1. Navigation
  2. Inhalt
REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Erlass des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Härtefallregelung für Ausländer mit langjährigem Aufenthalt; Anordnung nach § 32 Ausländergesetz

Vollzitat: Erlass des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Härtefallregelung für Ausländer mit langjährigem Aufenthalt; Anordnung nach § 32 Ausländergesetz vom 10. Dezember 1999 (SächsABl. 2000 S. 2), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 11. Dezember 2007 (SächsABl. SDr. S. S 486)

Erlass
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
Härtefallregelung für Ausländer mit langjährigem Aufenthalt;
Anordnung nach § 32 Ausländergesetz

Vom 10. Dezember 1999

[Berichtigt SächsABl. 2000 S. 142]

Die Innenminister und -senatoren von Bund und Ländern waren sich in ihrer Sitzung am 18./19. November 1999 weiterhin darüber einig, dass im Rahmen des geltenden Ausländer- und Asylrechts verfügte Rückführungen von Ausländern ohne Bleiberecht grundsätzlich konsequent vollzogen werden müssen. Im Hinblick auf den nach wie vor zu hohen Zugang von Asylbewerbern, die aus wirtschaftlichen Gründen und nicht wegen drohender politischer Verfolgung ihre Heimat verlassen und nach Deutschland kommen, haben die Innenminister den Grundsatz bekräftigt, dass unbegründete Asylbegehren nicht zur Erlangung eines dauerhaften Aufenthalts im Bundesgebiet führen dürfen.

In einzelnen Ausnahmefällen, wenn Familien oder Alleinstehende mit Kindern betroffen sind, die sich schon lange auf Grund des vor dem 1. Juli 1993 geltenden Rechts in Deutschland aufhalten und faktisch integriert sind, soll dies jedoch nicht zu vermeidbaren Härten führen. Vor diesem Hintergrund wurde der Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 29. März 1996 auf der Grundlage des § 32 des Ausländergesetzes (AuslG) fortgeschrieben und redaktionell angepasst.

Gemäß § 32 AuslG wird daher im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern Folgendes angeordnet:

1.
Asylbewerberfamilien und abgelehnten Vertriebenenbewerbern mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern kann der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet werden, wenn sie vor dem 1. Juli 1993 eingereist sind, seitdem ihren Lebensmittelpunkt im Bundesgebiet gefunden und sich in die hiesige wirtschaftliche, soziale und rechtliche Ordnung eingefügt haben. Dabei muss der Ausländer mit mindestens einem minderjährigen Kind in häuslicher Gemeinschaft leben, das sich seit dem 1. Juli 1993 oder seit seiner Geburt im Bundesgebiet aufhält. In die Regelung können auch die während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet volljährig gewordenen Kinder einbezogen werden, die eine Ausbildung durchlaufen, die zu einem anerkannten Bildungs- beziehungsweise Ausbildungsabschluss führt, oder die bereits beruflich eingegliedert sind.
Diese Regelung soll die Personen betreffen, die trotz der Ablehnung des Asylantrags aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen Deutschland nicht verlassen haben. Deshalb scheidet ein Verbleib aus, wenn die Aufenthaltsbeendigung von dem Ausländer vorsätzlich hinausgezögert wurde (zum Beispiel selbst verursachte Passlosigkeit, Aufgabe der Staatsangehörigkeit, verzögerte sukzessive Asylanträge, wiederholte Folgeanträge, zwischenzeitliches Untertauchen).
2.
Der weitere Aufenthalt wird durch Erteilung und Verlängerung einer Aufenthaltsbefugnis für jeweils längstens zwei Jahre gewährt. Sowohl die Erteilung als auch jede Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis setzen außer der Erfüllung der Passpflicht das Vorliegen und Fortbestehen folgender Integrationsbedingungen am 19. November 1999 voraus:
 
a)
Der Lebensunterhalt der Familie einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ist durch legale Erwerbstätigkeit ohne zusätzliche Mittel der Sozialhilfe gesichert.
Ausnahmen können in besonderen Härtefällen gemacht werden:
 
 
bei Auszubildenden in einem anerkannten Lehrberuf,
 
 
bei Ausländerfamilien mit Kindern, die vorübergehend auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen sind sowie
 
 
bei Alleinerziehenden mit kleinen Kindern, soweit ihnen nach § 18 Abs. 3 des Bundessozialhilfegesetzes eine Arbeitsaufnahme nicht zumutbar ist,
 
 
bei erwerbsunfähigen Personen, deren Lebensunterhalt einschließlich einer erforderlichen Betreuung und Pflege in sonstiger Weise ohne Leistungen der öffentlichen Hand dauerhaft gesichert ist, es sei denn, die Leistungen beruhen auf Beitragsleistungen.
 
b)
Die Familie verfügt über ausreichenden Wohnraum.
 
c)
Kinder im schulpflichtigen Alter besuchen die Schule.
 
d)
Ausweisungsgründe nach § 46 Nr. 1 bis 4 und § 47 AuslG liegen nicht vor; illegale Einreise und kurzzeitiger illegaler Aufenthalt (drei Monate) schaden nicht.
 
e)
Der Ausländer hat während seines Aufenthalts im Bundesgebiet keine vorsätzliche Straftat begangen. Geldstrafen bis zu 50 Tagessätzen können außer Betracht bleiben.
 
Unverschuldete Arbeitslosigkeit steht einer Verlängerung nicht entgegen.
3.
Bei Ehegatten ist ein Familiennachzug auf bereits am 19. November 1999 bestehende Ehen beschränkt. Im Übrigen ist ein Familiennachzug nach § 22 AuslG ausgeschlossen.
4.
Die für eine Altfallentscheidung in Betracht kommenden Familienmitglieder müssen sich innerhalb einer von der Ausländerbehörde zu setzenden Frist von längstens sechs Wochen entscheiden,
 
ob sie noch anhängige asyl-, ausländerrechtliche und vertriebenenrechtliche Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren weiter betreiben oder
 
ob sie einen weiteren Aufenthalt nach der Altfallregelung beantragen wollen. In diesem Falle müssen alle Familienmitglieder innerhalb der Frist durch Antragsrücknahme alle noch anhängigen Verfahren zum Abschluss bringen.
5.
Die vorstehenden Regelungen gelten entsprechend für alleinstehende Personen und Ehegatten ohne Kinder, die vor dem 1. Januar 1990 eingereist sind. Dies gilt auch, wenn sie sich zuvor im Beitrittsgebiet aufgehalten haben.
6.
Die differenzierte Beschlusslage der Innenministerkonferenz zur Rückführung von ehemaligen Bürgerkriegsflüchtlingen aus Bosnien und Herzegowina trägt sowohl der Lage vor Ort als auch den Interessen der Betroffenen Rechnung. Aus diesem Grund erhalten Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina kein Bleiberecht auf der Grundlage dieses Beschlusses.
7.
Die Regelung gilt wie bisher in Anlehnung an den Beschluss vom 29. März 1996 nicht für Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien einschließlich Kosovo.

Die Durchführung der Altfallregelung wird durch den Bund zentral statistisch erfasst. Die unteren Ausländerbehörden teilen den Regierungspräsidien monatlich unverzüglich mit, wie viele Personen einen Antrag nach dieser Regelung gestellt haben und wie vielen Personen daraufhin eine Aufenthaltsbefugnis erteilt oder nicht erteilt wurde (unter Angabe der Ablehnungsgründe). Ferner sind folgende Personendaten mitzuteilen: Name, Staatsangehörigkeit, Geburtsdatum, Geschlecht, Personenstand und Zahl der minderjährigen Kinder. Hierbei ist zwischen Asylbewerbern und abgelehnten Vertriebenenbewerbern zu unterscheiden.

Die Regierungspräsidien fassen die Meldungen zusammen und übermitteln sie unverzüglich dem Sächsischen Staatsministerium des Innern.

Ausschließlich zuständig für die Bearbeitung (einschließlich der Auswertung der hierfür benötigten Akten der Zentralen Ausländerbehörde) und Entscheidung der Anträge auf Grund dieser Regelung sind die unteren Ausländerbehörden.

Es ist sicher zu stellen, dass unverzüglich, spätestens bis zum 31. Dezember 2000, über alle in Betracht kommenden Altfälle abschließend entschieden worden ist.

Vor jeder Abschiebung ist sicher zu stellen, dass die abzuschiebenden Personen nicht von der Altfallregelung begünstigt werden. Die Gründe sind aktenkundig zu machen.

Dieser Erlass ist durch sichtbaren Aushang in allen Unterbringungseinrichtungen und in den Räumlichkeiten der Ausländerbehörden bekannt zu machen.

Dresden, den 22. November 1999

Sächsisches Staatsministerium des Innern
Daum
Referatsleiter

Marginalspalte

Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsABl. 2000 Nr. 1, S. 2
    Fsn-Nr.: 271-V99.1

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 17. Januar 2000

    Fassung gültig bis: 31. Dezember 2009