Gemeinsamer Erlass
des Sächsischen Staatsministeriums
für Wirtschaft und Arbeit
und des Sächsischen Staatsministeriums
für Umwelt und Landwirtschaft
über die Zusammenarbeit der Naturschutz- und Bergbehörden

Vom 5. April 2000

Die zuständigen Naturschutzbehörden können in Schutzgebietsverordnungen im Sinne von §§ 15 ff. Sächsisches Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Sächsisches Naturschutzgesetz –  SächsNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Oktober 1994 (SächsGVBl. S. 1601, 1995 S. 106), geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 18. März 1999 (SächsGVBl. S. 85, 115), Vorschriften vorsehen, wonach der Abbau von Bodenbestandteilen verboten ist. Um den Abbau von Bodenbestandteilen zu ermöglichen, bedarf es in diesem Fall einer Befreiung VwV kommunale Haushaltswirtschaft 2001 gemäß § 53 SächsNatSchG von den Vorschriften der Verordnung zum jeweiligen Schutzgebiet.
Sind dazu Eingriffe in nach § 26 Abs. 1 SächsNatSchG besonders geschützte Biotope erforderlich, bedarf es einer Ausnahmezulassung nach § 26 Abs. 4 SächsNatSchG.
Um die Zulassung von Betriebsplänen sowie die eventuell erforderlichen naturschutzrechtlichen Genehmigungen so transparent und zügig wie möglich durchzuführen, sind die nachfolgenden Verfahrensschritte einzuhalten:

I.
Erteilung einer Bewilligung gemäß § 8 BBergG
(Diese Fälle werden künftig zunehmend an Bedeutung verlieren. Das in den neuen Bundesländern geltende Recht wurde an das der alten Bundesländer durch das Gesetz zur Vereinheitlichung der Rechtsverhältnisse bei Bodenschätzen vom 15. April 1996 (BGBl. I S. 602), in Kraft getreten am 23. April 1996, angeglichen. Dies hat zur Folge, dass es im Bereich der Kies- und Sandgewinnung kaum noch Bewilligungen geben wird, da diese Bodenschätze künftig nicht mehr bergfrei sind. Aufgrund einer Übergangsregelung, die den Bestandsschutz von bereits erteilten Erlaubnissen festschreibt, ist es allerdings möglich, dass ein Erlaubnisinhaber noch eine Bewilligung beantragt.)
1.
Das Sächsische Oberbergamt (OBA) leitet Bewilligungsanträge im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange dem jeweils zuständigen Regierungspräsidium, Landratsamt, Staatlichen Umweltfachamt, der Gemeinde, Stelle für Gebietsgeologie, dem Bergamt sowie der Forstdirektion zur Stellungnahme zu.
Liegt die beantragte und auf einer Karte dargestellte Bewilligungsfläche ganz oder teilweise in einem der oben genannten Schutzgebiete, so teilen die Naturschutzbehörden dies dem OBA unverzüglich mit.
2.
In der Stellungnahme der Naturschutzbehörde muss klar und begründet zum Ausdruck kommen, ob eine Befreiung von der einschlägigen Schutzgebietsvorschrift in Aussicht gestellt werden kann oder nicht.
Die Naturschutzbehörden berücksichtigen bei ihrer Abwägung, dass § 48 Abs. 1 Bundesberggesetz ( BBergG) vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1310), zuletzt geändert durch das 6. Gesetz zur Reform des Strafrechts (6. StrRG) vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164), (Rohstoffsicherungsklausel) dem Rohstoffabbau als öffentlichem Belang ein besonderes Gewicht einräumt.
Dabei ist zu beachten, dass man sich bei der Erteilung einer Bewilligung nicht auf der Eingriffsebene bewegt. Das OBA hat aber bei der Prüfung der Versagungsgründe nach § 11 Nr. 10 BBergG zu prüfen, ob dem Abbau öffentliche Interessen im gesamten zuzuteilenden Feld entgegenstehen. Der Gesetzgeber hat die Prüfung der grundsätzlichen Abbauvoraussetzungen bereits hier angeordnet, obwohl die eigentliche Kollision erst auf der Ebene der Betriebspläne stattfindet.
3.
Liegt das Bewilligungsfeld zu 80 Prozent oder mehr im Schutzgebiet und wird eine Befreiung nicht in Aussicht gestellt, so kann die Bewilligung nur bei überproportional gewichtigen Gründen für den Abbau (zum Beispiel, wenn es sich um einen seltenen Rohstoff handelt, der nur dort vorkommt) erteilt werden. In der Regel ist die Bewilligung zu versagen.
Liegen weniger als 80 Prozent des Bewilligungsfeldes im Schutzgebiet, kann die Bewilligung in der Regel nicht versagt werden, da die öffentlichen Interessen nicht im gesamten zuzuteilenden Feld (vergleiche § 11 Nr. 10 BBergG) entgegenstehen. Das OBA weist den Antragsteller darauf hin, dass die Bewilligung keine Befreiung von den Vorschriften des jeweiligen Schutzgebietes enthält und aus diesem Grund der spätere Abbau unter Umständen nur entsprechend reduziert und/oder mit Auflagen versehen durchgeführt werden kann.
II.
Rahmenbetriebspläne
1.
Ist ein Vorhaben gemäß § 52 Abs. 2a BBergG in Verbindung mit der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) vom 13. Juli 1990 (BGBl. I S. 1420), geändert durch Artikel 5 der Verordnung vom 10. August 1998 (BGBl. I S. 2093), planfeststellungspflichtig, so muss der Unternehmer in jedem Fall einen Rahmenbetriebsplan („Obligatorischer Rahmenbetriebsplan“) für das gesamte Vorhaben erarbeiten und vorlegen.
Über eine Befreiung von den Vorschriften der entsprechenden Schutzgebietsverordnungen nach dem SächsNatSchG und über Ausnahmen von dem gesetzlichen Biotopschutz gemäß § 26 Abs. 4 SächsNatSchG ist bereits bei der Zulassung des obligatorischen Rahmenbetriebsplans zu entscheiden. Die Rahmenbetriebsplanzulassung ersetzt die Befreiung oder Ausnahmegenehmigung beziehungsweise deren Versagung als Gestattung im Sinne von § 53 Abs. 3 SächsNatSchG beziehungsweise § 26 Abs. 5 SächsNatSchG. Dabei bedarf es nicht der Herstellung des Einvernehmens, da es sich um planfeststellungspflichtige Vorhaben handelt, wobei durch die Planfeststellung die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen im Hinblick auf alle vom Vorhaben berührten öffentlichen Belange festgestellt wird.
2.
Die Entscheidung der Zulassung des Rahmenbetriebsplanes gemäß § 52 Abs. 2 BBergG („fakultativer Rahmenbetriebsplan“) wird von der Bergbehörde getroffen.
Aufgrund der Größe und Bedeutung des Vorhabens kann die Bergbehörde die Aufstellung eines fakultativen Rahmenbetriebsplanes verlangen.
Die Bergämter machen von dieser Möglichkeit in der Regel auch dann Gebrauch, wenn ein bestandsgeschütztes Vorhaben (in diesem Falle ist laut Einigungsvertrag keine Planfeststellung notwendig) die Grenze von zehn Hektar übersteigt.
Dazu erhält der Rahmenbetriebsplan ein eigenes Kapitel „Naturschutzrechtliche Regelungen“.
Der fakultative Rahmenbetriebsplan darf nur zugelassen werden, wenn die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 SächsNatSchG oder des § 26 Abs. 4 SächsNatSchG vorliegen und die sonst zuständige Naturschutzbehörde oder Gemeinde gemäß ihrer jeweiligen naturschutzrechtlichen Zuständigkeit ihr Einvernehmen erklärt hat.
Das Einvernehmen der Naturschutzbehörde oder Gemeinde gilt als erteilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert wird. Kommt das Einvernehmen zu einer Befreiung nach § 53 Abs. 3 SächsNatSchG nicht zustande, entscheidet, soweit nicht die Gemeinden für das Einvernehmen zuständig sind, die nächsthöhere Behörde im Benehmen mit der Naturschutzbehörde der gleichen Verwaltungsebene.
Kommt das Einvernehmen zu einer Ausnahme nach § 26 Abs. 5 SächsNatSchG nicht zustande, soll die nächsthöhere Behörde zusammen mit der Naturschutzbehörde der gleichen Verwaltungsebene das Einvernehmen herbeiführen. Wird auch auf dieser Ebene kein Einvernehmen herbeigeführt, ist der Betriebsplan ganz oder teilweise zu versagen, soweit seine Durchführung zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung des gesetzlich geschützten Biotops führen kann (§ 26 Abs. 1 SächsNatSchG).
Bei Erteilung des Einvernehmens hat die Naturschutzbehörde oder Gemeinde in ihrer Abwägung auch das besondere, in § 48 Abs. 1 BBergG vom Gesetzgeber fixierte Interesse am Rohstoffabbau zu berücksichtigen.
3.
Da im Anschluss an den Rahmenbetriebsplan in der Regel alle zwei Jahre neue Hauptbetriebspläne zuzulassen sind und sich die Gegebenheiten vor Ort ändern können, nimmt die zuständige Bergbehörde in das Kapitel „Naturschutzrechtliche Regelungen“ einen Auflagenvorbehalt zugunsten naturschutzrechtlicher Regelungen für nachfolgende Betriebspläne auf.
III.
Hauptbetriebspläne
1.
Ging den Hauptbetriebsplänen eine Rahmenbetriebsplanzulassung voraus, so ist das oben genannte Verfahren anzuwenden.
2.
Handelt es sich um ein Vorhaben, das nur im Wege des Hauptbetriebsplanes zuzulassen ist, so entscheidet die für die Zulassung zuständige Behörde auch über die Befreiung gemäß § 53 Abs. 3 SächsNatSchG oder die Erteilung einer Ausnahme nach § 26 Abs. 5 SächsNatSchG.
3.
Das Verfahren richtet sich nach den unter II. gemachten Angaben.
IV.
Beteiligung der anerkannten Naturschutzverbände
Gemäß § 57 Abs. 2 SächsNatSchG und § 29 Abs. 1 Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz –  BNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1998 (BGBl. I S. 2994) werden die anerkannten Naturschutzverbände bei Zulassungsverfahren von obligatorischen Rahmenbetriebsplänen, die Befreiungen von Schutzgebietsbestimmungen erfordern, durch die Planfeststellungsbehörde und bei Verfahren der Zulassung von fakultativen Rahmenbetriebsplänen sowie im Zusammenhang mit der Zulassung von Hauptbetriebsplänen nunmehr durch die jeweils zuständigen Naturschutzbehörden (Einvernehmensbehörde) und nicht mehr durch die Genehmigungsbehörde beteiligt.
V.
Widerspruch und Klage
1.
Widerspruch
Legt der Vorhabensträger gegen eine aus Naturschutzgründen nicht erteilte Bewilligung oder einen nicht zugelassenen Hauptbetriebsplan oder fakultativen Rahmenbetriebsplan Widerspruch ein, so beteiligt die zuständige Bergbehörde die Naturschutzbehörde, die das Einvernehmen verweigert hat, auch im Widerspruchsverfahren. Das Verfahren richtet sich nach den §§ 68 ff. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686), zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 31. August 1998 (BGBl. I S. 2600).
Bei der Zulassung eines obligatorischen Rahmenbetriebsplanes sind gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1998 (BGBl. I S. 3050) die Vorschriften über die Entscheidung (§ 69 VwVfG) und die Anfechtung der Entscheidung (§ 70 VwVfG) anzuwenden. Es bedarf hierbei keiner Nachprüfung im Vorverfahren.
2.
Klage
Reicht der Vorhabensträger Klage gegen einen der oben genannten Verwaltungsakte ein, so hat sich die höhere Naturschutzbehörde auch an der Prozessvorbereitung und gegebenenfalls an der gerichtlichen Vertretung zu beteiligen.

VI.
Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung
Die Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung im Rahmen bergrechtlicher Verfahren bleibt von diesem Erlass unberührt.

Dresden, den 5. April 2000

Sächsisches Staatsministerium
für Umwelt und Landwirtschaft
Simpfendörfer
Ministerialdirigent

Sächsisches Staatsministerium
für Wirtschaft und Arbeit
Wagner
Ministerialdirigent