Historische Fassung war gültig vom 02.07.1992 bis 12.04.2000

Gesetz
über die Rechtsstellung des Sächsischen Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik
(Landesbeauftragtengesetz)

Vom 30. Juni 1992

Der Sächsische Landtag hat am 12. Juni 1992 das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1

Dieses Gesetz regelt die Bestellung und die Tätigkeit des Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Freistaat Sachsen nach § 38 des Gesetzes über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Stasi-Unterlagen-GesetzStUG) vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2272).

Es hat insbesondere das Ziel,

  1. den einzelnen bei Fragen zu unterstützen, die sich im Zusammenhang mit dem Zugang zu den vom Staatssicherheitsdienst zu seiner Person gespeicherten Informationen ergeben,
  2. die Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes im Gebiet des Freistaates Sachsen zu fördern,
  3. die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Stellen des Landes sowie dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu unterstützen.

§ 2
Wahl und Rechtsstellung

(1) Der Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Landesbeauftragter) ist eine Landesoberbehörde im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz. Der Landesbeauftragte hat seinen Sitz in Dresden. Er kann Außenstellen in Chemnitz und Leipzig einrichten.

(2) Der Leiter der Behörde wird auf Vorschlag der Staatsregierung vom Landtag mit mehr als der Hälfte der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder gewählt. Er muß bei seiner Wahl das 35. Lebensjahr vollendet haben. Der Gewählte führt als Amtsbezeichnung die Bezeichnung seiner Behörde. Er ist vom Ministerpräsidenten zu ernennen.

(3) Der Landesbeauftragte ist Beamter auf Zeit und wird für die Dauer von fünf Jahren berufen.

(4) Vor Ablauf der Amtszeit kann der Landesbeauftragte nur mit einer Mehrheit der Mitglieder des Landtages abberufen werden. Die Vorschriften des Beamtenrechts bleiben unberührt.

(5) Der Landesbeauftragte ist in Ausübung seines Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Er untersteht der Dienstaufsicht und der Rechtsaufsicht des Staatsministeriums der Justiz. Dem Landesbeauftragten ist die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendige Personal- und Sachausstattung zur Verfügung zu stellen.

(6) Ist der Landesbeauftragte länger als sechs Wochen an der Ausübung seines Amtes verhindert, kann der Staatsminister der Justiz einen Vertreter für die Dauer der Verhinderung mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragen; der Landesbeauftragte soll dazu gehört werden. Bei einer kürzeren Verhinderung oder bis eine Regelung nach Satz 1 getroffen ist, führt der leitende Beamte der Dienststelle des Landesbeauftragten dessen Geschäfte.

(7) Der Landesbeauftragte erhält für die Dauer seiner Amtszeit Amtsbezüge in Höhe der einem Bundesbeamten der Besoldungsgruppe B 3 zustehenden Besoldung.

§ 3
Aufgaben und Befugnisse des Landesbeauftragten

(1) Der Landesbeauftragte hat folgende Aufgaben und Befugnisse:

  1. Unterstützung der Arbeit des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik;
  2. Beratung der nach §§ 13 bis 17 StUG Anspruchsberechtigten bei der Wahrnehmung ihrer Rechte;
  3. Beratung und Auskunft über Personen und Stellen, die eine psycho-soziale Beratung für die nach §§ 13 bis 17 StUG anspruchsberechtigten Personen anbieten, sowie die Koordinierung und Förderung der Beratungsangebote;
  4. Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes durch Unterrichtung der Öffentlichkeit über Struktur, Methoden und Wirkungsweise des Staatssicherheitsdienstes; für die Veröffentlichung personenbezogener Informationen gilt § 32 Abs. 3 StUG;
  5. Unterstützung der Forschung und der politischen Bildung bei der historischen und politischen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes;
  6. Information und Beratung von natürlichen Personen sowie von nichtöffentlichen und öffentlichen Stellen;
  7. Einrichtung und Unterhaltung von Dokumentations- und Ausstellungszentren über die Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes.

(2) Auf Ersuchen des Landtages oder der Staatsregierung hat der Landesbeauftragte Auskünfte zu erteilen, Stellungnahmen abzugeben und Gutachten zu erstellen.

(3) Der Landesbeauftragte erstattet dem Landtag auf dessen Ersuchen, im übrigen mindestens jährlich, erstmals zum 1. Juli 1993 einen Tätigkeitsbericht.

(4) Der Landesbeauftragte darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen personenbezogenen Daten nach Maßgabe des StUG verarbeiten.

(5) Das Sächsische Datenschutzgesetz (SächsDSG) vom 11. Dezember 1991 (SächsGVBl. S. 401) findet mit Ausnahme der Vorschriften über die Datenschutzkontrolle keine Anwendung.

§ 4
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 30. Juni 1992

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann