Verwaltungsvorschrift
der Sächsischen Staatsregierung
zur Förderung der gemeinnützigen Tätigkeit von Bürgern zwischen 55 und 60 Jahren (Aktion 55)

Vom 23. Januar 2003

Zur Ausführung der §§ 23 und 44 der Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen (Sächsische Haushaltsordnung – SäHO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 2001 (SächsGVBl. S. 153) in der jeweils geltenden Fassung wird bestimmt:

§ 1
Grundsätze

(1) Zuwendungen werden nur im Rahmen der im Staatshaushaltsplan bereitgestellten Mittel gewährt. Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Zuwendungen besteht nicht.

(2) Zuwendungen aus dieser Verwaltungsvorschrift dienen der Förderung von gemeinnützigen Tätigkeiten. Gemeinnützig im Sinne der Verwaltungsvorschrift ist eine Tätigkeit auch, wenn sie mildtätige Zwecke verfolgt.

§ 2
Fördergegenstand, begünstigte Personen

Im Rahmen der sozial- und gesellschaftspolitischen Zielsetzung der Staatsregierung soll besonders gefördert werden die gesellschaftliche Mitwirkung von

1.
Menschen mit Behinderung gemäß §§ 1 und 2 Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – (SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046, 1047) in der jeweils geltenden Fassung, die nicht versicherungspflichtig beschäftigt sind, grundsätzlich ab Vollendung des 55. bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres,
2.
Beziehern von Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Berufsunfähigkeits-, Erwerbsunfähigkeits- und Invalidenrenten), die nicht versicherungspflichtig beschäftigt sind, ab Vollendung des 55. bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres,
3.
Arbeitslosen ab Vollendung des 55. bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres und
4.
Empfängern von betrieblichen Vorruhestandsgeldern ab Vollendung des 55. bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres.

§ 3
Fördervoraussetzungen

Die Förderung der Tätigkeit der in § 2 genannten Personen erfolgt unter folgenden Voraussetzungen:

1.
Bei der Tätigkeit handelt es sich um eine nebenberufliche Tätigkeit im Sinne des § 3 Nr. 26 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vom 19. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4210) in der jeweils geltenden Fassung. Eine solche Tätigkeit ist in der Regel:
 
a)
die Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder oder Erzieher wie Sporttrainer, Chorleiter, Orchesterdirigent, Prüfer bei einer Prüfung für einen Ausbildungsgang;
 
b)
die Lehr- und Vortragstätigkeit im Rahmen der allgemeinen Bildung und Ausbildung wie Kurse und Vorträge an Schulen und Volkshochschulen oder Erste-Hilfe-Kurse;
 
c)
die Lehr- und Vortragstätigkeit im Rahmen der beruflichen Aus- und Fortbildung;
 
d)
die Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen wie Hilfsdienste bei der häuslichen Betreuung, Altenhilfe oder die Tätigkeit als Rettungssanitäter oder Ersthelfer.
2.
Nicht begünstigt ist die Tätigkeit als Vorstandsmitglied eines Vereins oder als Vereinskassierer, als Gerätewart bei einem Sportverein oder als Ausbilder von Tieren.
3.
Die Tätigkeit ist nebenberuflich, wenn diese nicht mehr als 15 Stunden wöchentlich ausgeübt wird.
4.
Die Tätigkeit wird im Rahmen von Projekten nach § 4 ausgeübt, für die die Sachmittelfinanzierung gewährleistet ist.
5.
Die in § 2 genannten Personen werden aufgrund dieser Verwaltungsvorschrift zusätzlich eingesetzt.

§ 4
Projekte

Gefördert werden bereits bestehende sowie neue Projekte und Programme in folgenden Bereichen:

1.
Außerschulische Betreuung von Kindern und Jugendlichen,
2.
Betreuung und Begleitung von Alten und Kranken und Menschen mit Behinderungen,
3.
Begleitung von Arbeitslosen- oder Nichtberufstätigeninitiativen,
4.
Begleitung von Familiengruppen oder Gruppen von Alleinerziehenden,
5.
Betreuung von Ausländern, Aussiedlern oder Asylbewerbern,
6.
Betreuung Inhaftierter,
7.
Verkehrserziehung,
8.
Umwelterziehung und -beobachtung sowie Landschaftspflege in Schutzgebieten nach §§ 15 ff. des Sächsischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Sächsisches Naturschutzgesetz – SächsNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Oktober 1994 (SächsGVBl. S. 1601, 1995 S. 106), in der jeweils geltenden Fassung, und in besonders geschützten Biotopen nach § 26 Abs. 1 SächsNatSchG in Verbindung mit der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landesentwicklung zum Vollzug des § 26 des Sächsischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege – Schutz bestimmter Biotope ( VwV Biotopschutz) vom 22. Februar 1994 (SächsABl. S. 466), geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 8. August 1997 (SächsABl. S. 965), verlängert durch Verwaltungsvorschrift vom 25. November 1999 (SächsABl. S. 1165) und
9.
Tutorentätigkeit.

§ 5
Antragsberechtigte Zuwendungsempfänger

Die antragsberechtigten Zuwendungsempfänger können sein:

1.
Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege, die örtlichen Träger der freien Wohlfahrtspflege sowie Kirchengemeinden,
2.
andere Vereinigungen, Vereine und Gruppen, soweit sie als gemeinnützig anerkannt sind oder
3.
Gemeinden und Gemeindeverbände mit weniger als 2 000 Einwohnern. Vereinbarungen über Gebietsänderungen und Vereinbarungen über eine kommunale Zusammenarbeit nach dem Sächsischen Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit ( SächsKomZG) vom 19. August 1993 (SächsGVBl. S. 815, 1103), in der jeweils geltenden Fassung, die nach dem 30. April 1993 in Kraft getreten sind, lassen diese Verwaltungsvorschrift unberührt.

§ 6
Zuwendungsvoraussetzungen

(1) Eine Zuwendung wird nur gewährt

1.
wenn die gemeinnützig Tätigen ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Freistaat Sachsen haben,
2.
wenn die gemeinnützige Tätigkeit im Einzelfall mindestens acht Stunden je Woche beträgt und
3.
wenn die gemeinnützig Tätigen im Förderzeitraum nicht für andere nebenberufliche, gemeinnützige Tätigkeiten eine staatliche Förderung oder sonstige Zuwendung von dritter Stelle erhalten.

(2) Zuwendungen dürfen nur bewilligt werden, wenn der Zuwendungsempfänger die Gewähr für eine ordnungsgemäße Durchführung der Maßnahme und die bestimmungsmäßige Verwendung der Zuwendung bietet.

§ 7
Art und Umfang der Förderung
Erklärung des gemeinnützig Tätigen

(1) Die Zuwendungen werden im Rahmen der Projektförderung als pauschalierte Zuweisung gewährt (Festbetragsfinanzierung).

(2) Den gemeinnützig Tätigen wird eine Aufwandsentschädigung von monatlich 77 EUR steuerfrei gewährt, sofern der jährliche steuerfreie Höchstbetrag für nebenberufliche, gemeinnützige Tätigkeiten nach § 3 Nr. 26 EStG dadurch nicht überschritten wird.

(3) Der gemeinnützig Tätige muss gegenüber dem Zuwendungsempfänger schriftlich erklären, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der steuerfreie Höchstbetrag nach § 3 Nr. 26 EStG bereits berücksichtigt worden ist oder berücksichtigt wird. Der Zuwendungsempfänger muss die Erklärung zu den Unterlagen nehmen.

§ 8
Behörden, Verfahren, Koordinierungsausschuss

(1) Bewilligungsbehörden sind die zuständigen Landratsämter und die Stadtverwaltungen der kreisfreien Städte.

(2) Anträge auf finanzielle Förderung sind von den in § 5 genannten Zuwendungsempfängern bis spätestens 30. Juni eines jeden Jahres an die jeweils zuständige Bewilligungsbehörde zu richten.

(3) Jede Bewilligungsbehörde entscheidet über die bei ihr eingegangenen Anträge im Rahmen der vom Freistaat Sachsen zugewiesenen Mittel. Die Bewilligungsbehörden können bei ihrer Entscheidung die Arbeitsgemeinschaften der jeweils öffentlichen und freiwilligen Wohlfahrtspflege auf Gemeinde-, Städte- oder Landkreisebene als beratendes Gremium einbeziehen.

(4) 80 vom Hundert der Fördermittel werden den Bewilligungsbehörden zu Beginn des Haushaltsjahres entsprechend dem Anteil der 55- bis 60-jährigen Einwohner an der Gesamtbevölkerung im Zuständigkeitsbereich zugewiesen (Schlüsselbetrag). 20 vom Hundert der Fördermittel werden für die Förderung bei unerwartet großer Nachfrage und unvorhersehbarer Fälle zunächst zurückgehalten (Ergänzungsbetrag). Diese Mittel werden den Bewilligungsbehörden auf Antrag zugewiesen.

(5) Die Schlüsselbeträge, über die bis zum 31. August eines jeden Jahres nicht verfügt wurde, fallen an den Staatshaushalt zurück. Sie werden dem Ergänzungsbetrag hinzugefügt.

(6) Vertreter aller Sächsischen Staatsministerien bilden unter Vorsitz des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales einen Koordinierungsausschuss. Der Ausschuss koordiniert und begleitet die Durchführung dieser Verwaltungsvorschrift und erstattet der Staatsregierung jährlich einen Bericht. Er entscheidet auch über die Vergabe des Ergänzungsbetrages.

(7) Die Bewilligungsbehörden erlassen den Zuwendungsbescheid für einen Zeitraum bis zu einem Jahr. Der Bewilligungszeitraum ist das Haushaltsjahr. Die Zuwendung wird in zwei Raten ausgezahlt. Mit der Anforderung der zweiten Rate ist der Bewilligungsbehörde ein zahlenmäßiger Zwischennachweis vorzulegen. Beträgt der Bewilligungszeitraum weniger als sechs Monate, wird die Zuwendung in einem Betrag ausgezahlt.

(8) Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Vorläufigen Verwaltungsvorschriften des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen für die Bewilligung staatlicher Zuwendungen zu § 44 Sächsische Haushaltsordnung (Vorl. VwV zu § 44 SäHO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1999 (SächsABl. SDr. S. S316), geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 21. Dezember 2001 (SächsABl. 2002, S. 118), soweit nicht in dieser Förderrichtlinie Abweichungen zugelassen worden sind.

§ 9
Verwendungsnachweise

Der Verwendungsnachweis ist gegenüber der Bewilligungsbehörde innerhalb von drei Monaten nach Abschluss der Maßnahme zu erbringen. Bei Ratenzahlungen besteht der endgültige Verwendungsnachweis aus dem zahlenmäßigen Nachweis für die zweite Rate und einem Sachbericht über die Gesamtmaßnahme. Der Zwischennachweis für die erste Rate ist nicht nochmals vorzulegen. Überzahlungen sind mit der zweiten Rate zu verrechnen.

§ 10
In-Kraft-Treten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2003 in Kraft.

Dresden, den 23. Januar 2003

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Georg Milbradt

Die Staatsministerin für Soziales
Christine Weber