Historische Fassung war gültig vom 22.03.2005 bis 20.11.2010

Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums
für Umwelt und Landwirtschaft
zur Beleihung privater Kontrollstellen nach dem Öko-Landbaugesetz

Vom 1. März 2005

Aufgrund von § 2 Abs. 3 des Gesetzes zur Durchführung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des ökologischen Landbaus (Öko-LandbaugesetzÖLG) vom 10. Juli 2002 (BGBl. I S. 2558) in Verbindung mit § 1 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Übertragung von Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen nach dem Öko-Landbaugesetz vom 8. Dezember 2004 (SächsGVBl. S. 585) wird verordnet:

§ 1
Beleihung privater Kontrollstellen

(1) Jede private Kontrollstelle, die im Freistaat Sachsen im Rahmen der Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 des Rates vom 24. Juni 1991 über den ökologischen Landbau und die entsprechende Kennzeichnung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel (ABl. EG Nr. L 198 S. 1, Nr. L 220 S. 22), zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 2254/2004 der Kommission vom 27. Dezember 2004 (ABl. EU Nr. L 385 S. 20), in der jeweils geltenden Fassung und des Öko-Landbaugesetzes in der jeweils geltenden Fassung tätig werden will, bedarf der Beleihung durch die zuständige Behörde. Eine Mitwirkung im Sinne des § 2 Abs. 3 ÖLG findet nicht statt.

(2) Privaten Kontrollstellen werden durch die Beleihung die Aufgaben der Durchführung des Kontrollverfahrens nach Artikel 9 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 und Anhang III der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 sowie die Aufgaben nach Artikel 9 Abs. 9 Buchst. a und Artikel 10 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 einschließlich der damit verbundenen Verwaltungsverfahren übertragen.

(3) Darüber hinaus können den privaten Kontrollstellen mit der Beleihung folgende Aufgaben der zuständigen Behörde übertragen werden:

  1. Erteilung von Einzelfallgenehmigungen zur Verwendung von nicht nach dem Verfahren des ökologischen Landbaus gewonnenen Saatgutes und vegetativen Vermehrungsmaterials nach Artikel 6 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1452/2003 der Kommission vom 14. August 2003 zur Beibehaltung der Ausnahmeregelung gemäß Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe a) der Verordnung (EWG) 2092/01 des Rates für bestimmte Arten von Saatgut und vegetativem Vermehrungsmaterial und zur Festlegung von Verfahrensvorschriften und Kriterien für diese Ausnahmeregelung (ABl. EG Nr. L 206 S. 17), in der jeweils geltenden Fassung, sofern die Genehmigung Saatgut und vegetatives Vermehrungsmaterial betrifft, welches nicht mit anderen als mit nach Anhang II Teil B der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 zugelassenen Mitteln behandelt wurde;
  2. Rückwirkende Anerkennung von früheren Zeiträumen als Teil des Umstellungszeitraumes gemäß Anhang I Teil A Punkt 1.2 der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91;
  3. Verlängerung der Umstellungszeit gemäß Anhang I Teil A Punkt 1.3 der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91;
  4. Gewährung von Ausnahmen von den Vorschriften der Tierhaltung nach Anhang I Teil B Punkt 8.5.1 der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 sowie
  5. Zulassung der Verwendung synthetischer Vitamine zur Verfütterung an Wiederkäuer gemäß Anhang II Teil D Punkt 1.2 zweiter Unterabsatz der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91.

§ 2
Voraussetzungen und Verfahren für die Beleihung

(1) Mit der Wahrnehmung der Aufgaben nach § 1 Abs. 2 und 3 kann nur beliehen werden, wer gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ÖLG durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung mit Wirkung für den Freistaat Sachsen zugelassen ist und über

  1. ausreichend fachkundiges Personal, Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit;
  2. die für die Ausübung der Aufgaben notwendigen rechtlichen Kenntnisse sowie
  3. eine Haftpflichtversicherung in angemessener Höhe

verfügt.

(2) Die Beleihung erfolgt auf schriftlichen Antrag, dem folgende Unterlagen beizufügen sind:

  1. die Zulassung durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung;
  2. Nachweise über das Vorliegen der Beleihungsvoraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 2 und 3;
  3. ein Musterkontrollvertrag, der zwischen Kontrollstelle und dem jeweiligen Unternehmen geschlossen werden soll nebst der vorgesehenen Regelung für eine angemessene Vergütung sowie
  4. ein Katalog der für den Fall von Unregelmäßigkeiten oder Verstößen erwogenen Sanktionen gemäß Artikel 9 Abs. 5 Buchst. b der Verordnung (EWG) 2092/91.

(3) Die zuständige Behörde ist berechtigt

  1. eine Prüfung bei Sitz und Betriebsstätten des Antragstellers im Freistaat Sachsen durchzuführen, oder
  2. soweit der Antragsteller seinen Sitz nicht im Freistaat Sachsen hat, sich Prüfungsergebnisse und Unterlagen der für das Sitzland zuständigen Behörde von dieser anzufordern und einzusehen,

wenn sich diese Maßnahmen für die Entscheidung über den Antrag als erforderlich erweisen.

(4) Die Beleihung ist zu befristen.

(5) Nach der Beleihung werden der Leiter und der Stellvertreter der beliehenen privaten Kontrollstelle unverzüglich durch die zuständige Behörde gemäß § 1 des Gesetzes über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen ( Verpflichtungsgesetz) vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547), das durch § 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, verpflichtet. Die Verpflichtung aller übrigen Mitarbeiter, auch wenn sie nur vorübergehend oder im Einzelfall für die Kontrollstelle tätig werden, erfolgt durch die Kontrollstellenleitung.

(6) Soweit es zur Sicherung der Wahrnehmung der zu übertragenden Aufgaben erforderlich ist, kann die Zahl der beliehenen privaten Kontrollstellen beschränkt werden. Dabei richtet sich die Auswahl nach der Fachkunde, Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit.

§ 3
Rechte und Pflichten der beliehenen privaten Kontrollstelle

(1) Im Rahmen der Durchführung der übertragenen Aufgaben stehen den Beschäftigten der beliehenen privaten Kontrollstelle die Befugnisse aus § 7 Abs. 2 ÖLG gegenüber den zu kontrollierenden Unternehmen zu. Im Rahmen der Kontrollen ordnen die beliehenen privaten Kontrollstellen die Sanktionen gemäß ihrem durch die zuständige Behörde bestätigten Sanktionskatalog an und bei der Feststellung von Unregelmäßigkeiten im Sinne des Artikel 9 Abs. 9 Buchst. a oder des Artikel 10 Abs. 3 Buchst. a der Verordnung (EWG) 2092/91 treffen sie die in den genannten Vorschriften vorgesehenen Maßnahmen.

(2) Die beliehene private Kontrollstelle ist verpflichtet,

  1. die ihr übertragenen Aufgaben entsprechend § 4 Abs. 1 ÖLG gewissenhaft wahrzunehmen und die Einhaltung der in § 1 genannten Vorschriften sowie der auf ihrer Grundlage erlassenen Rechtsakte der Gemeinschaft und Rechtsverordnungen zu überwachen;
  2. fortlaufend alle personellen, organisatorischen und finanziellen Voraussetzungen zur ordnungsgemäßen Erfüllung der nach § 1 Abs. 2 und 3 übertragenen Aufgaben sicherzustellen;
  3. für eine Weiterbildung des für die Kontrollen eingesetzten Personals Sorge zu tragen, die einen Mindestumfang von vier Tagen innerhalb von zwei Jahren betragen muss und die sich auf die zur Durchführung der übertragenen Aufgaben, insbesondere auf die Kenntnisse der Rechtsvorschriften, das Verwaltungs- und Kontrollverfahren zu erstrecken hat;
  4. jede Änderung der nach § 2 Abs. 2 eingereichten Unterlagen der zuständigen Behörde bekannt zu geben;
  5. die kontrollierten Unternehmen durch Hinweise und Aufforderungen dazu anzuhalten, die ordnungsgemäße Etikettierung der Erzeugnisse und Lebensmittel im Sinne von Artikel 5 der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 und des Gesetzes zur Einführung und Verwendung eines Kennzeichens für Erzeugnisse des ökologischen Landbaus (Öko-Kennzeichengesetz ÖkoKennzG) vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3441) und der auf seiner Grundlage erlassenen Durchführungsverordnungen zu beachten;
  6. im Rahmen der Kontrollen festgestellte grobe Verstöße unverzüglich der zuständigen Behörde mitzuteilen und darüber eine Niederschrift anzufertigen, die fünf Jahre lang aufzubewahren ist;
  7. bei ihr eingehende An- und Abmeldungen der kontrollpflichtigen Unternehmen nach Artikel 8 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten;
  8. den Freistaat Sachsen von der Haftung für Schäden, die durch Kontrollmaßnahmen verursacht werden, freizustellen und das Haftungsrisiko zu versichern, soweit diese Schäden nicht durch Anordnungen nach § 4 Abs. 1 verursacht werden, sowie
  9. bis zum 31. Januar eines jeden Jahres der zuständigen Behörde einen zusammenfassenden Bericht über die Kontrolltätigkeit im Vorjahr, die bis zum Vorjahresende kontrollierten Unternehmen, die aufgetretenen Unregelmäßigkeiten und Verstöße sowie verhängten Sanktionen vorzulegen.

§ 4
Rechts- und Fachaufsicht, Widerspruchsbehörde

(1) Mit der Beleihung untersteht die beliehene private Kontrollstelle der Fach- und Rechtsaufsicht der zuständigen Behörde. Die zuständige Behörde kann die der beliehenen privaten Kontrollstelle übertragenen Aufgaben im Einzelfall auch selbst wahrnehmen.

(2) Die zuständigen Behörde entscheidet über Widersprüche gegen Entscheidungen der beliehenen privaten Kontrollstelle.

§ 5
Widerruf der Beleihung

(1) Die Beleihung ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 nicht mehr erfüllt sind.

(2) Die Beleihung kann widerrufen werden, wenn die Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 nicht mehr erfüllt ist oder die beliehene Kontrollstelle ihren Verpflichtungen nach § 3 Abs. 2 nicht nachkommt.

§ 6
Übergangsbestimmungen

Kontrollstellen, die bei In-Kraft-Treten dieser Verordnung nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 ÖLG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 ÖLG mit Wirkung für den Freistaat Sachsen zugelassen sind oder gemäß § 14 Satz 1 ÖLG mit Wirkung für den Freistaat Sachsen als zugelassen gelten und die derzeit Kontrollen nach der Verordnung (EWG) 2092/91 im Freistaat Sachsen durchführen, gelten im bisherigen Umfang als vorläufig beliehene private Kontrollstellen im Sinne dieser Verordnung. Unbeschadet anderer Vorschriften erlischt diese vorläufige Beleihung,

  1. wenn nicht bis zum letzten Tag des sechsten auf das In-Kraft-Treten folgenden Kalendermonats die Beleihung nach § 2 Abs. 2 beantragt wird;
  2. im Falle rechtzeitiger Antragstellung mit Unanfechtbarkeit der Entscheidung über den Antrag nach § 2 Abs. 2 oder
  3. im Falle des Erlöschens der vorläufigen Zulassung nach § 14 Satz 2 ÖLG.

§ 7
In-Kraft-Treten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.

Dresden, den 1. März 2005

Der Staatsminister
für Umwelt und Landwirtschaft
Stanislaw Tillich