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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Hinweise des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken durch die Beschäftigten des Freistaates Sachsen

Vollzitat: Hinweise des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken durch die Beschäftigten des Freistaates Sachsen vom 4. Juli 1996 (SächsABl. S. 832), enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2005 (SächsABl. SDr. S. S 758)

Hinweise
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
über das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken durch die Beschäftigten des Freistaates Sachsen

Az.: 11-0301.4/01

Vom 4. Juli 1996

Im Einvernehmen mit dem Sächsischen Staatsministerium der Finanzen und dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz ergehen zum Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken durch die Beschäftigten des Freistaates Sachsen die nachfolgenden Hinweise:

I
Rechtslage bei Beamten und Richtern

Beamte müssen jeden Anschein vermeiden, im Rahmen ihrer Amtsführung für persönliche Vorteile empfänglich zu sein. Nach § 90 des Beamtengesetzes für den Freistaat Sachsen (SächsBG ) vom 16. Juni 1994 (SächsGVBl. S. 1153) dürfen Beamte, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, Belohnungen oder Geschenke in bezug auf ihr Amt nur mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde oder der letzten obersten Dienstbehörde annehmen.

Ein Verstoß gegen diese Vorschrift stellt bei Beamten ein Dienstvergehen dar (§ 96 Abs. 1 SächsBG). Bei Ruhestandsbeamten oder früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es nach § 96 Abs. 2 Nr. 4 SächsBG als Dienstvergehen, wenn sie gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken in bezug auf ihr früheres Amt verstoßen.

Die für Beamte geltenden Vorschriften gelten für Berufsrichter im Landesdienst entsprechend, soweit das Deutsche Richtergesetz und das Richtergesetz des Freistaates Sachsen nichts anderes bestimmen (§ 3 SächsRiG).

II
Rechtsfolgen

1.    Freiheits- beziehungsweise Geldstrafe

Ein Beamter, der für eine im Zusammenhang mit seinem Amt stehende, an sich nicht pflichtwidrige Handlung einen Vorteil annimmt, fordert oder sich versprechen läßt, macht sich strafrechtlich der Vorteilsannahme schuldig, die nach § 331 Strafgesetzbuch (StGB) mit einer Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft wird. Enthält die Handlung, für die der Beamte einen Vorteil annimmt, fordert oder sich versprechen läßt, eine Verletzung seiner Dienstpflichten, so ist der Tatbestand der Bestechlichkeit gegeben, für die § 332 StGB eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren androht; bereits der Versuch ist strafbar.

2.    Weitere Rechtsfolgen

Neben der Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe sind weitere Rechtsfolgen gesetzlich vorgesehen, zum Beispiel der Übergang des Eigentums an dem aus der rechtswidrigen Tat Erlangten auf den Staat (Verfall, §§ 73 ff. StGB).

Wird ein Beamter wegen Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder längerer Dauer verurteilt, so endet das Beamtenverhältnis kraft Gesetzes mit der Rechtskraft des Urteils (§ 65 SächsBG). Ist der Beamte nach Begehung der Tat in den Ruhestand getreten, so verliert er mit der Rechtskraft der Entscheidung seine Rechte als Ruhestandsbeamter (§ 59 BeamtenversorgungsgesetzBeamtVG).

Wird eine geringere Strafe verhängt, so wird in der Regel ein förmliches Disziplinarverfahren durchgeführt, bei dem der Beamte mit der Entfernung aus dem Dienst, der Ruhestandsbeamte mit der Aberkennung des Ruhegehalts rechnen muß.

Darüber hinaus haftet der Beamte für den durch seine rechtswidrige und schuldhafte Tat entstandenen Schaden im Rahmen des § 97 SächsBG.

III
Erläuterungen

Zur Erläuterung des § 90 SächsBG im einzelnen wird auf folgendes hingewiesen:

  1. „Belohnungen“ oder „Geschenke“ im Sinne des § 90 SächsBG sind alle unentgeltlichen Zuwendungen, auf die der Beamte keinen gesetzlich begründeten Anspruch hat und die ihn materiell oder immateriell objektiv besser stellen (Vorteil).

    Unentgeltlich ist eine Zuwendung auch dann, wenn zwar eine Gegenleistung erfolgt, diese aber in keinem angemessenen Verhältnis zur gewährten Leistung steht.

    Ein derartiger Vorteil kann insbesondere liegen in

    • der Zahlung von Geld,
    • der Überlassung von Gutscheinen oder Gegenständen (zum Beispiel Baumaschinen, Fahrzeuge) zum privaten Gebrauch,
    • besonderen Vergünstigungen bei Privatgeschäften,
    • der Gewährung von Rabatten, die nicht allen Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer allgemeinen Berufsgruppe, der der Beschäftigte angehört, generell eingeräumt werden,
    • der Zahlung unverhältnismäßig hoher Vergütungen für – auch genehmigte – private Nebentätigkeiten (zum Beispiel Gutachten, Erstellung von Abrechnungen),
    • der Mitnahme auf Urlaubsreisen,
    • Bewirtungen,
    • der Gewährung von Unterkunft,
    • dem Bedenken mit einem Vermächtnis sowie
    • sonstigen Zuwendungen jeder Art.

    Es kommt nicht darauf an, ob der Vorteil von der zuwendenden Person unmittelbar oder in ihrem Auftrag von Dritten gewährt wird.

    Für die Anwendbarkeit des § 90 SächsBG ist es auch ohne Bedeutung, ob der Vorteil dem Beamten unmittelbar oder – zum Beispiel bei Zuwendungen an Angehörige – nur mittelbar zugute kommt. Die Weitergabe von Vorteilen an Dritte, zum Beispiel Verwandte, Bekannte, andere Bedienstete oder soziale Einrichtungen, „rechtfertigt“ nicht deren Annahme; auch in diesen Fällen ist die Zustimmung der zuständigen Behörde erforderlich.

  2. „In bezug auf das Amt“ im Sinne des § 90 SächsBG ist ein Vorteil immer dann gewährt, wenn die zuwendende Person sich davon leiten läßt, dass der Beamte ein bestimmtes Amt bekleidet oder bekleidet hat. Ein Zusammenhang mit einer bestimmten Amtshandlung ist darüber hinaus nicht erforderlich; die Amtsbezogenheit ist aber stets zu bejahen, wenn die Zuwendung für oder wegen einer konkreten dienstlichen Handlung erbracht wurde. Zum „Amt“ gehören auch jedes Nebenamt und jede sonstige auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung ausgeübte oder im Zusammenhang mit den dienstlichen Aufgaben des Beamten stehende Nebentätigkeit. Vorteile, die ausschließlich mit Rücksicht auf Beziehungen innerhalb der privaten Sphäre des Beamten gewährt werden, sind nicht „in bezug auf das Amt“ gewährt. Derartige Beziehungen dürfen aber nicht mit Erwartungen in bezug auf die dienstliche Tätigkeit des Beamten verknüpft sein. Erkennt der Beamte, dass an die persönlichen Beziehungen derartige Erwartungen geknüpft werden, darf er weitere Vorteile nicht mehr annehmen. Die unter Nummer 3 dargestellte Verpflichtung, die zuständige Behörde von versuchten Einflußnahmen auf die Amtsführung zu unterrichten und gegebenenfalls um die Genehmigung der Annahme des ihm Zugewendeten nachzusuchen, gilt auch hier.

  3. Der Beamte darf eine nach § 90 SächsBG zu genehmigende Zuwendung erst annehmen, wenn die Zustimmung der zuständigen obersten Dienstbehörde oder der gemäß § 90 Satz 2 SächsBG bestimmten Behörde vorliegt, es sei denn, dass sie nach Nummer 5 als stillschweigend genehmigt anzusehen ist. Die Zustimmung ist schriftlich auf dem Dienstweg zu beantragen. Kann die Zustimmung nicht rechtzeitig herbeigeführt werden, so darf der Beamte die Zuwendung ausnahmsweise vorläufig annehmen, muß aber unverzüglich um die Genehmigung nachsuchen. Hat der Beamte Zweifel, ob die Annahme eines Vorteils unter § 90 SächsBG fällt oder stillschweigend genehmigt ist, so hat er die Genehmigung zu beantragen. Darüber hinaus ist er verpflichtet, über jeden Versuch, seine Amtsführung durch das Angebot von Geschenken, Belohnungen oder sonstigen Vorteilen zu beeinflussen, die nach Satz 1 zuständige Behörde zu unterrichten.

  4. Die Zustimmung zur Annahme eines Vorteils darf nur erteilt werden, wenn nach Lage des Falles nicht zu besorgen ist, dass die Annahme die objektive Amtsführung des Beamten beeinträchtigt oder bei dritten Personen, die von der Zuwendung Kenntnis erlangen, den Eindruck seiner Befangenheit entstehen lassen könnte. Die Zustimmung darf nicht erteilt werden, wenn mit der Zuwendung von seiten der zuwendenden Person erkennbar eine Beeinflussung des amtlichen Handelns beabsichtigt ist oder in dieser Hinsicht Zweifel bestehen. Die Zustimmung kann mit der Auflage erteilt werden, die Zuwendung an eine soziale Einrichtung, an den Dienstherrn oder eine sonstige Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts weiterzugeben; in der Regel wird es zweckmäßig sein, die zuwendende Person von der Weitergabe der Zuwendung zu unterrichten.

    Eine Zustimmung soll schriftlich erteilt werden.

    Die Zustimmung der zuständigen Behörde zur Annahme eines Vorteils schließt jedoch die Strafbarkeit der Tat nicht aus, wenn der Vorteil vom Beamten gefordert worden ist oder die Gegenleistung für eine vergangene oder künftige pflichtwidrige Amtshandlung darstellt.

  5. Die Annahme von nach allgemeiner Auffassung nicht zu beanstandenden geringwertigen Aufmerksamkeiten (zum Beispiel Massenwerbeartikel, die nach ihrer Ausführung als nur geringwertige Aufmerksamkeiten zu bezeichnen sind, weil ihr Wert 10 DM nicht übersteigt) sowie von Geschenken aus dem Mitarbeiterkreis des Beamten (zum Beispiel aus Anlaß eines Dienstjubiläums) im herkömmlichen Umfang kann allgemein als stillschweigend angesehen werden.

    Das gleiche gilt für übliche und angemessene Bewirtung bei allgemeinen Veranstaltungen, an denen der Beamte im Rahmen seines Amtes, in dienstlichem Auftrag oder mit Rücksicht auf die ihm durch sein Amt auferlegten gesellschaftlichen Verpflichtungen teilnimmt, zum Beispiel Einführung und Verabschiedung von Amtspersonen, offizielle Empfänge, gesellschaftliche Veranstaltungen, die der Pflege dienstlicher Interessen dienen, Jubiläen, Grundsteinlegungen, Richtfeste, Einweihungen, Eröffnungen von Ausstellungen, Betriebsbesichtigungen sowie Sitzungen von Organen wirtschaftlicher Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist.

    Die gesellschaftliche Vertretung einer Behörde beschränkt sich auf die Behördenleitung und die von ihr beauftragten Mitarbeiter.

    Als stillschweigend genehmigt kann auch die Teilnahme an amtsangemessenen Bewirtungen aus Anlaß oder bei Gelegenheit dienstlicher Handlungen, Besprechungen, Besichtigungen oder dergleichen angesehen werden, die der Vorbereitung oder Ausführung bestimmter Maßnahmen der Verwaltung dienen, wenn sie ihren Grund in den Regeln des Verkehrs und der Höflichkeit haben, denen sich auch ein Beamter nicht entziehen kann, ohne gegen gesellschaftliche Formen zu verstoßen. Hierzu gehört auch die Annahme von Vorteilen, die die Durchführung eines Dienstgeschäfts erleichtern oder beschleunigen (zum Beispiel die Abholung eines Beamten mit einem Kraftfahrzeug vom Bahnhof).

    Stillschweigende Genehmigungen entbinden nicht von Angabepflichten nach reisekostenrechtlichen Vorschriften.

IV
Rechtslage bei Arbeitnehmern und Auszubildenden

Auch die Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes dürfen Belohnungen oder Geschenke in bezug auf ihre dienstlichen Tätigkeiten nur mit Zustimmung des Arbeitgebers annehmen; sie haben entsprechende Angebote unverzüglich und unaufgefordert dem Arbeitgeber mitzuteilen (§ 10 BAT-O, § 12 MTArb-O).

Das gleiche gilt für in Ausbildung stehende Personen, für die ein tarifvertragliches Verbot zur Annahme von Belohnungen oder Geschenken besteht. Die Verletzung dieser Pflichten kann einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses darstellen.

Soweit Angestellte und Arbeiter des öffentlichen Dienstes zu Dienstverrichtungen bestellt sind, die der Wahrnehmung von Aufgaben der öffentlichen Verwaltung dienen, sind sie Beamten im Sinne des Strafrechts gleichgestellt. Sie werden daher, wenn sie für dienstliche Handlungen Vorteile annehmen, fordern oder sich versprechen lassen, ebenso wie Beamte nach den §§ 331 und 332 StGB bestraft. Den Beamten strafrechtlich gleichgestellt sind ferner Angestellte und Arbeiter, die nach § 1 des Verpflichtungsgesetzes verpflichtet worden sind beziehungsweise nach § 2 des Verpflichtungsgesetzes diesen Personen gleichgesellt sind.

Die Hinweise unter Abschnitt II Nr. 2 zum Verfall und zur Haftung gelten auch für Arbeitnehmer und Auszubildende.

Bei der Anwendung des § 10 BAT-O, des § 12 MTArb-O und entsprechender Bestimmungen gelten die unter Abschnitt III dargestellten Grundsätze ebenfalls entsprechend.

V
Aufgaben der zuständigen Vorgesetzten

Die Beamten, Richter, Angestellten, Arbeiter und in Ausbildung stehenden Personen sind in geeigneter Weise auf die Verpflichtungen hinzuweisen, die sich aus § 90 SächsBG oder den entsprechenden tarifvertraglichen Vorschriften ergeben. Erforderlichenfalls sind die Beschäftigten in regelmäßigen Abständen zu belehren.

Die zuständigen Vorgesetzten haben etwaigen Verstößen gegen § 90 SächsBG und die §§ 331 bis 334 StGB nach Möglichkeit durch geeignete organisatorische und personalpolitische Maßnahmen vorzubeugen (zum Beispiel Personalrotation, „Vier-Augen-Prinzip“, unangekündigte Kontrollen). Beschäftigte, deren wirtschaftliche Verhältnisse nicht geordnet sind, sollen im Beschaffungswesen sowie auf Dienstposten, auf denen sie der Gefahr einer unlauteren Beeinflussung durch Dritte besonders ausgesetzt sind, nicht beschäftigt werden.

Bei Verletzung ihrer Pflichten können sich Vorgesetzte eines Dienstvergehens schuldig und nach § 357 StGB strafbar machen.

VI
Ergänzende Hinweise

Diese Hinweise gelten für die Beschäftigten des Freistaates Sachsen. Die obersten Dienstbehörden können für ihren Geschäftsbereich ergänzende Hinweise geben, insbesondere um speziellen Gegebenheiten in ihrem Bereich oder einzelnen Verwaltungszweigen gerecht zu werden.

Den kommunalen Gebietskörperschaften sowie den sonstigen der Aufsicht des Freistaates Sachsen unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wird empfohlen, entsprechend zu verfahren.

Diese Hinweise ersetzen die Rundschreiben des Sächsischen Staatsministeriums des Innern vom 4. Dezember 1992 und vom 9. Dezember 1994 – Az.: 11-0301.4/01.

Dresden, den 4. Juli 1996

Sächsisches Staatsministerium des Innern
Hubert Wicker
Staatssekretär

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsABl. 1996 Nr. 35, S. 832
    Fsn-Nr.: 240-V96.3

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 30. August 1996

    Fassung gültig bis: 8. November 2007