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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Sächsische Konsultations- und Informationsvereinbarung

Vollzitat: Sächsische Konsultations- und Informationsvereinbarung vom 12. Februar 2025 (SächsABl. S. 291)

Vereinbarung
zwischen dem Sächsischen Landtag
und der Sächsischen Staatsregierung
über die Unterrichtung des Landtags bei Vorhaben der Landesgesetzgebung auf Initiative der Staatsregierung und Angelegenheiten der Europäischen Union
(Sächsische Konsultations- und Informationsvereinbarung – SächsKIV)

Vom 12. Februar 2025

Der Sächsische Landtag, vertreten durch seinen Präsidenten,

– im Folgenden „Landtag“ –

und

die Sächsische Staatsregierung, vertreten durch den Ministerpräsidenten,

– im Folgenden „Staatsregierung“ –

schließen folgende Vereinbarung:

I.
Vorhaben der Landesgesetzgebung

1.
Die Staatsregierung informiert den Landtag frühzeitig, spätestens jedoch mit Zuleitung des Erforderlichkeitsberichtes an die Mitglieder der Staatsregierung über Vorhaben der Landesgesetzgebung. Insbesondere informiert das zuständige Mitglied der Staatsregierung die Mitglieder des jeweiligen Fachausschusses in dessen Sitzungen über inhaltliche und zeitliche Eckpunkte des Vorhabens.
2.
Die Staatsregierung informiert den Landtag über ihre Referentenentwürfe. Mit Freigabe durch das Kabinett zur Anhörung der kommunalen Spitzenverbände, sonstigen Verbände, Organisationen oder Körperschaften werden diese dem Landtag zugeleitet. Die Staatsregierung übermittelt nach Abschluss der Anhörung dem Landtag die eingegangenen Stellungnahmen nach Satz 2.
3.
Die Staatsregierung gibt den Fraktionen, Gruppen und fraktionslosen Mitgliedern des Landtages die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Referentenentwurf. Sie setzt dafür eine angemessene Frist, die sich an Umfang, Schwierigkeit und Eilbedürftigkeit des Vorgangs im Rahmen des auch für die Verbände geltenden Anhörungsverfahrens orientiert und grundsätzlich zwei Wochen zusätzlich beträgt. Eine Abweichung von der Regelfrist ist zu begründen. Bei der Berechnung der Frist wird in der Regel die sitzungsfreie Zeit des Landtags nicht berücksichtigt. Ausnahmen sind zu begründen.
4.
Die Information ist an den Landtagspräsidenten zu richten. Der Landtagspräsident verteilt den Referentenentwurf sowie Stellungnahmen nach Ziffer I Nummer 2 Satz 3 an alle Fraktionen, Gruppen und fraktionslosen Mitglieder des Landtages als Beratungs- und Informationsmaterial unter Hinweis auf die Möglichkeit der Stellungnahme binnen der gesetzten Frist. Die Fraktionen, Gruppen und fraktionslosen Mitglieder des Landestages nehmen unmittelbar gegenüber der Staatsregierung Stellung.
5.
Die Stellungnahmen der Fraktionen, Gruppen und fraktionslosen Mitglieder des Landtages werden dem Gesetzentwurf im Rahmen der Zuleitung an den Landtag beigefügt. Die Staatsregierung stellt hierbei die wesentlichen Übernahmen aus den Stellungnahmen von Satz 1 dar.

II.
Beabsichtigte Staatsverträge

1.
Beabsichtigt die Staatsregierung, einen Staatsvertrag abzuschließen oder zu ändern, so informiert sie hierüber unverzüglich den Landtag. Die Regelungen gemäß Ziffer I gelten entsprechend.
2.
Liegt der Staatsregierung der Entwurf für einen Staatsvertrag vor, so unterrichtet sie den Landtag hierüber unverzüglich, spätestens jedoch vier Wochen vor Unterzeichnung des Staatsvertrags. Die Unterrichtung enthält die wesentlichen Inhalte, den Text des Entwurfs und die Begründung. Unterrichtungen zu diesen Gegenständen werden dem Landtag als Unterrichtung im Sinne der Geschäftsordnung des Landtages zugeleitet.
3.
Für die beabsichtigte Kündigung eines Staatsvertrages gelten die Bestimmungen der Ziffer II Nummer 1 und 2 entsprechend.

III.
Angelegenheiten der Europäischen Union und Subsidiaritätsvereinbarung

1.
Die Staatsregierung übermittelt dem Landtag unverzüglich die vom jeweiligen Vorsitz des Rates der Europäischen Union vorgelegten Schwerpunkte seiner Tätigkeit.
2.
Die Staatsregierung legt zu Beginn eines jeden Jahres, spätestens bis zum 31. März, eine Auswertung des jeweiligen Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für das laufende Jahr vor und geht dabei insbesondere auf die Vorhaben ein, die von erheblicher landespolitischer Bedeutung sind.
3.
Die Staatsregierung übersendet dem Landtag auf elektronischem Weg unverzüglich die ihr vom Bundesrat übermittelten Rechtsetzungsvorhaben der Europäischen Union und teilt den voraussichtlichen Termin der Behandlung des Vorhabens im Bundesrat mit. Die Staatsregierung leitet dem Landtag unverzüglich ferner den Berichtsbogen zu, den die Bundesregierung dem Bundesrat gemäß Ziffer II Nummer 3 der Anlage (zu § 9) des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union übermittelt.
4.
Die Staatsregierung unterrichtet unverzüglich nach Eingang des Frühwarndokuments den Landtag über Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, die von erheblicher landespolitischer Bedeutung sind. Die Unterrichtung enthält Angaben über den Inhalt des Vorhabens sowie die Zuständigkeit der Europäischen Union und eine erste Einschätzung über die Vereinbarung des Vorhabens mit dem Subsidiaritäts- und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie die zu erwartenden Folgen des Vorhabens für das Land, insbesondere zu Kosten, Verwaltungsaufwand, Umsetzungsbedarf und Kommunalverträglichkeit.
5.
Die Staatsregierung informiert den Landtag unverzüglich über ihre beabsichtigte Positionierung zu Subsidiaritätsrügen und Subsidiaritätsklagen im Bundesrat.
6.
Die Staatsregierung gibt dem Landtag Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie setzt dafür eine angemessene Frist, die sich an Umfang, Schwierigkeit und Eilbedürftigkeit des Vorgangs orientiert. Auf den Sitzungskalender des Landtags ist grundsätzlich Rücksicht zu nehmen.
7.
Die Staatsregierung berücksichtigt fristgemäß eingegangene Stellungnahmen des Landtags bei ihrer Willensbildung. Weicht die Staatsregierung von einer Stellungnahme des Landtags ab, so teilt sie dem Landtag unverzüglich die hierfür maßgeblichen Gründe mit.
8.
Die Staatsregierung unterrichtet den Landtag unverzüglich über die Übertragung der Verhandlungsführung im Rat der Europäischen Union auf einen Vertreter der Länder (Artikel 23 Absatz 6 des Grundgesetzes). Sie unterrichtet den Landtag auf Verlangen über den jeweiligen Verfahrensstand.
9.
Die Staatsregierung unterrichtet den Landtag unverzüglich sowohl über beabsichtigte Vertragsänderungen im Rahmen von Regierungskonferenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als auch im Rahmen von im Vertrag von Lissabon geregelten Vertragsänderungsverfahren, die von erheblicher landespolitischer Bedeutung sind.

IV.
Gemeinsame Vorschriften

1.
Informationen und Unterrichtungen des Landtags nach dieser Vereinbarung erfolgen grundsätzlich schriftlich. Soweit diese Vereinbarung eine Information oder eine Unterrichtung über bestimmte Dokumente vorsieht, sind diese im Wortlaut zu übermitteln.
2.
Die Informations- und Unterrichtungspflichten der Staatsregierung nach dieser Vereinbarung obliegen dem fachlich zuständigen Mitglied der Staatsregierung.

V.
Auslegung und Anwendung

1.
Landtag und Staatsregierung werden diese Vereinbarung im Geist interorganfreundlichen Verhaltens anwenden und auslegen. Die Staatsregierung wird die Arbeitsfähigkeit des Landtages, seiner Fraktionen, Gruppen und fraktionslosen Mitglieder hinreichend berücksichtigen. Auf die sitzungsfreie Zeit wird in der Regel Rücksicht genommen. Die Staatsregierung informiert über wesentliche Vorhaben der Landesgesetzgebung im Rahmen einer Jahresplanung.
2.
Gesetzgebungsvorhaben zum Haushalt und zum Haushaltsbegleitgesetz sind von dieser Vereinbarung ausgenommen.
3.
Fragen oder Vorhalte von Mitgliedern des Landtags bezüglich der Anwendung und Auslegung dieser Vereinbarung werden auf Antrag einer Fraktion im Präsidium beraten, Fragen oder Vorhalte von Mitgliedern der Staatsregierung im Kabinett. Falls erforderlich, werden sie anschließend einer einvernehmlichen Lösung zwischen Landtag und Staatsregierung zugeführt.

VI.
In- und Außerkrafttreten, Evaluierung

1.
Diese Vereinbarung tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft.
2.
Gleichzeitig tritt die Vereinbarung zwischen dem Sächsischen Landtag und der Sächsischen Staatsregierung über die Konsultation des Landtags im Rahmen der Subsidiaritätsprüfung nach Artikel 6 bis 8 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sowie über die Zusammenarbeit in Angelegenheiten der Europäischen Union (Subsidiaritätsvereinbarung) vom 20. April 2011 (SächsABl. S. 680) außer Kraft.
3.
Diese Vereinbarung ist im Sächsischen Amtsblatt bekanntzumachen.
4.
Der Landtag und die Staatsregierung werden – unbeschadet einer gemeinsamen Überprüfung bei entsprechendem Anlass – jeweils in der Mitte einer Legislaturperiode prüfen, ob auf Grund der konkreten Erfahrungen eine Änderung dieser Vereinbarung erforderlich ist.

Dresden, den 12. Februar 2025

Der Ministerpräsident
Michael Kretschmer

Der Landtagspräsident
Alexander Dierks

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsABl. 2025 Nr. 11, S. 291
    Fsn-Nr.: 110

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 12. Februar 2025