Verordnung
des Regierungspräsidiums Chemnitz
über die Berufsausbildung und Prüfung Behinderter in der Landwirtschaft
(Behinderten VO/Landwirtschaft)

Vom 2. November 2004

Aufgrund des § 44 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1112), das zuletzt durch Artikel 40 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954, 2993) in Verbindung mit der Gemeinsamen Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Inneren, der Finanzen, der Justiz, für Kultus, für Wissenschaft und Kunst, für Wirtschaft und Arbeit, für Soziales sowie für Umwelt und Landwirtschaft zur Neuordnung der landesrechtlichen Zuständigkeiten für Berufsausbildung im Freistaat Sachsen vom 29. Juli 2004 (SächsGVBl. S. 400) wird entsprechend dem Beschluss des Berufsausbildungsausschusses vom 2. November 2004 verordnet.

§ 1
Bezeichnung der Ausbildungsberufe

Der Ausbildungsberuf Landwirtschaftswerker ist ein Ausbildungsberuf der Landwirtschaft. Die Berufsausbildung betrifft arbeits- und bildungsfähige Jugendliche und Erwachsene, bei denen auf Grund der Behinderung auch bei unterstützenden Maßnahmen in der berufstheoretischen und in der berufspraktischen Ausbildung ein Ausbildungsabschluss in den nach § 25 BBiG anerkannten Ausbildungsberufen zunächst nicht erreicht werden kann. Die Berufsausbildung darf nur nach dieser Verordnung erfolgen.

§ 2
Ausbildungsdauer

Die Ausbildung dauert drei Jahre.

§ 3
Ausbildungsziel

(1) Die Berufsausbildung soll Behinderte befähigen, als Helfer Tätigkeiten in landwirtschaftlichen Bereichen zu verrichten. Der nach dieser Verordnung auszubildende Personenkreis hat das Ausbildungsziel erreicht, wenn er unter Anleitung beziehungsweise auf Anweisung richtig handelt.

(2) Der Landwirtschaftswerker/-in unterscheidet sich vom Landwirt/Landwirtin insbesondere durch individuelle Einschränkungen der Leistungsfähigkeit entsprechend der behinderungsbedingten Defizite. Deshalb ist deren Kompensation und die Entwicklung der Stärken des Behinderten vorrangiges Ausbildungsziel, um ein hohes Arbeitsvermögen zu erreichen.

(3) Durchgehende Planungen, selbständiges Lösen von Komplexaufgaben und größere Kommunikationsleistungen sind nicht Schwerpunkt der Ausbildungsverordnung.

§ 4
Ausbildungsberufsbild

Gegenstand der Berufsausbildung sind insbesondere:

1.
Ausbildungsbetrieb, betriebliche Zusammenhänge und Beziehungen
 
a)
Aufbau und Organisation des Ausbildungsbetriebes,
 
b)
Berufsausbildung zum Landwirtschaftswerker,
 
c)
arbeits- und sozialrechtliche Regelungen,
 
d)
Arbeitsschutz und Unfallverhütung,
 
e)
Umweltschutz und Landschaftspflege in der Ausbildungsstätte,
 
f)
Grundlagen wirtschaftlichen Handelns, Energie und Materialverwendung im Betrieb,
2.
Techniken und Organisation der betrieblichen Arbeit
 
a)
Mitwirkung bei Handhabung, Wartung und Pflege von Maschinen und Geräten sowie einfache Instandsetzung unter Anleitung,
 
b)
Lager- und Vorratshaltung sowie Mitwirkung bei Aufbereitung von Verkaufsprodukten
 
c)
Vorbereiten und Kontrollieren der Arbeiten,
3.
Pflanzenproduktion
 
a)
Mitwirkung bei Bearbeiten und Pflege des Bodens, Erhalten einer nachhaltigen Bodenfruchtbarkeit,
 
b)
Mitwirkung bei Bestellen und Pflegen von Pflanzen, umweltverträgliches Führen von Kulturen,
 
c)
Mitwirkung bei Ernten und Verwerten pflanzlicher Produkte,
4.
Tierproduktion
Mitwirken bei
 
a)
Versorgung von Tieren,
 
b)
Nutzen von Tieren, tiergerechtes und umweltverträgliches Halten,
5.
betriebliche Ergebnisse (Überblick).

§ 5
Ausbildungsplan

(1) Die Berufsausbildung richtet sich nach dem Ausbildungsrahmenplan des Regierungspräsidiums Chemnitz.

(2) Bei der Vermittlung der Fertigkeiten und Kenntnisse sollten jeweils zwei Betriebszweige der Pflanzen- und Tierproduktion zugrunde gelegt werden. Dabei ist von folgenden Betriebszweigen auszugehen:

1.
in der Pflanzenproduktion
 
a)
Getreidebau,
 
b)
Zuckerrübenbau,
 
c)
Kartoffelbau,
 
d)
Körnermaisbau,
 
e)
Ölfrüchtebau,
 
f)
Hülsenfrüchtebau,
 
g)
Ackerfutterbau,
 
h)
Grünland,
 
i)
Waldbau,
2.
in der Tierproduktion:
 
a)
Milchviehhaltung,
 
b)
Rinderaufzucht oder Rindermast,
 
c)
Sauenhaltung und Ferkelerzeugung,
 
d)
Schweineaufzucht und Schweinemast,
 
e)
Legehennenhaltung,
 
f)
Geflügelaufzucht oder Geflügelmast,
 
g)
Schafhaltung,
 
h)
Pferdehaltung.

§ 6
Ausbildungsrahmenplan

Die in § 4 genannten Fertigkeiten und Kenntnisse sollen nach der in der Anlage enthaltenen Anleitung zur sachlichen und zeitlichen Gliederung der Berufsausbildung (Ausbildungsrahmenplan) vermittelt werden. Eine vom Ausbildungsrahmenplan abweichende sachliche und zeitliche Gliederung des Ausbildungsinhaltes ist insbesondere zulässig, soweit behinderungsspezifische Besonderheiten Abweichungen erfordern.

§ 7
Ausbildungsplan

Der Ausbildende hat unter Zugrundelegung des Ausbildungsrahmenplanes für den Auszubildenden einen Ausbildungsplan zu erstellen.

§ 8
Berichtsheft

Der Auszubildende hat ein einfaches Berichtsheft in Form eines vom Regierungspräsidium Chemnitz vorgegebenen Ausbildungsnachweises, einschließlich Herbarien zu führen. Ihm ist Gelegenheit zu geben, das Berichtsheft während der Ausbildung zu führen. Der Ausbildende hat das Berichtsheft regelmäßig durchzusehen und dies schriftlich zu vermerken.

§ 9
Zwischenprüfung

(1) Zur Ermittlung des Ausbildungsstandes ist eine Zwischenprüfung durchzuführen. Sie soll vor dem Ende des zweiten Ausbildungsjahres stattfinden und Hinweise zur behinderungsspezifischen Durchführung der Abschlussprüfung liefern.

(2) Die Zwischenprüfung erstreckt sich auf die im Ausbildungsrahmenplan für das erste Ausbildungsjahr sowie das dritte Ausbildungshalbjahr aufgeführten Fertigkeiten und Kenntnisse sowie auf den im Berufsschulunterricht vermittelten Lehrstoff, soweit er für die Berufsausbildung wesentlich ist.

(3) Die Zwischenprüfung ist praktisch und theoretisch, der theoretische Teil ist in der Regel schriftlich durchzuführen. Soweit der Grad der Behinderung keine schriftliche Prüfung zulässt, kann die Beantwortung der Fragen auch in mündlicher Form erfolgen.

(4) Der Prüfling soll im praktischen Teil der Prüfung insgesamt höchstens zwei Stunden zwei Aufgaben bearbeiten und jeweils in einem Prüfungsgespräch erläutern. Hierfür kommen insbesondere in Betracht:

Aufgaben/Arbeitsproben aus § 4 Abs. 2 bis 4.

(5) Der Prüfling soll im theoretischen Teil der Prüfung in höchstens 60 Minuten Fragen aus folgenden Gebieten beantworten:

  • Ausbildungsbetrieb,
  • Grundlagen betrieblicher Zusammenhänge,
  • Grundlagen der Pflanzenproduktion,
  • Grundlagen der Tierproduktion,
  • Grundlagen des Anbaus, der Wartung und Pflege der Technik.

§ 10
Abschlussprüfung

(1) Die Abschlussprüfung erstreckt sich auf die im Ausbildungsrahmenplan aufgeführten Fertigkeiten und Kenntnisse sowie auf den im Berufsschulunterricht vermittelten Lehrstoff, soweit dieser für die Berufsausbildung wesentlich ist.

(2) Zum Nachweis der Fertigkeiten und Kenntnisse wird die Abschlussprüfung in Form einer betrieblichen und einer schriftlichen Prüfung durchgeführt. Die betriebliche Prüfung ist praktisch und mündlich im Zusammenhang durchzuführen.

(3) In der betrieblichen Prüfung ist je eine Arbeitsprobe in der Pflanzenproduktion und in der Tierproduktion durchzuführen. Für die Arbeitsprobe kommen insbesondere in Betracht:

 
in der Pflanzenproduktion:
 
a)
Bearbeiten und Pflegen des Bodens,
 
b)
Bestellen, Pflegen und Nutzen von Pflanzen
 
dabei sind Arbeitssicherheit, Umweltschutz, Landschaftspflege und rationelle Energie- und Materialverwendung sowie Techniken und Organisation der betrieblichen Arbeit, Produktion und Vermarktung einzubeziehen,
2.
in der Tierproduktion:
 
a)
rationelles, tiergerechtes und umweltverträgliches Halten und Versorgen von Tieren,
 
b)
Nutzen von Tieren
 
dabei sind Arbeitssicherheit, rationelle Energie- und Materialverwendung sowie Techniken und Organisation der betrieblichen Arbeit, Produktion und Vermarktung einzubeziehen.

(4) Die Prüfungsdauer soll je Arbeitsprobe bis zu 90 Minuten betragen.

(5) Die schriftliche Prüfung wird in den Fächern Pflanzenproduktion, Tierproduktion sowie Wirtschafts- und Sozialkunde durchgeführt. Es kommen Aufgaben und Fragen insbesondere in Betracht:

1.
im Fach Pflanzenproduktion:
Bearbeiten und Pflegen des Bodens, Bestellen, Pflegen und Nutzen von Pflanzen, sowie Ermittlung und Bewertung von Leistungen und Kosten unter Einbeziehung von rationeller Energie- und Materialverwendung sowie Techniken und Organisation der betrieblichen Arbeit, Produktion und Vermarktung,
2.
im Fach Tierproduktion:
rationelles, tiergerechtes und umweltverträgliches Halten, Versorgen und Nutzen von Tieren sowie Ermittlung und Bewertung von Leistungen und Kosten unter Einbeziehung von rationeller Energie- und Materialverwendung sowie von Techniken und Organisation der betrieblichen Arbeit, Produktion und Vermarktung,
3.
im Fach Wirtschafts- und Sozialkunde:
allgemeine wirtschaftliche und gesellschaftliche Zusammenhänge der Berufs- und Arbeitswelt.

(6) Die Prüfung in den Fächern Pflanzenproduktion und Tierproduktion soll bis zu 60 Minuten und im Fach Wirtschafts- und Sozialkunde bis zu 30 Minuten dauern.

§ 11
Bewertung der Prüfung

(1) Die einzelnen Leistungen des Auszubildenden sind mit ganzen Noten zu bewerten.

(2) Aus der Summe der Einzelnoten der betrieblichen Prüfung und der schriftlichen Prüfung ist jeweils das arithmetische Mittel zu berechnen.

(3) Die Gesamtnote ergibt sich aus dem arithmetischen Mittel der Prüfungsteile nach Absatz 2. Die Note der betrieblichen Prüfung ist dabei dreifach, die Note der schriftlichen Prüfung einfach zu gewichten.

(4) Die Noten nach Absatz 2 und 3 sind mit zwei Dezimalstellen zu berechnen.

(5) Die Prüfung hat bestanden, wer mindestens die Gesamtnote „ausreichend“ erreicht hat. Sie ist abweichend von Satz 1 nicht bestanden, wenn eine Arbeitsprobe oder ein Prüfungsfach mit der Note „ungenügend“ bewertet wird.

§ 12
Übergangsregelungen

Laut Berufsausbildungsverhältnisse, die bei In-Kraft-Treten dieser Verordnung bestehen, sind die bisherigen Vorschriften weiter anzuwenden, es sei denn, die Vertragsparteien vereinbaren die Anwendung der Vorschriften dieser Verordnung. Bis zum 31. Juli 2008 finden außer in Fällen einer Vereinbarung nach Satz 1, auf Verlangen des Prüflings die bis zum In-Kraft-Treten dieser Verordnung geltenden Vorschriften über die Abschlussprüfung Anwendung.

§ 13
In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten

Diese Verordnung tritt am 31. Dezember 2004 in Kraft.

Gleichzeitig tritt die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten über die Berufsausbildung und Prüfung Behinderter in der Landwirtschaft (BehindertenVO/Landwirtschaft) vom 15. Januar 1997 (SächsGVBl. S. 70) außer Kraft.

Chemnitz, den 2. November 2004

Regierungspräsidium Chemnitz
Noltze
Regierungspräsident

Durchführung der Berufsabschlussprüfung Landwirtschaftswerker/-in

Durchführung der Berufsabschlussprüfung Landwirtschaftswerker/-in
lfd. Nr. Prüfungsteil Leistungsnachweis Dauer in Minuten
Prüfungsteil Leistungsnachweis Dauer
1. Betriebliche Prüfung
Arbeitsprobe
Die Arbeitsprobe ist praktisch und mündlich im Zusammenhang durchzuführen!  
  – Pflanzenproduktion
– Tierproduktion
Für die Arbeitsprobe kommen insbesondere die Schwerpunkte gemäß der Ausbildungsverordnung und die Betriebszweige in Betracht, in denen der Prüfling ausgebildet wurde. Der Prüfling beweist, dass er Grundzüge betrieblicher Zusammenhänge versteht und erworbene Fertigkeiten und Kenntnisse praxisbezogen anwenden und übertragen kann. Die Aufgabe ist Ausgangspunkt für das Prüfungsgespräch. maximal 90 Minuten
pro Arbeitsprobe
2. Schriftliche Prüfung
Prüfungsfächer
   
  Pflanzenproduktion Anfertigen einer Arbeit mit praxisbezogenen Aufgaben und Fällen gemäß der Ausbildungsverordnung. maximal 60 Minuten
  Tierproduktion Anfertigung einer Arbeit mit praxisbezogenen Aufgaben und Fällen gemäß der Ausbildungsverordnung. maximal 60 Minuten
  Wirtschafts- und Sozialkunde Anfertigen einer Arbeit mit praxisbezogenen Aufgaben und Fällen, gemäß der Ausbildungsverordnung. maximal 30 Minuten

Bewertungsbogen

Gewichtung der Noten

Anlage