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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Einigungsstellenverordnung

Vollzitat: Einigungsstellenverordnung vom 30. April 1992 (SächsGVBl. S. 170)

Verordnung
der Sächsischen Staatsregierung
über Einigungsstellen zur Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb
(Einigungsstellenverordnung)

Vom 30. April 1992

Aufgrund des § 27a Abs. 1 und 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 (RGBl. S. 499), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2840), wird verordnet:

§ 1
Errichtung und Geschäftsführung

(1) Bei den Industrie- und Handelskammern werden in deren Bezirken Einigungsstellen zur Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen ein Anspruch aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geltend gemacht wird, errichtet.

(2) Die Industrie- und Handelskammer oder deren Regionalkammer führt die Geschäfte der Einigungsstelle.

§ 2
Aufsicht

Die Aufsicht über die Einigungsstellen übt das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit (Aufsichtsbehörde) aus.

§ 3
Besetzung

(1) Die Einigungsstellen entscheiden in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern.

(2) Die Industrie- und Handelskammer ernennt nach Anhörung der beteiligten Handwerkskammern und der Verbraucherzentrale Sachsen e.V. den Vorsitzenden und mindestens einen Stellvertreter auf die Dauer von drei Jahren.

(3) Die Industrie- und Handelskammer ernennt sachkundige Gewerbetreibende und Verbraucher auf die Dauer von drei Jahren als Beisitzer. Als Gewerbetreibende gelten auch Mitglieder vertretungsberechtigter Organe, Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte von privatrechtlichen Unternehmen. Die Industrie- und Handelskammer hat bei der Erstellung der Liste der Beisitzer Vorschläge der beteiligten Handwerkskammern und der Verbraucherzentrale Sachsen e.V. einzuholen und angemessen zu berücksichtigten.

(4) Die Vorsitzenden und die Liste der Beisitzer sind im Mitteilungsblatt der Industrie- und Handelskammer oder in sonst geeigneter Weise bekanntzumachen.

(5) Die Industrie- und Handelskammer widerruft die Ernennung eines Mitgliedes der Einigungsstelle, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

§ 4
Anträge

Anträge sind bei der Einigungsstelle schriftlich mit Begründung fünffach unter Bezeichnung der Beweismittel und unter Beifügung etwa vorhandener Urkunden in Urschrift oder Ablichtung und sonstiger Beweisstücke einzureichen. Anträge können auch zur Niederschrift der Einigungsstelle gestellt werden.

§ 5
Einigungsverhandlung

(1) Die Verhandlung vor der Einigungsstelle ist nicht öffentlich. Der Vorsitzende kann einen Schriftführer zuziehen und bei Vorliegen eines berechtigten Interesses Dritten die Anwesenheit gestatten. § 128 Abs. 1 und § 136 der Zivilprozeßordnung gelten sinngemäß.

(2) Die Einigungsstelle kann Zeugen und Sachverständige anhören, die freiwillig vor ihr erscheinen. Eine Beeidigung ist nicht zulässig.

(3) Der Vorsitzende kann den anwesenden Personen die Geheimhaltung von Tatsachen, die ihnen durch das Verfahren bekannt werden, zur Pflicht machen.

§ 6
Verfahren

(1) Der Vorsitzende bestimmt den Termin zur mündlichen Verhandlung. Die Ladungsfrist beträgt mindestens drei Tage. Sie kann vom Vorsitzenden abgekürzt oder verlängert werden, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht sind. §§ 214, 216 Abs. 2, §§ 221, 222 und 224 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung gelten sinngemäß.

(2) Für das persönliche Erscheinen einer Partei gilt § 141 der Zivilprozeßordnung sinngemäß. Ordnungsgelder nach § 27a Abs. 5 Satz 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb werden von der Industrie- und Handelskammer wie Beiträge eingezogen und beigetrieben. Die eingehenden Beträge verbleiben bei der Kammer.

(3) Die Beschlüsse der Einigungsstelle werden mit Stimmenmehrheit gefaßt. Stimmenthaltung ist unzulässig.

(4) Für die Mitglieder der Einigungsstelle gilt die Schweigepflicht des § 43 des Deutschen Richtergesetzes in der Fassung vom 19. April 1972 (BGBl. I S. 713), zuletzt geändert durch Anlage I Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. II S. 889) entsprechend.

(5) Über jede Verhandlung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie soll Ort und Tag der Verhandlung, die Bezeichnung der Beteiligten und der bei der Verhandlung mitwirkenden Personen, die gestellten Anträge sowie das Ergebnis der Verhandlung enthalten.

(6) Die Verhandlungsniederschrift ist von dem Vorsitzenden und wenn ein Schriftführer hinzugezogen worden ist, auch von diesem zu unterzeichnen.

(7) Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über Prozeßbevollmächtigte und Beistände, über die Rücknahme des Antrages sowie über die Zustellung von Amts wegen sinngemäß.

§ 7
Entschädigung

(1) Die Industrie- und Handelskammer kann dem Vorsitzenden der Einigungsstelle eine angemessene Entschädigung für seine Tätigkeit gewähren. Die Beisitzer erhalten von der Industrie- und Handelskammer auf Antrag eine Entschädigung entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes über die Entschädigung der ehrenamtlichen Richter in der Fassung vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1753), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 9. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2326). Die Entschädigung setzt der Vorsitzende fest, wenn der Beisitzer oder die Industrie- und Handelskammer eine Festsetzung beantragt.

(2) Auskunftspersonen, die mit Zustimmung der Einigungsstelle erschienen oder angehört worden sind, erhalten von der Industrie- und Handelskammer auf Antrag eine Entschädigung entsprechend den Bestimmungen des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen in der Fassung vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1756), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847). Die Entschädigung setzt der Vorsitzende fest, wenn die Auskunftsperson oder die Industrie- und Handelskammer eine Festsetzung beantragt.

§ 8
Auslagen

(1) Für das Verfahren vor der Einigungsstelle werden Auslagen entsprechend den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes in der Fassung vom 15. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3047), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) erhoben. Zu den Auslagen nach Satz 1 gehören auch die Entschädigungen und die Auslagen nach § 7 Abs. 1. Die Auslagen setzt der Vorsitzende fest, wenn eine Partei oder die Industrie- und Handelskammer eine Festsetzung beantragt.

(2) Über die Pflicht zur Tragung der Auslagen zwischen den Parteien entscheidet die Einigungsstelle unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen, sofern zwischen den Parteien eine gütliche Einigung nicht zustande kommt.

(3) Die Auslagen werden von der Industrie- und Handelskammer wie Beiträge eingezogen.

§ 9
Sofortige Beschwerde

Gegen Entscheidungen nach § 7 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2, § 8 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 findet die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung an das für den Sitz der Einigungsstelle zuständige Landgericht (Kammer für Handelssachen oder, falls es an einer solchen fehlt, Zivilkammer) statt.

§ 10
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Dresden, den 30. April 1992

Unterschriften
Unterschrift
Die Sächsische Staatsregierung:
Prof. Dr. Biedenkopf
(i. V. Heitmann)
Eggert
(i. V. Heitmann)
Heitmann
Prof. Dr. Milbradt Rehm
(i. V. Dr. Geisler)
Prof. Dr. Meyer
Dr. Schommer Dr. Jähnichen Dr. Geisler
Vaatz Dr. Weise Dr. Ermisch

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 1992 Nr. 16, S. 170
    Fsn-Nr.: 600

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 9. Mai 1992

    Fassung gültig bis: 5. Mai 2006