Gesetz
über die Sächsische Sicherheitswacht
(Sächsisches Sicherheitswachtgesetz – SächsSWG)1

Vom 12. Dezember 1997

Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. Januar 2020

Der Sächsische Landtag hat am 13. November 1997 das folgende Gesetz beschlossen:

Erster Abschnitt 
Zweck der Sächsischen Sicherheitswacht

§ 1
Zweck der Sächsischen Sicherheitswacht

In der Sächsischen Sicherheitswacht wirken Bürger an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung mit.2

Zweiter Abschnitt 
Aufgaben und Befugnisse

§ 2
Aufgaben

Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht unterstützen den Polizeivollzugsdienst bei der Erfüllung seiner Aufgaben, insbesondere durch eine zusätzliche Streifentätigkeit in der Öffentlichkeit.

§ 3
Befugnisse

(1) 1Maßnahmen, die in Rechte anderer eingreifen, dürfen die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht nur treffen, wenn sie durch Gesetz dazu besonders ermächtigt sind. 2Die allgemeinen Vorschriften über gerechtfertigtes Verhalten bleiben unberührt.

(2) 1Die Befugnisse nach diesem Gesetz stehen den Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht nur während der Zeit zu, in der sie vom Polizeivollzugsdienst zur Unterstützung herangezogen werden. 2Maßnahmen, die sie in Ausübung dieser Befugnisse treffen, sind ihrer Polizeidienststelle zuzurechnen.

§ 4
Befragung

(1) 1Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind befugt, eine Person zu befragen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, daß die Person sachdienliche Angaben machen kann, die zur Erfüllung einer bestimmten polizeilichen Aufgabe erforderlich sind. 2Für die Dauer der Befragung kann die Person angehalten werden.

(2) 1Zu Auskünften gegenüber den Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht, die über die Angabe der Personalien (Name, Vorname, Tag und Ort der Geburt, Wohnanschrift und Staatsangehörigkeit) hinausgehen, ist die Person nur verpflichtet, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte erforderlich ist. 2§ 13 Absatz 3 Satz 2 und 3 des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes vom 11. Mai 2019 (SächsGVBl. S. 358), in der jeweils geltenden Fassung, gilt entsprechend.3

§ 5
Identitätsfeststellung

(1) 1Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind befugt, zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung sowie zur Beseitigung einer Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung die Identität der für die Gefahr oder Störung verantwortlichen Person festzustellen. 2Zum Schutz privater Rechte sind sie dazu unter den Voraussetzungen des § 2 Absatz 2 des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes befugt.

(2) Sie können die dazu erforderlichen Maßnahmen treffen, insbesondere die Person anhalten, sie nach ihren Personalien befragen und verlangen, daß sie mitgeführte Ausweispapiere zur Prüfung aushändigt.

(3) Die Person kann festgehalten und zu einer Polizeidienststelle gebracht werden, wenn ihre Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.4

§ 6
Platzverweis

Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind befugt, zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder zur Beseitigung einer Störung eine Person vorübergehend von einem Ort zu verweisen, ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes zu verbieten oder sie daran zu hindern, wenn die Person für die Gefahr oder Störung verantwortlich ist.

§ 7
Sicherstellung

(1) 1Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind befugt, eine Sache sicherzustellen, wenn dies erforderlich ist, um den Eigentümer oder den rechtmäßigen Inhaber der tatsächlichen Gewalt vor Verlust oder Beschädigung der Sache zu schützen. 2Diese Bestimmung findet auch auf verlorene Sachen Anwendung, soweit in den gesetzlichen Vorschriften über den Fund nichts anderes bestimmt ist.

(2) 1Sichergestellte Sachen sind unverzüglich der zuständigen Polizeidienststelle zu übergeben. 2Für die Unterrichtung des Betroffenen, die Verwahrung der sichergestellten Sachen, die Herausgabe und die Verwertung gelten die §§ 32 bis 34 des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes.5

§ 8
Datenschutz

1Soweit die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht personenbezogene Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben verarbeiten, die in den Anwendungsbereich von § 1 des Sächsischen Datenschutz-Umsetzungsgesetzes vom 11. Mai 2019 (SächsGVBl. S. 358, 398), in der jeweils geltenden Fassung, fallen, gelten die §§ 54 bis 56, 79, 80 Absatz 1 und 7, § 81 Absatz 3, §§ 82 bis 84, 89 und 91 bis 93 des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes entsprechend und ergänzend die Vorschriften des Sächsischen Datenschutz-Umsetzungsgesetzes. 2Soweit die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht im Übrigen personenbezogene Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben verarbeiten, gelten die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1, L 314 vom 22.11.2016, S. 72, L 127 vom 23.5.2018, S. 2), die §§ 95 und 96 des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes sowie das Sächsische Datenschutzdurchführungsgesetz vom 26. April 2018 (SächsGVBl. S. 198, 199), in der jeweils geltenden Fassung.6

§ 9
Ermessen, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) 1Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht treffen die erforderlichen Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen. 2Unmittelbarer Zwang darf nur in Form einfacher körperlicher Gewalt unter den Voraussetzungen des § 41 des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes zur Durchsetzung der Befugnisse nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 2 und 3 sowie § 6 angewandt werden.

(2) 1Die zu treffende Maßnahme muss geeignet sein. 2Eine Maßnahme ist geeignet, wenn anzunehmen ist, dass sie den erstrebten Erfolg herbeiführt oder zumindest fördert.

(3) Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen haben die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht diejenige zu treffen, die den einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.

(4) Durch eine Maßnahme darf kein Nachteil herbeigeführt werden, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht.

(5) Eine Maßnahme ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, daß er nicht erreicht werden kann.

(6) Soweit das Erfordernis besteht, mehrere Maßnahmen gegen eine Person zu treffen, müssen die Maßnahmen auch in ihrer Gesamtwirkung verhältnismäßig im Sinne der Absätze 1 bis 4 sein.7

Dritter Abschnitt 
Rechtsstellung, Organisation und Dienstbetrieb

§ 10
Rechtsstellung, Begründung und Beendigung
des Dienstverhältnisses

(1) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind ehrenamtlich tätig und stehen zum Freistaat Sachsen in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis.

(2) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht gelten hinsichtlich der Verpflichtung zum Schadenersatz und des Rückgriffs sowie hinsichtlich der Dienst- und Fachaufsicht als Angehörige ihrer Polizeidienststelle.

(3) 1Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht werden auf ihren Antrag vom Leiter der zuständigen Polizeidirektion im Rahmen des Bedarfs bestellt und einer nachgeordneten Polizeidienststelle zur Unterstützung zugewiesen. 2Die Ablehnung von Bewerbern bedarf keiner Begründung. 3Die Bestellung erfolgt durch Aushändigung einer Urkunde. 4Sie kann befristet werden und ist jederzeit widerruflich.

(4) 1Das Dienstverhältnis wird auf Antrag, durch Widerruf oder durch Zeitablauf beendet. 2Die Entscheidung über den Antrag auf Beendigung des Dienstverhältnisses und der Widerruf bedürfen der Schriftform. 3Zuständig ist der Leiter der Polizeidirektion, von welcher der Angehörige der Sächsischen Sicherheitswacht bestellt wurde.

§ 11
Persönliche und fachliche Eignung

(1) 1Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht müssen volljährig sein. 2Sie müssen gesundheitlich in der Lage sein, die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen und dazu die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen, insbesondere die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Verfassung des Freistaates Sachsen eintreten. 3Polizeibedienstete werden nicht als Angehörige der Sächsischen Sicherheitswacht bestellt.

(2) 1Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht müssen über die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen rechtlichen und fachlichen Kenntnisse verfügen. 2Ihre Aus- und Fortbildung obliegt dem Polizeivollzugsdienst.

§ 12
Verschwiegenheitspflicht

(1) 1Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht haben über die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. 2Dies gilt nicht für Mitteilungen im amtlichen Verkehr und über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.

(2) Die Verpflichtung zur Verschwiegenheit besteht auch nach Beendigung der Tätigkeit als Angehöriger der Sächsischen Sicherheitswacht fort.

(3) 1Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht dürfen ohne Genehmigung über Angelegenheiten, über die sie Verschwiegenheit zu bewahren haben, weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. 2Für die Genehmigung gelten § 37 Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5 des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2232) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und § 68 des Sächsischen Beamtengesetzes vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. S. 970, 971), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (SächsGVBl. S. 714) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, entsprechend.8

§ 13
Dienstbetrieb

Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht unterliegen den Weisungen ihrer Polizeidienststelle.

§ 14
Kennzeichnung und Ausrüstung

(1) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht tragen während ihrer Tätigkeit eine Kennzeichnung, die ihre Eigenschaft als Angehörige der Sächsischen Sicherheitswacht deutlich macht; sie dürfen keine politischen Abzeichen tragen.

(2) Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht führen keine Schuß-, Hieb- und Stoßwaffen mit sich.9

§ 15
Ausweispflicht

1Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht erhalten einen Dienstausweis. 2Sie haben sich auf Verlangen der von einer Maßnahme betroffenen Person auszuweisen, soweit der Zweck der Maßnahme dadurch nicht beeinträchtigt wird.

§ 16
Entschädigung und Schadenersatz

1Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht erhalten für ihren Aufwand eine pauschale Aufwandsentschädigung nach Maßgabe einer Verwaltungsvorschrift des Staatsministeriums des Innern. 2Treten im Rahmen ihrer Tätigkeit Sachschäden ein, gelten § 81 des Sächsischen Beamtengesetzes und die hierzu erlassenen Richtlinien zum Sachschadenersatz bei Staatsbediensteten entsprechend. 3Die Angehörigen der Sächsischen Sicherheitswacht sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 10 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – versichert.10

Vierter Abschnitt 
Schlußbestimmungen

§ 17
Einschränkung von Grundrechten

Aufgrund dieses Gesetzes können das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, Artikel 16 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen), die Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes, Artikel 17 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen) und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes, Artikel 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen) eingeschränkt werden.

§ 18
Inkrafttreten

1Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.11

2Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 12. Dezember 1997

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister des Innern
Klaus Hardraht

Änderungsvorschriften

Gesetz zur Änderung des Sächsischen Sicherheitswachterprobungsgesetzes

vom 16. April 1999 (SächsGVBl. S. 186)

Änderung des Sächsischen Sicherheitswachtgesetzes

Art. 9 des Gesetzes vom 25. August 2003 (SächsGVBl. S. 330, 341)

Änderung des Sächsischen Sicherheitswachtgesetzes

Art. 5 des Gesetzes vom 12. März 2009 (SächsGVBl. S. 102, 116)

Änderung des Sächsischen Sicherheitswachtgesetzes

Art. 2 des Gesetzes vom 4. Oktober 2011 (SächsGVBl. S. 370, 375)

Änderung des Sächsischen Sicherheitswachtgesetzes

Art. 9 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. S. 970, 1080)

Änderung des Sächsischen Sicherheitswachtgesetzes

Art. 5 des Gesetzes vom 11. Mai 2019 (SächsGVBl. S. 358)