkeit beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS)/Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) eine positive Auskunft erteilt hat,
cc)
von Beschäftigten, die in Ausübung ihres Dienstes zu Tode gekommen sind.
b)
alle Teilakten der Mitglieder der Staatsregierung nach dem Sächsischen Ministergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Juli 2000 (SächsGVBl. S. 322), das zuletzt durch Artikel 19 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. S. 970) geändert worden ist, unabhängig davon, bei welcher anbietungspflichtigen Stelle die Akten geführt werden.
c)
Personalakten, die nach dem 3. Oktober 1990 nicht fortgeführt wurden oder nicht Bestandteil einer neuen Personalakte geworden sind.
d)
beginnend mit dem Aussonderungsjahrgang 2005 und danach in fünfjährigem Zyklus die Datensätze aus elektronischen Personalverwaltungssystemen.
3.
Teilakten über Disziplinarvorgänge und einzelne Dokumente über Disziplinarmaßnahmen sind dem Staatsarchiv zu dem Zeitpunkt zu übergeben (Fälle der Nummer 1) oder anzubieten (Fälle der Nummer 2), zu dem sie gemäß § 16 Absatz 3 des Sächsischen Disziplinargesetzes zu entfernen und zu vernichten sind. Die Übergabe an das Staatsarchiv tritt als Ersatz an die Stelle der Vernichtung. Die in § 10 Absatz 1 des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen geregelten Schutzfristen gelten gemäß § 10 Absatz 3 Satz 2 des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen auch für die abgebenden Stellen.
4.
Die unter Nummer 1 genannten Personalakten sind dem Staatsarchiv in jedem Fall zu übergeben. Für die Übergabe ist von der anbietungspflichtigen Stelle ein Ablieferungsnachweis zu erstellen, der dem Staatsarchiv bereits vor der Übergabe der Akten zu übermitteln ist. Der Termin der Übergabe ist mit dem Staatsarchiv rechtzeitig abzustimmen.
5.
Die unter Nummer 2 genannten Personalakten sind dem Staatsarchiv mittels eines Anbietungsverzeichnisses anzubieten. Die in Nummer 2 aufgeführten Kriterien für die Auswahl anzubietender Personalakten (besondere Einzelfälle) können nach Rücksprache mit dem Staatsarchiv erweitert oder präzisiert werden. Das Staatsarchiv entscheidet nach § 5 Absatz 6 des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen binnen sechs Monaten über die Archivwürdigkeit der Personalakten. Die archivwürdigen Personalakten sind in einem Ablieferungsnachweis aufzuführen und mit diesem dem Staatsarchiv zu übergeben. Die Übergabe muss spätestens sechs Monate nach Abschluss des Bewertungsverfahrens erfolgen.
6.
Um das Verfahren der Anbietung zu vereinfachen, sollten die unter Nummer 2 genannten Akten bereits während der Bearbeitung auf dem Aktenband beziehungsweise im Register (zum Beispiel elektronisches Personalverwaltungssystem oder Registraturprogramm) durch den Vermerk „Staatsarchiv“ gekennzeichnet werden.
7.
Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit sind das Anbietungsverzeichnis sowie der Ablieferungsnachweis gemäß der im Landesweb und auf der Website des Staatsarchivs veröffentlichen Vorlage in elektronischer Form zu erstellen und zu übermitteln. Für die Übermittlung der Daten ist ein sicherer Übertragungsweg zu wählen, der eine Verschlüsselung der Daten vorsieht. Werden die Personalakten mit elektronischen Registraturprogrammen verwaltet, ist das elektronische Anbietungs-, Bewertungs- und Übergabeverfahren mit dem Staatsarchiv gesondert zu vereinbaren. Die Übergabe der vom Staatsarchiv als archivwürdig bewerteten Daten aus elektronischen Personalverwaltungssystemen erfolgt durch Übergabe eines Datenträgers durch einen von der anbietungspflichtigen Stelle benannten Beschäftigten an einen vom Staatsarchiv benannten Beschäftigten. Die Daten auf dem Datenträger sind zu verschlüsseln.
8.
Die Entfernung von Bestandteilen archivwürdiger Akten ist unzulässig. Bestandteil der Akte sind auch Unterlagen im Sinne von § 21 Absatz 3 Satz 2 des Stasi-Unterlagen-Gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Februar 2007 (BGBl. I S. 162), das zuletzt durch Artikel 4 Absatz 37 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung.
9.
Die Transportkosten für die Übergabe archivwürdiger Personalakten übernimmt die anbietungspflichtige Stelle.
10.
Nicht archivwürdige Personalakten sind von der anbietungspflichtigen Stelle zu vernichten, wenn weder Rechtsvorschriften noch schutzwürdige Belange Betroffener entgegenstehen (§ 5 Absatz 7 Satz 2 des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen). Bei der Vernichtung der nicht archivwürdigen Personalakten ist sicherzustellen, dass jeder Missbrauch ausgeschlossen ist. Der Nachweis über die ordnungsgemäße Vernichtung ist 30 Jahre aufzubewahren.
11.
Ohne vorherige Anbietung sind zu vernichten, wenn weder Rechtsvorschriften noch berechtigte Belange Dritter entgegenstehen:
a)
Grundakten, die nicht unter Nummer 1 oder Nummer 2 genannt sind,
b)
bei der personalverwaltenden Stelle geführte Teilakten, die nicht unter Nummer 1 oder Nummer 2 genannt sind,
c)
Teilakten, die nicht von der personalverwaltenden Stelle geführt werden, mit Ausnahme der unter Nummer 2 Buchstabe b genannten Teilakten der Regierungsmitglieder,
d)
Nebenakten und
e)
Daten aus elektronischen Personalverwaltungssystemen, soweit sie nicht unter Nummer 2 Buchstabe d genannt sind.

IV.
Zuständigkeiten

1.
Im Staatsarchiv sind zuständig für Personalakten der anbietungspflichtigen Stellen gemäß § 5 Absatz 1 des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen mit Sitz
a)
in der Kreisfreien Stadt Dresden und den Landkreisen Bautzen, Görlitz, Meißen, Sächsische Schweiz-Osterzgebirge das Staatsarchiv, Abteilung 2 Hauptstaatsarchiv Dresden,
b)
in der Kreisfreien Stadt Leipzig und den Landkreisen Nordsachsen und Leipzig das Staatsarchiv, Abteilung 3 Staatsarchiv Leipzig,
c)
in der Kreisfreien Stadt Chemnitz und den Landkreisen Erzgebirgskreis, Mittelsachsen, Vogtlandkreis und Zwickau das Staatsarchiv, Abteilung 4 Staatsarchiv Chemnitz.
2.
Für Personalakten der Behörden des Berg- und Hüttenwesens ist abweichend das Staatsarchiv, Abteilung 5 Bergarchiv Freiberg, zuständig.

V.
Inkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.

Dresden, den 26. September 2016

Der Chef der Staatskanzlei
Dr. Fritz Jaeckel

Der Staatsminister des Innern
Markus Ulbig

Der Staatsminister der Finanzen
Prof. Dr. Georg Unland

Der Staatsminister der Justiz
Sebastian Gemkow

Die Staatsministerin für Kultus
Brunhild Kurth

Die Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst
Dr. Eva-Maria Stange

Der Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
Martin Dulig

Die Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz
Barbara Klepsch

Die Staatsministerin für Gleichstellung und Integration
Petra Köpping

Der Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft
Thomas Schmidt

Änderungsvorschriften