Historische Fassung war gültig vom 10.07.1991 bis 06.03.1996

Gesetz
über die Juristenausbildung im Freistaat Sachsen
(Sächsisches Juristenausbildungsgesetz – SächsJAG)

Vom 27. Juni 1991

Der Sächsische Landtag hat am 21. Juni 1991 das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird.

§ 1
Landesjustizprüfungsamt

Für die Durchführung der in § 5 des Deutschen Richtergesetzes vorgeschriebenen zwei Prüfungen (Erste und Zweite Juristische Staatsprüfung) wird bei dem Staatsministerium der Justiz das Landesjustizprüfungsamt errichtet. Der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes muß die Befähigung zum Richteramt besitzen.

§ 2
Erste Juristische Staatsprüfung

Die Erste Juristische Staatsprüfung ist Hochschulabschlußprüfung und Einstellungsprüfung im Sinn des Beamtengesetzes des Freistaates Sachsen. Sie hat Wettbewerbscharakter und soll feststellen, ob der Bewerber das Ziel des rechtswissenschaftlichen Studiums erreicht hat und für den Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendar fachlich geeignet ist. Der Bewerber soll in der Prüfung zeigen, daß er das Recht mit Verständnis erfassen und anwenden kann und über die hierzu erforderlichen Kenntnisse in den Prüfungsfächern mit ihren geschichtlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und rechtsphilosophischen Grundlagen verfügt.

§ 3
Zweite Juristische Staatsprüfung

(1) Die Zweite Juristische Staatsprüfung ist Abschlußprüfung und Laufbahnprüfung im Sinn des Beamtengesetzes des Freistaates Sachsen.

(2) Die Zweite Juristische Staatsprüfung hat Wettbewerbscharakter und soll feststellen, ob der Rechtsreferendar das Ziel der Ausbildung erreicht hat und ihm deshalb nach seinen Kenntnissen, seinem praktischen Geschick und dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit die Befähigung zum Richteramt (§ 5 Abs. 1  DRiG) und zum höheren Verwaltungsdienst zuzusprechen ist.

§ 4
Prüfungsorte und Prüfungsorgane
der Ersten Juristischen Staatsprüfung

(1) Die Erste Juristische Staatsprüfung wird am Sitz der Juristischen Fakultäten im Freistaat Sachsen abgehalten.

(2) Prüfungsorgane sind der Prüfungsausschuß für die Erste Juristische Staatsprüfung, der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes als Vorsitzender des Prüfungsausschusses sowie die weiteren Prüfer.

(3) Zu Mitgliedern des Prüfungsausschusses und Prüfern können Hochschullehrer des Rechts, Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte sowie Notare, Beamte und Wirtschaftsjuristen mit der Befähigung zum Richteramt bestellt werden.

§ 5
Prüfungsorte und Prüfungsorgane
der Zweiten Juristischen Staatsprüfung

(1) Die Zweite Juristische Staatsprüfung wird in Dresden abgehalten. Die schriftliche Prüfung kann auch an anderen Orten abgenommen werden.

(2) Prüfungsorgane sind der Prüfungsausschuß für die Zweite Juristische Staatsprüfung, der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes als Vorsitzender des Prüfungsausschusses sowie die weiteren Prüfer.

(3) Zu Mitgliedern des Prüfungsausschusses und Prüfern können Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte sowie Notare, Beamte und Wirtschaftsjuristen mit der Befähigung zum Richteramt bestellt werden.

§ 6
Stellung der Prüfungsorgane

(1) Der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes, die Mitglieder der Prüfungsausschüsse sowie die Prüfer sind in Prüfungsangelegenheiten an keine Weisungen gebunden.

(2) Der Staatsminister der Justiz ernennt den Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes und bestellt die Mitglieder der Prüfungsausschüsse. Die Prüfungsausschüsse bestellen die jeweiligen Prüfer. Die Bestellung der Mitglieder der Prüfungsausschüsse, die nicht im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz beschäftigt sind, und der Prüfer erfolgt im Einvernehmen mit dem Dekan der zuständigen Juristischen Fakultät, der zuständigen Standesvertretung oder der zuständigen obersten Dienstbehörde. Die Mitglieder der Prüfungsausschüsse und die Prüfer werden auf 5 Jahre bestellt. Wiederberufungen sind möglich.

§ 7
Vorbereitungsdienst

(1) Der Zweiten Juristischen Staatsprüfung geht ein einheitlicher Vorbereitungsdienst voraus.

(2) Wer die Erste Juristische Staatsprüfung bestanden hat, wird nach Maßgabe einer Rechtsverordnung gemäß § 8 Nr. 8 auf Antrag zum Vorbereitungsdienst zugelassen und unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Rechtsreferendar ernannt.

(3) Das Beamtenverhältnis endet ohne besonderen Widerruf mit Ablauf des Tages, an welchem dem Rechtsreferendar eröffnet wird, daß er die Zweite Juristische Staatsprüfung mit Erfolg abgelegt oder bei der ersten Wiederholung nicht bestanden hat.

§ 8
Verordnungsermächtigung

Das Staatsministerium der Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen mit den Staatsministerien des Innern, der Finanzen und für Wissenschaft und Kunst zur Durchführung dieses Gesetzes durch Rechtsverordnung nähere Vorschriften zu erlassen. Hierzu können insbesondere Bestimmungen getroffen werden über

1.
die Berufung und die Amtszeit der Prüfungsorgane;
2.
die Aufgaben und Zuständigkeiten der Prüfungsorgane;
3.
die Organisation, Aufgaben und Zuständigkeiten des Landesjustizprüfungsamtes;
4.
die Bestellung von Örtlichen Prüfungsleitern als Außenstellen des Landesjustizprüfungsamtes;
5.
die Frist für die Meldung zur Ersten Juristischen Staatsprüfung, die Voraussetzung für die Zulassung zur Ersten Juristischen Staatsprüfung, insbesondere über den Nachweis eines ordnungsgemäßen Rechtsstudiums, über das Erfordernis, für die zwei der Ersten Juristischen Staatsprüfung unmittelbar vorausgehenden Fachsemester an der Universität des Prüfungsortes eingeschrieben gewesen zu sein, sowie über die Vorlage von Zeugnissen über die erforderliche Teilnahme an der Zwischenprüfung und an Lehrveranstaltungen sowie den Verlust des Anspruchs auf Zulassung zur Ersten Juristischen Staatsprüfung;
6.
die Voraussetzungen für die Zulassung zur Zweiten Juristischen Staatsprüfung und den Verlust des Anspruchs auf Zulassung zur Zweiten Juristischen Staatsprüfung;
7.
den Prüfungsstoff, das Prüfungsverfahren, insbesondere Art und Zahl der Prüfungsleistungen im schriftlichen und mündlichen Teil der Prüfungen, die Bewertung der Prüfungsleistungen, die Erteilung von Zeugnissen, den Rücktritt von den Prüfungen und die Wiederholung der Prüfungen, die Verhinderung von Prüfungsteilnehmern und die Prüfungsmängel sowie über die jeweilige Geltendmachung, die Festlegung besonderer Bedingungen für behinderte Prüfungsteilnehmer und die Folgen von Verstößen gegen Prüfungsbestimmungen;
8.
die weiteren Voraussetzungen für die Zulassung zum Vorbereitungsdienst in Ergänzung des § 7 Absatz 2 einschließlich der Zulassungsbeschränkung wegen Erschöpfung der Ausbildungskapazitäten, die Voraussetzungen für die Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst, die Gliederung und inhaltliche Gestaltung des Vorbereitungsdienstes, insbesondere die Fertigung von Vorlagearbeiten, die Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften und Lehrgängen und die Erteilung von Zeugnissen, die Verlängerung des Vorbereitungsdienstes im Einzelfall sowie die Zuständigkeit für Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Vorbereitungsdienst;
9.
die Anrechnung von Studienzeiten und von Ausbildungszeiten anderer Ausbildungsgänge auf die Juristenausbildung.

§ 9
Übergangsbestimmungen

(1) Die Vorschriften des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Art. 1 des Gesetzes vom 29. September 1990 (BGBl II S. 885) über die Anerkennung der bisherigen Abschlüsse, die Fortgeltung der bisherigen Vorschriften, die Nachqualifizierung der Diplomjuristen und den besonderen Vorbereitungsdienst für Diplomjuristen bleiben unberührt.

(2) Durch Rechtsverordnung gemäß § 8 können weitere Übergangsbestimmungen getroffen werden, die den Übergang von einer Ausbildung nach bisherigem Recht in eine Ausbildung nach neuem Recht erleichtern sowie die Ausgestaltung des besonderen Vorbereitungsdienstes nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr.  8 Buchstabe y) ii) des Einigungsvertrages regeln. Dabei können insbesondere die Zulassung zu den Prüfungen erleichtert und zusätzliche Wiederholungsmöglichkeiten geschaffen, besondere Bestimmungen für die Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes einschließlich der Ableistung des Vorbereitungsdienstes außerhalb des Freistaates Sachsen getroffen sowie für diejenigen, die nach bisherigem oder neuem Recht vorgeschriebene Ausbildungsteile aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht ableisten konnten, Ausnahmeregelungen vorgesehen werden.

(3) Durch Rechtsverordnung gemäß § 8 können nähere Bestimmungen für die Nachqualifizierung der Diplomjuristen nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 Buchstabe y)  ff) des Einigungsvertrages getroffen werden.

(4) Bis zum Inkrafttreten eines Beamtengesetzes des Freistaates Sachsen gelten § 2 Satz 1 und § 3 Absatz 1 mit der Maßgabe, daß an die Stelle des Beamtengesetzes des Freistaates Sachsen das Bundesbeamtengesetz in Verbindung mit der Bundeslaufbahnverordnung tritt.

(5) Der Staatsminister der Justiz kann einen Richter, Staatsanwalt oder Beamten mit den Aufgaben des Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes betrauen.

(6) Bis 31. Dezember 1996 können auch Richter, Staatsanwälte und Beamte nach Eintritt in den Ruhestand sowie ehemalige Rechtsanwälte, Notare oder Wirtschaftsjuristen zu Mitgliedern der Prüfungsausschüsse oder zu Prüfern gemäß § 4 Absatz 3 und § 5 Absatz 3 bestellt werden.

§ 10
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Dresden, den 27. Juni 1991

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann