Historische Fassung war gültig vom 24.12.1997 bis 30.04.1999

Gesetz
über die Erprobung einer Sächsischen Sicherheitswacht
(Sächsisches Sicherheitswachterprobungsgesetz – SächsSWEG)

Vom 12. Dezember 1997

Der Sächsische Landtag hat am 13. November 1997 das folgende Gesetz beschlossen:

Erster Abschnitt
Erprobungscharakter des Vorhabens

§ 1
Erprobungscharakter des Vorhabens

Dieses Gesetz dient dem Ziel, eine stärkere Einbindung von Bürgern in die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Rahmen einer Sächsischen Sicherheitswacht zu erproben.

Zweiter Abschnitt
Aufgaben und Befugnisse

§ 2
Aufgaben

Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht unterstützen den Polizeivollzugsdienst bei der Erfüllung seiner Aufgaben, insbesondere durch eine zusätzliche Streifentätigkeit in der Öffentlichkeit.

§ 3
Befugnisse

(1) Maßnahmen, die in Rechte anderer eingreifen, dürfen die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht nur treffen, wenn sie durch Gesetz dazu besonders ermächtigt sind. Die allgemeinen Vorschriften über gerechtfertigtes Verhalten bleiben unberührt.

(2) Die Befugnisse nach diesem Gesetz stehen den Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht nur während der Zeit zu, in der sie vom Polizeivollzugsdienst zur Unterstützung herangezogen werden. Maßnahmen, die sie in Ausübung dieser Befugnisse treffen, sind ihrer Polizeidienststelle zuzurechnen.

§ 4
Befragung

(1) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind befugt, eine Person zu befragen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben machen kann, die zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden.

(2) Zu Auskünften gegenüber den Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht, die über die Angabe der Personalien (Name, Vorname, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit) hinausgehen, ist die Person nur verpflichtet, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte erforderlich ist. § 18 Abs. 6 Sätze 2 und 3 des Polizeigesetzes des Freistaates Sachsen (SächsPolG) vom 24. Mai 1994 in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. August 1994 (SächsGVBl. S. 1541 ) gelten entsprechend.

§ 5
Identitätsfeststellung

(1) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind befugt, zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sowie zur Beseitigung einer Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung die Identität der für die Gefahr oder Störung verantwortlichen Person festzustellen. Zum Schutz privater Rechte sind sie dazu unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SächsPolG befugt.

(2) Sie können die dazu erforderlichen Maßnahmen treffen, insbesondere die Person anhalten, sie nach ihren Personalien befragen und verlangen, daß sie mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt.

(3) Die Person kann festgehalten und zu einer Polizeidienststelle gebracht werden, wenn ihre Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

§ 6
Platzverweis

Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind befugt, zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder zur Beseitigung einer Störung eine Person vorübergehend von einem Ort zu verweisen, ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes zu verbieten oder sie daran zu hindern, wenn die Person für die Gefahr oder Störung verantwortlich ist.

§ 7
Sicherstellung

(1) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind befugt, eine Sache sicherzustellen, wenn dies erforderlich ist, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung der Sache zu schützen. Diese Bestimmung findet auch auf verlorene Sachen Anwendung, soweit in den gesetzlichen Vorschriften über den Fund nichts anderes bestimmt ist.

(2) Sichergestellte Sachen sind unverzüglich der zuständigen Polizeidienststelle zu übergeben. Für die Unterrichtung des Betroffenen, die Verwahrung der sichergestellten Sachen und die Aufhebung der Sicherstellung gilt § 26 Abs. 2 bis 4 SächsPolG .

§ 8
Datenschutz

Für die Erhebung und Übermittlung personenbezogener Daten durch die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht gelten § 37 Abs. 2 und § 45 SächsPolG sowie § 13 des Gesetzes zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Datenschutzgesetz – SächsDSG) vom 11. Dezember 1991 (SächsGVBl. S. 401). Die von den Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht schriftlich fixierten personenbezogenen Daten sind unverzüglich ihrer Polizeidienststelle weiterzuleiten.

§ 9
Ermessen, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht treffen die erforderlichen Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen. Unmittelbarer Zwang darf nur in Form einfacher körperlicher Gewalt unter den Voraussetzungen des § 32 SächsPolG zur Durchsetzung der Befugnisse nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 2 und 3 sowie § 6 angewandt werden.

(2) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen haben die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(3) Durch eine Maßnahme darf kein Nachteil herbeigeführt werden, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht.

(4) Eine Maßnahme ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

Dritter Abschnitt
Rechtsstellung, Organisation und Dienstbetrieb

§ 10
Rechtsstellung, Begründung und Beendigung
des Dienstverhältnisses

(1) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind ehrenamtlich tätig und stehen zum Freistaat Sachsen in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.

(2) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht gelten hinsichtlich der Verpflichtung zum Schadenersatz und des Rückgriffs sowie hinsichtlich der Dienst- und Fachaufsicht als Angehörige ihrer Polizeidienststelle.

(3) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht werden auf ihren Antrag vom Leiter der zuständigen Polizeidirektion im Rahmen des Bedarfs bestellt und einer nachgeordneten Polizeidienststelle zur Unterstützung zugewiesen. Die Ablehnung von Bewerbern bedarf keiner Begründung. Die Bestellung erfolgt durch Aushändigung einer Urkunde. Sie kann befristet werden und ist jederzeit widerruflich.

(4) Das Dienstverhältnis wird auf Antrag, durch Widerruf oder durch Zeitablauf beendet. Die Entscheidung über den Antrag auf Beendigung des Dienstverhältnisses und der Widerruf bedürfen der Schriftform. Zuständig ist der Leiter der Polizeidirektion, von welcher der Angehörige der Sächsischen Sicherheitswacht bestellt wurde.

§ 11
Persönliche und fachliche Eignung

(1) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht müssen volljährig sein. Sie müssen gesundheitlich in der Lage sein, die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen und dazu die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen, insbesondere die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung des Freistaates Sachsen eintreten. Polizeibedienstete werden nicht als Angehörige der Sächsischen Sicherheitswacht bestellt.

(2) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht müssen über die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen rechtlichen und fachlichen Kenntnisse verfügen. Ihre Aus- und Fortbildung obliegt dem Polizeivollzugsdienst.

§ 12
Verschwiegenheitspflicht

(1) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht haben über die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt nicht für Mitteilungen im amtlichen Verkehr und über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

(2) Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit als Angehöriger der Sächsischen Sicherheitswacht fort.

(3) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht dürfen ohne Genehmigung über Angelegenheiten, über die sie Verschwiegenheit zu bewahren haben, weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Für die Genehmigung gelten § 78 Abs. 2 Satz 2 und § 79 des Beamtengesetzes für den Freistaat Sachsen (SächsBG) vom 17. Dezember 1992 in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juni 1994 (SächsGVBl. S. 1153) entsprechend.

§ 13
Dienstbetrieb

Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht unterliegen den Weisungen ihrer Polizeidienststelle.

§ 14
Kennzeichnung und Ausrüstung

(1) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht tragen während ihrer Tätigkeit einheitliche Überwesten mit einer Kennzeichnung, die ihre Eigenschaft als Angehörige der Sächsischen Sicherheitswacht deutlich macht; sie dürfen keine politischen Abzeichen tragen.

(2) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht führen keine Schuß-, Hieb- und Stoßwaffen mit sich.

§ 15
Ausweispflicht

Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht erhalten einen Dienstausweis. Sie haben sich auf Verlangen der von einer Maßnahme betroffenen Person auszuweisen, soweit der Zweck der Maßnahme dadurch nicht beeinträchtigt wird.

§ 16
Entschädigung und Schadenersatz

Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht erhalten für ihren Aufwand eine pauschale Entschädigung nach Maßgabe einer Verwaltungsvorschrift des Staatsministeriums des Innern. Treten im Rahmen ihrer Tätigkeit Sachschäden ein, gelten § 103 des SächsBG und die hierzu erlassenen Richtlinien zum Sachschadenersatz bei Staatsbediensteten entsprechend. Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – versichert.

Vierter Abschnitt
Schlußbestimmungen

§ 17
Einschränkung von Grundrechten

Aufgrund dieses Gesetzes können das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, Artikel 16 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen), die Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes, Artikel 17 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes, Artikel 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen) eingeschränkt werden.

§ 18
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Es tritt zwei Jahre nach Inkrafttreten außer Kraft.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 12. Dezember 1997

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister des Innern
Klaus Hardraht