Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus
über die Landesregelung zur Anerkennung als „Staatlich anerkannter Erzieher/Staatlich anerkannte Erzieherin“
(VwV Erzieheranerkennung)

Az.: 44-6632.00/15

Vom 1. Oktober 1996

1    Geltungsbereich

1.1
Diese Verwaltungsvorschrift regelt die Anerkennung der nach Rechtsvorschriften der ehemaligen DDR erworbenen Erzieherabschlüsse auf Fachschulniveau in einem Tätigkeitsfeld des Staatlich anerkannten Erziehers und die Rahmenbedingungen der Anpassungsfortbildung zum/zur „Staatlich anerkannten Erzieher/Staatlich anerkannten Erzieherin“.
1.2
Grundlage ist der Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 14. Juni 1991 in der Fassung vom 27. Januar 1995 (Anerkennung von nach Rechtsvorschriften der ehemaligen DDR abgeschlossenen Ausbildungen in Erzieherberufen gemäß Artikel 37 Einigungsvertrag).

2    Anerkennung von Erzieherabschlüssen

2.1
Auf Antrag kann die bundesweite Anerkennung für die folgenden Erzieherabschlüsse auf Fachschulniveau in den nachstehend zugeordneten Tätigkeitsfeldern erfolgen:
 
Anerkennung von Erzieherabschlüssen
im Gebiet der ehemaligen DDR erworbene Berufsbezeichnung: Anerkennung für das Tätigkeitsfeld
im Gebiet der ehemaligen DDR erworbene Berufsbezeichnung: Anerkennung für das Tätigkeitsfeld
Krippenerzieher/in Krippe
Kindergärtner/in Kindergarten
Gruppenerzieher/in Kindergarten
Horterzieher/in Hort
Unterstufenlehrer/in mit der Befähigung zur Arbeit im Schulhort Hort
Unterstufenlehrer/in Hort
Lehrer/in für untere Klassen Hort
Freundschaftspionierleiter/in mit Lehrbefähigung für untere Klassen Hort
Heimerzieher/in Heim
Erzieher/in für Jugendheime Heim
Erzieher/in in Jugendwerkhöfen Heim
Erzieher/in in Heimen und Horten Heim und Hort
Unterstufenlehrer/in mit der Befähigung zur Arbeit in Heimen und Horten Heim und Hort
2.2
Die Abschlüsse als „Kinderdiakon/in“ und „Erzieher/in im kirchlichen Dienst“, die in der ehemaligen DDR an kirchlichen Einrichtungen (nach Anlage I) erworben wurden, sind dem Abschluß „Staatlich anerkannter Erzieher/Staatlich anerkannte Erzieherin“ gleichwertig.
2.3
Erzieherabschlüsse auf Fachschulniveau, die in der ehemaligen DDR erworben wurden und nicht in Nummer 2.1 aufgeführt sind, können bei einer entsprechenden Gleichwertigkeit anerkennungsfähig sein.
2.4
Die Anerkennung stellt das für den jeweiligen Wohnort zuständige Oberschulamt aus. Der Antrag erfolgt formlos unter Vorlage der beglaubigten Kopie des Erzieherabschlusses.
2.5
Die Bescheinigung der Anerkennung muß dem vom Sächsischen Staatsministerium für Kultus herausgegebenen Muster entsprechen.

3    Anpassungsfortbildung zum/zur „Staatlich anerkannten Erzieher/Staatlich anerkannten Erzieherin“

3.1
Die Anpassungsfortbildung kann nur von dem Bewerber begonnen werden, der die Zulassungsvoraussetzungen nachweist.
3.2
Die Anpassungsfortbildung endet mit einem Kolloquium.
3.3
Die bundesweite Anerkennung als „Staatlich anerkannter Erzieher/Staatlich anerkannte Erzieherin“ und damit die Berechtigung, in allen sozialpädagogischen Tätigkeitsfeldern als pädagogische Fachkraft tätig zu sein, erhält ein Bewerber nach dem erfolgreichen Abschluß der Anpassungsfortbildung.

4    Zulassungsvoraussetzungen

4.1
Die Zulassung zur Anpassungsfortbildung erfordert
 
  • einen Abschluß in einem Erzieherberuf auf Fachschulniveau,
  • die Anerkennung dieses Abschlusses in einem Tätigkeitsfeld des Staatlich anerkannten Erziehers,
  • den Nachweis der erforderlichen einschlägigen Berufspraxis und
  • sofern ein Praktikum nach Nummer 5 erforderlich, den Nachweis einer Praktikantenstelle.
4.2
Die erforderliche einschlägige Berufspraxis muß spätestens zu Beginn des Kolloquiums erfüllt sein.
4.3
Der Nachweis über die einschlägige Berufspraxis oder das Praktikum ist durch den Antragssteller zu erbringen. Stellt das Ableisten dieser Zeiten eine unbillige soziale Härte dar, kann das zuständige Oberschulamt auf Antrag hiervon eine Ausnahme zulassen.

5    Umfang der Anpassungsfortbildung

5.1
Die Anpassungsfortbildung beinhaltet theoretische und praktische Fortbildungsanteile. Der theoretische Fortbildungsanteil umfaßt 240 Stunden Unterricht. Im praktischen Fortbildungsanteil sind 12 Monate Praktikum abzuleisten.
5.2
Für Bewerber, die 3 Jahre Berufspraxis nachweisen, verkürzt sich die Anpassungsfortbildung auf 120 Stunden Unterricht und 6 Monate Praktikum.
5.3
Für Bewerber, die 5 Jahre Berufspraxis nachweisen, verkürzt sich die Anpassungsfortbildung auf 120 Stunden Unterricht. Das gleiche gilt für Bewerber, die 2 Jahre Berufspraxis nachweisen und das 25. Lebensjahr vollendet haben.
5.4
Der Unterricht und das Praktikum sind in der Regel zeitlich nebeneinander abzuleisten.

6    Berufspraxis

6.1
Berufspraxis im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift ist eine Tätigkeit, die für die Arbeit des Erziehers förderlich ist.
6.2
Als förderliche Tätigkeit können weiterhin bis zu 12 Monate Erziehungszeiten anerkannt werden.

7    Unterricht

7.1
Anpassungsfortbildungen können von öffentlichen Schulen, staatlich anerkannten Ersatzschulen oder von freien Bildungsträgern durchgeführt werden. Die Genehmigung wird in der Verwaltungsvorschrift zur Durchführung von Anpassungsfortbildungen vom 1. März 1994 ( VwV Anpassungsfortbildung) geregelt.
7.2
Der Unterricht in der Anpassungsfortbildung wird entsprechend der Anlagen II und III durchgeführt.

8    Praktischer Fortbildungsanteil (Praktikum)

8.1
Der praktische Fortbildungsanteil ist in einem nicht der Qualifikation entsprechenden Tätigkeitsfeld zu absolvieren.
8.2
Praktische Fortbildungsanteile, die vor der Anpassungsfortbildung geleistet wurden, werden angerechnet. Der zeitliche Nachweis ist zusätzlich zur erforderlichen Berufspraxis zu führen.

9    Inkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Oktober 1996 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Landesregelung zur Anerkennung als „Staatlich anerkannter Erzieher/Staatlich anerkannte Erzieherin“ (VwV Erzieheranerkennung) vom 28. Februar 1994 (Amtsblatt des SMK S. 433) außer Kraft.

Hans Werner Wagner
Staatssekretär

Anlage I

Kirchliche Erzieherabschlüsse

Die Gleichwertigkeit wird für die Abschlüsse der Berufe

  • Kinderdiakon/in und
  • Erzieher/in im kirchlichen Dienst

ausgestellt, soweit sie an folgenden Ausbildungsstätten erworben wurden:

  • Seminar für Kirchlichen Dienst Kinderdiakoninnenseminar Berlin-Weißensee
  • Seminar für Kirchlichen Dienst Bad Lausick
  • Seminar für Kinder- und Gemeindediakonie der Anhaltischen Diakonissenanstalt Dessau
  • Seminar für Kirchlichen Dienst Eisenach
  • Seminar für Kirchlichen Dienst Greifswald
  • Seminar für Kinderdiakonie Halle
  • Seminar für Kirchlichen Dienst Friedenshort Heiligengrabe
  • Bodelschwingh-Haus Fachrichtung Kinderdiakonie Wolmirstedt
  • Katholische Fachschule für Sozialpädagogik „Don Bosco“ Berlin/Michendorf
  • Katholische Fachschule für Sozialpädagogik „St. Ursula“ Erfurt

Anlage II

Fächer und Stundenumfang des Unterrichts

Fächer und Stundenumfang
Fächer Fortbildung im Umfang von 240 Stunden SFortbildung im Umfang von 120 Stunden

Fächer

Fortbildung im Umfang von 240 Stunden

Fortbildung im Umfang von 120 Stunden


Rechtskunde (Kinder- und Jugendhilferecht)

 40 Std.

 40 Std.

Pädagogik des Kindes- und Jugendalters

 25 Std.

 25 Std.

Psychologie des Kindes- und Jugendalters

 35 Std.

 35 Std.

Soziologie

 20 Std.

 

Heilpädagogik

 20 Std.

 

Kinder- und Jugendliteratur/Medienpädagogik

 20 Std.

 

Ethik

 20 Std.

 

Praxis- und Methodenlehre, einschließlich Fachmethodiken

 60 Std.

 

Zur freien Verfügung für die nicht obligatorischen Gebiete

 

20 Std.

 

240 Std.

120 Std.

Anlage III

Unterrichtsinhalte

Für die Aufstellung eines Curriculum gelten folgende Rahmenrichtlinien:

Unterrichtsinhalte
Stundenzahl Unterrichtsinhalte

Rechtskunde
(Kinder- und
Jugendhilferecht)

 

(40 Std.)

  • Grundlagen des Rechts
  • Rechtsstellung des Minderjährigen
    in der Gesellschaft/in der Familie
  • Der Minderjährige und seine Rechtsgeschäfte
  • Die Haftung des Minderjährigen
  • Die Aufsichtspflicht über Minderjährige
  • Jugendhilfe/Jugendschutz/Jugendstrafrecht
  • Der Erzieher als Arbeitnehmer

Pädagogik des
Kindes- und Jugendalters

 

(25 Std.)

  • Einsicht in die Zielgerichtetheit der Erziehung
  • Erziehungsfähigkeit/ Erziehungsnotwendigkeit/ Bedeutsamkeit pädagogischer Entscheidungen
  • Einsicht in die Bedeutung von Erziehung als sozialem Lernen für die Entwicklung der Persönlichkeit
  • Erzieherverhalten/Erziehungsstile
  • Erziehung in der Familie
  • Erziehung in sozialpädagogischen Einrichtungen, Strukturierung der Einrichtungen

Psychologie des
Kindes- und Jugendalters

 

(35 Std.)

  • Fähigkeit, das eigene Verhalten zu reflektieren
  • Einblick in tiefenpsychologische Sichtweisen
  • Einsicht in die Bedeutung der Kommunikation für die Entstehung und Veränderung zwischenmenschlicher Beziehungen
  • Anlage/Umwelt
  • Bedürfnisse des Kindes/Handlungsweisen des Erziehers

Soziologie

 

(20 Std.)

  • Lebens- und Arbeitswelt in der Bundesrepublik Deutschland
  • Familie und Sozialisation
  • Konformität und Abweichung
  • Institutionalisierte Formen der Erziehung

Heilpädagogik

 

(20 Std.)

  • Überblick über Ursachen, die zur Schädigung des Nervensystems führen können
  • Verständnis der besonderen Probleme bei der Sozialisation von Verhaltensgestörten
  • Überblick über Grundprobleme und Aufgabenbereiche der Heilpädagogik sowie elementare Fähigkeit zu heilerzieherischem Handeln

Kinder- und Jugendliteratur/
Medienpädagogik

 

(20 Std.)

  • Bewußtsein möglicher Wirkungen von Jugendliteratur auf den jugendlichen Leser und Reaktionen darauf
  • Kenntnis der wichtigsten Einsatzmöglichkeiten von Jugendliteratur in den sozialpädagogischen Arbeitsfeldern und Entwicklung der Fähigkeit von alters- und situationsgemäßer Auswahl von Literatur
  • Fähigkeit, mit Comics in der sozialpädagogischen Arbeit umzugehen

Ethik

 

(20 Std.)

  • Der Mensch und sein persönliches Leben
  • Der Mensch in Gemeinschaft mit anderen

Praxis- und Methodenlehre, einschließlich Fachmethodiken

 

(60 Std.)

  • Theorie und Didaktik sozialpädagogischer Arbeit in Teilbereichen, die nicht der vorliegenden Qualifikation entsprechen. Dabei ist die musikalische Erziehung, Kunsterziehung und Werkerziehung zu berücksichtigen.