Historische Fassung war gültig vom 13.06.1991 bis 30.05.2008

Gesetz
über den Petitionsausschuß des Sächsischen Landtags
(Sächsisches Petitionsausschußgesetz – SächsPetAG)

Vom 11. Juni 1991

Der Sächsische Landtag hat am 24. Mai 1991 das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird.

§ 1
Petitionsrecht

(1) Das verfassungsmäßige Recht, sich mit Bitten und Beschwerden (Petitionen) an die zuständigen Stellen oder den Landtag zu wenden, steht jedermann einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen zu.

(2) Petitionen sind schriftlich einzureichen.

§ 2
Öffentlicher Dienst

Das Recht der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, sich mit Petitionen an den Landtag zu wenden, unterliegt keinen Beschränkungen. Der Dienstweg braucht nicht eingehalten zu werden.

§ 3
Personen in Verwahrung

(1) Petitionen von Straf- und Untersuchungsgefangenen sowie von sonstigen Personen in einem Verwahrungsverhältnis sind ohne Kontrolle durch die Anstalt oder die verwahrende Einrichtung und verschlossen unverzüglich dem Landtag zuzuleiten. Das gilt auch für den mit der Petition zusammenhängenden Schriftverkehr mit dem Landtag.

(2) Gemeinsame Petitionen der in Absatz 1 genannten Personen können nur dann untersagt werden, wenn das gemeinschaftliche Vorbereiten und Verfassen der Petition die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt oder verwahrenden Einrichtung gefährden oder dem Vollzugs- oder Verwahrungszweck zuwiderlaufen würden.

§ 4
Benachteiligungsverbot

(1) Niemand darf wegen der Tatsache, daß er sich mit einer Petition an den Landtag gewandt hat, benachteiligt werden.

(2) Von der Absicht einer Strafanzeige oder eines Strafantrags durch eine sächsische Behörde wegen des Inhalts einer Petition ist der Petitionsausschuß vorher zu unterrichten.

§ 5
Aktenvorlage, Auskunft und Zutritt

(1) Zur Vorbereitung von Beschlüssen über Petitionen haben die Behörden des Landes dem Petitionsausschuß auf Verlangen Akten zur Einsicht vorzulegen, Auskunft zu erteilen und jederzeit Zutritt zu ihren Einrichtungen zu gestatten. Auf Verlangen des Petitionsausschusses hat die Behörde durch einen Vertreter vor dem Ausschuß auch mündlich Auskunft über den Gegenstand der Petition zu geben.

(2) Für die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt Absatz 1 entsprechend, soweit sie der Aufsicht des Freistaats unterstehen. Absatz 1 gilt ebenso für die Organe der juristischen Personen des Privatrechts und der nicht rechtsfähigen Vereinigungen sowie für natürliche Personen, soweit sie unter Aufsicht des Landes öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ausüben.

(3) Die Anforderung von Akten erfolgt über die zuständige oberste Behörde des Freistaats. Bei Auskunftsersuchen und bei dem Zutritt zu Einrichtungen ist die zuständige oberste Behörde des Freistaats zu unterrichten.

(4) Der Petitionsausschuß oder einzelne von ihm beauftragte Mitglieder können Untersuchungs- und Strafanstalten, geschlossene Heil- und Pflegeanstalten sowie alle anderen der Verwahrung von Menschen dienenden Einrichtungen des Landes Sachsen jederzeit und ohne vorherige Anmeldung besuchen. Dabei muß Gelegenheit sein, mit jedem darin verwahrten Menschen jederzeit und ohne Gegenwart anderer sprechen und alle Räumlichkeiten besichtigen zu können.

(5) Die Gerichte und Verwaltungsbehörden des Landes sind dem Petitionsausschuß zur Rechts- und Amtshilfe verpflichtet.

§ 6
Weigerungsgründe

(1) Aktenvorlage, Auskunft sowie der Zutritt zu Einrichtungen dürfen nur verweigert werden, wenn der Vorgang nach einem Gesetz geheimgehalten werden muß oder sonstige zwingende Geheimhaltungsgründe bestehen.

(2) Über die Verweigerung entscheidet die oberste Dienst- oder Aufsichtsbehörde. Die Verweigerung ist zu begründen. Der zuständige Staatsminister hat die Entscheidung vor dem Ausschuß zu vertreten.

§ 7
Anhörung

(1) Der Petitionsausschuß ist berechtigt, den Petenten, Auskunftspersonen und Sachverständige anzuhören.

(2) Ein Rechtsanspruch des Petenten auf Anhörung besteht nicht.

§ 8
Wahrnehmung der Befugnisse

(1) Die Wahrnehmung der Befugnisse nach diesem Gesetz erfolgt auf Beschluß des Petitionsausschusses.

(2) Der Ausschuß kann einzelne Mitglieder oder eine vom Ausschuß gebildete Kommission mit der Ausführung des Beschlusses beauftragen.

(3) Wird die Aufklärung des Sachverhalts durch Zuwarten vereitelt oder gefährdet, kann auch ohne vorherigen Beschluß des Ausschusses der Berichterstatter im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden von den Befugnissen Gebrauch machen, soweit dies zur Sicherung der Sachaufklärung geboten ist. Dasselbe gilt für den Vorsitzenden, soweit ein Berichterstatter nicht rechtzeitig bestellt werden kann. Dem Petitionsausschuß ist in der nächsten Sitzung über die getroffenen Maßnahmen zu berichten.

(4) Im übrigen kann sich der Berichterstatter zur Einholung von Informationen über den Gegenstand einer Petition an die zuständigen Stellen wenden. Eine Rechtspflicht zur Erteilung der Informationen besteht nicht.

§ 9
Zeugnisverweigerungsrecht

(1) Die Mitglieder des Petitionsausschusses können über Personen, die ihnen als Mitglied des Petitionsausschusses oder denen sie als Mitglied des Petitionsausschusses Tatsachen anvertraut haben, sowie über Tatsachen selbst das Zeugnis verweigern.

(2) Personen, deren Mitarbeit die Mitglieder des Petitionsausschusses in dieser Eigenschaft in Anspruch nehmen, können das Zeugnis über die Wahrnehmungen verweigern, die sie anläßlich dieser Mitarbeit gemacht haben.

(3) Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme von Schriftstücken und anderen Informationsträgern unzulässig.

§ 10
Berichtspflicht

(1) Wird der Staatsregierung eine Petition zur Berücksichtigung zur Erwägung oder zur Veranlassung bestimmter Maßnahmen überwiesen, so berichtet sie dem Landtag schriftlich innerhalb von 6 Wochen darüber, was sie aufgrund der überwiesenen Petition veranlaßt hat.

(2) Der Landtag kann auf Empfehlung des Petitionsausschusses eine andere Frist festsetzen. Im Fall der Fristverlängerung soll ein Zwischenbericht gegeben werden.

§ 11
Entschädigung

Petenten, Auskunftspersonen und Sachverständige, die vom Petitionsausschuß geladen worden sind, werden entsprechend dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entschädigt. Die Verwaltung des Landtags setzt die Entschädigung fest.

§ 12
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Dresden, den 11. Juni 1991

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann