Verordnung
der Sächsischen Staatsregierung
über die Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen
(Sächsische Kommunikationshilfenverordnung – SächsKhilfVO)1

Vom 20. Oktober 2007

Rechtsbereinigt mit Stand vom 17. Januar 2023

Aufgrund von § 6 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Integrationsgesetz – SächsIntegrG) vom 28. Mai 2004 (SächsGVBl. S. 196, 197), das durch Artikel 14 des Gesetzes vom 14. Juli 2005 (SächsGVBl. S. 167, 176) geändert worden ist, wird verordnet:

§ 1
Anwendungsbereich

Diese Verordnung gestaltet die Ansprüche nach § 6 Absatz 1 und 2 des Sächsischen Inklusionsgesetzes vom 2. Juli 2019 (SächsGVBl. S. 542) aus.2

§ 2
Kommunikationshilfen

Als Kommunikationshilfen kommen in Betracht:

1.
Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die Deutsche Gebärdensprache und lautsprachbegleitende Gebärden (Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher);
2.
Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer, insbesondere
a)
Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher,
b)
Simultanschriftdolmetscherinnen und Simultanschriftdolmetscher,
c)
Oraldolmetscherinnen und Oraldolmetscher oder
d)
Kommunikationsassistentinnen und Kommunikationsassistenten;
3.
Kommunikationsmethoden, insbesondere
 
a)
Lormen und taktil wahrnehmbare Gebärden oder
 
b)
gestützte Kommunikation für Menschen mit autistischer Behinderung;
4.
Kommunikationsmittel, insbesondere
 
a)
akustisch-technische Hilfen oder
 
b)
grafische Symbol-Systeme.3

§ 3
Umfang des Anspruchs

(1) Der Anspruch ist gerichtet auf die Bereitstellung einer Kommunikationshilfe, die unter Beachtung der individuellen Fähigkeiten der oder des Berechtigten geeignet ist, die erforderliche Verständigung herzustellen.

(2) 1Die oder der Berechtigte hat nach Maßgabe des Absatzes 1 ein Wahlrecht hinsichtlich der zu benutzenden Kommunikationshilfe. 2Dies umfasst auch das Recht, eine geeignete Kommunikationshilfe selbst bereitzustellen. 3Der oder dem Berechtigten obliegt es, der Behörde rechtzeitig mitzuteilen, für welche Kommunikationshilfe sie oder er sich entscheidet. 4Die Behörde ist berechtigt, die ausgewählte Kommunikationshilfe zurückzuweisen, wenn sie den Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht entspricht. 5Die Hör- oder Sprachbehinderung sowie die Wahlentscheidung nach Satz 1 sind aktenkundig zu machen und im weiteren Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen.

(3) Erhält die Behörde im Verwaltungsverfahren Kenntnis von der Hör- oder Sprachbehinderung der oder des Berechtigten, hat sie diese oder diesen auf das Recht auf Bereitstellung einer Kommunikationshilfe und auf das Wahlrecht nach Absatz 2 hinzuweisen.

(4) Zur Abwehr von unmittelbar bevorstehenden Gefahren für bedeutsame Rechtsgüter, wie etwa Leben, Gesundheit, Freiheit oder nicht unwesentliche Vermögenswerte, kann von dem Einsatz von Kommunikationshilfen abgesehen werden.4

§ 4
Bereitstellung von Kommunikationshilfen

(1) Die Kommunikationshilfen werden von der Behörde bereitgestellt, es sei denn, die oder der Berechtigte macht von dem Recht nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Gebrauch.

(2) 1Kommt die oder der Berechtigte der Obliegenheit nach § 3 Absatz 2 Satz 3 nicht rechtzeitig nach und ist die Bereitstellung der gewählten Kommunikationshilfe aus diesem Grund nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich, ist die Behörde nicht verpflichtet, diese Kommunikationshilfe bereitzustellen. 2Die Behörde hat sich in diesem Fall um die Bereitstellung einer anderen geeigneten Kommunikationshilfe zu bemühen, die ohne unverhältnismäßige Schwierigkeiten bereitgestellt werden kann.5

§ 5
Vergütung und Erstattung von Aufwendungen

(1) 1Für die Höhe der Vergütung für Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher gilt Abschnitt 3 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), das zuletzt durch Artikel 17 des Gesetzes vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, entsprechend. 2Für Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfer gilt Satz 1 mit der Maßgabe entsprechend, dass auch eine geringere Vergütung festgesetzt oder vereinbart werden kann.

(2) Für den Einsatz anderer Kommunikationshilfen trägt die Behörde die entstandenen Aufwendungen, wobei der Verdienstausfall einer dafür erforderlichen Person unberücksichtigt bleibt.

(3) 1Die Behörde vergütet die Leistungen denjenigen, die sie erbracht haben. 2Stellt die oder der Berechtigte die Kommunikationshilfe selbst bereit, darf sie oder er nicht auf eine Erstattung verwiesen werden, es sei denn, sie oder er wünscht es oder es liegt ein sonstiger besonderer Grund vor.6

§ 6
Bereitstellung von Kommunikationshilfen an Schulen und in der Kindertagesbetreuung

(1) Eltern oder sonstige Sorgeberechtigte mit einer Hör- oder Sprachbehinderung haben einen Anspruch nach § 6 Absatz 2 des Sächsischen Inklusionsgesetzes bei Verfahren oder Veranstaltungen, die von der Schule, der Kindertageseinrichtung oder der Kindertagespflegestelle oder von Gremien der Elternmitwirkung für oder mit Eltern durchgeführt werden.

(2) 1Die Bereitstellung von Kommunikationshilfen für berechtigte Eltern nach § 6 Absatz 2 des Sächsischen Inklusionsgesetzes in Schulen, in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege richtet sich abweichend von den §§ 3 bis 5 nach Verträgen, die das Staatsministerium für Kultus für den Freistaat Sachsen mit Dritten abschließt. 2Durch diese Verträge werden Dritte mit der Bereitstellung von Kommunikationshilfen und mit der Abrechnung der erbrachten Leistungen betraut. 3Die Verträge sehen Regelungen zum Umfang sowie zu Art und Weise der Bereitstellung der Kommunikationshilfen und zu den Grundsätzen für die Vergütung der Dritten vor.7

§ 7
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.8

Dresden, den 20. Oktober 2007

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Georg Milbradt

Die Staatsministerin für Soziales
Helma Orosz

Änderungsvorschriften

Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Änderung der Sächsischen Kommunikationshilfenverordnung

vom 2. Januar 2023 (SächsGVBl. S. 6)