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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Historische Fassung war gültig vom 01.03.2012 bis 30.12.2013

Sächsisches Ingenieurgesetz

Vollzitat: Sächsisches Ingenieurgesetz vom 23. Februar 1993 (SächsGVBl. S. 236), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 2. April 2014 (SächsGVBl. S. 238) geändert worden ist

Gesetz
des Freistaates Sachsen
zum Schutz der Berufsbezeichnung „Ingenieur“
(Sächsisches Ingenieurgesetz – SächsIngG) 1

Vom 23. Februar 1993

Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. März 2012

Der Sächsische Landtag hat am 22. Januar 1993 das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1
Berufsbezeichnung „Ingenieur“

(1) Die Berufsbezeichnung „Ingenieur“, allein oder in einer Wortverbindung darf führen,

1.
wer
 
a)
das Studium einer technischen oder naturwissenschaftlichen Fachrichtung an einer deutschen universitären Hochschule, an einer deutschen Fachhochschule oder an einer deutschen Berufsakademie im tertiären Sektor oder
 
b)
das Studium an einer deutschen öffentlichen oder ihr hinsichtlich des Studienabschlusses rechtlich gleichgestellten deutschen privaten Ingenieurschule oder
 
c)
einen Betriebsführerlehrgang einer deutschen staatlich anerkannten Bergschule oder
 
d)
das Studium einer technischen Fachrichtung von mindestens 6 Semestern Dauer an einer Fachschule auf dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 genannten Gebiet
 
mit Erfolg abgeschlossen hat;
2.
wem durch die zuständige Behörde das Recht verliehen worden ist, die Bezeichnung „Ingenieur (grad.)“ zu führen;
3.
wer hierzu nach dem Recht eines anderen Landes der Bundesrepublik Deutschland berechtigt ist.

(2) Frauen können die Berufsbezeichnung in der weiblichen Sprachform führen.

§ 2
Anzeigepflicht

(1) Die in § 1 genannte Berufsbezeichnung darf ferner führen, wer vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Tätigkeit unter dieser Berufsbezeichnung ausgeübt hat und die Absicht, diese Berufsbezeichnung weiterzuführen, vor Inkrafttreten dieses Gesetzes der hierfür zuständigen Behörde angezeigt hat oder innerhalb einer Ausschlußfrist von einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Gesetzes der zuständigen Behörde schriftlich anzeigt.

(2) Wer vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Tätigkeit unter der in § 1 genannten Berufsbezeichnung oder eine Tätigkeit, die in der Regel von einem Ingenieur ausgeführt wird, ausgeübt hat, aber aus Rechtsgründen bei Inkrafttreten dieses Gesetzes die in § 1 genannte Berufsbezeichnung nicht führen darf, ist berechtigt, diese nach Wegfall des Hinderungsgrundes zu fuhren, wenn er dies innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist unter Angabe des Hinderungsgrundes der zuständigen Behörde schriftlich anzeigt.

(3) Die Ausschlußfrist endet für Deutsche, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes ihren Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland haben, ein Jahr nach der Begründung des Wohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland.

(4) Der Empfang der Anzeige ist schriftlich zu bestätigen. 2

§ 3
Untersagung

Die zuständige Behörde hat das Führen der in § 1 genannten Berufsbezeichnung aufgrund der Anzeige nach § 2 zu untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die erforderlichen fachlichen Kenntnisse fehlen und deswegen durch die Betätigung unter der in § 1 genannten Berufsbezeichnung Leben oder Gesundheit von Menschen oder wesentliche Sachwerte erheblich gefährdet sind. Ein Versagungsgrund liegt ferner vor, wenn ein Abschluß an einer nichtöffentlichen Schule, insbesondere an einem Industrieinstitut erworben worden ist, das einer Hochschule auf dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 genannten Gebiet angeschlossen war.

§ 4
Führung der Berufsbezeichnung durch Unionsbürger

(1) Die Berufsbezeichnung nach § 1 darf auch führen, wer als Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (Unionsbürger) in ein von der Ingenieurkammer Sachsen geführtes besonderes Verzeichnis eingetragen ist. Eingetragen wird, wer

1.
einen Ausbildungsnachweis besitzt, der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erforderlich ist, um in dessen Hoheitsgebiet die Erlaubnis zur Aufnahme und Ausübung dieses Berufs zu erhalten und der
 
a)
mindestens dem Niveau nach Artikel 11 Buchst. c der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EU Nr. L 255 S. 22), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 1430/2007 der Kommission vom 5. Dezember 2007 (ABl. EU Nr. L 320 S. 3) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, entspricht und
 
b)
den Anforderungen nach Artikel 13 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 der Richtlinie 2005/36/EG genügt, oder
2.
nachweist, dass er den Beruf während der vorhergehenden zehn Jahre vollzeitbeschäftigt zwei Jahre lang in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, der diesen Beruf nicht reglementiert, ausgeübt hat und im Besitz eines Ausbildungsnachweises ist, der den Anforderungen nach Artikel 13 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 der Richtlinie 2005/36/EG genügt; die zweijährige Berufsausübung ist nicht erforderlich, wenn der Ausbildungsnachweis eine reglementierte Ausbildung abschließt, die mindestens dem Niveau des Artikels 11 Buchst. c der Richtlinie 2005/36/EG entspricht.
Ausbildungsgänge oder -nachweise im Sinne des Artikels 3 Abs. 3 und Artikels 12 der Richtlinie 2005/36/EG sind den Ausbildungsnachweisen nach Satz 2 gleichgestellt. Für die Begriffe „Ausbildungsnachweis“, „reglementierter Beruf“ und „reglementierte Ausbildung“ gelten die Begriffsbestimmungen nach Artikel 3 der Richtlinie 2005/36/EG entsprechend. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Personen, die nicht Unionsbürger sind, soweit sich hinsichtlich der Anerkennung von Ausbildungsnachweisen nach dem Recht der Europäischen Union oder darauf beruhendem innerstaatlichen Recht eine Gleichstellung ergibt.

(2) Unionsbürger sind berechtigt, die Ausbildungsbezeichnung ihres Herkunftsmitgliedstaates und gegebenenfalls deren entsprechende Abkürzung in der Sprache des Herkunftsmitgliedstaates zu führen. Name und Ort der Lehranstalt oder des Prüfungsausschusses, die oder der diese Ausbildungsbezeichnung verliehen hat, sind aufzuführen.3

§ 5
Ausgleichsmaßnahmen

(1) Die Ingenieurkammer Sachsen kann vom Antragsteller im Sinne von § 6 verlangen, dass er nach seiner Wahl entweder einen höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang absolviert oder eine Eignungsprüfung ablegt (Ausgleichsmaßnahmen), wenn

1.
die Ausbildungsdauer, die der Antragsteller nachweist, vier oder weniger theoretische Regelstudiensemester beträgt oder
2.
sich seine bisherige Ausbildung auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die durch den Ausbildungsnachweis gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 abgedeckt werden.
Fächer im Sinne von Satz 1 Nr. 2 sind Fächer, deren Kenntnis eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs ist und bei denen die bisherige Ausbildung des Antragstellers bedeutende Abweichungen hinsichtlich Dauer oder Inhalt gegenüber der Ausbildung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 aufweist.

(2) Es ist zu prüfen, ob die vom Antragsteller im Rahmen seiner Berufspraxis erworbenen Kenntnisse den wesentlichen Unterschied ganz oder teilweise ausgleichen können.

(3) Erfüllen die Berufsqualifikationen des Antragstellers die Kriterien, die von einer gemeinsamen Plattform im Sinne des Artikels 15 der Richtlinie 2005/36/EG vorgegeben und gemäß Artikel 15 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG angenommen worden sind, darf die Ingenieurkammer Sachsen keine Ausgleichsmaßnahmen verlangen.

(4) Die Ingenieurkammer Sachsen kann zur Regelung der näheren Inhalte und des Verfahrens für Ausgleichsmaßnahmen Satzungen erlassen. Die Vertreterversammlung beschließt über die Satzung. § 6 Abs. 3 bis 7 des Gesetzes über die Errichtung einer Ingenieurkammer und zum Schutz der Berufsbezeichnung „Beratender Ingenieur“ im Freistaat Sachsen (Sächsisches Ingenieurkammergesetz – SächsIngKG) vom 19. Oktober 1993 (SächsGVBl. S. 989), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 28. Mai 2004 (SächsGVBl. S. 200, 225) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, gilt entsprechend. Die Ingenieurkammer Sachsen kann landesübergreifende Vereinbarungen zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen treffen. 4

§ 6
Verfahren von Unionsbürgern

(1) Die Eintragung erfolgt auf schriftlichen Antrag. Über den Antrag entscheidet der Eintragungsausschuss. Der Antragsteller hat dem Eintragungsantrag Unterlagen nach Anhang VII Nr. 1 Buchst. a und b der Richtlinie 2005/36/EG beizufügen. Die Ingenieurkammer Sachsen bestätigt dem Antragsteller binnen eines Monats nach Eingang des Antrags den Empfang der Unterlagen und teilt ihm gegebenenfalls mit, welche Unterlagen fehlen. Das Verfahren muss innerhalb kürzester Frist, spätestens aber drei Monate nach Einreichung der vollständigen Unterlagen abgeschlossen werden. Die Frist kann in zu begründenden Einzelfällen um einen Monat verlängert werden. Soweit in diesem Gesetz nicht abweichend geregelt, gilt § 8 SächsIngKG entsprechend.

(2) Über die Eintragung ist eine Bescheinigung auszustellen, aus der sich auch die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung nach § 1 ergibt.

(3) Das Eintragungsverfahren kann auch über eine einheitliche Stelle nach § 1 des Gesetzes zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen ( SächsVwVfZG ) vom 19. Mai 2010 (SächsGVBl. S. 142), in der jeweils geltenden Fassung, in Verbindung mit den §§ 71a bis 71e des Verwaltungsverfahrensgesetzes ( VwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2692) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, abgewickelt werden. 5

§ 6a
Sonstige ausländische Abschlüsse

(1) Die in § 1 genannte Berufsbezeichnung darf auch führen, wer aufgrund eines Abschlusszeugnisses einer ausländischen Hochschule oder einer sonstigen ausländischen Schule von der zuständigen Behörde die Genehmigung hierzu erhalten hat.

(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn das Zeugnis der ausländischen Hochschule oder Schule einem Zeugnis der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b genannten Hochschulen und Schulen gleichwertig ist. Ist der Antragsteller nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes, kann die Genehmigung versagt werden, wenn die Gegenseitigkeit nicht gewährleistet ist; dies gilt nicht für Unionsbürger. § 6 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung. 6

§ 6b
Auskünfte

Die Ingenieurkammer Sachsen ist nach Maßgabe der Vorschriften des Gesetzes zum Schutz der informellen Selbstbestimmung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Datenschutzgesetz – SächsDSG) vom 25. August 2003 (SächsGVBl. S. 330), geändert durch Gesetz vom 14. Dezember 2006 (SächsGVBl. S. 530), in der jeweils geltenden Fassung, berechtigt, Daten zu Anträgen an Behörden in der Bundesrepublik Deutschland und auswärtiger Staaten zu übermitteln und einzuholen. Die Ingenieurkammer Sachsen erteilt die nach der Richtlinie 2005/36/EG erforderlichen Auskünfte und stellt die notwendigen Bescheinigungen aus; sie ist insoweit zuständige Behörde. 7

§ 7
Übergangsregelung

Die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilten Genehmigungen gelten als Genehmigung im Sinne dieses Gesetzes fort. Unionsbürger, denen eine Genehmigung nach § 5 in der am 14. Juli 2008 geltenden Fassung erteilt wurde, werden auf Antrag ohne Prüfung der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 bis 5 in das Verzeichnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eingetragen. 8

§ 8
Befreiung von der Genehmigung

Einer Genehmigung nach diesem Gesetz bedarf nicht, wer nach anderen gesetzlichen Bestimmungen berechtigt ist, den an einer ausländischen Hochschule erworbenen akademischen Grad des Ingenieurs zu führen.

§ 9
Zuständige Behörde

(1) Zuständige Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist mit Ausnahme von Fällen nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 4 bis 6 sowie § 6b die Landesdirektion Sachsen.

(2) Sind nach Absatz 1 mehrere Behörden zuständig, so entscheidet die Behörde, die zuerst mit der Sache befaßt worden ist. Im Falle länderübergreifender Zuständigkeit bestimmt diese der Staatsminister des Inneren im Einvernehmen mit der obersten Landesbehörde des anderen Bundeslandes. 9

§ 10
Ordnungswidrigkeit

(1) Ordnungswidrig handelt, wer

  1. ohne nach diesem Gesetz dazu berechtigt zu sein oder
  2. entgegen einer vollziehbaren Entscheidung nach § 3 die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ allein oder in einer Wortverbindung führt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden.

(3) Zuständige Verwaltungsbehörden im Sinne von § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die Landesdirektion Sachsen. 10

§ 11
Außerkrafttreten

Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes tritt entgegenstehendes Recht der DDR außer Kraft, insbesondere die Verordnung über die Führung der Berufsbezeichnung „Ingenieur“ vom 12. April 1962 (GBl. II S. 278).

§ 12
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 23. Februar 1993

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit
Dr. Kajo Schommer

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 1993 Nr. 14, S. 236
    Fsn-Nr.: 604-1

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. März 2012

    Fassung gültig bis: 30. Dezember 2013