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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten

Vollzitat: Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten vom 12. Dezember 2008 (SächsJMBl. 2009 S. 2), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 8. Dezember 2015 (SächsABl. SDr. S. S 362)

Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
über die Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten
(VwV RiVASt)

Vom 12. Dezember 2008

I.
Anwendungsbereich

Für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten gelten die in der Anlage enthaltenen Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt).

II.
Prüfungsbehörden

In Ausführung von Nummer 7 Abs. 2 Satz 2 RiVASt werden als Prüfungsbehörde bestimmt:

1.
bei eingehenden Ersuchen
 
a)
die Generalstaatsanwaltschaft in den Fällen des Zweiten bis Vierten Teils und des Achten Teils des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen ( IRG) sowie in den Fällen der §§ 62 bis 65 IRG,
 
b)
die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft in den Fällen des Fünften Teils des IRG, mit Ausnahme der §§ 62 bis 65 IRG, des Neunten und Zehnten Teils des IRG, sofern nicht die Zuständigkeit nach Buchstabe c gegeben ist,
 
c)
der Präsident des Gerichts oder, wenn das Gericht nicht mit einem Präsidenten besetzt ist, der Präsident des übergeordneten Gerichts, wenn in den Fällen nach Buchstabe b die Rechtshilfe nach Bundes- oder Landesrecht von einem Gericht zu leisten ist;
2.
bei ausgehenden Ersuchen
 
a)
die Generalstaatsanwaltschaft in den Fällen der Auslieferung aus dem Ausland und der Durchlieferung, sofern dem Ersuchen kein Europäischer Haftbefehl nach dem Achten Teil des IRG zugrunde liegt, sowie in den Fällen des Sechsten Teils des IRG,
 
b)
die örtlich zuständige Staatsanwaltschaft in den Fällen des Auslieferungs- und Durchlieferungsverkehrs, des Vollstreckungshilfeverkehrs und des sonstigen Rechtshilfeverkehrs mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, sofern nicht die Zuständigkeit nach Buchstabe c gegeben ist,
 
c)
der Präsident des Gerichts oder, wenn das Gericht nicht mit einem Präsidenten besetzt ist, der Präsident des übergeordneten Gerichts, wenn in den in Buchstabe b genannten Fällen das Ersuchen von einem Gericht angeregt wird.

III.
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

1.
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. Januar 2009 in Kraft.
2.
Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz über die Einführung der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (VwV RiVASt) vom 22. November 1991 (SächsABl. Nr. 42 S. 5), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 3. Dezember 1996 (SächsJMBl. S. 142), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 10. Dezember 2007 (SächsABl. SDr. S. S 516) außer Kraft.

Dresden, den 12. Dezember 2008

Der Staatsminister der Justiz
Gert Mackenroth

RICHTLINIEN FÜR DEN VERKEHR
MIT DEM AUSLAND IN STRAFRECHTLICHEN ANGELEGENHEITEN
(RiVASt)

Kapitel A

Erster Teil
Der Rechtshilfeverkehr mit ausländischen Behörden

1. Abschnitt
Allgemeines

1. Unterabschnitt
Grundsätze

Nr. 1
Anwendungsgrundsätze

(1) Diese Richtlinien sind für Gerichte, Staatsanwaltschaften und andere Behörden bestimmt. Hinsichtlich der Entscheidungen, die der richterlichen Unabhängigkeit unterliegen, enthalten sie nur Hinweise.

(2) Die Richtlinien sind anzuwenden, soweit ihnen nicht völkerrechtliche Übereinkünfte (Verträge, Vereinbarungen, Gegenseitigkeitserklärungen u. ä.) entgegenstehen. Sie sind auf den Regelfall abgestellt. In besonderen Fällen kann von ihnen abgewichen werden.

Nr. 2
Internationale Rechtshilfe

Internationale Rechtshilfe im Sinne dieser Richtlinien ist jede Unterstützung, die für ein Verfahren in einer strafrechtlichen Angelegenheit (§ 1 des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen – IRG -, abgedruckt im Anhang I unter Nr. 1) in einem anderen Staat gewährt wird, unabhängig davon, ob das Verfahren von einem Gericht oder einer anderen Behörde betrieben wird und ob die Rechtshilfe von einem Gericht oder von einer anderen Behörde zu leisten ist.

Nr. 3
Leistung von Rechtshilfe

(1) Eine Pflicht zur Rechtshilfe besteht nur, soweit sie durch eine völkerrechtliche Übereinkunft oder aufgrund eines Rahmenbeschlusses der Europäischen Union übernommen ist. Besteht keine Pflicht zur Rechtshilfe, ergibt sich aus dem Recht des ersuchten Staates, ob und inwieweit sie geleistet werden darf.

(2) Die einschlägigen deutschen Vorschriften enthält vor allem das IRG. Die wesentlichen völkerrechtlichen Übereinkünfte, die Rahmenbeschlüsse und Hinweise auf das ausländische Recht sind in den Anhängen II (Länderteil) und III (Rahmenbeschlüsse) angeführt.

Nr. 4
Umfang der Rechtshilfe

(1) Grundsätzlich wird Rechtshilfe nur auf Ersuchen einer zuständigen Behörde und in dem Umfang geleistet, in dem sie erbeten wird. Über den Wortlaut des Ersuchens hinausgehende Maßnahmen kommen in Betracht, soweit sie offensichtlich seinem Sinn und Zweck entsprechen.

(2) Ausnahmsweise können schon vor Stellung eines Ersuchens vorbereitende Maßnahmen getroffen werden (z. B. Inhaftnahme zur Vorbereitung einer Auslieferung, Beschlagnahme in Erwartung eines Herausgabeersuchens, Ermittlung des Wohnorts und der Aussagebereitschaft eines Zeugen zur Vorbereitung eines Vernehmungsersuchens, nicht jedoch Einholung einer Genehmigung nach Nr. 142).

(3) Spontanauskünfte (§§ 61a, 92 IRG) sind auf dem diplomatischen Geschäftsweg zu übermitteln, soweit eine völkerrechtliche Übereinkunft keine abweichende Regelung für die Übermittlung personenbezogener Daten durch Gerichte oder Staatsanwaltschaften ohne Vorliegen eines Rechtshilfeersuchens enthält.

Nr. 5
Geschäftswege

(1) Im Rechtshilfeverkehr kommen folgende Geschäftswege in Betracht:

a)
der diplomatische Geschäftsweg
 
die Regierung eines der beiden beteiligten Staaten und die diplomatische Vertretung des anderen treten miteinander in Verbindung,
b)
der ministerielle Geschäftsweg
 
die obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörden in den beteiligten Staaten treten miteinander in Verbindung,
c)
der konsularische Geschäftsweg
 
eine konsularische Vertretung im Gebiet des ersuchten Staates und die Behörden dieses Staates treten miteinander in Verbindung,
d)
der unmittelbare Geschäftsweg
 
die ersuchende und die ersuchte Behörde treten unmittelbar miteinander in Verbindung, unbeschadet der Einschaltung einer Prüfungs- oder Bewilligungsbehörde sowie der Übermittlung über das Bundeskriminalamt oder eine andere Übermittlungsstelle.

(2) Der diplomatische Geschäftsweg muss eingehalten werden, wenn nicht ein anderer Geschäftsweg zugelassen ist.

(3) Erscheint aus besonderen Gründen ausnahmsweise die Wahl eines anderen als des vorgeschriebenen Geschäftswegs angezeigt, ist die vorherige Genehmigung der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde einzuholen.

Nr. 6
Verkehr zwischen Bundes- und Landesbehörden und dem Bundeskriminalamt

Justiz- oder Verwaltungsbehörden eines Landes und das Bundeskriminalamt treten über das jeweilige Landeskriminalamt miteinander in Verbindung. In Eilfällen können sie unmittelbar miteinander in Verbindung treten; das Landeskriminalamt ist gleichzeitig zu unterrichten. Ist die Bundespolizei für die Sachbearbeitung zuständig, tritt an die Stelle des Landeskriminalamtes das Bundespolizeipräsidium.

Nr. 7
Besondere am Rechtshilfeverkehr beteiligte Behörden

(1) Im Rechtshilfeverkehr sind innerstaatlich nach der Art ihrer Mitwirkung folgende besonderen Behörden zu unterscheiden:

a)
die Bewilligungsbehörde
 
sie entscheidet über eingehende Ersuchen und über die Stellung ausgehender Ersuchen,
b)
die Prüfungsbehörde
 
sie prüft bei eingehenden Ersuchen, ob sie ordnungsgemäß erledigt worden sind und bei ausgehenden Ersuchen, ob sie gestellt werden dürfen und ordnungsgemäß abgefasst sind,
c)
die Vornahmebehörde
 
sie führt eingehende Ersuchen aus (vgl. Nr. 22).

(2) Wem die Befugnis zur Bewilligung der Rechtshilfe zusteht, ergibt sich aus § 74 IRG, der Zuständigkeitsvereinbarung und ihren Ergänzungen (abgedruckt im Anhang I unter Nr. 4) sowie den hierzu ergangenen Regelungen. Die Prüfungsbehörden der Länder werden durch landesrechtliche Vorschriften bestimmt. Eine Behörde kann zugleich Bewilligungs-, Prüfungs- und Vornahmebehörde sein.

Nr. 8
Form der Schriftstücke

(1) Im Rechtshilfeverkehr ist auf die äußere Form aller Schriftstücke einschließlich der Anlagen besondere Sorgfalt zu verwenden. Insbesondere ist zu beachten:

a)
Anschreiben sollen Anrede und Schlussformel enthalten. Die Anschrift der Behörde, das Aktenzeichen und der Name eines Ansprechpartners sind anzugeben (mit E-Mail-Adresse, Telefon- und Faxnummer).
b)
Abkürzungen dürfen gebraucht werden, soweit sie allgemein üblich, eindeutig und auch im Ausland verständlich sind. Darüber hinaus sind Abkürzungen gestattet, wenn sie in einem Vermerk erläutert sind.
c)
Ausländische Behörden sind mit der amtlichen im Empfangsland geltenden Bezeichnung zu benennen.
d)
Ausländische Orte, für die eine deutsche Bezeichnung üblich ist, werden regelmäßig mit dem deutschen Namen bezeichnet (z.B. Arnheim, Bozen, Genf, Lüttich, Straßburg). Abweichend hiervon ist in der postalischen Anschrift der ausländische Ort mit der amtlichen im Empfangsland geltenden Bezeichnung anzugeben.
e)
Ausländische Staaten sind mit ihrer amtlichen Bezeichnung oder deren Kurzfassung zu benennen; hinsichtlich der Bezeichnung wird auf den Länderteil hingewiesen.

(2) Die Verwendung von Vordrucken ist zulässig.

(3) Auf die für ausländische Behörden bestimmten Schriftstücke sind Eingangsstempel, Randschreiben, Prüfungsvermerke und dergleichen nicht zu setzen.

(4) Akten, die in das Ausland versandt werden sollen, sind vollständig zu heften und mit Blattzahlen zu versehen.

(5) Mehrfertigungen im Sinne dieser Richtlinien können durch jede Art der Vervielfältigung der Urschrift hergestellt werden.

Nr. 9
Unterzeichnung und Beglaubigung

(1) Alle an ausländische Behörden gerichteten amtlichen Schreiben müssen von einer Richterin, einem Richter, einer Beamtin oder einem Beamten des höheren Dienstes oder bei nach dem Rechtspflegergesetz übertragenen Aufgaben von einer Rechtspflegerin oder einem Rechtspfleger unterzeichnet werden. Mit Zustimmung der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde sind Ausnahmen von Satz 1 zulässig.

(2) Die Beglaubigung von Schriftstücken, die zur Verwendung im Ausland bestimmt sind, kann auch von einer Urkundsbeamtin oder einem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden.

(3) Bei den für ausländische Behörden bestimmten Schriftstücken ist der Unterschrift die Amtsbezeichnung (Dienstbezeichnung) und ein Abdruck des Dienstsiegels beizufügen.

Nr. 10
Übermittlung in besonderen Fällen

(1) In Eilfällen und bei Unzulänglichkeit der Postverhältnisse im Bestimmungsland sollten private Kurierdienste in Anspruch genommen werden. Sendungen an Behörden im außereuropäischen Raum sind grundsätzlich mit Luftpost oder privaten Kurierdiensten zu übermitteln.

(2) Falls im unmittelbaren Schriftverkehr mit deutschen Auslandsvertretungen aus Sicherheitsgründen oder wegen der Unzulänglichkeit der Postverhältnisse im Bestimmungsland die Benutzung des Kurierwegs des Auswärtigen Amts ausnahmsweise erforderlich erscheint, ist die betreffende Sendung mit folgender Beschriftung zu versehen:

für Sendungen bis 500 g
 
Auswärtiges Amt
Eilige Rechtssache für die Auslandsvertretung  Luftbeutel
11013 Berlin
für Sendungen ab 500 g
 
Auswärtiges Amt
Eilige Rechtssache für die Auslandsvertretung  Luftbeutel
Werderscher Markt
110117 Berlin

Eine Verkürzung der Übersendungszeit ist mit dem Kurierweg nicht ohne Weiteres verbunden.

(3) In Eilfällen und soweit es für die Erledigung eingehender und für die Übermittlung ausgehender Ersuchen ausreichend ist, können auch andere Übermittlungsformen (z. B. Fernschreiben, Telefax, Telefon, E-Mail) in Anspruch genommen werden. Bei der Übermittlung personenbezogener Daten ist dabei auf ausreichenden Datenschutz zu achten.

Nr. 11
Begleitschreiben und Begleitbericht

Im Rechtshilfeverkehr werden folgende besondere Schriftstücke verwendet:

1.
Das Begleitschreiben:
 
es dient der Übermittlung oder Rückleitung eines Ersuchens und wird gerichtet:
 
 
a)
bei eingehenden Ersuchen an eine ausländische Behörde, der die Erledigungsstücke zu einem Ersuchen übermittelt werden (vgl. Muster Nr. 1). Werden die Erledigungsstücke über die oberste Justiz- oder Verwaltungsbehörde zurückgeleitet, ist die Beifügung eines Begleitschreibens nur erforderlich, wenn Anlass zu Erläuterungen oder ergänzenden Mitteilungen an die ersuchende Behörde besteht,
 
 
b)
bei ausgehenden Ersuchen an eine Auslandsvertretung der Bundesrepublik Deutschland oder im unmittelbaren Verkehr an eine besondere ausländische Empfangsstelle, wenn die Auslandsvertretung oder die Empfangsstelle das Ersuchen an die ersuchte Behörde weitergeben soll (vgl. Muster Nr. 2, 2a).
2.

Der Begleitbericht

 
mit ihm werden Vorgänge aller Art der Bewilligungs- oder der Prüfungsbehörde sowie der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde vorgelegt. Er kann gegebenenfalls in abgekürzter Form – auch unter Verwendung von Stempeln – auf eine Mehrfertigung des Begleitschreibens oder eines Zuleitungsschreibens an die Vornahmebehörde gesetzt werden.
Nr. 12
Berichte

(1) Berichte an die obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörden dienen der internen Information und werden an ausländische Behörden nicht weitergegeben. Soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, sind Berichte und gegebenenfalls ihre Anlagen mit zwei Mehrfertigungen vorzulegen. Die Mehrfertigungen dienen der Unterrichtung des Bundesamtes für Justiz, das seinerseits das Auswärtige Amt unterrichtet. Ihre Beifügung ist daher nicht erforderlich, wenn ersichtlich ist, dass zu einer Unterrichtung des Bundesamtes für Justiz und des Auswärtigen Amtes kein Anlass besteht.

(2) Werden Berichte auf dem Dienstweg vorgelegt, sind für die beteiligten Behörden zusätzliche Mehrfertigungen beizufügen.

Nr. 13
Berichtspflicht der Bewilligungsbehörde in besonderen Fällen

(1) Vor der Ausführung eines eingehenden oder der Weiterleitung eines ausgehenden Ersuchens ist der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde zu berichten und deren Äußerung abzuwarten, wenn das Ersuchen aus der Sicht des ersuchenden oder des ersuchten Staates von besonderer Bedeutung in politischer, tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung sein könnte. Eine besondere Bedeutung liegt insbesondere vor, wenn Anhaltspunkte für die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder einen Verstoß gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung (ordre public) – z. B. eine drohende menschenrechtswidrige Behandlung oder politische Verfolgung – bestehen. Hierzu zählen auch Fälle, die die Beschlagnahme und Herausgabe von bedeutsamen Kulturgütern betreffen.

(2) Nachträglich ist zu berichten, wenn ein deutsches Ersuchen abgelehnt wurde. Eine solche Berichtspflicht besteht auch, wenn ein Ersuchen, welches eine Zuwiderhandlung gegen Vorschriften über öffentlich-rechtliche Abgaben oder einen Bannbruch betrifft, wegen Gefahr im Verzug ohne die ansonsten erforderliche Beteiligung der Bundesregierung gestellt wurde.

(3) Von jeder gerichtlichen Entscheidung, die sich mit grundsätzlichen Fragen des Rechtshilferechts befasst, sind der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde drei Mehrfertigungen vorzulegen.

Nr. 13a
Berichtspflicht in Immunitätsangelegenheiten (vgl. auch § 77 Abs. 2 IRG)

Ist von der Erledigung eines eingehenden Ersuchens ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages, ein Abgeordneter eines Landesparlaments oder ein Mitglied des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland betroffen oder berührt die Erledigung die Genehmigungsvorbehalte für Durchsuchung und Beschlagnahme in den Räumen eines Parlaments, so ist der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde vorab zu berichten und deren Äußerung abzuwarten. Im Übrigen gelten die Nrn. 191 ff. der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) entsprechend.

Nr. 14
Übersetzungen

(1) Soweit nicht in völkerrechtlichen Übereinkünften etwas anderes bestimmt ist (vgl. Länderteil), sind einem Ersuchen und seinen Anlagen Übersetzungen beizufügen. Ist Übersetzungsverzicht vereinbart, kann es sich bei besonders bedeutsamen oder eilbedürftigen Ersuchen im Interesse einer schnelleren Erledigung empfehlen, gleichwohl Übersetzungen des Ersuchens beizufügen.

(2) Ist ein eingehendes Ersuchen nicht in deutscher Sprache abgefasst und ist die ersuchende Behörde nach den bestehenden völkerrechtlichen Übereinkünften von der Beifügung von Übersetzungen befreit, hat die Bewilligungsbehörde Übersetzungen anfertigen zu lassen, soweit dies für die Entscheidung über die Bewilligung der Rechtshilfe oder für die Erledigung des Ersuchens erforderlich erscheint. Ist die ersuchende Behörde nicht von der Beifügung von Übersetzungen befreit, sind diese, soweit nicht im Einzelfall ausnahmsweise eine Anfertigung durch die Bewilligungsbehörde angezeigt scheint, nachzufordern. Ist die Übersetzung unzureichend, so kann eine verständliche Übersetzung nachgefordert werden.

(3) Bei ausgehenden Ersuchen können mehrsprachige Vordrucke verwendet werden (vgl. Muster Nr. 2a, 31b, 33b). Im Übrigen sind die Übersetzungen von der Behörde zu beschaffen, die das dem Ersuchen zugrundeliegende Verfahren betreibt. Diese Übersetzungen müssen den die Richtigkeit der Übersetzung bestätigenden Vermerk einer amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzerin/Dolmetscherin oder eines amtlich bestellten oder vereidigten Übersetzers/Dolmetschers tragen, wenn dies in völkerrechtlichen Übereinkünften (insbesondere in Auslieferungsvereinbarungen) vorgesehen ist oder wenn Rechtshilfe auf vertragsloser Grundlage begehrt wird. In Zweifelsfällen sollte das beabsichtigte Ersuchen vor Anfertigung der Übersetzungen der Bewilligungsbehörde vorgelegt werden.

(4) Ein in völkerrechtlichen Übereinkünften vereinbarter Übersetzungsverzicht berührt nicht die Übersetzungspflichten aus Artikel 6 Abs. 3 Buchst. a Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK (vgl. auch Nr. 181 Abs. 2 RiStBV).

Nr. 15
Kosten der Rechtshilfe

(1) Kosten der Rechtshilfe werden unbeschadet der Regelung in besonderen Fällen (vgl. Nr. 77 und Nr. 77a) nur angefordert oder erstattet, soweit eine völkerrechtliche Übereinkunft dies zulässt oder der ausländische Staat auch seinerseits Erstattung verlangt.

(2) Die deutschen Kostenvorschriften sind in der Verordnung über Kosten im Bereich der Justizverwaltung enthalten.

(3) Kann von einer ausländischen Behörde die Erstattung der Kosten verlangt werden, sammelt die Vornahmebehörde die Belege und erstellt eine Kostenrechnung. Werden die Erledigungsstücke auf dem unmittelbaren oder auf dem konsularischen Geschäftsweg übersandt, ist in dem Begleitschreiben die ersuchende Behörde zu bitten, die in der beigefügten Kostenrechnung aufgeführten Kosten an die Gerichtskasse unter Angabe der auf der Rechnung vermerkten Geschäftsnummer alsbald zu erstatten. In anderen Fällen ist die Kostenrechnung der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde vorzulegen. Gehen die angeforderten Kosten nicht innerhalb von sechs Monaten ein, ist in den in Satz 2 genannten Fällen die ersuchende Behörde an die Begleichung zu erinnern; im Übrigen ist der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde zu berichten. In allen Fällen ist zu berichten, wenn angeforderte Kosten innerhalb eines Jahres nicht erstattet worden sind.

(4) Hinsichtlich der Kosten, die der ersuchende ausländische Staat nicht erstattet, findet ein Rückgriff auf andere Verwaltungen nicht statt.

(5) Kosten, die den deutschen Behörden durch die Inanspruchnahme von Rechtshilfe entstehen, fallen regelmäßig der Behörde zur Last, die das Ersuchen angeregt hat. Sind bei einer Einlieferung mehrere Justizverwaltungen beteiligt, gilt die Vereinbarung über die Kosten in Einlieferungssachen (abgedruckt im Anhang I unter Nr. 5).

2. Unterabschnitt
Allgemeines für eingehende Ersuchen

Nr. 16
Grundlagen der Rechtshilfe

(1) Bei eingehenden Ersuchen muss von der Bewilligungsbehörde zunächst geprüft werden, ob eine Pflicht zur Leistung der erbetenen Rechtshilfe besteht (vgl. Nr. 3).

(2) Besteht keine völkerrechtliche Übereinkunft zur Leistung der Rechtshilfe, kann sie nach Maßgabe des IRG bewilligt werden.

Nr. 17
Fehlerhafte Zuleitung

(1) Wird ein Ersuchen auf einem nicht zugelassenen Geschäftsweg übermittelt, ist es zu bewilligen, wenn keine sonstigen Hinderungsgründe vorliegen. Die Erledigungsstücke sind auf dem vorgeschriebenen Geschäftsweg zurückzuleiten.

(2) Ist ein Ersuchen bei einer nicht zuständigen Behörde eingegangen, ist es an die zuständige Bewilligungsbehörde weiterzuleiten. Von der Abgabe ist die ersuchende Behörde auf dem vorgeschriebenen Geschäftsweg zu verständigen. Ist ein Ersuchen über eine oberste Justiz- oder Verwaltungsbehörde bei einer nicht zuständigen Behörde eingegangen, ist die Abgabenachricht nicht an die ersuchende Behörde, sondern an die oberste Justiz- oder Verwaltungsbehörde zu richten.

Nr. 18
Ergänzung

Steht der Rechtshilfe ein behebbares Hindernis entgegen, ist dem ersuchenden Staat Gelegenheit zu geben, das Ersuchen zu ergänzen.

Nr. 19
Entscheidung über die Bewilligung der Rechtshilfe

(1) Ein Rechtshilfeersuchen, das unmittelbar bei der Vornahmebehörde eingeht, ist unverzüglich der für die Bewilligung zuständigen Behörde zuzuleiten.

(2) Hat die Bewilligungsbehörde ein Ersuchen abgelehnt, berichtet sie der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde unter Beifügung einer Mehrfertigung des Ersuchens nachträglich. In besonderen Fällen im Sinne von Nr. 13 Abs. 1 ist vorab zu berichten und die Äußerung der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde abzuwarten.

(3) Hält die Bewilligungsbehörde es für erforderlich, dass das Oberlandesgericht gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 IRG über die Zulässigkeit der Rechtshilfe entscheidet, berichtet sie unter Beifügung des Ersuchens der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde und wartet deren Äußerung ab.

(4) Beschließt das Oberlandesgericht, eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs einzuholen (§ 61 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. § 42 IRG), leitet die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Vorgänge unmittelbar dem Generalbundesanwalt zu; sie berichtet gleichzeitig ihrer vorgesetzten Behörde.

(5) Bei eingehenden Ersuchen, die Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften über öffentlich-rechtliche Abgaben oder einen Bannbruch betreffen, stellt die Bewilligungsbehörde die Beteiligung der Steuer- bzw. Zollfahndungsdienste sicher, es sei denn, es handelt sich um ein Zustellungs- oder Vollstreckungshilfeersuchen.

Nr. 20
Stichtag für die Voraussetzungen der Rechtshilfe

Die gesetzlichen Voraussetzungen der Rechtshilfe müssen auch noch in dem Zeitpunkt vorliegen, in dem die Verwertung der Rechtshilfemaßnahme dem ersuchenden Staat ermöglicht wird (z. B. Überstellung einer Person, Übergabe oder Zuleitung von Gegenständen oder sonstiger Erledigungsstücke, Einsichtnahme in Akten).

Nr. 21
Bindungswirkung der Bewilligung

(1) Die Vornahmebehörde ist an die Entscheidung der Bewilligungsbehörde über die Zulässigkeit der Rechtshilfe gebunden. Ist die Vornahmebehörde jedoch ein Gericht, kann sie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts herbeiführen (§§ 60, 61 IRG). In diesem Fall empfiehlt es sich, die Sache dem Oberlandesgericht über die Bewilligungsbehörde vorzulegen. Diese hat die Möglichkeit der Abhilfe. Sie berichtet in diesen Fällen der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde und wartet deren Äußerung ab.

(2) Werden nachträglich Umstände bekannt, die es zweifelhaft erscheinen lassen, ob die Rechtshilfe hätte bewilligt werden dürfen, ist die Bewilligungsbehörde zu unterrichten und deren Äußerung abzuwarten.

Nr. 22
Erledigung des Ersuchens

(1) Hält die Bewilligungsbehörde die Voraussetzungen für die Leistung der Rechtshilfe für gegeben, so ist das Ersuchen, soweit nicht gesetzlich oder vertraglich etwas anderes bestimmt ist, von der Vornahmebehörde nach denselben Vorschriften auszuführen, die gelten würden, wenn das Ersuchen von einer deutschen Behörde gestellt worden wäre; dies gilt auch für Zwangsmaßnahmen, die bei der Erledigung des Ersuchens notwendig werden (§ 59 Abs. 3, § 77 IRG). Besonderen Wünschen der ersuchenden Behörde ist zu entsprechen, soweit nicht zwingende Vorschriften entgegenstehen.

(2) Das Rechtshilfegeschäft soll grundsätzlich nicht vor der Entscheidung der Bewilligungsbehörde nach Absatz 1 vorgenommen werden. Ausnahmsweise darf die Vornahmebehörde das Rechtshilfegeschäft bei Gefahr im Verzug davor ausführen, wenn gegen die Gewährung der Rechtshilfe keine Bedenken bestehen. Ist das Rechtshilfegeschäft davor vorgenommen worden, so übersendet die Vornahmebehörde das Ersuchen und die Erledigungsstücke der Bewilligungsbehörde.

(3) Soweit nach den deutschen Vorschriften Verfahrensbeteiligte bei den Untersuchungshandlungen anwesend sein dürfen, kann auch den entsprechenden am ausländischen Verfahren beteiligten Personen von der Vornahmebehörde die Anwesenheit gestattet werden. Ausländischen Richtern oder Beamten darf die Erlaubnis zur Anwesenheit in amtlicher Eigenschaft nur mit vorheriger Genehmigung der zuständigen Behörde erteilt werden (vgl. Nrn. 138, 139), soweit diese nicht im Verhältnis zu bestimmten Staaten allgemein erteilt ist.

(4) Ist um Terminsnachricht gebeten worden, sind die Termine zeitlich so anzusetzen, dass die im Ausland wohnenden Beteiligten daran teilnehmen können. In der Terminsnachricht ist darauf hinzuweisen, dass die Benachrichtigung der im Ausland wohnenden Verfahrensbeteiligten der ersuchenden Behörde obliegt.

(5) Verzögert sich die Erledigung eines Ersuchens nicht unerheblich, kann es angezeigt sein, der ersuchenden Behörde eine Zwischennachricht zu erteilen.

Nr. 22a
Akteneinsicht

(1) Für die Gewährung von Einsicht in einen Rechtshilfevorgang gelten die Vorschriften der Strafprozessordnung ( StPO) und der Nrn. 182 bis 189 RiStBV entsprechend. Enthalten die Vorgänge Unterlagen, die außenpolitische Belange der Bundesrepublik Deutschland berühren können, so ist vor Genehmigung der Einsicht der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde zu berichten und deren Entscheidung abzuwarten. Vorgänge, die die Bewilligung betreffen, unterliegen grundsätzlich nicht der Akteneinsicht.

(2) Vor der Gewährung der beantragten Akteneinsicht ist die ersuchende Behörde auf dem vorgesehenen Geschäftsweg um Äußerung zu bitten, ob und in welchem Umfang Akteneinsicht gewährt werden kann, sofern nicht offenkundig ist, dass die Gewährung von Akteneinsicht den Zweck des Verfahrens der ersuchenden Behörde nicht gefährdet.

Nr. 23
Weitergabe nach der Erledigung des Ersuchens

(1) Nach der Erledigung leitet die Vornahmebehörde das Ersuchen und die Erledigungsstücke mit einem Begleitbericht und gegebenenfalls mit einem Begleitschreiben (vgl. Nr. 11, Muster Nr. 1) der Prüfungsbehörde zu. Diese prüft, ob das Ersuchen vollständig und in einer für die Verwertung im Ausland geeigneten Weise erledigt worden ist. Ergeben sich dabei Mängel, sorgt sie dafür, dass diese behoben werden.

(2) Ist der unmittelbare oder der konsularische Geschäftsweg zugelassen, leitet die Prüfungsbehörde die Erledigungsstücke unter Beifügung des Ersuchens mit dem Begleitschreiben der ersuchenden Behörde auf diesem Weg zu. In den anderen Fällen vermerkt sie auf dem Begleitbericht, dass die Erledigungsstücke geprüft worden sind und übersendet die Vorgänge der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde.

(3) Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind die Erledigungsstücke ohne Mehrfertigungen vorzulegen.

Nr. 24
Inländische Strafverfolgungs- oder Verwaltungsmaßnahmen

Ersuchen sind auch darauf zu prüfen, ob eine Strafverfolgungs- oder Verwaltungsmaßnahme in Betracht kommt. Wird eine solche für erforderlich gehalten, ist die zuständige deutsche Behörde zu verständigen oder bei eigener Zuständigkeit das Erforderliche zu veranlassen.

3. Unterabschnitt
Allgemeines für ausgehende Ersuchen

Nr. 25
Grundlagen der Rechtshilfe

(1) Ausländische Staaten können um Rechtshilfe gebeten werden, soweit völkerrechtliche Übereinkünfte (vertragliche Rechtshilfe) oder das Recht des ausländischen Staates (vertragslose Rechtshilfe) dies zulassen. Nähere Einzelheiten können dem Länderteil entnommen werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten.

(2) Bestehen Zweifel, ob ein ausländischer Staat um Rechtshilfe ersucht werden soll, z. B. weil die deutschen Behörden einem entsprechenden ausländischen Ersuchen nicht stattgeben würden, ist der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde zu berichten oder ihr das Ersuchen vorzulegen.

Nr. 26
Berücksichtigung des ausländischen Verfahrensrechts

Bei einem Ersuchen um Rechtshilfe ist zu beachten, dass die ausländischen Behörden das Ersuchen nach den Zuständigkeitsvorschriften und in der Regel auch nach den Formvorschriften des ausländischen Rechts erledigen; deren Einhaltung genügt für das deutsche Verfahren. Die ausländischen Behörden können, insbesondere wenn dies in völkerrechtlichen Übereinkünften vorgesehen ist, gebeten werden, bei der Erledigung des Ersuchens bestimmte deutsche Verfahrensvorschriften zu berücksichtigen.

Nr. 27
Form des Ersuchens und seine Anlagen

(1) Das Ersuchen ist auf dem vorgeschriebenen Geschäftsweg im Original an die zur Vornahme der begehrten Rechtshilfehandlung zuständige ausländische Behörde zu übersenden. Bestehen Zweifel, welche Behörde für die Erledigung zuständig ist, ist im Anschreiben neben der vermutlich zuständigen Behörde der Zusatz “oder die sonst zuständige Behörde" anzubringen. Sind im Ausland mehrere Rechtshilfehandlungen vorzunehmen, müssen so viele Ersuchen gestellt werden als voraussichtlich Behörden für die Erledigung in Betracht kommen.

(2) Das Ersuchen und die zu seiner Erledigung erforderlichen Angaben sind in ein und dasselbe Schriftstück aufzunehmen. Gesetzestexte können als Anlage beigefügt werden. Akten und Urkunden sollen dem Ersuchen nur in beglaubigter Mehrfertigung beigefügt werden. Andernfalls ist zumindest bei Urkunden eine beglaubigte Mehrfertigung zurückzubehalten.

(3) Anlagen sind dem Ersuchen derart beizugeben, dass ein Verlust oder eine Verwechslung vermieden wird. Auf Lichtbildern, Ablichtungen, Plänen und dergleichen ist gegebenenfalls zu vermerken, welche Person oder welchen Gegenstand sie darstellen.

(4) Ersuchen, deren Erledigung besonders eilt, und Ersuchen in Haftsachen sind am Kopf des Schreibens als Eilsache oder Haftsache zu bezeichnen.

Nr. 28
Legalisation

(1) Durch die Legalisation bestätigt die berufskonsularische Vertretung eines ausländischen Staates, dass die Unterschrift auf einer amtlichen inländischen Urkunde echt ist. In einer erweiterten Form umfasst die Legalisation auch die Bestätigung, dass der Aussteller nach den Gesetzen zur Ausstellung der Urkunde zuständig war und dass die Urkunde in gesetzlicher Form aufgenommen ist.

(2) Im Länderteil ist vermerkt, im Verhältnis zu welchen Staaten eine Legalisation oder eine Legalisation in erweiterter Form erforderlich ist. Aus dem Länderteil ergibt sich auch, welche Staaten sich mit einer besonderen Art der Beglaubigung (z. B. durch die Bundesregierung) oder der vereinfachten Form der Echtheitsbescheinigung (sog. Apostille; vgl. Vordruck 3a) an Stelle einer Legalisation begnügen.

(3) Die Legalisation durch die ausländische berufskonsularische Vertretung wird durch die Prüfungsbehörde herbeigeführt. In der Regel genügt es, wenn jeweils ein mit Beglaubigungsvermerk (vgl. Muster Nr. 3) versehenes Exemplar der Unterlagen legalisiert wird.

Nr. 29
Inhalt des Ersuchens

(1) Jedes Ersuchen muss die Handlung, um deren Vornahme ersucht wird, genau bezeichnen. Es soll knapp und klar gefasst sein, jedoch ausreichend Auskunft über das Verfahren geben, für das die Rechtshilfe begehrt wird. Es muss, soweit erforderlich, Angaben über die Person des Betroffenen, seine Staatsangehörigkeit und seinen derzeitigen Aufenthaltsort enthalten.

(2) Steht Verfahrensbeteiligten nach deutschen Vorschriften das Recht zur Teilnahme an einer Beweisaufnahme zu, sind sie zu befragen, ob sie hierauf verzichten. Liegt ein solcher Verzicht nicht vor, ist die Bitte auszusprechen, die ersuchende Behörde von dem anberaumten Termin so rechtzeitig zu benachrichtigen, dass die Beteiligten von dem Zeitpunkt der Beweisaufnahme verständigt werden und an ihr teilnehmen können. Erscheint ausnahmsweise, z. B. weil die Beteiligten sich im Gebiet des ersuchten Staates aufhalten, die unmittelbare Benachrichtigung durch die Behörden des ersuchten Staates zweckmäßiger, ist in dem Ersuchen darum zu bitten und die Anschrift der Beteiligten in das Ersuchen aufzunehmen.

Nr. 30
Prüfung und Weiterleitung

(1) Das Ersuchen, der Begleitbericht und gegebenenfalls das Begleitschreiben (vgl. Nr. 11 und Nr. 12 Abs. 2, Muster Nrn. 2, 2a) sowie die Übersetzungen (vgl. Nr. 14) sind von der ersuchenden Stelle der Prüfungsbehörde vorzulegen; eine Mehrfertigung der Unterlagen ist zu den Akten zu nehmen. Ist das Ersuchen zu beanstanden, gibt die Prüfungsbehörde es mit den erforderlichen Bemerkungen zurück. Ist es nicht zu beanstanden, vermerkt die Prüfungsbehörde dies auf dem Begleitbericht und leitet – sofern sie nicht selbst Bewilligungsbehörde ist – die Unterlagen auf dem vorgeschriebenen Weg der Bewilligungsbehörde zu. Soweit im Verhältnis zu bestimmten Staaten (vgl. Länderteil) die Einschaltung besonderer Übermittlungsbehörden (z. B. der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht) vorgesehen ist, wird das Begleitschreiben von dieser Behörde gefertigt.

(2) Die Bewilligungsbehörde übermittelt das Ersuchen auf dem vorgeschriebenen Geschäftsweg. Ist der diplomatische Geschäftsweg vorgeschrieben, kann das Ersuchen unmittelbar der deutschen diplomatischen Vertretung in dem ersuchten Staat übersandt werden, wenn die oberste Justiz- oder Verwaltungsbehörde die Ermächtigung hierzu allgemein oder für den Einzelfall erteilt hat.

(3) Dem ausländischen Staat werden das Ersuchen, seine Anlagen und die Übersetzungen grundsätzlich in zweifacher Fertigung übermittelt.

(4) Können Ersuchen nicht auf dem unmittelbaren Geschäftsweg übersandt werden, so sind sie der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde vorzulegen

a)
im diplomatischen Geschäftsweg in sechsfacher Fertigung,
b)
im ministeriellen Geschäftsweg, soweit das Ersuchen von einem Bundesamt oder Bundesministerium weiterzuleiten ist, in vierfacher Fertigung und
c)
in den übrigen Fällen des ministeriellen Geschäftswegs in dreifacher Fertigung.

Im konsularischen Geschäftsweg und in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 sind die Unterlagen der deutschen Auslandsvertretung in dreifacher Fertigung zu übersenden. Übersetzungen sind in jedem Fall in zweifacher Fertigung beizufügen. Besonderheiten können sich bei Auslieferungs- und bei Vollstreckungshilfeersuchen ergeben (vgl. Nrn. 93, 93a, 112).

(5) Hat die oberste Justiz- oder Verwaltungsbehörde das Ersuchen weitergeleitet und gehen die Erledigungsstücke nicht über sie ein, ist über die Erledigung zu berichten.

Nr. 31
Nachträgliche Änderung der Sachlage

(1) Ändern sich nach Abgang eines Ersuchens die Verhältnisse in einer für die Erledigung bedeutsamen Weise, ist die ersuchte ausländische Behörde unverzüglich auf dem vorgeschriebenen Geschäftsweg, in Eilfällen unmittelbar – gegebenenfalls über das Bundeskriminalamt – zu benachrichtigen.

(2) Diese Vorschriften sind entsprechend anzuwenden, wenn vor der Stellung eines förmlichen Rechtshilfeersuchens vorläufige Maßnahmen im Ausland angeregt wurden (z. B. durch Einleitung der internationalen Fahndung) oder wenn bekannt ist, dass die ausländischen Behörden in Erwartung eines Ersuchens vorläufige Maßnahmen ergriffen haben.

2. Abschnitt
Besondere Richtlinien für eingehende Ersuchen

1. Unterabschnitt
Ersuchen um Auslieferung

Nr. 32
Staatsangehörigkeit der verfolgten Person (§ 2 IRG)

Bei Zweifeln über die Staatsangehörigkeit der verfolgten Person kann die zuständige Behörde mit den Behörden der inneren Verwaltung und unmittelbar mit den ausländischen diplomatischen und konsularischen Vertretungen in Verbindung treten.

Nr. 33
(unbesetzt)
Nr. 34
Zuständigkeit bei Gefahr im Verzug

Eine örtlich nicht zuständige Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht hat sich den innerhalb ihres Bezirks vorzunehmenden Amtshandlungen zu unterziehen, bei denen Gefahr im Verzug ist (§ 77 IRG i. V. m. § 143 Abs. 2 GVG ). Gleiches gilt für Untersuchungshandlungen eines örtlich nicht zuständigen Oberlandesgerichts (§ 77 IRG i. V. m. § 21 StPO).

Nr. 35
Verdacht einer Auslandsstraftat

(1) Stellt eine Behörde fest, dass eine Person, die sich in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, in dem Verdacht steht, im Ausland eine Straftat begangen zu haben, oder dass sie im Ausland wegen einer solchen Tat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die sie noch zu verbüßen hat, benachrichtigt sie unverzüglich und unmittelbar die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, und zwar auch dann, wenn die Person nicht festgenommen wird. Vor der Entscheidung der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht dürfen keine Maßnahmen getroffen werden, die eine Auslieferung des Ausländers unmöglich machen würden.

(2) Falls die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht damit rechnet, dass die ausländische Behörde die Auslieferung zur Verfolgung oder Vollstreckung betreiben wird, berichtet sie ihrer vorgesetzten Behörde und wartet deren Weisung ab, sofern sie nicht selbst Bewilligungsbehörde ist. Ist sie Bewilligungsbehörde, so fragt sie bei der ausländischen Behörde an, ob um vorläufige Festnahme ersucht wird. Erfolgt die Anfrage unmittelbar, unterrichtet sie nachrichtlich das Bundeskriminalamt über das Landeskriminalamt. Unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 IRG veranlasst sie – auch ohne ein entsprechendes Ersuchen – die Festnahme der Person und beantragt die Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft.

Nr. 36
Vorläufige Festnahme (§ 19 IRG)

(1) Jede Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes sind unter den Voraussetzungen der §§ 15 und 16 IRG befugt, die verfolgte Person vorläufig festzunehmen. Anlass für die Annahme eines dringenden Tatverdachts im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 2 IRG kann z. B. eine Ausschreibung zur Festnahme in Fahndungshilfsmitteln oder das Geständnis der Person sein.

(2) Kann ein Ersuchen um vorläufige Festnahme nicht alsbald ausgeführt werden oder bestehen gegen die Ausführung Bedenken, ist das Ersuchen der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht vorzulegen. Bis zu einer anderen Weisung ist gegebenenfalls die Fahndung fortzusetzen.

(3) Von einer vorläufigen Festnahme zur Vorbereitung der Auslieferung ist die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht unverzüglich zu benachrichtigen.

Nr. 37
Vorläufige Maßnahmen der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht

(1) Erscheint die Auslieferung nicht von vornherein unzulässig und bestehen auch sonst gegen die Ausführung eines Festnahmeersuchens keine Bedenken, trifft die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht unverzüglich die notwendigen Maßnahmen. Unter den Voraussetzungen des § 16 IRG beantragt sie bei dem Oberlandesgericht die Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft (vgl. Muster Nr. 4). Für die Fahndung stehen ihr alle Mittel zu Gebote, die im deutschen Strafverfahren zulässig sind.

(2) Auch während der Fahndung ermittelt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, ob der Auslieferung Hindernisse entgegenstehen.

(3) Wird die verfolgte Person im Bezirk eines anderen Oberlandesgerichts ermittelt, gibt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht das Verfahren unmittelbar an die zuständige Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht ab.

Nr. 38
Mitteilung der vorläufigen Festnahme an die ausländische Behörde

Wird eine Person zur Vorbereitung der Auslieferung festgenommen, bevor ein Auslieferungsersuchen eingegangen ist, teilt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Zeit, den Ort und den Grund der Festnahme unverzüglich der zuständigen ausländischen Behörde mit, wenn sie nicht die Entlassung der festgenommenen Person verfügt. Erfolgt die Mitteilung nicht über das Bundeskriminalamt, verständigt sie auch dieses gemäß Nr. 6.

Nr. 39
Bericht über die vorläufige Auslieferungshaft und Festnahme

(1) In den Fällen der §§ 16 und 19 IRG berichtet die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht ihrer vorgesetzten Behörde (vgl. Muster Nr. 5). Der Bericht kann entfallen, wenn sich die verfolgte Person mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hat und alsbald nach Nr. 50 Abs. 2 berichtet werden kann.

(2) Ist die verfolgte Person nicht aufgrund eines durch die oberste Justizbehörde übermittelten ausländischen Ersuchens festgenommen worden, sind in dem Bericht möglichst genaue Angaben über die Person zu machen; auch ist mitzuteilen, welchen Inhalt das ausländische Ersuchen hat oder welche Umstände die Festnahme veranlasst haben.

(3) Im Fall einer vorläufigen Festnahme gibt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht in dem Bericht ferner an, ob die Mitteilung nach Nr. 38 gemacht worden ist und gegebenenfalls welche Antwort die ausländische Behörde erteilt hat.

Nr. 40
Amtsrichterliche Vernehmung eines nicht aufgrund eines Auslieferungshaftbefehls vorläufig Festgenommenen (§ 22 IRG)

(1) Das Amtsgericht führt die Vernehmung der vorläufig festgenommenen Person nach § 22 Abs. 2 IRG durch (vgl. zum Antrag Muster Nr. 6). Es ist für die Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen der vorläufigen Auslieferungshaft vorliegen, und für die Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft nicht zuständig (vgl. § 17 Abs. 1 IRG). Es darf die Freilassung der festgenommenen Person nur dann anordnen, wenn sich ergibt, dass diese nicht die Person ist, die von der ausländischen Behörde gesucht wird (§ 22 Abs. 3 IRG). Es widerspricht nicht dem Artikel 104 GG, dass die verfolgte Person bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts ohne Haftbefehl festgehalten wird.

(2) Die verfolgte Person ist über die Möglichkeit der vereinfachten Auslieferung nach § 22 Abs. 3 Satz 3, § 21 Abs. 6 IRG zu belehren. Sie soll dabei darauf hingewiesen werden, dass diese zu einer wesentlichen Verfahrensbeschleunigung führt (die Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts ist nicht erforderlich; darüber hinaus muss der Eingang der Auslieferungsunterlagen nicht abgewartet werden). Die verfolgte Person ist ferner darüber zu belehren, dass die vereinfachte Auslieferung mit Beachtung des Spezialitätsgrundsatzes (§ 41 Abs. 1 IRG) erfolgen kann, welche Rechtsfolgen damit verbunden sind, sowie dass ihr Einverständnis mit der vereinfachten Auslieferung und ihre Erklärung des Spezialitätsverzichts unwiderruflich sind. Die Belehrung muss jeweils vor der Äußerung der verfolgten Person erfolgen und auch so protokolliert werden.

(3) Ist die Auslieferung nur mit Zustimmung der verfolgten Person zulässig (§ 80 Abs. 3 IRG), so soll sie bei ihrer Belehrung auch auf die Möglichkeit, dass ein Vollstreckungshilfeersuchen auch ohne ihr Einverständnis bewilligt werden kann, hingewiesen werden.

(4) Wird die verfolgte Person nicht freigelassen, veranlasst das Amtsgericht nach Erlass der Festhalteanordnung die Überführung der verfolgten Person in die zuständige Untersuchungshaftanstalt. In dem Aufnahmeersuchen ist anzugeben, dass es sich um eine Festnahme nach §19 IRG handelt und die weitere Verfügung der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht zusteht. Das Amtsgericht übersendet die Vernehmungsniederschrift mit den übrigen Vorgängen unverzüglich und unmittelbar der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht. Hat sich die verfolgte Person mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt, teilt dies das Amtsgericht zusätzlich vorab der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht fernmündlich oder per Telefax mit. Diese führt unverzüglich die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Anordnung der Auslieferungshaft herbei, falls sie nicht die Freilassung der festgenommenen Person verfügt.

Nr. 41
Amtsrichterliche Vernehmung des aufgrund eines Auslieferungshaftbefehls Festgenommenen (§ 21 IRG)

Das Amtsgericht ordnet die Freilassung der festgenommenen Person nur dann an, wenn sich bei der Vernehmung ergibt, dass diese nicht die in dem Auslieferungshaftbefehl bezeichnete Person ist, der Auslieferungshaftbefehl aufgehoben ist oder der Vollzug des Auslieferungshaftbefehls ausgesetzt ist (§ 21 Abs. 3 IRG). Im Übrigen gilt Nr. 40 entsprechend.

Nr. 42
Haftfristen

Die vorläufige Auslieferungshaft darf zwei Monate bzw. – falls ein außereuropäischer Staat um die Festnahme ersucht hat – drei Monate nicht überschreiten (§ 16 Abs. 2 IRG). Ist die in einer völkerrechtlichen Übereinkunft für die vorläufige Auslieferungshaft vorgesehene Frist länger oder kürzer (vgl. Länderteil), ist diese Frist maßgebend.

Nr. 43
Erste Maßnahmen nach Eingang des AusIieferungsersuchens

Geht das Auslieferungsersuchen mit den Unterlagen ein, während sich die verfolgte Person in vorläufiger Auslieferungshaft befindet, erwirkt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht unverzüglich eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Fortdauer der Auslieferungshaft (§ 16 Abs. 3 IRG). Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung steht eine vorherige Vernehmung der verfolgten Person zum Ersuchen (§ 28 IRG) der Pflicht zur unverzüglichen Entscheidung nicht entgegen, wenn sie dem Ziel dient, die Entscheidung über die Fortdauer der Haft mit der Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung (§ 32 IRG) zu verbinden.

Nr. 44
Aufhebung des Auslieferungshaftbefehls (§ 16 Abs. 2, § 24 IRG)

Die Aufhebung des Auslieferungshaftbefehls ist insbesondere dann zu beantragen, wenn die ausländische Behörde das Festnahmeersuchen zurücknimmt oder – gegebenenfalls auf Anfrage – erklärt, dass um die Inhaftnahme oder Auslieferung nicht ersucht wird.

Nr. 45
Berücksichtigung deutscher Strafansprüche

(1) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht stellt fest, ob gegen die verfolgte Person im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland ein Strafverfahren anhängig oder eine Freiheitsstrafe oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist. Gegebenenfalls setzt sie sich möglichst bald mit der zuständigen Strafverfolgungs- oder Strafvollstreckungsbehörde in Verbindung, um die Frage der Anwendung der §§ 154b, 456a StPO zu klären.

(2) Der Gang des Auslieferungsverfahrens wird durch einen deutschen Strafanspruch nicht gehemmt. Der Vollzug der Auslieferung kann jedoch aufgeschoben werden.

Nr. 46
Verhältnis zwischen Auslieferung und Ausweisungsverfahren

Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf die gesuchte Person bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 IRG für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden (§ 60 Abs. 4 AufenthG). Der obersten Justizbehörde ist vorab zu berichten. Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht teilt der Ausländerbehörde die Einleitung eines Auslieferungsverfahrens mit (§ 87 Abs. 4 AufenthG).

Nr. 47
Asylverfahren

(1) Die Entscheidung über einen Asylantrag hat für das Auslieferungsverfahren keine bindende Wirkung (§ 4 AsylVfG). Es besteht daher in der Regel kein Anlass, mit dem Auslieferungsverfahren bis zur Erledigung des Asylverfahrens innezuhalten. Im Auslieferungsverfahren ist die Frage der politischen Verfolgung und ihrer Auswirkung auf das Asylverfahren eigenständig zu beurteilen.

(2) Hat die verfolgte Person einen Asylantrag gestellt, unterrichtet die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemäß § 8 AsylVfG . Sie bittet das Bundesamt ferner um Übermittlung der Tatsachen oder Beweismittel, die für die Frage einer politischen Verfolgung (§ 6 Abs. 2 IRG) erheblich sein können.

(3) Für in anderen Staaten anerkannte Flüchtlinge gilt Absatz 1 entsprechend.

Nr. 48
Einbürgerungsverfahren

(1) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht teilt der Einbürgerungsbehörde unverzüglich mit, dass ein Ersuchen um Auslieferung der verfolgten Person gestellt worden ist, wenn

a)
bekannt geworden ist, dass die verfolgte Person ihre Einbürgerung betreibt,
b)
eine Auslieferungsverpflichtung besteht, deren Erfüllung durch die Einbürgerung unmöglich gemacht würde, oder
c)
ein Einbürgerungsverfahren gemäß einer völkerrechtlichen Übereinkunft bis zur Entscheidung über ein Auslieferungsverfahren auszusetzen ist.

Die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegende Straftat ist stichwortartig zu beschreiben.

(2) Die Tatsache, dass die verfolgte Person ihre Einbürgerung betreibt, rechtfertigt es grundsätzlich nicht, das Auslieferungsverfahren auszusetzen. Ausnahmsweise kann die Aussetzung angebracht sein, wenn die verfolgte Person einen Anspruch auf Einbürgerung geltend macht.

Nr. 49
Herbeiführung gerichtlicher Entscheidungen nach § 29 Abs. 2, § 42 IRG, Berichtspflichten

(1) Hat sich die verfolgte Person zu Protokoll des Amtsgerichtes mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt und beabsichtigt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht wegen besonderer Umstände dennoch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung (§ 29 Abs. 2 IRG) herbeizuführen, berichtet sie ihrer vorgesetzten Behörde und wartet deren Äußerung ab.

(2) Im Falle des § 42 Abs. 1 IRG leitet die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht ihre Vorgänge mit einer Stellungnahme unmittelbar dem Generalbundesanwalt zu und berichtet gleichzeitig ihrer vorgesetzten Behörde.

(3) Vor Stellung eines Antrags nach § 42 Abs. 1 IRG berichtet der Generalbundesanwalt bzw. die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht der vorgesetzten Behörde und wartet deren Äußerung ab.

Nr. 50
Bericht nach Abschluss des Zulässigkeitsverfahrens oder bei vereinfachter Auslieferung

(1) Hat das Oberlandesgericht die Auslieferung für zulässig erklärt, berichtet die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht ihrer vorgesetzten Behörde und fügt die Vorgänge sowie Mehrfertigungen der gerichtlichen Entscheidungen bei. Der Bericht (vgl. Muster Nr. 7) hat alle Umstände zu enthalten, die für die Bewilligung und Durchführung der Auslieferung von Bedeutung sein können. Insbesondere soll er sich aussprechen über

a)
den Übergabeort,
b)
den Beginn und die Dauer der Auslieferungshaft

und erforderlichenfalls auch über

c)
Bedenken gegen die Bewilligung der Auslieferung,
d)
die Anwendung der §§ 154b, 456a StPO (vgl. Nr. 45) und
e)
die Notwendigkeit besonderer Sicherungsmaßnahmen.

(2) Die Bewilligungsbehörde entscheidet über Mitteilungen an den ersuchenden Staat zur Zulässigkeitsentscheidung.

(3) Hat sich die verfolgte Person zu Protokoll eines Amtsgerichts mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt und ist eine Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts nicht herbeigeführt worden, unterrichtet die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Bewilligungsbehörde gemäß Absatz 1 Satz 3 unverzüglich und unmittelbar und fügt eine Mehrfertigung der richterlichen Vernehmungsniederschrift bei (vgl. Muster Nr. 8). Sind die Auslieferungsunterlagen noch nicht eingegangen, sind auch die Vorgänge zu übersenden. Die oberste Justizbehörde ist gleichzeitig zu unterrichten, falls sie nicht selbst Bewilligungsbehörde ist.

Nr. 51
Herausgabe von Gegenständen (§§ 38, 39 IRG)

(1) Sind im Zusammenhang mit einer Auslieferung Gegenstände herauszugeben, prüft die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, ob die Herausgabe zulässig ist. Bestehen keine Bedenken gegen die Herausgabe, sorgt sie dafür, dass die Gegenstände sichergestellt oder beschlagnahmt werden und führt gegebenenfalls die Entscheidung des zuständigen Gerichts (§ 13 Abs. 1, § 39 Abs. 2 IRG) herbei.

(2) Wurden von der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht oder ihren Ermittlungspersonen bereits vor Eingang des Auslieferungsersuchens vorbereitende Maßnahmen getroffen (§ 39 Abs. 3 IRG), sind die Vorgänge unverzüglich mit einem Bericht der für das Auslieferungsverfahren zuständigen Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht vorzulegen.

(3) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht prüft, ob und welche Bedingungen bei der Bewilligung der Herausgabe gestellt werden sollen, insbesondere ob auf die Rückgabe der Gegenstände verzichtet werden kann. Sie überwacht gegebenenfalls die Rückgabe der Gegenstände.

(4) Beabsichtigt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, einen Antrag auf Entscheidung über die Zulässigkeit der Herausgabe zu stellen, berichtet sie ihrer vorgesetzten Behörde und wartet deren Äußerung ab.

(5) Das Ergebnis ihrer Prüfungen und der von ihr ergriffenen Maßnahmen nimmt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht in den Bericht nach Nr. 50 auf, sofern nicht eine vorherige Berichterstattung geboten erscheint.

Nr. 52
Durchführung der Auslieferung

(1) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht kann zur Durchführung der Auslieferung die Hilfe der Polizei in Anspruch nehmen (vgl. Muster Nr. 9). Sie veranlasst die Übergabe der Gegenstände, die im Zusammenhang mit der Auslieferung herausgegeben werden sollen und sorgt dafür, dass die bei den Akten befindlichen persönlichen Papiere der verfolgten Person und deren persönliche Habe mitgegeben werden. Bezüglich der zoll- und außenwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen wird auf Nr. 4 des Anhangs I hingewiesen. Soweit Ausfuhrverbote oder -beschränkungen der Durchführung der Herausgabe entgegenstehen könnten, setzt sich die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht rechtzeitig mit den zuständigen Stellen in Verbindung.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht benachrichtigt die deutsche Übergabebehörde möglichst frühzeitig, wann und wo die Übergabe voraussichtlich erfolgen soll. Die Übergabebehörde hat ihrerseits im Fall der Landüberstellung die ausländische Übernahmebehörde unverzüglich zu verständigen. Bei Luftüberstellung schlägt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht der zuständigen ausländischen Justizbehörde unmittelbar oder über das Bundeskriminalamt Zeit und Ort der Übergabe vor.

(3) Eine Zusammenstellung der in Betracht kommenden Übergabe- und Übernahmebehörden, Grenzorte und Justizvollzugsanstalten enthält Kapitel C, Erster Teil.

Nr. 53
Begleitpapiere für die Durchführung der Auslieferung

Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht stellt für die verfolgte Person einen besonderen Ausweis (vgl. Muster Nr. 9) aus und gibt ihn dem Begleitbeamten mit. Den Begleitpapieren wird ferner eine vorbereitete Bestätigung über die vollzogene Auslieferung (vgl. Muster Nr. 9) mit ausgefüllter Anschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht beigefügt.

Nr. 54
Nachträgliche Einwendungen

Erhebt die verfolgte Person vor ihrer Übergabe Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Auslieferung, sind diese unverzüglich und unmittelbar der die Auslieferung durchführenden Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht bekanntzugeben. Die verfolgte Person darf der ausländischen Behörde erst aufgrund einer neuen Weisung der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht übergeben werden.

Nr. 55
Nachricht von dem Abschluss des Auslieferungsverfahrens

(1) Die Übergabebehörde benachrichtigt die für die Durchführung der Auslieferung zuständige Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, sobald die verfolgte Person der ausländischen Übernahmebehörde übergeben worden ist. Hierzu wird die den Begleitpapieren für die Durchführung der Auslieferung beigefügte vorbereitete Bestätigung (vgl. Nr. 53) verwendet.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht berichtet ihrer vorgesetzten Behörde, an welchem Ort, an welchem Tag und wem die verfolgte Person übergeben worden ist. Ferner teilt sie mit, welche Zeit sich die verfolgte Person allein wegen des Auslieferungsverfahrens in Haft befunden hat. Sie nimmt die im Zusammenhang mit der Auslieferung eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen zurück. Ein Antrag auf Aufhebung des Auslieferungshaftbefehls ist entbehrlich.

(3) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht teilt außerdem jede vollzogene Auslieferung gemäß Nr. 6 dem Bundeskriminalamt (vgl. Muster Nr. 10), soweit dies nicht bereits durch die Übergabebehörde geschehen ist, und bei Ausländern im Sinne des § 2 Abs. 1 AufenthG dem Bundesverwaltungsamt – Ausländerzentralregister – in Köln mit.

(4) In Fällen, in denen eine Auslieferung abgelehnt worden ist oder aus sonstigen Gründen nicht durchgeführt wird, unterrichtet die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht gemäß Nr. 6 das Bundeskriminalamt über den Abschluss des Auslieferungsverfahrens.

Nr. 56
Nachtragsersuchen

Ersucht eine ausländische Behörde nach Überstellung der verfolgten Person um Zustimmung zur Verfolgung oder Vollstreckung wegen einer Tat, für welche die Auslieferung nicht bewilligt worden ist, oder zur Weiterlieferung (vgl. §§ 35, 36 IRG), gelten die Richtlinien für eingehende Ersuchen um Auslieferung entsprechend.

2. Unterabschnitt
Ersuchen um vorübergehende Auslieferung

Nr. 57
Vorübergehende Auslieferung (§ 37 IRG)

Ein Ersuchen um vorübergehende Auslieferung wird von den Behörden bearbeitet, die für das Ersuchen um endgültige Auslieferung zuständig sind. Für das Verfahren gelten die Nrn. 50 und 52 bis 55 mit den sich aus den nachfolgenden Bestimmungen ergebenden Abweichungen.

Nr. 58
Bedingungen

Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht führt die Einwilligung der deutschen Behörde, die die Verfolgung oder Vollstreckung betreibt, herbei und prüft, ob und welche Bedingungen bei der Bewilligung der vorübergehenden Auslieferung gestellt werden sollen (z. B. Beschränkung auf bestimmte Verfolgungsmaßnahmen, spätester Zeitpunkt der Rücklieferung).

Nr. 59
Verzicht auf die Rücklieferung

Fallen die Gründe, die einer endgültigen Auslieferung entgegenstehen, vor der Rücklieferung der verfolgten Person weg, unterrichtet die zuständige Justizbehörde unverzüglich die für die Auslieferung zuständige Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht. Diese berichtet unverzüglich ihrer vorgesetzten Behörde.

3. Unterabschnitt
Ersuchen um Durchlieferung

Nr. 60
Durchlieferung (§§ 43 ff., 83f IRG) und unvorhergesehene Zwischenlandung (§ 47 IRG)

(1) Soll eine verfolgte Person durch den Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland durchgeliefert werden, gelten die Nrn. 44, 47, 50 und 52 bis 56 mit den sich aus den nachfolgenden Bestimmungen ergebenden Abweichungen entsprechend (vgl. auch Muster Nrn. 10, 11).

(2) Ist die Ankündigung nach § 47 Abs. 1 IRG unterblieben, findet im Fall der unvorhergesehenen Zwischenlandung ein Auslieferungsverfahren statt.

Nr. 61
Deutsche Strafansprüche

Hat die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht festgestellt, dass gegen die verfolgte Person im Inland ein Strafverfahren anhängig oder eine Freiheitsstrafe oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu vollstrecken ist, benachrichtigt sie die Verfolgungs- oder Vollstreckungsbehörde von dem Durchlieferungsersuchen, damit diese prüfen kann, ob die Anregung oder Stellung eines Auslieferungs-, Strafverfolgungs- oder Strafvollstreckungsersuchens veranlasst ist. Kommt ein solches Ersuchen in Betracht, berichtet die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht unverzüglich ihrer vorgesetzten Behörde.

Nr. 62
Übernahme der verfolgten Person

(1) Die verfolgte Person darf von den deutschen Behörden zur Durchlieferung nur übernommen werden, wenn die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Übernahme angeordnet hat.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht ordnet die Übernahme erst an, wenn die Durchlieferung bewilligt ist und, falls die verfolgte Person nach Durchlieferung durch den Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland noch durch einen angrenzenden Staat durchgeliefert werden soll, dieser zur Übernahme der verfolgten Person bereit ist.

Nr. 63
Durchführung der Durchlieferung

Die deutsche Übernahmebehörde benachrichtigt die für die Durchlieferung zuständige Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, sobald sie die verfolgte Person übernommen hat. Gegenstände, die im Zusammenhang mit einer Durchlieferung durch den Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland geschafft werden sollen, sind möglichst gleichzeitig mit der verfolgten Person zu übernehmen und zu übergeben. Bezüglich der zoll- und außenwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen wird auf Nr. 6 des Anhangs I hingewiesen. Soweit der Ein- oder Ausfuhr Verbote oder Beschränkungen entgegenstehen könnten, setzt sich die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht rechtzeitig mit den zuständigen Stellen in Verbindung.

4. Unterabschnitt
Ersuchen um Weiterlieferung

Nr. 63a
Durchführung der Weiterlieferung

(1) Ist eine verfolgte Person nach Deutschland eingeliefert worden und ersucht ein Drittstaat um deren Aus- bzw. Weiterlieferung, prüft die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, ob die Zustimmung des ursprünglich ausliefernden Staates zur Weiterlieferung erforderlich ist. Ist dessen Zustimmung erforderlich, teilt dies die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht der ersuchenden ausländischen Behörde auf dem dafür vorgesehenen Geschäftsweg unverzüglich mit. Hat ein Mitgliedstaat der Europäischen Union um die Aus- bzw. Weiterlieferung der verfolgten Person ersucht, ergreift die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht zugleich die erforderlichen Maßnahmen, um die Zustimmung des Staates, aus dem die verfolgte Person eingeliefert wurde, einzuholen und unterrichtet hierüber die ersuchende Behörde des Mitgliedstaates. Die von der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht zu veranlassende Anhörung der verfolgten Person erfolgt vor der Unterrichtung der ausländischen Behörde nach Satz 2. Nr. 40 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Ist eine verfolgte Person aus Deutschland ausgeliefert worden und liegt ein Ersuchen um Weiterlieferung an einen Drittstaat vor, prüft die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, ob sich die verfolgte Person mit der vereinfachten Auslieferung unter Verzicht auf den Spezialitätsgrundsatz des § 11 IRG einverstanden erklärt hatte, oder die verfolgte Person nachträglich ihrer Weiterlieferung zugestimmt hat (§ 36 Abs. 1 IRG) oder eine Zustimmung entbehrlich ist. Falls erforderlich, führt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Weiterlieferung herbei (§ 36 IRG). Die Vorschriften des ersten Unterabschnitts gelten entsprechend. Wird von einem Drittstaat um Auslieferung ersucht, nachdem die verfolgte Person bereits an den ursprünglich ersuchenden Staat überstellt wurde, ist der Drittstaat zunächst nur auf diesen Sachverhalt hinzuweisen.

5. Unterabschnitt
Ersuchen um Rechtshilfe durch Vollstreckung (Vollstreckungshilfe)

Nr. 64
Vorbereitendes Verfahren

Das Verfahren nach §§ 50 ff. IRG beginnt erst mit dem Eingang eines förmlichen Ersuchens um Vollstreckungshilfe bei der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht. Wird durch eine verurteilte Person oder in deren Auftrag bei einer deutschen Behörde Vollstreckungshilfe angeregt und kann diese nach § 48 IRG in Betracht kommen, ist der Vorgang der obersten Justizbehörde vorzulegen. Wenn aus besonderen, insbesondere humanitären Gründen die Vollstreckung einer im Ausland verhängten Sanktion in Deutschland angezeigt erscheint, ist der obersten Justizbehörde zu berichten.

Nr. 65
Haft zur Sicherung der Vollstreckung (§ 58 IRG)

(1) Eine vorläufige Festnahme sowie die Anordnung der Haft kommen nur unter den Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 IRG in Betracht.

2) Über jede Verhaftung aufgrund einer Anordnung nach § 58 IRG berichtet die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht der obersten Justizbehörde.

(3) Zeichnet sich bei einem Ersuchen um Auslieferung zur Vollstreckung nach dem Achten Teil des IRG ab, dass die Zulässigkeit der Auslieferung an der fehlenden Zustimmung der verfolgten Person scheitern kann (§§ 80 Abs. 3, 83b Abs. 2 IRG), fragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht unverzüglich auf dem unmittelbaren Geschäftsweg, gegebenenfalls telefonisch, bei der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates an, ob ein Ersuchen um Vollstreckungshilfe und ein Antrag auf Verhängung der Haft zur Sicherung der Vollstreckung gestellt wird. Wird ein Ersuchen um Inhaftnahme gestellt, wirkt sie auf die weiteren Maßnahmen nach § 58 IRG unter Hinweis auf die Eilbedürftigkeit bei der zuständigen Staatsanwaltschaft hin.

Nr. 66
Anhörung der verurteilten Person

(1) Befindet sich die verurteilte Person im Ausland und bestehen Zweifel, ob sie sich mit der Vollstreckung einverstanden erklärt hat (§ 49 Abs. 2 IRG) oder ob ihr in ausreichendem Umfang rechtliches Gehör (§ 52 Abs. 3 IRG) gewährt worden ist, berichtet die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht der obersten Justizbehörde.

(2) Befindet sich die verurteilte Person im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland, gibt die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht ihr Gelegenheit, sich zu dem Ersuchen und dem ihm zugrunde liegenden Erkenntnis zu äußern (§ 52 Abs. 3 IRG; vgl. Muster Nr. 12).

Nr. 67
Vorbereitung der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer

Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht stellt fest, ob gegen die verurteilte Person wegen der dem ausländischen Erkenntnis zugrunde liegenden Tat ein deutsches Verfahren durch eine Entscheidung der in § 49 Abs. 1 Nr. 5, § 9 Nr. 1 IRG bezeichneten Art abgeschlossen worden ist. Ergibt sich dabei, dass ein solches Verfahren noch anhängig ist, regt sie bei der zuständigen Verfolgungsbehörde die Prüfung an, ob eine Entscheidung im Sinne des § 9 Nr. 1 IRG bis zur Entscheidung über die Vollstreckungshilfe (§ 56 IRG) zurückgestellt werden kann, damit – insbesondere aus humanitären Gesichtspunkten – die Vollstreckung übernommen werden kann.

Nr. 68
Herbeiführung der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer (§§ 50, 54, 55 IRG, §§ 78a, b GVG)

Nach Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen stellt die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht bei der Strafvollstreckungskammer den Antrag, über die Vollstreckbarkeit des ausländischen Erkenntnisses zu entscheiden. Der Antrag ist zu begründen (vgl. Muster Nr. 13).

Nr. 69
Bericht nach Entscheidung der Strafvollstreckungskammer (§ 55 IRG)

(1) Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht berichtet der obersten Justizbehörde, wenn die verurteilte Person gegen die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer sofortige Beschwerde eingelegt hat oder die Strafvollstreckungskammer in ihrer Entscheidung von dem Antrag der Staatsanwaltschaft abgewichen ist. Im letzteren Fall legt sie den Bericht innerhalb der Beschwerdefrist vor, wenn sie keine sofortige Beschwerde beabsichtigt.

(2) Soweit die Strafvollstreckungskammer das ausländische Erkenntnis rechtskräftig für vollstreckbar erklärt hat, berichtet die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht der obersten Justizbehörde. Der Bericht (vgl. Muster Nr. 14) soll alle Umstände enthalten, die bei der Bewilligung und Durchführung der Vollstreckungshilfe von Bedeutung sein können. Befindet sich die verurteilte Person im Ausland, gelten Nr. 91 Abs. 1 Buchst. d bis g entsprechend. In dem Bericht ist auch die Dauer einer Haft nach § 58 IRG anzugeben. Dem Bericht sind die Vorgänge und Mehrfertigungen gerichtlicher Entscheidungen beizufügen.

(3) Das Bundeskriminalamt und das Landeskriminalamt sind gemäß Nr. 6 über den für sie wesentlichen Inhalt des Berichts nach Absatz 2 zu unterrichten, wenn sich die verurteilte Person im Ausland in Haft befindet.

Nr. 70
Herbeiführung der Entscheidung des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs (§ 55 Abs. 2 IRG)

(1) Haben die verurteilte Person oder die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht gegen die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer sofortige Beschwerde eingelegt, führt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht eine Entscheidung des Oberlandesgerichts herbei.

(2) Hält das Oberlandesgericht, die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht oder der Generalbundesanwalt eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs für geboten, gelten Nr. 49 Abs. 2 und 3 entsprechend.

(3) Soweit das Oberlandesgericht das ausländische Erkenntnis nicht für vollstreckbar erklärt hat, berichtet die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht der obersten Justizbehörde über die Entscheidung.

(4) Soweit das Oberlandesgericht das ausländische Erkenntnis für vollstreckbar erklärt hat, verfährt die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht nach Nr. 69 Abs. 2.

Nr. 71
Mitteilung an das Bundeszentralregister (§§ 55 Abs. 3, 56 Abs. 2 IRG)

Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht teilt die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über die Vollstreckbarkeit sowie die Entscheidung über die Bewilligung der Rechtshilfe dem Bundesamt für Justiz – Bundeszentralregister -, Adenauerallee 99 – 103, 53113 Bonn durch Übersendung einer beglaubigten Mehrfertigung mit (vgl. Muster Nr. 15).

Nr. 72
Übernahme der verurteilten Person

Befindet sich die verurteilte Person im Ausland in Haft, gelten bei ihrer Übernahme Nrn. 97 bis 99 entsprechend.

Nr. 73
Beachtung ausländischer Bedingungen

Bedingungen, die der ersuchende Staat an das Ersuchen geknüpft hat und die sich auf den Umfang der Vollstreckung beziehen, sind bei Durchführung der Vollstreckungshilfe zu beachten. Ist dem ersuchenden Staat die Einhaltung der Spezialität zugesichert worden, gelten Nrn. 100, 101 entsprechend.

Nr. 74
Wegfall der Vollstreckungsvoraussetzungen (§ 57 Abs. 6 IRG)

Erlangt die Vollstreckungsbehörde auf einem nicht vorgesehenen Dienst- oder Geschäftsweg von Umständen Kenntnis, durch die die Voraussetzungen für die Vollstreckung entfallen sein könnten, berichtet sie unverzüglich der obersten Justizbehörde. Sie sieht von der weiteren Vollstreckung erst ab, wenn ihr eine Mitteilung einer zuständigen Stelle des ersuchenden Staates über den Wegfall der Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegt.

Nr. 74a
Abschluss oder Unterbrechung der Vollstreckung

Die Vollstreckungsbehörde berichtet der obersten Justizbehörde, wenn

a)
die Vollstreckung der ausländischen Sanktionen abgeschlossen ist,
b)
die verurteilte Person vor Abschluss der Vollstreckung aus der Haft entflohen ist,
c)
sonstige für die Vollstreckung maßgebliche Umstände (z. B. bedingte Entlassung, Unterbrechung der Vollstreckung) eingetreten sind,
d)
eine Geldstrafe oder Geldbuße ganz oder teilweise nicht vollstreckt werden kann oder
e)
eine Anordnung des Verfalls oder der Einziehung nicht vollstreckt werden kann.

6. Unterabschnitt
Ersuchen um sonstige Rechtshilfe

Nr. 75
Durchsuchung und Beschlagnahme (§ 67 IRG)

Wird um Durchsuchung oder Beschlagnahme ersucht, erwirkt die hierfür zuständige Staatsanwaltschaft die notwendigen richterlichen Anordnungen und sorgt sodann für die Durchführung der erbetenen Maßnahmen.

Nr. 76
Herausgabe (§ 66 IRG)

(1) Wird um Herausgabe von Gegenständen ersucht, veranlasst die zuständige Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht, dass die Gegenstände sichergestellt oder beschlagnahmt werden (vgl. Nr. 75). Sie prüft, ob und welche Bedingungen bei der Bewilligung der Herausgabe gestellt werden sollen, insbesondere, ob auf die Rückgabe der Gegenstände verzichtet werden kann. Sie überwacht gegebenenfalls die Rückgabe der Gegenstände.

(2) Ist die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht nicht selbst Bewilligungsbehörde, berichtet sie sodann über das Ergebnis ihrer Prüfungen und die von ihr ergriffenen Maßnahmen der Bewilligungsbehörde und wartet deren Entscheidung ab.

(3) Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht führt die bewilligte Herausgabe entsprechend Nr. 52 Abs. 1 durch.

Nr. 77
Vernehmung

(1) Ersuchen um Vernehmung von Beschuldigten, Zeugen und Sachverständigen sind durch Gerichte zu erledigen, soweit dies dem Ersuchen zu entnehmen ist.

(2) Ersuchen, die auf die Durchführung einer Vernehmung per Video-/Telefonkonferenz gerichtet sind, können sowohl vertraglos (§ 59 Abs. 1 IRG) als auch auf der Grundlage einer völkerrechtlichen Vereinbarung nach § 1 Abs. 3 IRG erledigt werden. Zulässig ist die Video/Telefonkonferenz gemäß § 77 IRG nach Maßgabe der Bestimmungen der StPO (vgl. §§ 48 ff., 58a, 168e, 247a, 239 ff.). Soweit sich aus einer völkerrechtlichen Vereinbarung nicht etwas anderes ergibt, gelten die folgenden Regeln:

a)
es muss das Einverständnis der zu vernehmenden Person vorliegen,
b)
die Sachleitung liegt bei den deutschen Justizbehörden,
c)
über die Vernehmung ist ein Protokoll, das zumindest den Gang und die Ergebnisse der Vernehmung wiedergibt und die wesentlichen Förmlichkeiten ersichtlich macht, aufzunehmen,
d)
etwaige Kosten für Herstellung und Betrieb der Verbindung sowie Dolmetscher und Sachverständige trägt der ersuchende Staat,
e)
die technischen Vorrichtungen werden gemäß Absprache der beteiligten Behörden zur Verfügung gestellt.
Nr. 77a
Überwachung des Telekommunikationsverkehrs

(1) Ersuchen, die auf die Durchführung einer Überwachung des Telekommunikationsverkehrs gerichtet sind, können sowohl vertraglos (§ 59 Abs. 1 IRG) als auch auf der Grundlage einer völkerrechtlichen Vereinbarung nach § 1 Abs. 3 IRG erledigt werden. Zulässig ist die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs gemäß § 77 IRG nach Maßgabe der Bestimmungen der StPO (§§ 100a, 100b, 101). Soweit sich aus einer Vereinbarung nicht etwas anderes ergibt oder die Stellung von Bedingungen bei Übermittlung von Erledigungsstücken nicht ausreicht, muss die ausländische Behörde zusichern, dass

a)
die Voraussetzungen der Telefonüberwachung vorlägen, wenn diese im ersuchenden Staat durchgeführt werden müsste,
b)
die gewonnenen Erkenntnisse nur zur Aufklärung der in dem Ersuchen genannten Straftat(en) verwendet werden und
c)
die Überwachungsprotokolle vernichtet werden, sobald sie zur Strafverfolgung nicht mehr erforderlich sind.

Die Bewilligungsbehörde kann darüber hinaus die Zusicherung fordern, dass

d)
die Gegenseitigkeit verbürgt ist und
e)
der ersuchende Staat die Kosten der Maßnahme trägt.

Der ersuchende Staat ist darauf hinzuweisen, dass die deutsche Staatsanwaltschaft gemäß § 101 StPO die Beteiligten von der Maßnahme zu unterrichten hat, sobald diese beendet ist und die Benachrichtigung ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks, der öffentlichen Sicherheit und von Leib und Leben einer Person möglich ist. Der ersuchende Staat ist darauf hinzuweisen, dass nach Ablauf einer zu bestimmenden Frist davon ausgegangen wird, dass eine Benachrichtigung erfolgen kann, falls nicht entgegenstehende Tatsachen vor Fristablauf mitgeteilt werden.

(2) Über die Erkenntnisse aus einer in einem deutschen Ermittlungsverfahren durchgeführten Telekommunikationsüberwachung kann unter den Voraussetzungen des § 59 IRG zusammenfassend Auskunft erteilt werden, wenn die Auskünfte wegen derselben Tat oder einer anderen, in § 100a StPO bezeichneten Straftat, erbeten werden (§§ 77 IRG , 477 Abs. 2 Satz 2 StPO).

Kopien der Protokolle der Telekommunikationsüberwachung, umfassende Vermerke über den Gesprächsinhalt oder der Aufzeichnungsbänder dürfen entsprechend den Voraussetzungen des Absatzes 1 herausgegeben werden, wenn die Auskünfte wegen derselben Tat oder einer anderen, in § 100a StPO bezeichneten Straftat, erbeten werden (§§ 77 IRG , 477 Abs.2 Satz 2 StPO).

(3) Auskünfte über Telekommunikationsverbindungen (§§ 100g, h StPO) können unter den Voraussetzungen des § 66 IRG herausgegeben werden. Im Hinblick auf die sich aus § 101 StPO ergebende Benachrichtigungspflicht gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Wird eine zuständige Behörde gemäß Artikel 20 Abs. 2 und 3 des Übereinkommens vom 29. Mai 2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-RhÜbk 2000) darüber unterrichtet, dass der ersuchende Staat Telekommunikationsverkehr einer Zielperson im Hoheitsgebiet Deutschlands überwacht, so beantragt sie unverzüglich beim Gericht festzustellen, dass die Voraussetzungen für eine Überwachung der Telekommunikation nach §§ 100a, 100b StPO vorliegen. Sollte über den Antrag nicht innerhalb der Frist von 96 Stunden entschieden werden, so verlangt sie eine Fristverlängerung gemäß Artikel 20 Absatz 4a iv EU-RhÜbk 2000.

Nr. 78
Zustellung

(1) Zustellungsersuchen sind gemäß § 77 Abs. 1 IRG , § 37 Abs. 1 StPO nach den einschlägigen Vorschriften der Zivilprozessordnung ( ZPO) über die Inlandszustellung zu erledigen.

(2) Aufgrund der Zustellungsurkunde ist ein Zustellungszeugnis auszustellen (vgl. Muster Nrn. 16, 16a).

(3) Soweit völkerrechtliche Übereinkünfte (vgl. Länderteil) die einfache Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks an den Empfänger zulassen, ist ein datiertes, vom Zustellungsempfänger zu unterschreibendes Empfangsbekenntnis aufzunehmen (vgl. Muster Nr. 17).

(4) Von der ersuchenden Behörde übersandte Vordrucke können verwendet werden, soweit sie jedenfalls auch in deutscher Sprache abgefasst sind und keine zusätzlichen Vermerke enthalten.

(5) Ist ein zuzustellendes Schriftstück in fremder Sprache abgefasst und befindet sich eine Übersetzung bei den Akten, ist eine Mehrfertigung dieser Übersetzung dem Schriftstück bei der Zustellung beizufügen.

(6) Wird um Zustellung einer Ladung an einen Zeugen oder Sachverständigen ersucht, ist der Zustellungsadressat auf ausdrückliches Verlangen der ersuchenden Behörde aufzufordern, der Ladung Folge zu leisten. Die Antwort des Zustellungsadressaten ist der ersuchenden Behörde bei der Übersendung des Zustellungsnachweises bekanntzugeben.

(7) In einem zuzustellenden Schriftstück angedrohte Zwangsmaßnahmen können im Hoheitsbereich der Bundesrepublik Deutschland nicht vollstreckt werden. Hierauf ist der Zustellungsadressat hinzuweisen. In den Zustellungsnachweis ist ein entsprechender Vermerk aufzunehmen.

(8) Ist ein Zustellungsersuchen abgelehnt worden, so ist – soweit nicht besondere Gründe dem entgegenstehen – der Zustellungsadressat hiervon unter Übersendung einer Mehrfertigung der Schriftstücke, um deren Zustellung ersucht worden war, formlos zu unterrichten.

Nr. 79
Gewährung eines Reisekostenvorschusses

(1) Einer als Zeuge oder Sachverständige geladenen Person, der eine Ladung zum Erscheinen vor einer ausländischen Behörde zugestellt worden ist, darf ein Reisekostenvorschuss nur gezahlt werden, wenn der ausländische Staat verpflichtet ist, den Vorschuss zu erstatten.

(2) Über die Bewilligung des Vorschusses entscheidet die Behörde, die die Rechtshilfe bewilligt hat. Sie teilt der für die Auszahlungsanordnung zuständigen Stelle ihre Entscheidung und den Rechtsgrund mit, auf dem die Zahlung des Vorschusses und die Erstattungspflicht des ausländischen Staates beruht.

(3) § 3 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes ( JVEG) gilt entsprechend. Für die Anweisung und Zahlung des Vorschusses gelten die allgemeinen Bestimmungen über Auslagen in Rechtssachen.

(4) Wird ein Vorschuss gewährt, vermerkt die Stelle, welche die Auszahlungsanordnung erlässt, die Höhe des Vorschusses auf der Ladungsurkunde und benachrichtigt die ausländische Behörde davon. Die Benachrichtigung muss enthalten:

a)
Aktenzeichen und Datum des ausländischen Ersuchens,
b)
Tag und Ort des Termins,
c)
die Höhe des gezahlten Vorschusses,
d)
den Rechtsgrund der Erstattungspflicht des ausländischen Staates,
e)
die Bitte, den Vorschuss möglichst bald zu erstatten, und
f)
die Angabe der Zahlungsmöglichkeit mit Kontonummer und Aktenzeichen.

(5) Wird der Vorschuss von der ausländischen Behörde nicht innerhalb von sechs Monaten erstattet, ist diese an die Begleichung zu erinnern. Ist der Vorschuss trotz Mahnung innerhalb eines Jahres nicht erstattet worden, ist der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde zu berichten.

Nr. 80
Vorübergehende Überstellung von Personen in das Ausland für ein ausländisches Verfahren (§ 62 IRG)

(1) Soll eine in Haft befindliche oder untergebrachte Person als Zeuge zu einer Beweisaufnahme in das Ausland überstellt werden und erscheint die Rechtshilfe zulässig, veranlasst die zuständige Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht, dass die zu überstellende Person durch das nach § 157 Abs. 1 GVG zuständige Amtsgericht über die ihr zustehenden Rechte belehrt und befragt wird, ob sie mit der Überstellung einverstanden ist. Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht führt die Einwilligung der deutschen Verfolgungs- oder Vollstreckungsbehörde herbei (vgl. § 62 Abs. 1 Nr. 2 IRG). Ist sie nicht gleichzeitig Bewilligungsbehörde, berichtet sie unter Beifügung der Vorgänge ihrer vorgesetzten Behörde.

(2) Nach Bewilligung der Überstellung trifft die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung. Sie kann sich hierbei der Hilfe der Polizei bedienen. Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht überwacht die Einhaltung der gestellten Bedingungen und die rechtzeitige Rückführung der überstellten Person.

Nr. 81
Vorübergehende Überstellung von Personen aus dem Ausland für ein ausländisches Verfahren (§ 63 IRG)

Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht beantragt rechtzeitig den für den Freiheitsentzug während des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland erforderlichen Haftbefehl und führt nach dessen Erlass im Benehmen mit der ersuchten Behörde die Überstellung durch. Nr. 80 Abs. 2 gilt hierbei entsprechend.

Nr. 82
Durchbeförderung von Zeugen und Zeuginnen und Durchbeförderung zur Vollstreckung (§§ 64, 65 IRG)

Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht beantragt den erforderlichen Haftbefehl des Oberlandesgerichts (§ 44 Abs. 1 IRG) und trifft nach Bewilligung der Rechtshilfe die weiteren Maßnahmen. Für die Durchführung gelten die Richtlinien des 3. Unterabschnitts entsprechend.

Nr. 83
Übersendung von Akten

(1) Ersucht eine ausländische Behörde um Übersendung von Akten, ist zunächst zu prüfen, ob das Ersuchen durch eine Auskunft aus den Akten oder durch die Übersendung von beglaubigten Mehrfertigungen aus den Akten erledigt werden kann.

(2) Kann das Ersuchen sachgemäß nur durch Übersendung der Originalakten erledigt werden, ist es mit den Akten der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde zur Entscheidung vorzulegen. Die Vorlagepflicht entfällt, sofern es sich um Ersuchen aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, aus Island, Liechtenstein, Norwegen oder der Schweiz handelt.

Nr. 84
Auskunft aus dem Bundeszentralregister

(1) Ersuchen, die allein durch eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister erledigt werden können, sind unmittelbar an das Bundesamt für Justiz – Bundeszentralregister – abzugeben.

(2) Bei Ersuchen, mit denen neben einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister auch andere Rechtshilfehandlungen (Vernehmungen, Zustellungen usw.) erbeten werden, ist eine Mehrfertigung des Ersuchens unmittelbar dem Bundesamt für Justiz – Bundeszentralregister – zu übersenden. Dieses übermittelt die Registerauskunft der ersuchten Behörde zur Weiterleitung oder teilt ihr etwaige Hinderungsgründe mit.

3. Abschnitt
Besondere Richtlinien für ausgehende Ersuchen

1. Unterabschnitt
Internationale Fahndung

Nr. 85
Internationale Fahndung

Für die internationale Fahndung gelten die hierfür erlassenen Richtlinien (vgl. Nrn. 39 ff. RiStBV und deren Anlage F).

2. Unterabschnitt
Ersuchen um Auslieferung

Nr. 86
Vorläufige Inhaftnahme, polizeiliche Festnahme

(1) Liegt gegen die verfolgte Person ein Haftbefehl oder ein vollstreckbares Straferkenntnis vor und hat die zuständige deutsche Behörde konkrete Anhaltspunkte über den Aufenthaltsort der verfolgten Person im Ausland, ist die zuständige ausländische Behörde um Verhängung oder Aufrechterhaltung der vorläufigen Auslieferungshaft zu ersuchen, wenn beabsichtigt ist, ein Auslieferungsersuchen anzuregen, und die Inhaftnahme zur Sicherung der späteren Auslieferung zweckmäßig und nach dem Recht des ausländischen Staates nicht von vornherein unzulässig erscheint (vgl. Länderteil).

(2) Ist ein Haftbefehl noch nicht erlassen, kann in dringenden Fällen die polizeiliche Festnahme im Ausland angeregt werden. Gleichzeitig muss der Haftbefehl beantragt und nach seinem Erlass unverzüglich das Ersuchen um vorläufige Inhaftnahme gestellt werden.

(3) Das Ersuchen muss neben den allgemeinen Angaben (vgl. Nr. 29 Abs. 1) den Hinweis enthalten, dass ein Haftbefehl oder ein vollstreckbares Straferkenntnis vorliegt. Ferner ist in das Ersuchen eine kurze Darstellung der Straftat unter Angabe des Tatortes und der Tatzeit sowie die Erklärung aufzunehmen, dass die Auslieferung auf dem dafür vorgesehenen Weg unverzüglich angeregt werden wird (vgl. Muster Nr. 18).

(4) Das Ersuchen ist in der Regel per Telefax gemäß Nr. 6 über das Bundeskriminalamt zu stellen; die zuständige deutsche Auslandsvertretung ist gegebenenfalls unmittelbar zu benachrichtigen. Ist für das Ersuchen um vorläufige Inhaftnahme der diplomatische Geschäftsweg vorgeschrieben (vgl. Länderteil), wird es unverzüglich und unmittelbar an die deutsche Auslandsvertretung gerichtet; das Bundeskriminalamt ist gemäß Nr. 6 zu benachrichtigen.

(5) Über das Ersuchen ist gleichzeitig der obersten Justizbehörde zu berichten. Ferner sind das Bundesamt für Justiz und das Auswärtige Amt unmittelbar zu benachrichtigen, sofern es sich nicht um Ersuchen an ein Mitglied des Europarates, Australien, Kanada oder die Vereinigten Staaten von Amerika handelt.

Nr. 87
Besondere Beschleunigung

Die vorläufige Inhaftnahme einer verfolgten Person wird in der Regel aufgehoben, wenn nicht das Auslieferungsersuchen selbst innerhalb einer kurzen Frist (vgl. Länderteil) bei der Regierung des Aufenthaltsstaates eingeht. Die weitere Vorbereitung des Auslieferungsersuchens ist daher nach Abgang des Ersuchens besonders zu beschleunigen.

Nr. 88
Anregung eines Auslieferungsersuchens, passbeschränkende Maßnahmen

(1) Die zuständige deutsche Behörde regt bei der obersten Justizbehörde ein Ersuchen um Auslieferung an, wenn

a)
konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich die verfolgte Person in einem bestimmten ausländischen Staat aufhält,
b)
dieser Staat vertraglich zur Auslieferung verpflichtet ist oder die Auslieferung nach dem Recht dieses Staates auch ohne vertragliche Verpflichtung zulässig erscheint und
c)
die mit der Auslieferung für die verfolgte Person verbundenen Nachteile, insbesondere die Dauer des Auslieferungsverfahrens und die Haftverhältnisse im ausländischen Staat zu dem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung oder Vollstreckung nicht außer Verhältnis stehen. Bei der Abwägung können auch erhebliche Schwierigkeiten, die mit der Erstellung der Auslieferungsunterlagen verbunden sind, und vermutlich durch die Erstellung der Unterlagen und den Vollzug der Auslieferung entstehenden hohen Kosten berücksichtigt werden.

(2) Die Staatsanwaltschaft prüft, ob die deutsche Auslandsvertretung um passbeschränkende Maßnahmen (§§ 7, 8, 19 Passgesetz) ersucht werden soll.

Nr. 89
Beteiligung mehrerer Behörden

Ist einer Behörde bekannt, dass gegen dieselbe verfolgte Person noch von einer anderen deutschen Behörde eine Strafverfolgung oder Vollstreckung betrieben wird, setzt sie sich mit dieser unverzüglich in Verbindung. Jede der beteiligten Behörden prüft unter Berücksichtigung des anderen Verfahrens und der Beschränkungen, die möglicherweise wegen des Grundsatzes der Spezialität eintreten können, selbständig, ob die Auslieferung anzuregen ist. Das Ergebnis ihrer Prüfung teilt sie der anderen Behörde mit.

Nr. 90
(unbesetzt)
Nr. 91
Auslieferungsbericht

(1) Der Bericht, in dem das Auslieferungsersuchen angeregt wird (vgl. Muster Nr. 19), muss enthalten:

a)
möglichst genaue Angaben über die Person des Verfolgten, deren Staatsangehörigkeit, deren Aufenthaltsort, gegebenenfalls den Zeitpunkt der vorläufigen Inhaftnahme und eine kurze Beschreibung der rechtswidrigen Tat, wegen der die Auslieferung herbeigeführt werden soll, wobei auf den Haftbefehl oder das Straferkenntnis Bezug genommen werden darf,
b)
die Mitteilung, ob noch weitere anhängige Straf- oder Vollstreckungsverfahren gegen die verfolgte Person bekannt geworden sind und ob auch in diesen Verfahren die Auslieferung angeregt wird,
c)
gegebenenfalls eine möglichst genaue Bezeichnung der Gegenstände, um deren Herausgabe im Rahmen des Auslieferungsverfahrens ersucht werden soll (vgl. Nr. 96),
d)
gegebenenfalls einen Vorschlag, durch welche Staaten die verfolgte Person durchgeliefert werden soll (vgl. Nr. 104),
e)
einen Vorschlag, an welchem Ort die verfolgte Person den deutschen Behörden übergeben, und die Mitteilung, an welchen Ort er nach seiner Übergabe überstellt werden soll (vgl. Kapitel C),
f)
einen begründeten Vorschlag, falls ausnahmsweise eine Überstellung auf dem Luftweg in Frage kommt (in der Regel wird die verfolgte Person in diesen Fällen auf dem ausländischen Flughafen deutschen Polizeibeamten übergeben), und
g)
die Angabe, ob bei der Überführung der verfolgten Person besondere Sicherungsmaßnahmen notwendig erscheinen.

(2) Erfolgt die Auslieferung der verfolgten Person im vereinfachten Verfahren und ist deswegen ein förmliches Auslieferungsersuchen nicht mehr erforderlich, so entfällt der Auslieferungsbericht. Die oberste Justizbehörde wird hierüber unterrichtet, soweit sich nicht aus den Akten ergibt, dass sie bereits unterrichtet ist. Über den Vollzug ist gemäß Nr. 99 zu berichten; zwei Mehrfertigungen der Unterlagen nach Nr. 92 Abs. 1a, aa bzw. Nr. 92 Abs. 1b sind beizufügen.

Nr. 92
Auslieferungsunterlagen

(1) Dem Auslieferungsbericht sind beizufügen:

a)
bei Auslieferung zur Verfolgung
 
aa)
beglaubigte Mehrfertigungen des Haftbefehls,
 
bb)
beglaubigte Unterlagen zum Nachweis des Schuldverdachts, soweit sie in dem ersuchten Staat gefordert werden (vgl. Länderteil),
b)
bei Auslieferung zur Vollstreckung
 
aa)
beglaubigte Mehrfertigungen der mit der Bescheinigung der Rechtskraft und der

Vollstreckbarkeit versehenen Straferkenntnisse (vgl. Muster Nr. 21),

 
bb)
gegebenenfalls beglaubigte Mehrfertigungen von Sicherungshaftbefehlen, von Gesamtstrafenbeschlüssen und von allen in der Sache ergangenen Widerrufsbeschlüssen,
c)
in allen Fällen
 
aa)
Mehrfertigungen der auf die Tat anwendbaren oder angewandten Strafbestimmungen (gegebenenfalls auch der Verjährungsvorschriften), soweit sie nicht bereits an anderer Stelle aufgeführt sind (vgl. Muster Nrn. 21, 22),
 
bb)
soweit erforderlich, alle verfügbaren Angaben und Unterlagen über die Identität (auf Papier aufgeklebte Lichtbilder, Fingerabdruckblätter, Personenbeschreibung) und die Staatsangehörigkeit der verfolgten Person,
 
cc)
soweit erforderlich, Übersetzungen.

(2) Soll um Auslieferung zur Vollstreckung einer Gesamtstrafe ersucht werden, sind alle Straferkenntnisse beizufügen, in denen Einzelstrafen für Taten festgesetzt sind, derentwegen um die Auslieferung ersucht werden soll.

(3) Straferkenntnisse sind mit vollständiger Begründung beizufügen. Bei umfangreichen oder gegen mehrere Verurteilte ergangenen Straferkenntnissen genügt es jedoch, nur diejenigen Abschnitte der Entscheidungen zu übermitteln, die für das Auslieferungsverfahren von Bedeutung sind und sich auf die verfolgte Person beziehen. In den Auslieferungsunterlagen ist auf den Grund der Kürzung hinzuweisen (vgl. Muster Nr. 21)

Nr. 93
Zahl der Anlagen

Die Anzahl der dem Bericht beizufügenden Mehrfertigungen und Unterlagen ergibt sich aus Nr. 30 in Verbindung mit Nr. 12 Abs. 2, wobei im Fall der Nr. 30 Abs. 4 Buchst. c eine zusätzliche Mehrfertigung zum Zwecke der Unterrichtung des Bundesamtes für Justiz (Nr. 7a Zuständigkeitsvereinbarung) benötigt wird. Unterlagen über den Schuldverdacht, die Identität und die Staatsangehörigkeit sind jedoch nur zweifach vorzulegen. Soll um die Auslieferung zweier oder mehrerer verfolgter Personen ersucht werden, die in ein und demselben Haftbefehl oder Straferkenntnis aufgeführt sind, erhöht sich die Zahl der Auslieferungsunterlagen um je zwei Mehrfertigungen. Besonderheiten ergeben sich bei der Durchlieferung (vgl. Nr. 104 Abs. 2).

Nr. 93a
Übersendung der Auslieferungsunterlagen in Eilfällen

(1) Ist der diplomatische Geschäftsweg vorgeschrieben und ist zu befürchten, dass die Auslieferungsunterlagen bei Übermittlung auf dem üblichen Geschäftsweg dem ersuchten Staat nicht mehr rechtzeitig zugehen werden, können die Unterlagen in dreifacher Fertigung (gegebenenfalls mit den Übersetzungen und den in Nr. 93 genannten weiteren Unterlagen) der zuständigen deutschen Auslandsvertretung übersandt werden, wenn die oberste Justizbehörde die Ermächtigung hierzu allgemein oder für den Einzelfall erteilt hat (vgl. Muster Nr. 20). In das Übersendungsschreiben sind die in Nr. 91 Abs. 1 aufgeführten Angaben aufzunehmen.

(2) Je eine Mehrfertigung des Übersendungsschreibens und der Auslieferungsunterlagen (ohne Übersetzungen) ist gleichzeitig der obersten Justizbehörde, dem Bundesamt für Justiz und dem Auswärtigen Amt zu übersenden.

(3) Gegebenenfalls sind die für ein Durchlieferungsersuchen erforderlichen Unterlagen (vgl. Nr. 104 Abs. 2) dem Schreiben an das Bundesamt für Justiz beizufügen.

Nr. 94
Inhalt des Haftbefehls

Bei der Abfassung des Haftbefehls sollte Folgendes beachtet werden (vgl. Muster Nr. 22):

a)
Der Haftbefehl soll möglichst genaue Angaben über die Person des Verfolgten, deren Staatsangehörigkeit und deren letzten bekannten Wohnsitz enthalten.
b)
In dem Haftbefehl ist ferner der Sachverhalt der rechtswidrigen Tat, deretwegen die Auslieferung herbeigeführt werden soll, unter Angabe von Tatzeit und Tatort darzustellen. Diese Sachdarstellung muss so genau und vollständig sein, dass sie den ausländischen Behörden die Prüfung ermöglicht, ob die Tat nach dem ausländischen Recht mit Strafe bedroht und verfolgbar ist. Es genügt oft nicht (z. B. bei Körperverletzung und Vermögensdelikten), die in den inländischen Strafbestimmungen vorgesehenen Merkmale der rechtswidrigen Tat wiederzugeben; vielmehr empfiehlt es sich, auch weitere Einzelheiten der Tat aufzuführen (z.B. Schwere der zugefügten Verletzungen, Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder Höhe des Schadens).
Nr. 95
Vollstreckbarkeitsbescheinigung

Hat die verfolgte Person schon einen Teil der Strafe verbüßt, ist in der Vollstreckbarkeitsbescheinigung anzugeben, welcher Teil noch zu vollstrecken ist (vgl. Muster Nr. 21).

Nr. 96
Herausgabe von Gegenständen

(1) Soll im Zusammenhang mit einer Auslieferung um Herausgabe von Gegenständen ersucht werden, sind hierfür keine weiteren Unterlagen erforderlich.

(2) Die persönliche Habe der verfolgten Person wird in der Regel auch ohne ausdrückliches Ersuchen bei der Auslieferung übergeben.

(3) Bezüglich der zoll- und außenwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen wird auf Nr. 6 des Anhangs I hingewiesen. Soweit Einfuhrverbote oder -beschränkungen der Herausgabe entgegenstehen könnten, setzt sich die betreibende Behörde rechtzeitig mit den zuständigen Stellen in Verbindung.

(4) Die bei der Herausgabe eines Gegenstands gestellten Bedingungen sind zu beachten. Wegen der Verwahrung des Gegenstands wird auf Nr. 74 RiStBV hingewiesen.

Nr. 97
Übernahme der verfolgten Person

(1) Erhält die betreibende Behörde von der bevorstehenden Übergabe der verfolgten Person Kenntnis, verständigt sie unverzüglich die Übernahmebehörde unter Übersendung einer beglaubigten Mehrfertigung der Haftunterlagen, sofern dies nicht bereits auf anderem Weg geschehen ist. Sie teilt ferner mit, welcher Justizvollzugsanstalt die verfolgte Person zugeführt werden soll.

(2) Ist der Übernahmebehörde eine solche Mitteilung in dem Zeitpunkt noch nicht zugegangen, in dem ihr eine ausländische Behörde zwar unter Hinweis auf ein deutsches Auslieferungsersuchen, aber ohne nähere Angaben eine Person übergibt oder eine Übergabe ankündigt, stellt die Übernahmebehörde über das Informationssystem der Polizei (INPOL) oder durch Anfrage beim Bundeskriminalamt oder bei der ausländischen Übergabebehörde fest, welche Behörde die Auslieferung betreibt. Die Übernahmebehörde unterrichtet unverzüglich die betreibende Behörde.

(3) Kann die Übernahmebehörde nicht feststellen, dass die Person von einer deutschen Behörde gesucht wird, lehnt sie die Übernahme ab. Ein bereits übernommener Ausländer oder eine bereits übernommene Ausländerin ist der ausländischen Übergabebehörde zurückzugeben oder, falls diese die Rücknahme ablehnt, der Ausländerbehörde zu übergeben; ein Deutscher oder eine Deutsche wird freigelassen.

(4) Im Falle der Abholung der verfolgten Person aus dem Ausland durch deutsche Polizeibeamte haben diese eine Mehrfertigung der Haftunterlagen mitzuführen. Die Namen der abholenden Beamten sind gemäß Nr. 6 über das Bundeskriminalamt der ausländischen Übergabebehörde mitzuteilen.

Nr. 98
Ablieferung der verfolgten Person

Nach der Übernahme wird die verfolgte Person wie eine auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland aufgrund eines Haftbefehls ergriffene oder rechtskräftig verurteilte Person behandelt. Muss die verfolgte Person dem nächsten Amtsgericht vorgeführt werden (§§ 115 ff., 453c StPO) und liegen der Übernahmebehörde die Haftunterlagen nicht vor, verschafft sie sich diese über das INPOL-System oder das Bundeskriminalamt.

Nr. 99
Nachricht von der Übernahme

(1) Die Übernahmebehörde unterrichtet die betreibende Behörde und unmittelbar das Bundeskriminalamt unverzüglich von Ort und Zeit der Übernahme. Soweit sich dies aus den Begleitpapieren ergibt, ist der betreibenden Behörde auch mitzuteilen, wie lange sich die verfolgte Person im Ausland wegen der Auslieferung in Haft befunden hat.

(2) Die betreibende Behörde berichtet der obersten Justizbehörde über Ort und Zeit der Übernahme, soweit sich nicht aus den Akten ergibt, dass sie bereits unterrichtet ist.

Nr. 100
Spezialität und Nachtragsersuchen

(1) Hat die ausgelieferte Person vor der Überstellung noch andere rechtswidrige Taten, für welche die Auslieferung nicht bewilligt ist, begangen oder ist sie wegen solcher Handlungen bereits verurteilt worden, sind wegen dieser Taten zunächst nur solche Maßnahmen zulässig, die auch in deren Abwesenheit hätten getroffen werden können.

(2) Verfolgungs- oder Vollstreckungsmaßnahmen sind zulässig, wenn

a)
die in völkerrechtlichen Übereinkünften oder in der Bewilligungsentscheidung enthaltene Schutzfrist abgelaufen ist,
b)
völkerrechtliche Übereinkünfte oder das Recht des ersuchten Staates (z. B. bei vereinfachter Auslieferung unter Verzicht auf die Spezialitätsbindung) diese Maßnahmen ausdrücklich zulassen oder
c)
der ersuchte Staat zustimmt.

(3) Die Zustimmung ist in derselben Weise zu erwirken wie eine Auslieferung.

(4) Die ausgelieferte Person ist richterlich darüber zu hören, ob sie mit der Verfolgung oder Vollstreckung wegen der weiteren rechtswidrigen Taten einverstanden ist. Wenn in völkerrechtlichen Übereinkünften dem Einverständnis besondere Wirkungen beigemessen werden, ist die ausgelieferte Person darüber zu belehren. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich die verfolgte Person befindet.

(5) Dem Bericht sind Mehrfertigungen des richterlichen Protokolls in der nach Nr. 93 vorgeschriebenen Anzahl beizufügen.

Nr. 101
Einlieferungsvermerk in den Akten

(1) Damit der Grundsatz der Spezialität und etwa gestellte Bedingungen (§ 72 IRG) eingehalten werden, ist in die Strafakten und in die Handakten ein Vorblatt und an auffälliger Stelle ein Merkzettel einzufügen, aus dem ersichtlich ist, dass die beschuldigte Person aus dem Ausland eingeliefert worden ist (vgl. Muster Nr. 23).

(2) Die Behörde, die die Auslieferung betreibt, hat die ihr zugehende Auslieferungsbewilligung unverzüglich zu den Strafakten oder im Falle der Auslieferung zur Vollstreckung zum Vollstreckungsheft zu nehmen.

3. Unterabschnitt
Ersuchen um vorübergehende Auslieferung

Nr. 102
Voraussetzung und Durchführung

(1) Steht der endgültigen Auslieferung zur Verfolgung der Umstand entgegen, dass die verfolgte Person im Aufenthaltsstaat noch längere Zeit in Gewahrsam gehalten wird, kann zur Durchführung eines gegen diese anhängigen Strafverfahrens die vorübergehende Auslieferung mit der Verpflichtung der Rücklieferung – auch eines deutschen Staatsangehörigen nach Artikel 116 GG – herbeigeführt werden. Dies gilt in der Regel auch, wenn völkerrechtliche Übereinkünfte eine vorübergehende Auslieferung nicht vorsehen.

(2) Das Ersuchen setzt voraus, dass ein Ersuchen um endgültige Auslieferung bereits gestellt worden ist oder gleichzeitig gestellt wird. Die vorübergehende Auslieferung wird in derselben Weise angeregt, erbeten und durchgeführt wie eine endgültige Auslieferung. Die Beifügung gesonderter Unterlagen ist nicht erforderlich.

Nr. 103
Rücklieferung (§ 68 IRG)

Die verfolgte Person ist unverzüglich zurückzuliefern, sobald sie abgeurteilt ist oder die sonstigen Verfolgungsmaßnahmen, derentwegen die vorübergehende Auslieferung bewilligt worden war, gegen sie durchgeführt sind. Die Nrn. 52, 53 und 55 gelten entsprechend. Zur Sicherung der Rücklieferung ist ein Rücklieferungshaftbefehl zu erwirken (vgl. Muster Nr. 23a).

4. Unterabschnitt
Ersuchen um Durchlieferung

Nr. 104
Durchlieferung

(1) Muss die verfolgte Person aus dem Aufenthaltsstaat durch das Gebiet eines anderen Staates (Durchgangsstaat) in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland gebracht werden, ist der Durchgangsstaat um die Bewilligung der Durchlieferung zu ersuchen, soweit nicht aufgrund einer völkerrechtlichen Regelung die Durchlieferung allgemein gestattet ist. Ein solches Ersuchen bietet in der Regel auch dann Aussicht auf Erfolg, wenn mit dem Durchgangsstaat völkerrechtliche Übereinkünfte nicht bestehen.

(2) Für das Durchlieferungsersuchen sind in der Regel dieselben Unterlagen erforderlich wie für das Auslieferungsersuchen mit Ausnahme der Unterlagen über den Schuldverdacht, die Identität und die Staatsangehörigkeit. Dem Auslieferungsbericht sind daher Mehrfertigungen der Unterlagen beizufügen, und zwar für jeden Durchgangsstaat zwei.

(3) Bei der Überstellung auf dem Luftweg kann auf die Stellung eines Durchlieferungsersuchens nur verzichtet werden, wenn das Gebiet eines anderen Staates ohne Zwischenlandung überflogen wird.

5. Unterabschnitt
Ersuchen um Rechtshilfe durch Vollstreckung (Vollstreckungshilfe)

Nr. 105
Bericht vor Stellung eines Vollstreckungshilfeersuchens

(1) Die Vollstreckungsbehörde berichtet der obersten Justizbehörde, wenn ein Gesuch einer verurteilten Person vorliegt oder ein Ersuchen um Vollstreckungshilfe an einen ausländischen Staat gemäß § 71 IRG oder aufgrund einer völkerrechtlichen Vereinbarung angeregt werden soll. Ein solches Ersuchen kommt nicht in Betracht, wenn

a)
der Aufenthaltsort der verurteilten Person nicht bekannt ist oder
b)
der zu ersuchende ausländische Staat nicht vertraglich zu Vollstreckungshilfe verpflichtet ist und feststeht, dass er einem Ersuchen nicht entsprechen würde.

(2) Der Bericht (vgl. Muster Nr. 24) muss enthalten:

a)
möglichst genaue Personalien der verurteilten Person (Name, Geburtsdatum, Geburtsort und Staatsangehörigkeit, letzter Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthaltsort im Ausland, Familienstand, Anzahl der Kinder, Wohnsitz der Familienangehörigen),
b)
das Ergebnis der Prüfung deutscher Strafansprüche (vgl. Nr. 107),
c)
die Stellungnahme der Vollstreckungsbehörde. Die Stellungnahme hat Angaben zu enthalten über Art und Dauer der Sanktion, den Stand der Vollstreckung – einschließlich Mitteilungen über Untersuchungshaft, Strafermäßigungen und alle weiteren für die Vollstreckung der Sanktion wesentlichen Umstände – sowie den Zeitpunkt, zu dem eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung oder eine Entscheidung nach § 456a StPO in Betracht käme.

(3) Dem Bericht sind beizufügen:

a)
eine Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt,
b)
ein aktueller Auszug aus dem Bundeszentralregister,
c)
eine Mehrfertigung der zu vollstreckenden Entscheidung,
d)
das Gesuch der verurteilten Person oder – falls sie kein Gesuch gestellt hat – ihre Stellungnahme zu dem beabsichtigten Ersuchen (vgl. Nr. 106),
e)
gegebenenfalls eine bestandskräftige Ausweisungsverfügung und
f)
eine Fotokopie des Identitätsdokumentes, soweit vorhanden.

(4) Der Bericht und seine Anlagen sind der obersten Justizbehörde in einfacher Fertigung vorzulegen.

(5) Weitere Maßnahmen (Nrn. 108, 109) trifft die Vollstreckungsbehörde erst nach Entscheidung der obersten Justizbehörde.

(6) Bei vorangegangener Auslieferung der verurteilten Person mit Zusicherung der Rücküberstellung sollen die Berichte nach Nrn. 105 und 112 zusammengefasst werden.

Nr. 106
Anhörung der verurteilten Person

Befindet sich die verurteilte Person im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland und hat sie nicht selbst das Gesuch gestellt, gibt ihr die Vollstreckungsbehörde Gelegenheit, sich zu dem beabsichtigten Vollstreckungshilfeersuchen formlos zu äußern.

Nr. 107
Berücksichtigung weiterer deutscher Verfahren

(1) Die Vollstreckungsbehörde stellt insbesondere durch Einsicht in das Zentrale Staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister (ZStV) und anhand des Bundeszentralregisterauszuges fest, ob gegen die verurteilte Person im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland weitere Strafverfahren anhängig sind oder eine Strafe oder strafrechtliche Sanktion in anderer Sache zu vollstrecken ist.

(2) In diesen Fällen setzt sich die Vollstreckungsbehörde mit der zuständigen Strafverfolgungs- oder Vollstreckungsbehörde in Verbindung, um zu klären, ob das weitere Verfahren einzustellen ist (z. B. nach § 154 StPO bzw. nach § 154b StPO im Falle der Ausweisung), von der Vollstreckung abzusehen ist (§ 456a StPO) oder auch insoweit ein Vollstreckungshilfeersuchen in Betracht kommt.

Nr. 108
Vorbereitung der Vollstreckungshilfeunterlagen

(1) Soll nach der Entscheidung der obersten Justizbehörde ein Vollstreckungshilfeersuchen gestellt werden und muss das Einverständnis der verurteilten Person in einer besonderen Form abgegeben werden (vgl. z. B. § 71 Abs. 2 IRG, § 3 Überstellungsausführungsgesetz), veranlasst die Vollstreckungsbehörde (vgl. Muster Nr. 25), dass die verurteilte Person die Erklärung vor dem zuständigen Gericht (§ 77 IRG, § 157 GVG) abgibt.

(2) Befindet sich die verurteilte Person im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland und ist ihr Einverständnis zur Überstellung nicht erforderlich (vgl. z. B. § 3 Abs. 2 Überstellungsausführungsgesetz), ist ihr rechtliches Gehör durch richterliche Anhörung zu gewähren.

Nr. 109
Herbeiführung der Entscheidung des Oberlandesgerichts (§ 71 Abs. 4 IRG)

Soweit nichts Abweichendes bestimmt ist (vgl. § 2 Abs. 1 Überstellungsausführungsgesetz), stellt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht den Antrag an das Oberlandesgericht, über die Zulässigkeit der Vollstreckung in dem ausländischen Staat zu entscheiden (vgl. Muster Nr. 26).

Nr. 110
(unbesetzt)
Nr. 111
(unbesetzt)
Nr. 112
Abschließender Bericht

(1) Dem abschließenden Bericht der Vollstreckungsbehörde bzw. der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht (vgl. Muster Nr. 27) sind die folgenden Unterlagen in dreifacher Fertigung, im Original oder in beglaubigter Form, beizufügen:

a)
eine zusammenfassende Darstellung des Sachverhalts, welcher der Sanktion zugrunde liegt, sofern sich der Sachverhalt nicht einfach aus dem Erkenntnis entnehmen lässt, und das zu vollstreckende Erkenntnis mit Bescheinigung der Rechtskraft (gegebenenfalls auch die einbezogenen Entscheidungen), verbunden mit einer Bescheinigung über die angewendeten Rechtsvorschriften,
b)
soweit erforderlich, die Zustimmungserklärung der verurteilten Person (vgl. Nr. 108),´
c)
sonstige Unterlagen, soweit dies nach völkerrechtlichen Vereinbarungen vorgesehen ist (vgl. z. B. Artikel 6 Abs. 2 Buchst. d ÜberstÜbk),
d)
eine Bescheinigung über Art und Dauer der Sanktion einschließlich Angaben über Untersuchungshaft, Strafermäßigung und weiterer für die Vollstreckung der Sanktion wesentlicher Umstände,
e)
gegebenenfalls den mit der Bescheinigung der Rechtskraft versehenen Beschluss des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Vollstreckung in dem ausländischen Staat und
f)
soweit erforderlich, Übersetzungen. Die Übersetzung des Urteils kann auf den Tenor, den festgestellten Sachverhalt und die Strafzumessungsgründe beschränkt werden.

(2) Der Bericht hat ferner Vorschläge zum Vollzug der Überstellung entsprechend Nr. 91 Abs. 1 Buchst. e bis g zu enthalten.

Nr. 113
Durchführung der Überstellung

(1) Nach Bewilligung der Vollstreckungshilfe durch den ausländischen Staat veranlasst die Vollstreckungsbehörde bzw. die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht unverzüglich, dass die verurteilte Person überstellt wird. Nrn. 52 bis 55 gelten entsprechend. Eine Mitteilung an das Bundesverwaltungsamt – Ausländerzentralregister – ist nicht erforderlich. Über den Vollzug der Überstellung ist der obersten Justizbehörde zeitnah zu berichten.

(2) Ersucht eine Behörde des ausländischen Staates nachträglich um Zustimmung zur Verfolgung, zur Vollstreckung aus einem anderen als dem Ersuchen zugrunde liegenden Erkenntnis oder zur Auslieferung an einen anderen Staat, gelten die Vorschriften für eingehende Ersuchen um Auslieferung entsprechend.

Nr. 113a
Bericht vor einer Entscheidung nach § 456a StPO oder §§ 57, 57a StGB

Kommt in einem laufenden Vollstreckungshilfeverfahren eine Entscheidung nach § 456a StPO oder eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung in Betracht, so ist der obersten Justizbehörde rechtzeitig zu berichten, damit das Vollstreckungshilfeersuchen zuvor zurückgenommen werden kann.

6. Unterabschnitt
Ersuchen um sonstige Rechtshilfe

Nr. 114
Durchsuchung, Beschlagnahme und Herausgabe

(1) In dem Ersuchen um Durchsuchung, Beschlagnahme oder Herausgabe (vgl. Muster Nr. 28 und Nr. 29) ist der Grund für diese Maßnahme anzugeben und die Gegenstände möglichst genau zu beschreiben. Vor der Stellung eines Herausgabeersuchens kann das Ergebnis der Durchsuchung oder Beschlagnahme abgewartet werden.

(2) Soweit eine völkerrechtliche Übereinkunft nichts anderes vorsieht, ist einem Ersuchen um Herausgabe und gegebenenfalls bereits einem Ersuchen um Durchsuchung oder Beschlagnahme ein richterlicher Beschlagnahmebeschluss beizufügen (vgl. Muster Nr. 30).

(3) Im Übrigen gilt Nr. 96 Abs. 3 und 4 entsprechend.

Nr. 115
Zustellung

(1) In dem Ersuchen um Zustellung sind außer den allgemein erforderlichen Angaben (vgl. Nr. 29 Abs. 1) die Art des zuzustellenden Schriftstücks (z. B. Ladung, Beschluss, Strafbefehl, Urteil) und die Person, der zugestellt werden soll, unter Angabe ihrer Anschrift zu bezeichnen. Enthalten die zuzustellenden Schriftstücke eine Sachverhaltsdarstellung, kann darauf Bezug genommen werden. Ferner ist die Bitte auszusprechen, amtlich zu bescheinigen, an welchem Tag, zu Händen welcher Person und in welcher Weise die Zustellung ausgeführt worden ist (vgl. Muster Nr. 31). Mehrsprachige Vordrucke für das Ersuchen und den Zustellungsnachweis können verwendet werden (vgl. Muster Nrn. 31a, 31b). Hinsichtlich der Pflicht zur Beifügung einer Übersetzung zuzustellender Schriftstücke in einer für den Empfänger verständlichen Sprache wird auf Nr. 181 RiStBV verwiesen.

(2) Einem Ersuchen um Zustellung eines Strafbefehls oder Bußgeldbescheids ist eine Aufstellung des im Falle der Rechtskraft zu zahlenden Gesamtbetrags (Geldstrafe, Geldbuße, Kosten) beizufügen.

(3) Eine Zustellung durch unmittelbare Übersendung von Schriftstücken ins Ausland auf dem Postweg kommt nur in Betracht, soweit völkerrechtliche Übereinkünfte (z. B. Artikel 5 EU-RhÜbk 2000) dies zulassen oder der Aufenthaltsstaat diese Möglichkeit einseitig eingeräumt hat (vgl. Länderteil).

Nr. 116
Zustellung von Ladungen (vgl. Muster Nrn. 31c, 31d)

(1) Enthält das zuzustellende Schriftstück eine Aufforderung zum Erscheinen, können die Rechtsfolgen, die beim Ausbleiben eintreten (vgl. z. B. § 329 Abs. 1, § 412 Satz 1 StPO), angegeben werden. Zwangsmaßnahmen dürfen beschuldigten Personen nur angedroht werden, wenn in dem zuzustellenden Schriftstück darauf hingewiesen wird, dass diese im Hoheitsgebiet des ersuchten Staates nicht vollstreckt werden können. Dagegen dürfen als Zeugen und Sachverständigen geladenen Personen Zwangsmaßnahmen (einschließlich der Festsetzung von Ordnungsmitteln für den Fall des Ausbleibens) nicht angedroht werden.

(2) In der Ladung eines Zeugen oder Sachverständigen/einer Zeugin oder Sachverständigen ist auch die annähernde Höhe der zu zahlenden Entschädigung und der zu erstattenden Reise- und Aufenthaltskosten anzugeben. Die Anschrift der für den Empfänger zuständigen deutschen Auslandsvertretung ist diesem mitzuteilen, falls Anhaltspunkte für eine Visumspflicht bestehen.

(3) Soll der ersuchte Staat einen Kostenvorschuss gewähren, ist dies in das Ersuchen besonders aufzunehmen. Wird das persönliche Erscheinen eines Zeugen oder Sachverständigen/einer Zeugin oder Sachverständigen für besonders notwendig gehalten, ist dies in dem Ersuchen zu erwähnen und die ersuchende Behörde zu bitten, den Zustellungsadressaten zum Erscheinen aufzufordern und seine Antwort bekannt zu geben.

(4) Besteht nach völkerrechtlichen Übereinkünften freies Geleit oder ist nach § 295 StPO sicheres Geleit erteilt, ist der Zustellungsadressat hierauf sowie auf eine Befristung hinzuweisen.

(5) Besteht gegen den Zustellungsadressaten ein Aufenthaltsverbot, ist von der ersuchenden Behörde bei der zuständigen Verwaltungsbehörde eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken und diese der Ladung im Original oder beglaubigter Mehrfertigung beizufügen. Wird diese nicht erteilt, ist von einer Ladung abzusehen.

(6) Hinsichtlich der Beifügung von Übersetzungen und der Verwendung von Mustern wird auf Nr. 14 hingewiesen.

(7) Die Voraussetzungen für die Erteilung eines gegebenenfalls erforderlichen Visums ergeben sich aus § 6 Aufenthaltsgesetz. Der notwendige Nachweis ausreichender Mittel zum Bestreiten des Lebensunterhaltes einschließlich der Mittel für die Rückreise kann in der Regel durch Vorlage der Ladung erbracht werden. Bestehen Zweifel an der Rückkehrbereitschaft, kann die deutsche Auslandsvertretung eine Kostenübernahmeerklärung fordern. Schließt der Zeuge oder Sachverständige/die Zeugin oder Sachverständige zur Risikoabsicherung im Krankheitsfall eine Versicherung ab, so können die dafür entstehenden Kosten im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 1 JVEG erstattet werden, wenn das Bestehen des Versicherungsschutzes Voraussetzung der Visumserteilung ist.

Nr. 117
Vernehmung von Beschuldigten, Zeuginnen, Zeugen und Sachverständigen

(1) In dem Ersuchen um Vernehmung von Beschuldigten (vgl. Muster Nr. 32) oder Zeuginnen, Zeugen bzw. Sachverständigen (vgl. Muster Nr. 32a) ist anzugeben, ob sie durch ein Gericht, durch eine Staatsanwaltschaft oder eine andere Behörde erfolgen soll. Bei Ersuchen um richterliche Vernehmung von Zeuginnen, Zeugen oder Sachverständigen ist auch anzugeben, ob um eidliche oder uneidliche Vernehmung ersucht wird. Wird die eidliche Vernehmung erbeten und ist nicht sicher, dass das Recht des ersuchten Staates die Beeidigung kennt oder zulässt, empfiehlt es sich, das Ersuchen in der Form abzufassen, dass die ausländische Behörde gebeten wird, die Person unter Eid oder, falls dies nicht möglich ist, unter Abgabe der nach dem Recht des ersuchten Staates zulässigen feierlichen Wahrheitsversicherung zu vernehmen. Sofern eine richterliche und uneidliche Vernehmung erbeten wird und nicht feststeht, dass auch nach dem Recht des ersuchten Staates eine uneidliche Vernehmung möglich ist, empfiehlt es sich – soweit zulässig -, die ausländische Behörde für diesen Fall hilfsweise um eidliche Vernehmung zu ersuchen.

(2) Soweit der Person, die vernommen werden soll, ein Recht zur Verweigerung der Aussage, der Auskunft oder der Eidesleistung zustehen könnte, ist unter wörtlicher Anführung der deutschen Gesetzesbestimmungen darum zu bitten, die Person vor der Vernehmung über das ihr nach den deutschen Vorschriften etwa zustehende Recht zur Verweigerung zu belehren.

Nr. 118
Auskunft, Überlassung von Akten

(1) Wird eine Auskunft über ausländisches Recht benötigt, ist der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde zu berichten. Von unmittelbaren Anfragen bei ausländischen Stellen ist abzusehen.

(2) Ersuchen einer Justizbehörde um sonstige Auskünfte (vgl. Muster Nrn. 33, 33a, 33b), z. B.

a)
aus ausländischen Registern, Dateien und sonstigen Sammlungen,
b)
aus ausländischen behördlichen Akten aller Art oder
c)
über tatsächliche Verhältnisse und Vorkommnisse im Ausland oder das Ergebnis von ausländischen Feststellungen

sind auf dem vorgeschriebenen Geschäftsweg an eine ausländische Justizbehörde zu richten, auch wenn die Auskunft von einer Verwaltungsbehörde zu erteilen wäre.

(3) Um die Überlassung ausländischer Akten im Original soll nur ersucht werden, wenn eine Auskunft oder eine beglaubigte Mehrfertigung der Akten oder eines Teils der Akten nicht ausreicht.

(4) Strafregisterauskünfte aus Staaten, die an der Vernetzung der Strafregister von Mitgliedstaaten der Europäischen Union teilnehmen, können unmittelbar beim Bundesamt für Justiz – Bundeszentralregister – erbeten werden.

Nr. 119
Vorübergehende Überstellung von Personen aus dem Ausland für ein deutsches Verfahren (§ 69 IRG)

(1) Das Ersuchen um Überstellung einer Person zur Beweiserhebung für ein deutsches Verfahren muss in der Regel auch das Ersuchen um Zustellung der Ladung enthalten, es sei denn, die Ladung wäre bereits früher zugestellt worden.

(2) Das Ersuchen ist mit dem Haftbefehl (§ 69 Abs. 2 IRG) der für die Durchführung der Überstellung zuständigen Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht zuzuleiten. Für die Durchführung gilt Nr. 80 Abs. 2 entsprechend.

(3) Die völkerrechtlichen Übereinkünfte sehen im Allgemeinen vor, dass eine als Zeuge oder Sachverständiger geladene Person nur mit ihrer Zustimmung in den ersuchenden Staat überstellt werden kann. Es empfiehlt sich daher, bereits vor der Stellung eines Zuführungsersuchens die gefangene oder untergebrachte Person – gemäß Nr. 6 über das Bundeskriminalamt, soweit nicht der unmittelbare Geschäftsweg zugelassen ist – befragen zu lassen, ob er mit ihrer Überstellung einverstanden ist.

(4) Die Zuführung von Personen zu dem Zweck, sie als Beschuldigte zu vernehmen oder andere Strafverfolgungsmaßnahmen gegen sie durchzuführen, kann nur im Weg der (endgültigen oder vorübergehenden) Auslieferung erreicht werden.

Nr. 120
Vorübergehende Überstellung von Personen in das Ausland für ein deutsches Verfahren (§ 70 IRG)

(1) Soll eine Person zu einer Beweiserhebung für ein deutsches Verfahren in den ersuchten ausländischen Staat überstellt werden, veranlasst die ersuchende Behörde zunächst, dass die zu überstellende Person durch das Gericht über die ihr zustehenden Rechte belehrt und befragt wird, ob sie mit der Überstellung einverstanden ist. In das Rechtshilfeersuchen um Durchführung der Beweiserhebung ist die Bitte aufzunehmen, die vorübergehende Überstellung zu genehmigen.

(2) Liegt das Einverständnis der zu überstellenden Person vor, sind die Vorgänge der für die Durchführung der Überstellung zuständigen Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht zuzuleiten. Für die Durchführung gilt Nr. 80 Abs. 2 entsprechend.

Nr. 121
Unmittelbarer Verkehr mit Personen im Ausland

(1) Die deutschen Behörden dürfen in strafrechtlichen Angelegenheiten mit Personen, die im Ausland wohnen – gleichgültig ob sie Deutsche oder Ausländer sind -, unmittelbar schriftlich oder fernmündlich nur dann in Verbindung treten, wenn nicht damit zu rechnen ist, dass der ausländische Staat dieses Verfahren als einen unzulässigen Eingriff in seine Hoheitsrechte beanstandet. Unbedenklich sind z. B. Eingangsbestätigungen, Zwischenbescheide, Terminsabstimmungen, Benachrichtigungen von der Aufhebung eines Termins sowie Mitteilungen über die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens an Beschuldigte, Antragstellerinnen und Antragsteller.

(2) Soweit völkerrechtliche Übereinkünfte die unmittelbare Übersendung von Schriftstücken durch die Post zulassen oder der Aufenthaltsstaat diese Möglichkeit einseitig eingeräumt hat (vgl. hierzu Länderteil), soll unter Beachtung von Nr. 181 Abs. 2 RiStBV von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, sofern nicht ein besonderer Zustellungsnachweis zweckmäßig ist. Auf diesem Weg können z. B. auch schriftliche Anhörungsbogen versandt werden. Wird eine Ladung übersandt, ist Nr. 116 Abs. 1, 2, 4 bis 6 entsprechend anzuwenden.

(3) Nr. 13 Abs. 1 Satz 1 gilt entsprechend.

(4) Soweit keine völkerrechtlichen Übereinkünfte bestehen, sind Mitteilungen unzulässig

a)
in denen dem Empfänger für den Fall, dass er etwas tut oder unterlässt, Zwangsmaßnahmen oder sonstige Rechtsnachteile angedroht werden,
b)
durch deren Empfang Rechtswirkungen herbeigeführt, insbesondere Fristen in Lauf gesetzt werden, oder
c)
in denen der Empfänger zu einem Tun oder Unterlassen aufgefordert wird (z. B. eine Aufforderung zum Erscheinen vor einer Behörde).

Zweiter Teil
Rechtshilfeverkehr der Polizei- und Finanzbehörden

Nr. 122
Anwendung des Ersten Teils der Richtlinien

Für den Rechtshilfeverkehr der Polizei- und der Finanzbehörden gelten die im Ersten Teil enthaltenen Vorschriften mit den nachfolgenden Besonderheiten. Die Sachleitungsbefugnis der Staatsanwaltschaft ist zu beachten.

Nr. 123
Tätigkeit des Bundeskriminalamts

(1) Das Bundeskriminalamt darf eingehende polizeiliche Ersuchen im Rahmen seiner originären und Auftragszuständigkeit nach dem Bundeskriminalamtsgesetz ( BKAG ) erledigen, sofern dies in einer völkerrechtlichen Übereinkunft nach § 1 Abs. 3 IRG oder in einer Regelung nach § 1 Abs. 4 IRG vorgesehen ist (vgl. Länderteil). Zu beachten sind in diesem Bereich insbesondere das Schengener Durchführungsübereinkommen sowie die bi- oder multilateralen Verträge zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in polizeilichen und justiziellen Angelegenheiten (vgl. Übersicht in Anlage IV zu Anhang II). Ferner darf das Bundeskriminalamt auf ein eingegangenes Ersuchen einer ausländischen Behörde im Rahmen des innerstaatlichen Rechts eine verfolgte Person zur Festnahme oder Aufenthaltsermittlung ausschreiben, Fahndungsmaßnahmen durchführen, Personenfeststellungen treffen, Auskünfte aus Registern, Dateien und sonstigen Sammlungen sowie aus kriminalpolizeilichen Unterlagen erteilen und kriminaltechnische Gutachten erstatten. Andere Ersuchen darf das Bundeskriminalamt im Rahmen seiner Zuständigkeit (Satz 1) erledigen oder von einer anderen Polizeibehörde erledigen lassen, sofern die Bundesregierung hierzu allgemein oder für den Einzelfall die Genehmigung erteilt hat.

(2) Das Bundeskriminalamt darf eingehende Ersuchen gemäß Nr. 6 vermitteln. In den Fällen der Nr. 6 Satz 2 teilt das Bundeskriminalamt mit, ob die Rechtshilfe bewilligt wurde oder noch der Bewilligung durch die zuständige Behörde bedarf.

(3) Das Bundeskriminalamt darf im Rahmen seiner originären und Auftragszuständigkeit nach dem Bundeskriminalamtsgesetz ( BKAG) Ersuchen stellen

a)
in den Fällen des § 163 Abs. 1 StPO, sofern eine Erledigung polizeilicher Ersuchen in einer völkerrechtlichen Übereinkunft vorgesehen ist (vgl. Länderteil),
b)
sofern es sich um Ersuchen um Durchführung von Fahndungsmaßnahmen, um Personenfeststellungen, um Erteilung von Auskünften im Sinne der Nr. 118 Abs. 2 sowie zur Vorbereitung eines ausgehenden Ersuchens – z. B. um Feststellung der Aussagebereitschaft eines Zeugen – handelt und bei der Erledigung strafprozessuale Zwangsmaßnahmen ausgeschlossen sind oder
c)
sofern die Bundesregierung hierzu allgemein oder für den Einzelfall die Genehmigung erteilt hat.

(4) Das Bundeskriminalamt darf ausgehende Ersuchen von Justizbehörden um Maßnahmen im Sinne des Absatzes 3 Buchst. b sowie um Festnahme, um Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft oder um vorläufige Inhaftnahme vermitteln. Ferner darf es ausgehende Ersuchen vermitteln, sofern in einer völkerrechtlichen Übereinkunft der Geschäftsweg über das Bundeskriminalamt – insbesondere über Interpol – vorgesehen ist. Das gleiche gilt in Eilfällen, wenn der unmittelbare Geschäftsweg zugelassen ist. Das Bundeskriminalamt darf des Weiteren ausgehende Ersuchen im Sinne der Nr. 124 Abs. 3 und 4 vermitteln und im Sinne der Nr. 124 Abs. 4 stellen. Soll ein Ersuchen, bei dem die Voraussetzungen dieses Absatzes nicht vorliegen, ausnahmsweise durch das Bundeskriminalamt vermittelt werden, führt die ersuchende Behörde die Entscheidung ihrer obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde herbei.

(5) In den Fällen der Nr. 5 Buchst. c der Zuständigkeitsvereinbarung (abgedruckt im Anhang I unter Nr. 4) sowie der Nr. 13 Abs. 1 holt das Bundeskriminalamt die Entscheidung des zuständigen Bundesministeriums ein. Das Bundesministerium des Innern ist zu benachrichtigen.

Nr. 124
Tätigkeit anderer Polizeibehörden

(1) Andere Polizeibehörden verkehren mit ausländischen Behörden über das Bundeskriminalamt gemäß Nr. 6, soweit nicht in einer völkerrechtlichen Übereinkunft der unmittelbare Geschäftsweg auf der Ebene der Polizeibehörden vorgesehen ist oder aufgrund von Vereinbarungen des Bundesministers des Innern mit den obersten Landesbehörden Ausnahmen zugelassen sind.

(2) Andere Polizeibehörden dürfen eingehende polizeiliche Ersuchen erledigen, sofern dies in einer völkerrechtlichen Übereinkunft nach § 1 Abs. 3 IRG oder in einer Regelung nach § 1 Abs. 4 IRG vorgesehen ist (vgl. Länderteil). Zu beachten sind in diesem Bereich insbesondere das Schengener Durchführungsübereinkommen sowie die bi- oder multilateralen Verträge zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in polizeilichen und justiziellen Angelegenheiten (vgl. Übersicht in Anlage IV zu Anhang II). Ferner dürfen sie auf ein eingegangenes Ersuchen einer ausländischen Behörde im Rahmen innerstaatlichen Rechts Fahndungsmaßnahmen durchführen, Personenfeststellungen treffen, Auskünfte aus Registern, Dateien und sonstigen Sammlungen sowie aus kriminalpolizeilichen Unterlagen erteilen und kriminaltechnische Gutachten erstatten. Bestehen gegen die Erledigung Bedenken, ist die Entscheidung der obersten Verwaltungsbehörde herbeizuführen.

(3) Andere Polizeibehörden dürfen Ersuchen stellen

a)
in den Fällen des § 163 Abs. 1 StPO, sofern eine Erledigung polizeilicher Ersuchen in einer völkerrechtlichen Übereinkunft vorgesehen ist (vgl. Länderteil),
b)
sofern es sich um Ersuchen um Durchführung von Fahndungsmaßnahmen, um Personenfeststellungen, um Erteilung von Auskünften im Sinne der Nr. 118 Abs. 2 sowie zur Vorbereitung eines ausgehenden Ersuchens – z. B. um Feststellung der Aussagebereitschaft eines Zeugen – handelt und bei der Erledigung strafprozessuale Zwangsmaßnahmen ausgeschlossen sind.

(4) Andere Polizeibehörden dürfen ferner auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Ersuchen stellen, sofern in einer völkerrechtlichen Übereinkunft eine Pflicht zur Erledigung solcher Ersuchen enthalten ist (vgl. Länderteil).

Nr. 125
Form und Inhalt des Ersuchens

(1) Das Ersuchen, um dessen Vermittlung das Bundeskriminalamt gebeten wird, muss die allgemein vorgeschriebenen Angaben enthalten. In den Fällen der Nr. 123 Abs. 4 Satz 5 ist dem Bundeskriminalamt auch mitzuteilen, dass die oberste Justiz- oder Verwaltungsbehörde die Genehmigung erteilt hat.

(2) Soll das Ersuchen im Original oder in dem von der ersuchenden Behörde festgelegten Wortlaut an die ausländische Behörde weitergegeben werden, ist darauf besonders hinzuweisen.

Nr. 126
Auskunft über Vorstrafen

Fordert eine ausländische Behörde bei einer Polizeibehörde eine Auskunft über Vorstrafen an, ist das Ersuchen unmittelbar dem Bundesamt für Justiz – Bundeszentralregister – zu übersenden.

Nr. 127
Tätigkeit der Finanzbehörden

Die Finanzbehörden (§ 6 AO) dürfen im Rahmen ihrer Zuständigkeit (vgl. auch § 74 IRG) Rechtshilfeersuchen erledigen und stellen sowie kriminaltechnische Gutachten erstatten. Ist ein ausgehendes Ersuchen durch eine Justizbehörde weiterzuleiten, so leitet die Finanzbehörde dieser das Ersuchen zu. Zu beachten sind in diesem Bereich auch bi- oder multilaterale Verträge zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit (vgl. Länderteil und Übersicht in Anlagen I und IV zu Anhang II).

Nr. 127a
Zusammenarbeit mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF)

Justizbehörden können im Rahmen der Amtshilfe mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) zusammenarbeiten. OLAF hat zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften verwaltungsrechtliche Untersuchungsbefugnisse. OLAF hat keinen Rechtsanspruch auf Übermittlung von Auskünften aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren.

Dritter Teil
Der Verkehr mit diplomatischen und konsularischen Vertretungen

1. Abschnitt
Der Verkehr mit deutschen Auslandsvertretungen

Nr. 128
Begriff der Auslandsvertretungen

(1) Deutsche Auslandsvertretungen sind die diplomatischen Vertretungen (Botschaften) sowie die berufskonsularischen Vertretungen (Generalkonsulate und Konsulate) der Bundesrepublik Deutschland.

(2) Den diplomatischen Vertretungen sind in der Regel für einen bestimmten Amtsbezirk auch konsularische Aufgaben zugewiesen. Diese Aufgaben werden von Berufskonsularbeamtinnen und -beamten wahrgenommen.

(3) Ein Verzeichnis der Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland erscheint mindestens einmal jährlich als Beilage zum Bundesanzeiger. Sonderdrucke der Beilage können vom Verlag des Bundesanzeigers, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, bezogen werden. Die Anschriften sind auch im Internet-Angebot des Auswärtigen Amtes unter aufgeführt.

Nr. 129
Grundsätze

(1) Die Zuständigkeit der deutschen Auslandsvertretungen für Amtshandlungen im Ausland und die Aufgaben der Berufskonsularbeamtinnen und -beamten ergeben sich aus dem Konsulargesetz.

(2) Die Einschaltung der deutschen Auslandsvertretungen bei der Übermittlung von Rechtshilfeersuchen in strafrechtlichen Angelegenheiten richtet sich nach dem Ersten und dem Zweiten Teil.

(3) Darüber hinaus können die Auslandsvertretungen in eigener Zuständigkeit Ersuchen um Amtshandlungen erledigen, soweit dies mit dem Recht des Aufenthaltsstaates vereinbar ist (vgl. Länderteil). Im Allgemeinen beschränkt sich die Befugnis zur Amtshilfe auf die Erteilung von Auskünften, die Vornahme von Zustellungen an Deutsche und die Vernehmung von Deutschen als Zeuginnen, Zeugen, Sachverständige oder Beschuldigte; Zwangsmaßnahmen dürfen hierbei nicht angedroht oder getroffen werden. In diesen Fällen ist der Verkehr zwischen den Heimatbehörden und den Auslandsvertretungen kein zwischenstaatlicher, sondern ein innerstaatlicher Verkehr.

Nr. 130
Inanspruchnahme der Auslandsvertretungen

(1) Sofern den deutschen Auslandsvertretungen die Durchführung von konsularischen Zustellungen gestattet ist (vgl. Länderteil), können diese um entsprechende Amtshilfe in eigener Zuständigkeit ersucht werden. Hiervon sollte in der Regel allerdings abgesehen werden, soweit der unmittelbare Geschäftsweg für die Übermittlung von Rechtshilfeersuchen eröffnet ist.

(2) Sofern den deutschen Auslandsvertretungen auch die Befugnis zu konsularischen Vernehmungen eingeräumt ist (vgl. Länderteil), können diese nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Gründe um Amtshilfe in eigener Zuständigkeit ersucht werden. Solche Gründe liegen insbesondere dann vor, wenn der erstrebte Zweck durch ein Rechtshilfeersuchen an die Behörden des ersuchten Staates nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden würde oder wenn mit einem Rechtshilfeersuchen ein unzumutbarer Aufwand an Arbeit, Zeit oder Kosten verbunden wäre. Die Inanspruchnahme der deutschen Auslandsvertretung ist zu begründen. Vernehmungen, durch die eine richterliche Vernehmung ersetzt werden soll, können Berufskonsularbeamtinnen oder -beamte nur dann vornehmen, wenn sie die Befähigung zum Richteramt haben oder hierzu vom Auswärtigen Amt besonders ermächtigt sind (vgl. § 19 Abs. 1 und 2 Konsulargesetz). Andere Vernehmungen unterliegen diesem Vorbehalt nicht. Sofern eine Vernehmung nach Satz 4 erforderlich erscheint, ist dies in dem Ersuchen anzugeben.

(3) Ist den deutschen Auslandsvertretungen auch die Befugnis zu weiteren Amtshilfehandlungen zugestanden (vgl. Länderteil), gilt Absatz 2 Satz 1 bis 3 entsprechend.

Nr. 131
Dienstweg

(1) Amtshilfeersuchen können der deutschen Auslandsvertretung unter nachrichtlicher Beteiligung des Auswärtigen Amtes unmittelbar übersandt werden. Nr. 13 Abs. 1 gilt entsprechend.

(2) Bei der Teilnahme einer deutschen Richterin oder Beamtin oder eines deutschen Richters oder Beamten an Amtshandlungen der deutschen Auslandsvertretungen gelten die Nrn. 140 bis 142 entsprechend.

(3) Soll eine Angehörige oder ein Angehöriger einer deutschen Auslandsvertretung vernommen, ihr oder ihm ein Schriftstück zugestellt oder ihr oder ihm gegenüber eine sonstige Amtshilfehandlung vorgenommen werden, ist stets die Vermittlung des Auswärtigen Amts in Anspruch zu nehmen. Das Ersuchen ist der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde vorzulegen.

Nr. 132
Gebühren und Auslagen

Die bei der Erledigung von Amtshilfehandlungen anfallenden Gebühren und Auslagen sind nach Maßgabe der Auslandskostenverordnung auf Anforderung zu erstatten.

2. Abschnitt
Der Verkehr mit ausländischen Vertretungen in der Bundesrepublik Deutschland

Fehlerhaft zugeleitete Ersuchen sind nach Nr. 17 Abs. 2 zu behandeln.

Nr. 133
Geschäftsverkehr mit ausländischen diplomatischen Vertretungen

(1) Mit den ausländischen diplomatischen Vertretungen ist ein unmittelbarer Geschäftsverkehr nicht zulässig. Soll ein Ersuchen (z. B. um Erteilung von Auskünften) an eine ausländische diplomatische Vertretung gerichtet werden, ist es der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde vorzulegen.

(2) Unmittelbar eingehende Ersuchen einer ausländischen diplomatischen Vertretung sind der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde vorzulegen.

Nr. 134
Geschäftsverkehr mit ausländischen konsularischen Vertretungen

(1) In Einzelfällen ohne grundsätzliche Bedeutung ist der unmittelbare Geschäftsverkehr mit den zuständigen ausländischen konsularischen Vertretungen oder den Konsularabteilungen der ausländischen diplomatischen Vertretungen zulässig. In den übrigen Fällen ist der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde zu berichten und deren Äußerung abzuwarten. Bei Ersuchen um Akteneinsicht sind die hierfür geltenden besonderen Bestimmungen zu beachten.

(2) Die Anschriften und die Amtsbezirke der ausländischen Konsulate und Konsularabteilungen ergeben sich aus dem vom Auswärtigen Amt herausgegebenen Verzeichnis der konsularischen Vertretungen und anderer Vertretungen in der Bundesrepublik Deutschland. Dieses Verzeichnis erscheint mindestens einmal jährlich als Beilage zum Bundesanzeiger. Sonderdrucke der Beilage können vom Verlag des Bundesanzeigers, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, bezogen werden. Die Anschriften sind auch im Internet-Angebot des Auswärtigen Amtes unter aufgeführt.

Nr. 135
Geschäftsverkehr mit ausländischen Vertretungen in Haftsachen

(1) Auf Verlangen der betroffenen Person ist unverzüglich die konsularische Vertretung zu unterrichten, wenn in deren Amtsbezirk eine Angehörige oder ein Angehöriger ihres Staates festgenommen, in Straf- oder Untersuchungshaft genommen oder ihr oder ihm anderweitig die Freiheit entzogen wird. Jede von der betroffenen Person an die konsularische Vertretung gerichtete Mitteilung über ihre Inhaftierung und ihren Aufenthaltsort ist unverzüglich weiterzuleiten. Die betroffene Person ist nachweislich über die in Artikel 36 des Wiener Übereinkommens vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (WÜK) niedergelegten Rechte zu belehren.

(2) Eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Unterrichtung ohne oder gegen den Willen der betroffenen Person (vgl. Länderteil) ist zu beachten.

(3) Der Schriftverkehr zwischen einer inhaftierten Person ausländischer Staatsangehörigkeit und der für diese zuständigen diplomatischen oder konsularischen ausländischen Vertretung unterliegt der Überwachung und Beschränkung nach den allgemeinen Vorschriften.

Nr. 136
Besuchserlaubnis

(1) Ob eine gefangene Person durch Angehörige einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung besucht werden darf und ob und auf welche Weise der Besuch zu überwachen ist (unter Mithilfe einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers, optisch und akustisch), entscheidet die für die Erteilung der Besuchserlaubnis zuständige Behörde.

(2) An diese Behörde können sich konsularische Vertretungen unmittelbar wenden, wenn die gefangene Person eine Staatsangehörige oder Schutzbefohlene ihres Staates ist und die Behörde ihren Sitz im Amtsbezirk der konsularischen Vertretung hat.

(3) Über das Gesuch ist beschleunigt zu entscheiden. Dabei ist zu beachten, dass das Ausland in umgekehrten Fällen die deutsche Übung berücksichtigt. Nur aus zwingenden Gründen wird die Erlaubnis zu versagen oder die Zulassung des Gesuchs erst für eine spätere Zeit in Aussicht zu stellen sein. Dabei sind Versagungsgründe gegenüber einer Verpflichtung nach Artikel 36 Abs. 1 Buchst. c WÜK sorgfältig abzuwägen. Ist die gefangene Person mit dem Besuch nicht einverstanden, wird die Besuchserlaubnis versagt.

Nr. 137
Fehlerhafte Zuleitung

Fehlerhaft zugeleitete Ersuchen sind nach Nr. 17 Abs. 2 zu behandeln.

Vierter Teil
Teilnahme an Amtshandlungen im ersuchten Staat

1. Abschnitt
Tätigkeit ausländischer Richterinnen, Richter, Beamtinnen oder Beamter in der Bundesrepublik Deutschland

Nr. 138
Genehmigung

(1) Eine ausländische Richterin oder Beamtin oder ein ausländischer Richter oder Beamter darf in der Bundesrepublik Deutschland an Amtshandlungen nur teilnehmen, wenn dies von der zuständigen Behörde zuvor genehmigt oder die Genehmigung im Verhältnis zu bestimmten Staaten allgemein erteilt worden ist.

(2) Die deutsche Richterin oder Beamtin oder der deutsche Richter oder Beamte führt die Amtshandlung selbst aus und wacht darüber, dass die ausländische Richterin oder Beamtin oder der ausländische Richter oder Beamte nur in dem durch die Sachlage gebotenen Umfang in den Gang der Ermittlungen eingreift und dass von der zuständigen Behörde etwa gestellte Bedingungen eingehalten werden.

Nr. 139
Behandlung unmittelbar eingehender Ersuchen

Geht ein Ersuchen, in dem um Teilnahme ausländischer Richterinnen oder Beamtinnen oder ausländischer Richter oder Beamter gebeten wird, unmittelbar ein oder trifft eine ausländische Richterin oder Beamtin oder ein ausländischer Richter oder Beamter mit einem Rechtshilfeersuchen unangekündigt bei einer deutschen Behörde ein, ist unverzüglich und unmittelbar und noch vor Beginn der Amtshandlung die Genehmigung der zuständigen Behörde einzuholen, soweit diese nicht im Verhältnis zu bestimmten Staaten allgemein erteilt ist.

2. Abschnitt
Teilnahme deutscher Richterinnen oder Beamtinnen oder deutscher Richter oder Beamter an Amtshandlungen im Ausland

Nr. 140
Genehmigung durch die oberste Justiz- oder Verwaltungsbehörde

(1) Die Teilnahme einer deutschen Richterin oder Beamtin oder eines deutschen Richters oder Beamten an Amtshandlungen im Ausland bedarf der Genehmigung der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde. Die Ausübung dieser Befugnis kann übertragen sein. Ist die Genehmigung nicht allgemein erteilt, so ist sie einzuholen, bevor das Ersuchen an eine ausländische Behörde oder an eine deutsche Auslandsvertretung abgesandt wird.

(2) Die Teilnahme soll nur angeregt werden, wenn besondere Umstände eine Anwesenheit erfordern, namentlich wenn zu erwarten ist, dass durch die Inanspruchnahme der ausländischen Behörden allein der mit dem Ersuchen erstrebte Zweck nicht erreicht würde.

(3) In dem Bericht sind die Sachlage und die Gründe der Teilnahme darzustellen. Dem Bericht ist beizufügen:

a)
das Original des Rechtshilfeersuchens, wenn für die Stellung des Ersuchens der ministerielle oder der diplomatische Geschäftsweg vorgeschrieben ist,
b)
in den übrigen Fällen ein Entwurf des Ersuchens.

(4) Zusätzliche, z. B. reisekostenrechtliche Vorschriften über Auslandsdienstreisen bleiben unberührt.

(5) Die Regelungen der Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Teilnahme einer deutschen Richterin oder Beamtin oder eines deutschen Richters oder Beamten an Amtshandlungen im Ausland auf Ersuchen einer ausländischen Stelle.

Nr. 141
Ausnahmen von der Genehmigungspflicht nach Nr. 140 Abs.1

(1) Das Bundeskriminalamt, die Bundespolizeibehörden, die Polizeibehörden der Länder und die Finanzbehörden dürfen im Rahmen ihrer Zuständigkeit Beamtinnen oder Beamte ohne Genehmigung in das Ausland entsenden, wenn ohne die sofortige Entsendung der Ermittlungszweck nicht erreicht werden kann und die ausländische Behörde vorher zugestimmt hat. Der obersten Verwaltungsbehörde ist gleichzeitig mit der Entsendung der Beamtin oder des Beamten zu berichten.

(2) Soll nach Bewilligung der Auslieferung oder der Vollstreckungshilfe entsprechend dem Ersuchen eine Person auf dem Luftweg in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland überstellt werden, darf eine notwendige Zahl von Polizeibediensteten in das Ausland ohne Genehmigung entsandt werden.

Nr. 142
Genehmigung der ausländischen Regierung

(1) Eine deutsche Richterin oder Beamtin oder ein deutscher Richter oder Beamter darf an Amtshandlungen im Ausland nur mit vorheriger Genehmigung der ausländischen Regierung teilnehmen, sofern diese die Anwesenheit nicht generell gestattet hat. Ist die Genehmigung nicht von der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde eingeholt und der Richterin oder Beamtin oder dem Richter oder Beamten mitgeteilt worden, hat sie oder er sich vor Reiseantritt der Unterstützung der ersuchten Behörde oder der deutschen Auslandsvertretung zu bedienen.

(2) Ausländische Bedingungen und Wünsche sind stets genau zu beachten, auch wenn sie erst im Ausland durch eine ausländische Behörde mitgeteilt werden.

3. Abschnitt
Grenzüberschreitende besondere Ermittlungsmethoden

Nr. 142a
Grenzüberschreitende Observation (einschließlich kontrollierter Lieferung)

(1) Einer vorherigen Genehmigung nach den Vorschriften dieses Teils bedarf es für die Tätigkeit im Rahmen von grenzüberschreitenden Observationen aufgrund völkerrechtlicher Übereinkünfte nicht, soweit diese ein hoheitliches Tätigwerden ohne vorherige Genehmigung gestatten.

(2) Im Übrigen soll bei eingehenden Ersuchen die Behörde entscheiden, in deren Bereich die verkehrsgünstigste Verbindung liegt, wenn andere Anhaltspunkte für den voraussichtlichen Ort des Grenzübertritts fehlen.

Nr. 142b
Gemeinsame Koordinierungsgruppen

Die Vorschriften des 1. und 2. Abschnitts gelten für die Teilnahme von Richterinnen, Richtern, Beamtinnen und Beamten an Gruppen- oder Arbeitstreffen, die den Zweck haben, im Einzelfall einen Informationsaustausch durchzuführen oder strafrechtliche Ermittlungen international zu koordinieren und zu unterstützen. Die Herausgabe von Beweismaterial ist nur zulässig, soweit sie von der Bewilligung erfasst ist.

Nr. 142c
Gemeinsame Ermittlungsgruppen

(1) Die Errichtung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe oder eines gemeinsamen Ermittlungsteams (vgl. Artikel 24 des Übereinkommens vom 18. Dezember 1997 auf Grund von Artikel K.3 des Vertrags über die gegenseitige Amtshilfe und Zollzusammenarbeit der Zollverwaltungen – Neapel II) und die Änderung der Errichtungsvereinbarung stellen Angelegenheiten besonderer Bedeutung dar, über die nach Nr. 13 zu berichten ist. Die Unterrichtung des nationalen Mitglieds von EUROJUST (§ 6 Eurojust-Gesetz – EJG) erfolgt grundsätzlich nach Äußerung der nach Satz 1 zuständigen Behörde.

(2) Die Notwendigkeit der Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe ist zu begründen. Eine solche Maßnahme soll nur angeregt werden, wenn schwierige und aufwändige Ermittlungen zu führen sind, die eine über Nr. 142b hinausgehende abgestimmte Vorgehensweise erfordern.

(3) Die Formulierung der Errichtungsvereinbarung soll sich an den Mustern orientieren, die von der Europäischen Union (Amtsblatt der EU vom 23. Mai 2003, C 121) oder dem Bundesamt für Justiz zur Verfügung gestellt werden.

(4) Die Arbeit der gemeinsamen Ermittlungsgruppe kann durch EUROJUST und EUROPOL unterstützt werden.

(5) Nach Maßgabe der Vereinbarung kann ein entsandtes ausländisches Mitglied der Gruppe mit der Durchführung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen betraut werden (vgl. auch § 93 IRG).

(6) Für die Teilnahme von deutschen Richterinnen, Richtern, Beamtinnen oder Beamten an gemeinsamen Ermittlungsgruppen im Ausland ist Nr. 142 Abs. 2 zu beachten.

Fünfter Teil
Verfolgungsersuchen

Nr. 143
(unbesetzt)
Nr. 144
Eingehende Verfolgungsersuchen

(1) Die ersuchende Behörde ist, soweit der unmittelbare Geschäftsweg zugelassen ist, über Einleitung und Ausgang des Straf- oder Bußgeldverfahrens zu unterrichten. In den übrigen Fällen berichtet die Verfolgungsbehörde hierüber der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde. In beiden Fällen ist eine Mehrfertigung der verfahrensabschließenden Entscheidung beizufügen.

(2) Für fehlerhafte Zuleitungen gilt Nr. 17 entsprechend.

(3) Zur Verfügung gestellte Akten, sonstige Unterlagen und Gegenstände sind nach Abschluss des Verfahrens zurückzugeben, wenn die ausländische Behörde darum gebeten hat.

Nr. 145
Voraussetzungen eines ausgehenden Verfolgungsersuchens

(1) Hält sich eine Person, die im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland wegen einer Straftat, für die eine Auslieferung nicht in Betracht kommt (vgl. Nr. 88) oder wegen einer Ordnungswidrigkeit verfolgt wird, im Ausland auf, hat die Verfolgungsbehörde zu prüfen, ob der ausländische Staat um Verfolgung ersucht werden soll. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

(2) Entsprechend ist zu verfahren, wenn ein Ersuchen um Vollstreckungshilfe (vgl. Nr. 105) nicht in Betracht kommt.

Nr. 146
Form und Inhalt eines ausgehenden Verfolgungsersuchens

(1) Bei Ersuchen um Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit sind die in völkerrechtlichen Übereinkünften enthaltenen Sonderregelungen insbesondere zum Geschäftsweg zu beachten. Soll um die Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit ersucht werden, ist der obersten Justiz- oder Verwaltungsbehörde zu berichten, wenn nicht der unmittelbare Geschäftsweg zugelassen ist.

(2) Dem Bericht (vgl. Muster Nr. 34) oder dem Ersuchen (vgl. Muster Nr. 34a) sind beizufügen:

a)
eine für die ausländische Verfolgungsbehörde bestimmte Sachverhaltsdarstellung in der sich aus Nr. 30 Abs. 4 ergebenden Anzahl und
b)
falls kein Übersetzungsverzicht vereinbart ist, zwei Fertigungen einer Übersetzung der Sachverhaltsdarstellung.

Um einem ausländischen Rechtshilfeersuchen zuvorzukommen, sollte eine Mehrfertigung der Akten oder wesentlicher Aktenteile beigefügt werden.

(3) Die Sachverhaltsdarstellung (vgl. Muster Nr. 35) muss Angaben über die Person und die Staatsangehörigkeit der beschuldigten Person, über das Ergebnis der bisherigen Ermittlungen und über die etwa sonst zur Vorbereitung der Verfolgung getroffenen Maßnahmen enthalten. Soweit sich diese Angaben bereits aus einer gegen diese erhobenen Anklage oder aus einem gegen diese ergangenen Urteil ergeben, kann in der Sachverhaltsdarstellung auf die beizufügende Anklage oder das Urteil Bezug genommen werden, es sei denn, dass eine Übersetzung nach Absatz 2 Buchst. b beizufügen ist. Hat die beschuldigte Person wegen der Tat Untersuchungs- oder Strafhaft erlitten, ist deren Dauer mitzuteilen. Die auf den Fall anwendbaren deutschen Bestimmungen sind im Wortlaut wiederzugeben.

(4) Ein Ersuchen um Verfolgung hindert die weitere Verfolgung im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland nur, wenn und soweit dies in einer völkerrechtlichen Übereinkunft bestimmt ist.

Nr. 147
Vorbereitende Maßnahmen

Bei Gefahr im Verzug können zur Vorbereitung der Verfolgung im Ausland gemäß Nr. 6 über das Bundeskriminalamt Maßnahmen angeregt werden.

Sechster Teil
Mitteilungen über Auslandsverurteilungen

Nr. 148
Mitteilungen ausländischer Stellen

Amtliche Mitteilungen ausländischer Stellen über Verurteilungen deutscher Staatsangehöriger im Ausland sind – soweit sie unmittelbar bei einer Strafverfolgungsbehörde oder einem Gericht eingehen – dem Bundesamt für Justiz – Bundeszentralregister – auf direktem Weg zuzuleiten. Nr. 24 gilt entsprechend.

Kapitel B
Besondere Richtlinien für den Verkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union

Erster Teil
Allgemeines

Nr. 149
Geltung der Regelungen von Kapitel A

Die in Kapitel A enthaltenen Vorschriften finden im Rechtshilfeverkehr mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union entsprechende Anwendung, soweit sich aus den Vorschriften in Kapitel B nichts anderes ergibt.

Nr. 150
Völkerrechtliche Vereinbarungen

Völkerrechtliche Vereinbarungen bleiben neben den in das nationale Recht umgesetzten Rahmenbeschlüssen des Rates der Europäischen Union weiterhin anwendbar, soweit ihre Regelungen über die Regelungen der Rahmenbeschlüsse hinaus die Rechtshilfe erleichtern oder beschleunigen und Einvernehmen zwischen den betroffenen Mitgliedstaaten über ihre weitere Anwendbarkeit besteht.

Nr. 151
Einschaltung von EUROJUST und Europäischem Justizellen Netz (EJN)

EUROJUST und EJN sind Einrichtungen der EU und können strafrechtliche Verfahren mit internationalem Bezug wirkungsvoll unterstützen, insbesondere wenn Kontakte auf dem unmittelbaren Geschäftsweg nicht ausreichend sind. Bei bilateralen Ersuchen bietet sich vorrangig die Nutzung des EJN an.

(2) Das EJN ist dezentral organisiert und hat Ansprechpartner in allen Mitgliedstaaten. Kontakte erfolgen über die EJN-Kontaktstellen. In Deutschland sind Kontaktstellen in jedem Bundesland bei einer Staatsanwaltschaft, beim Generalbundesanwalt und beim Bundesamt für Justiz eingerichtet. Allgemeine Informationen mit praktisch wichtigen Hinweisen zur Rechtshilfe (z. B. Zuständigkeit der Justizbehörden in den Mitgliedstaaten mit Anschriften, Wörterbuch, Vordrucke) können über die Internetadresse abgerufen werden.

(3) EUROJUST ist im Gegensatz zum EJN zentral in Den Haag angesiedelt. Auf die Internetadresse www.eurojust.europa.eu wird verwiesen.

(4) Wird Kontakt zu EUROJUST aufgenommen, empfiehlt sich, zugleich die zuständige EJN-Kontaktstelle zu unterrichten.

(5) Bei Meinungsverschiedenheiten mit EUROJUST (vgl. auch § 5 EJG) ist der obersten Justizbehörde zu berichten. Unberührt bleiben die Berichtspflichten nach allgemeinen Vorschriften.

Nr. 152
Stufensystem des § 1 Abs. 4 IRG bei eingehenden Ersuchen

Ergibt sich die Zulässigkeit der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens nicht aus dem Achten Teil des IRG, kann sie sich aus Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen ergeben, soweit diese unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind. Hilfsweise kann sich die Zulässigkeit aus den Vorschriften des IRG zum Bereich der vertragslosen Rechtshilfe ergeben, soweit die Regelungen im Achten Teil nicht abschließend sind.

Zweiter Teil
 Europäischer Haftbefehl

Nr. 153
Materialien und Muster zum Europäischen Haftbefehl

(1) Materialien zum Europäischen Haftbefehl und zur Anwendung in den Mitgliedstaaten der EU sind im Internet unter anderem abrufbar unter

a)
www.consilium.europa.eu
b)
www.ejn-crimjust.europa.eu
c)
http://www.thüringen.de/de/Justiz/Rechtshilfe/

(2) Auf die Muster Nr. 41 – Antrag auf amtsrichterliche Vernehmung bei Europäischem Haftbefehl, Muster Nr. 42 – Antrag auf Auslieferungshaftbefehl bei Europäischem Haftbefehl und Nr. 43 – Bewilligung der Auslieferung bei Europäischem Haftbefehl wird hingewiesen.

Nr. 154
Besondere Berichtspflicht

Unbeschadet der sonstigen Berichtspflichten berichtet die zuständige deutsche Behörde der obersten Justizbehörde vorab und zeitnah, wenn der Wegfall der Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit nach § 81 Nr. 4 IRG zu Schwierigkeiten führt.

Erster Abschnitt
Eingehende Ersuchen

Nr. 155
Anwendungsbereich, anzuwendende Vorschriften

Dieser Abschnitt gilt für eingehende Auslieferungsersuchen aus einem Mitgliedstaat unabhängig davon, ob ein Europäischer Haftbefehl oder die in § 10 IRG genannten Unterlagen übermittelt werden. Eine in das Schengener Informationssystem (SIS) eingestellte Ausschreibung nach Artikel 95 SDÜ gilt als Europäischer Haftbefehl nach Maßgabe des § 83a Abs. 2 IRG.

Nr. 156
Verfahren nach Festnahme aufgrund einer SIS- oder INTERPOL-Ausschreibung

Nach einer Festnahme übermittelt das Bundeskriminalamt entsprechend Nr. 6 die bei ihm vorhandenen Unterlagen, insbesondere, soweit vorhanden, das Formular des Europäischen Haftbefehls sowie die Bezeichnung und Anschrift der ersuchenden Justizbehörde (mit E-Mail-Adresse, Telefon- und Faxnummer), und eine Übersetzung des Sachverhalts und dessen rechtlicher Würdigung an die zuständige Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht und an die festnehmende Polizeidienststelle zur Vorlage bei dem zuständigen Gericht.

Das Bundeskriminalamt teilt dem SIRENE- bzw. INTERPOL-Büro des ersuchenden Mitgliedstaates Name und Anschrift der zuständigen Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht (mit Telefon- und Faxnummer und E-Mail-Anschrift) mit.

Nr. 157
Ergänzung der Auslieferungsunterlagen

(1) Hält die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht über die übermittelten Unterlagen hinaus weitere Unterlagen zur Durchführung des Auslieferungsverfahrens für erforderlich, so sind diese unter Gewährung einer angemessenen Frist auf dem unmittelbaren Geschäftsweg beim ersuchenden Mitgliedstaat anzufordern. Auf die Notwendigkeit der Beifügung von Übersetzungen ist gegebenenfalls (vgl. Länderteil) hinzuweisen. Liegt ein Europäischer Haftbefehl nur in elektronisch übermittelter Form vor und bestehen Zweifel an der Echtheit, die nicht auf andere geeignete Weise ausgeräumt werden können, soll der ersuchende Staat unverzüglich aufgefordert werden, das Original oder eine beglaubigte Abschrift zu übermitteln.

(2) Wird um Auslieferung zur Vollstreckung eines Abwesenheitsurteils ersucht und fehlt eine den Voraussetzungen des § 83 Nr. 3 IRG genügende Erklärung, ist dem ersuchenden Staat unverzüglich und unter Gewährung einer angemessenen Frist Gelegenheit zur Vervollständigung der Auslieferungsunterlagen zu geben. Dabei soll der ersuchende Staat zu einer Darstellung der Rechtsgrundlagen für ein neues Verfahren in Anwesenheit der verfolgten Person aufgefordert werden.

Nr. 158
Auslieferung deutscher Staatsangehöriger

(1) Die Entscheidung, ob die Bewilligung der Auslieferung nach § 83b Abs. 1 Buchst. a und b IRG abgelehnt wird, ist nach denselben Grundsätzen zu treffen, die bei mehrfacher örtlicher Zuständigkeit in Deutschland gelten. Der Effektivität der Strafverfolgung kommt bei dieser Entscheidung besondere Bedeutung zu. Im Zweifel ist bei deutschen Staatsangehörigen die Bewilligung der Auslieferung zur Strafverfolgung abzulehnen und in Deutschland ein Verfahren zu führen.

(2) Die nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 IRG erforderliche Sicherung der Rücküberstellung zur Vollstreckung kann dadurch gewährleistet werden, dass die Auslieferung unter der Bedingung bewilligt wird, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbietet, die verfolgte Person auf deren Wunsch in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zurück zu überstellen. Die verfolgte Person ist vor der Überstellung auf das Recht auf Rücküberstellung in geeigneter Form hinzuweisen.

(3) Die Rücküberstellung einer nach § 80 IRG ausgelieferten Person richtet sich nach den gesetzlichen und vertraglichen Vorschriften über die Vollstreckungshilfe.

Nr. 159
Auslieferung ausländischer Staatsangehöriger

(1) In Bezug auf die Entscheidung, ob die Bewilligung der Auslieferung nach § 83b Abs. 1 Buchst. a und b IRG abgelehnt wird, gelten Nr. 158 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2.

(2) Bei der Auslieferung von ausländischen Staatsangehörigen, die im Inland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, kann die Bewilligung ferner nach § 83b Abs. 2 IRG abgelehnt werden. Bei der Prüfung, ob sich eine Person gewöhnlich im Inland aufhält, kommen der Rechtmäßigkeit und der Dauer des Aufenthaltes sowie familiären und beruflichen Bindungen Indizwirkung zu. Erforderlichenfalls holt die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht eine Stellungnahme der zuständigen Behörde der inneren Verwaltung ein. Im Rahmen der nach § 83b Abs. 2 Buchst. b IRG erforderlichen Ermessensausübung ist neben der Dauer des Aufenthaltes und der familiären und sozialen Bindung der verfolgten Person im Inland auch die Erreichbarkeit des mit einer Strafvollstreckung im Inland verfolgten Resozialisierungszieles zu berücksichtigen.

Nr. 159a
Anhörung der verfolgten Person

Im Auslieferungsverfahren nach dem Achten Teil des IRG erfolgt die erste Anhörung der verfolgten Person über § 22 IRG hinaus (zugleich auch) gemäß § 28 IRG, soweit ein Europäischer Haftbefehl oder eine Ausschreibung im SIS vorliegt.

Nr. 160
Durchlieferung

Für die Durchlieferung Deutscher aus einem Mitgliedstaat durch Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat gilt Nr. 158 Abs. 1 entsprechend.

Nr. 161
Besondere Berichtspflichten

(1) Die oberste Justizbehörde ist nach Entscheidung über die Bewilligung unter Beifügung von zwei Kopien der Auslieferungsunterlagen, der Bewilligungsentscheidung sowie gegebenenfalls der gerichtlichen Zulässigkeitsentscheidung und der Angabe des Übergabedatums zu unterrichten.

(2) Unbeschadet der sonstigen Berichtspflichten berichtet die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht vorab und zeitnah, wenn

a)
eine Entscheidung nach § 83b Abs. 1 Buchst. c IRG getroffen werden soll,
b)
das Auslieferungsersuchen mit einem deutschen Strafanspruch zusammentrifft und zwischen den zuständigen deutschen Staatsanwaltschaften kein Einvernehmen über den Vorrang der Auslieferung erzielt werden kann.

(3) Die oberste Justizbehörde ist zu unterrichten, wenn die Fristen in § 83c Abs. 1 bis 3 und 5 IRG nicht eingehalten werden können.

Zweiter Abschnitt
Ausgehende Ersuchen

Nr. 162
Europäischer Haftbefehl

Im Auslieferungsverkehr mit Mitgliedstaaten ist das Formular des Europäischen Haftbefehls (Vordruck Nr. 40) zu verwenden. Der Europäische Haftbefehl ist auf aktuellem Stand zu halten.

Nr. 163
Verfahren nach Festnahme einer international ausgeschriebenen Person

(1) Nach Mitteilung einer Festnahme

a)
übersendet das Bundeskriminalamt das von ihm erstellte Begleitpapier A an das SIRENE-Büro des festnehmenden Mitgliedstaates (oder, soweit ein solches nicht besteht, an das INTERPOL-Büro des festnehmenden Mitgliedstaates),
b)
teilt das Bundeskriminalamt diesem Büro mit, dass eine beglaubigte Mehrfertigung des Europäischen Haftbefehls und, soweit erforderlich (vgl. Länderteil), eine Übersetzung auf dem unmittelbaren Geschäftsweg zwischen den betroffenen Justizbehörden nachgereicht wird und
c)
gibt das Bundeskriminalamt Bezeichnung und Anschrift der ersuchenden Behörde (mit E-Mail-Adresse, Telefon- und Faxnummer) an.

Das Bundeskriminalamt unterrichtet die zuständige deutsche Justizbehörde entsprechend Nr. 6 von der Festnahme und teilt dieser Bezeichnung und Anschrift der zuständigen Behörde des festnehmenden Mitgliedstaates (mit E-Mail-Adresse, Telefon- und Faxnummer) mit. Entsprechendes gilt, wenn mehrere Europäische Haftbefehle vorliegen.

(2) Die durch das Bundeskriminalamt von der Festnahme unterrichtete zuständige deutsche Justizbehörde erstellt das Exemplar eines Europäischen Haftbefehls, soweit noch keines ausgestellt ist. Sie übersendet eine beglaubigte Mehrfertigung des ihr vorliegenden oder nach Satz 1 hergestellten Exemplars in deutscher Sprache unverzüglich auf dem unmittelbaren Geschäftsweg der zuständigen Behörde des festnehmenden Mitgliedstaates und fügt, soweit erforderlich (vgl. Länderteil), eine von ihr gefertigte Übersetzung bei.

Nr. 164
Zusicherung der Rücküberstellung

(1) Verlangt ein Mitgliedstaat bei der Auslieferung die Zusicherung, dass die verfolgte Person nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion auf deren Wunsch zur weiteren Vollstreckung zurück überstellt wird, ist eine Erklärung folgenden Inhalts von der für das Auslieferungsverfahren zuständigen Bewilligungsbehörde abzugeben:

„Es wird zugesichert, dass die verfolgte Person im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung in der Bundesrepublik Deutschland auf der Grundlage des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 zur weiteren Strafvollstreckung nach … zurück überstellt wird“.

(2) Sofern der ersuchte Staat eine Auslieferung ausdrücklich davon abhängig macht, dass er die gegen die verfolgte Person zu verhängende Strafe im Verfahren nach Artikel 9 Abs. 1 Buchst. b i. V. m. Artikel 11 des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 vollstrecken kann, kann zusätzlich folgende Zusicherung abgegeben werden:

„Die Überstellung erfolgt bedingungsfrei, so dass gegebenenfalls das Umwandlungsverfahren nach Artikel 11 des vorbezeichneten Übereinkommens angewendet werden kann.“

Nr. 165
Besondere Berichtspflichten

(1) Die oberste Justizbehörde ist nach Übergabe oder Eingang der ablehnenden Entscheidung unter Beifügung von zwei Kopien der Auslieferungsunterlagen, der Bewilligungsentscheidung sowie gegebenenfalls der gerichtlichen Zulässigkeitsentscheidung und der Angabe des Übergabedatums zu unterrichten.

(2) Unbeschadet der sonstigen Berichtspflichten berichtet die zuständige deutsche Behörde der obersten Justizbehörde unverzüglich, wenn abweichend von den im Länderteil enthaltenen Hinweisen Übersetzungen des Formulars des Europäischen Haftbefehls gefordert wurden.

(3) Die oberste Justizbehörde ist zu unterrichten, wenn im RB-EuHb enthaltene Fristen ohne sachlichen Grund erheblich überschritten wurden.

Kapitel C
Zusammenstellung der Übergabe- und Übernahmeorte und der Muster

Erster Teil
Zusammenstellung der Übergabe- und Übernahmebehörden, Grenzorte und Justizvollzugsanstalten

Zusammenstellung

Zweiter Teil
Bedeutung der Muster

Die nachstehenden Muster sollen die Anwendung der Richtlinien erleichtern und Hinweise für die Ausgestaltung der einzelnen Schriftstücke geben. Soweit sie nicht als Vordrucke bezeichnet sind, kann von Ihnen abgewichen werden. Das wird nicht nur wegen der Besonderheiten des einzelnen Falls, sondern vor allem auch mit Rücksicht auf die unterschiedliche Verwaltungspraxis in den Ländern in Frage kommen. Auch vom Europäischen Justiziellen Netz (EJN) und anderen europäischen Einrichtungen oder Netzwerken herausgegebene Muster können verwendet werden, soweit sie im Einzelfall geeignet sind.

Bedeutung der Muster
Muster Nr. Bedeutung
Muster Nr. 1 Begleitschreiben bei eingehenden Ersuchen (zu Nr. 11 Ziff. 1 Buchstabe a, Nr. 23 Abs. 1)
Muster Nr. 2 Begleitschreiben bei ausgehenden Ersuchen (zu Nr. 11 Ziff. 1 Buchstabe b, Nr. 30 Abs. 1)
Muster Nr. 2a Zweisprachiges Begleitschreiben bei ausgehenden Ersuchen - Deutsch/
Englisch – (zu Nr. 11 Ziff. 1 Buchstabe b, Nr. 14 Abs. 3, Nr. 30 Abs. 1)
Muster Nr. 3 Beglaubigungsvermerk zum Zweck der Legalisation (zu Nr. 28 Abs. 3)
Vordruck Nr. 3a Vereinfachte Form der Echtheitsbestätigung (sog. Apostille) (zu Nr. 28 Abs. 2)
Muster Nr. 4 Antrag auf Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft (zu Nr. 37 Abs. 1)
Muster Nr. 5 Bericht über die vorläufige Auslieferungshaft und Festnahme (zu Nr. 39)
Muster Nr. 6 Antrag auf amtsrichterliche Vernehmung eines Verfolgten (zu Nr. 40)
Muster Nr. 7 Bericht nach Abschluss des Zulässigkeitsverfahrens (zu Nr. 50 Abs. 1)
Muster Nr. 8 Bericht bei vereinfachter Auslieferung (zu Nr. 50 Abs. 2)
Muster Nr. 9 Verfügung der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht zur Durchführung der Auslieferung (zu Nr. 52, Nr. 53)
Muster Nr. 10 Benachrichtigung des Bundesverwaltungsamts – Ausländerzentralregister -, des Bundeskriminalamts und des Landeskriminalamts von der Auslieferung bzw. Durchlieferung (zu Nr. 55 Abs. 3, Nr. 60 Abs. 1)
Muster Nr. 11 Antrag an das Oberlandesgericht auf Erlass eines Durchlieferungshaftbefehls (zu Nrn. 60 ff.)
Muster Nr. 12 Antrag auf Anhörung des Verurteilten zu einem Vollstreckungshilfeersuchen (zu Nr. 66 Abs. 2)
Muster Nr. 13 Antrag an die Strafvollstreckungskammer zur Entscheidung über die Vollstreckbarkeit (zu Nr. 68)
Muster Nr. 14 Bericht nach Entscheidung der Strafvollstreckungskammer (zu Nr. 69 Abs. 2)
Muster Nr. 15 Mitteilung an das Bundeszentralregister von der Vollstreckbarkeitsentscheidung (zu Nr. 71)
Muster Nr. 16 Zustellungszeugnis (zu Nr. 78 Abs. 2)
Muster Nr. 16a Verfügung zum Zustellungszeugnis (zu Nr. 78 Abs. 2)
Muster Nr. 17 Empfangsbekenntnis (zu Nr. 78 Abs. 3)
Muster Nr. 18 Ersuchen um vorläufige Inhaftnahme (zu Nr. 86 Abs. 3)
Muster Nr. 19 Auslieferungsbericht (zu Nr. 91 Abs. 1)
Muster Nr. 20 Schreiben an die deutsche Auslandsvertretung in Eilfällen (zu Nr. 93a)
Muster Nr. 21 Bescheinigung der Rechtskraft und der Vollstreckbarkeit eines Straferkenntnisses (zu Nr. 92 Abs. 1 und 3, Nr. 95)
Muster Nr. 22 Haftbefehl (zu Nr. 94)
Muster Nr. 23 Einlieferungsvermerk (zu Nr. 101 Abs. 1)
Muster Nr. 23a Rücklieferungshaftbefehl (zu Nr. 103)
Muster Nr. 24 Bericht vor Stellung eines Vollstreckungshilfeersuchens (zu Nr. 105)
Muster Nr. 25 Antrag auf Anhörung der verurteilten Person zu einem Vollstreckungshilfeersuchen (zu Nr. 108 Abs. 1)
Muster Nr. 26 Antrag an das Oberlandesgericht gemäß § 71 Abs. 4 IRG (zu Nr. 109)
Muster Nr. 27 Vorlage weiterer Vollstreckungshilfeunterlagen (zu Nr. 112)
Muster Nr. 28 Ersuchen um Durchsuchung, Beschlagnahme und Herausgabe (zu Nr. 114 Abs. 1)
Muster Nr. 29 Ersuchen um Herausgabe von Gegenständen (zu Nr. 114 Abs. 1)
Muster Nr. 30 Beschlagnahmebeschluss (zu Nr. 114 Abs. 2)
Muster Nr. 31 Ersuchen um Zustellung (zu Nr. 115)
Muster Nr. 31a Ersuchen um Zustellung (zu Nr. 115)
Muster Nr. 31b Zweisprachiges Ersuchen um Zustellung – Deutsch/Englisch – (zu Nr. 14 Abs. 3, Nr. 115)
Muster Nr. 31c Ladung von Zeugen im Ausland (zu Nr. 116)
Muster Nr. 31d Ladung von Zeugen im Ausland – Englisch – (zu Nr. 116)
Muster Nr. 32 Ersuchen um Vernehmung eines Beschuldigten (zu Nr. 117)
Muster Nr. 32a Ersuchen um Vernehmung von Zeugen (zu Nr. 117)
Muster Nr. 33 Ersuchen um Auskunft (zu Nr. 118 Abs. 2)
Muster Nr. 33a Ersuchen um Erteilung einer Auskunft aus dem Strafregister (zu Nr. 118 Abs. 2)
Muster Nr. 33b Zweisprachiges Ersuchen um Erteilung einer Auskunft aus dem Strafregister – Deutsch/Englisch – (zu Nr. 14 Abs. 3, Nr. 118 Abs. 2)
Muster Nr. 34 Bericht zu einem ausgehenden Verfolgungsersuchen (zu Nr. 146 Abs. 2)
Muster Nr. 34a Unmittelbares ausgehendes Verfolgungsersuchen (zu Nr. 146 Abs. 1)
Muster Nr. 35 Sachverhaltsdarstellung als Unterlage eines ausgehenden Verfolgungsersuchens (zu Nr. 146 Abs. 3)
Vordruck Nr. 40 Europäischer Haftbefehl (zu Nr. 162 RiVASt, zu Nr. 6 der Anlage F der RiStBV)
Vordruck Nr. 40a Begleitschreiben zur Einleitung der internationalen Fahndung zur Festnahme (zu Nr. 6 und 8 der Anlage F der RiStBV)
Muster Nr. 41 Verfügung zum Antrag auf amtsrichterliche Vernehmung eines Verfolgten bei Auslieferungsverfahren an Mitgliedstaaten der Europäischen Union (zu Nr. 153a)
Muster Nr. 42 Verfügung zum Antrag auf Anordnung der Auslieferungshaft bei Europäischem Haftbefehl (zu Nr. 153a)
Muster Nr. 43 Verfügung zur Bewilligung der Auslieferung bei Europäischem Haftbefehl (zu Nr. 153a)

Muster

Muster Nr. 1

Muster Nr. 2

Muster Nr. 2a

Muster Nr. 3

Vordruck Nr. 3a

Muster Nr. 4

Muster Nr. 5

Muster Nr. 6

Muster Nr. 7

Muster Nr. 8

Muster Nr. 9

Muster Nr. 10

Muster Nr. 11

Muster Nr. 12

Muster Nr. 13

Muster Nr. 14

Muster Nr. 15

Muster Nr. 16

Muster Nr. 16a

Muster Nr. 17

Muster Nr. 18

Muster Nr. 19

Muster Nr. 20

Muster Nr. 21

Muster Nr. 22

Muster Nr. 23

Muster Nr. 23a

Muster Nr. 24

Muster Nr. 25

Muster Nr. 26

Muster Nr. 27

Muster Nr. 28

Muster Nr. 29

Muster Nr. 30

Muster Nr. 31

Muster Nr. 31a

Muster Nr. 31b

Muster Nr. 31c

Muster Nr. 31d

Muster Nr. 32

Muster Nr. 32a

Muster Nr. 33

Muster Nr. 33a

Muster Nr. 33b

Muster Nr. 34

Muster Nr. 34a

Muster Nr. 35

Vordruck Nr. 40

Vordruck Nr. 40a

Muster Nr. 41

Muster Nr. 42

Muster Nr. 43

Marginalspalte

Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsJMBl. 2009 Nr. 1, S. 2
    Fsn-Nr.: 313-V09.1

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. Januar 2009

    Fassung gültig bis: 28. Februar 2017