Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
über die Anerkennung von Berufsqualifikationen für die Laufbahnen im Freistaat Sachsen
(Sächsische Berufsanerkennungsverordnung – SächsBerufAnVO) 1
Vom 14. Oktober 2008
Aufgrund von § 9 Abs. 1 Satz 2 des Beamtengesetzes für den Freistaat Sachsen (Sächsisches Beamtengesetz – SächsBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juni 1999 (SächsGVBl. S. 370, 2000 S. 7), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 29. Januar 2008 (SächsGVBl. S. 138, 148) geändert worden ist, wird verordnet:
§ 1
Begriffsbestimmungen
(1) Mitgliedstaat im Sinne dieser Verordnung ist
- 1.
- jeder Mitgliedstaat der Europäischen Union,
- 2.
- jeder andere Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 3. Januar 1994 oder
- 3.
- jeder Vertragsstaat, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen Rechtsanspruch auf Anerkennung von Berufsqualifikationen eingeräumt haben.
Herkunftsmitgliedstaat ist der Mitgliedstaat, in dem eine Berufsqualifikation im Sinne des Absatzes 2 erworben oder anerkannt wurde.
(2) Berufsqualifikation ist eine Qualifikation, die durch einen Ausbildungsnachweis, einen Befähigungsnachweis im Sinne von Artikel 11 Buchst. a Unterbuchst. i der Richtlinie 2005/36/EG oder Berufserfahrung nachgewiesen wird.
(3) Ausbildungsnachweise sind Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstige Befähigungsnachweise im Sinne von Artikel 3 Abs. 1 Buchst. c und Artikel 13 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 2 Buchst. b oder Abs. 3 der Richtlinie 2005/36/EG.
(4) Einem Ausbildungsnachweis im Sinne von Absatz 3 gleichgestellt ist jeder in einem Staat, der kein Mitgliedstaat ist (Drittland), ausgestellte Ausbildungsnachweis, sofern sein Inhaber in dem betreffenden Beruf drei Jahre Berufserfahrung im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates, der diesen Ausbildungsnachweis nach Artikel 2 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG anerkannt hat, besitzt und dieser Mitgliedstaat diese Berufserfahrung bescheinigt.
(5) Einem Ausbildungsnachweis im Sinne von Absatz 3 gleichgestellt sind ebenso diejenigen Ausbildungsnachweise, die von einer zuständigen Behörde in einem Mitgliedstaat ausgestellt wurden, sofern sie eine in einem Mitgliedstaat erworbene Ausbildung abschließen und von diesem Mitgliedstaat als gleichwertig anerkannt wurden und in Bezug auf die Aufnahme oder die Ausübung des Berufs dieselben Rechte verleihen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des entsprechenden Berufsqualifikationsniveaus.
(6) Berufserfahrung ist die tatsächliche und rechtmäßige Ausübung des betreffenden Berufs in einem Mitgliedstaat.
(7) Zuständige Behörde im Sinne dieser Verordnung ist das für die Gestaltung der Laufbahn, für die die Anerkennung angestrebt wird, zuständige Staatsministerium. Sind für die Gestaltung der Laufbahn mehrere Staatsministerien gemeinsam zuständig, ist das Staatsministerium zuständige Behörde, das zuerst mit der Sache befasst gewesen ist oder das aufgrund einer gemeinsamen Entscheidung bestimmte Staatsministerium.
§ 2
Anerkennung der Berufsqualifikation
(1) Eine in einem anderen Mitgliedstaat erworbene oder anerkannte Berufsqualifikation ist auf Antrag als Befähigung für eine Laufbahn des mittleren, gehobenen oder höheren Dienstes, die der Fachrichtung der Berufsqualifikation entspricht, anzuerkennen, wenn
- 1.
- der Antragsteller die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzt und
- 2.
- a)
- der Antragsteller über einen Ausbildungsnachweis verfügt, der der automatischen Anerkennung nach Titel III Kapitel III der Richtlinie 2005/36/EG unterliegt, oder
- b)
- der Antragsteller in den Fällen des Titels III Kapitel II der Richtlinie 2005/36/EG die für die Berufsqualifikation geforderten Kenntnisse und Fertigkeiten durch vorherige Ausübung der betreffenden Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat nachweisen kann, wobei die Tätigkeit gemäß den Artikeln 17, 18 und 19 der Richtlinie 2005/36/EG ausgeübt worden sein muss, oder
- c)
- die in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Ausbildungsnachweise des Antragstellers zum unmittelbaren Zugang zum öffentlichen Dienst des Herkunftsmitgliedstaats berechtigen und das Berufsqualifikationsniveau des Antragstellers zumindest unmittelbar unter dem Qualifikationsniveau nach Artikel 11 der Richtlinie 2005/36/EG liegt, das die geltenden Vorschriften fordern und das inhaltlich der Fachrichtung der jeweiligen Laufbahn entspricht.
Bei der Prüfung der Anerkennung nach Satz 1 Nr. 2 Buchst. c sind die jeweiligen Ausbildungsnachweise den in Artikel 11 der Richtlinie 2005/36/EG definierten Qualifikationsniveaus zuzuordnen. Postsekundäre Ausbildungen von mehr als vierjähriger Dauer sind dem Qualifikationsniveau nach Artikel 11 Buchst. e der Richtlinie 2005/36/EG zuzuordnen. Auf Ausbildungsnachweise, die den erfolgreichen Abschluss eines postsekundären Ausbildungsganges von mehr als vierjähriger Dauer voraussetzen, findet Artikel 13 Abs. 3 der Richtlinie 2005/36/EG keine Anwendung.
(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c muss auch dann eine Anerkennung erfolgen, wenn
- 1.
- der Zugang zum öffentlichen Dienst im Herkunftsmitgliedstaat nicht durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist, der Antragsteller aber über entsprechende Ausbildungsnachweise verfügt und
- 2.
- der Antragsteller eine entsprechende Tätigkeit vollzeitlich zwei Jahre lang in den vorhergehenden zehn Jahren in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt hat und
- 3.
- das Berufsqualifikationsniveau des Antragstellers zumindest unmittelbar unter dem Qualifikationsniveau nach Artikel 11 der Richtlinie 2005/36/EG liegt, das die geltenden Vorschriften fordern und das inhaltlich der Fachrichtung der jeweiligen Laufbahn entspricht.
Der zweijährigen Berufsausübung nach Satz 1 Nr. 2 bedarf es nicht, wenn der vorgelegte Ausbildungsnachweis eine reglementierte Ausbildung gemäß eines Qualifikationsniveaus des Artikels 11 Buchst. b, c, d oder e der Richtlinie 2005/36/EG abschließt. Artikel 13 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2005/36/EG gilt entsprechend.
(3) Absatz 1 Nr. 2 Buchst. c gilt unter den Voraussetzungen von Artikel 10 Buchst. a bis d oder g der Richtlinie 2005/36/EG auch in den Fällen, in denen der Antragsteller
- 1.
- aus besonderen und außergewöhnlichen Gründen die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a oder b genannten Voraussetzungen nicht erfüllt oder
- 2.
- die Anforderungen nach § 1 Abs. 4 erfüllt.
(4) Besitzt der Antragsteller eine Berufsqualifikation, die jedoch nicht in einem Mitgliedstaat erworben wurde, kann diese Berufsqualifikation als Laufbahnbefähigung anerkannt werden, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen. Für die Berufsqualifikation nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a erfolgt diese Anerkennung unter Beachtung der in Titel III Kapitel III der Richtlinie 2005/36/EG genannten Mindestanforderungen an die Ausbildung.
(5) Eine Berufsqualifikation steht auch dann der Befähigung für eine Laufbahn des mittleren, gehobenen oder höheren Dienstes, die der Fachrichtung der Berufsqualifikation entspricht, gleich, wenn sie beim Bund oder in einem anderen Bundesland dieser oder einer entsprechenden Laufbahn gleichgestellt worden ist und die Ausbildung für die Laufbahn des Bundes oder des anderen Bundeslandes im Freistaat Sachsen anerkannt wird. Wird diese Anerkennung von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht, dürfen nur diese vom Antragsteller verlangt werden.
§ 3
Anerkennungsverfahren
(1) Der Antrag auf Anerkennung ist an die zuständige Behörde zu richten.
(2) Dem Antrag sind beizufügen:
- 1.
- ein Nachweis der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats,
- 2.
- Kopien der erforderlichen Ausbildungsnachweise,
- 3.
- Bescheinigungen über Dauer und Art bisher ausgeübter beruflicher Tätigkeiten in einem Mitgliedstaat, die der Fachrichtung der Berufsqualifikation entsprechen,
- 4.
- Nachweise, aus denen die Ausbildungs- oder Studieninhalte und die Dauer der absolvierten Ausbildung zur Erlangung der Berufsqualifikation hervorgehen,
- 5.
- eine Erklärung, ob und gegebenenfalls mit welchem Ergebnis der Antragsteller beim Bund oder in einem anderen Bundesland einen entsprechenden Antrag gestellt, einen Anpassungslehrgang durchlaufen oder eine Eignungsprüfung abgelegt hat,
- 6.
- eine Erklärung, ob die Anerkennung zu einem früheren Zeitpunkt abgelehnt worden ist.
(3) Der Antrag und die beizufügenden Unterlagen sind, soweit sie von dem Antragsteller stammen, in deutscher Sprache vorzulegen, sonstige Unterlagen mit einer beglaubigten Übersetzung.
(4) Die zuständige Behörde bestätigt dem Antragsteller binnen eines Monats den Empfang des Antrages und teilt gegebenenfalls mit, welche Unterlagen fehlen.
(5) Hat die zuständige Behörde berechtigte Zweifel an der Echtheit der nach Absatz 2 vorzulegenden Unterlagen, kann sie von der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaats eine Bestätigung der Echtheit der dort ausgestellten Unterlagen verlangen. Bei Ausbildungen im Sinne von Artikel 50 Abs. 3 der Richtlinie 2005/36/EG können die dort genannten Kontrollen verlangt werden.
(6) Die zuständige Behörde stellt fest, ob die im Herkunftsmitgliedstaat erworbene Berufsqualifikation mit der angestrebten Befähigung für eine Laufbahn des mittleren, gehobenen oder höheren Dienstes, die der Fachrichtung der Berufsqualifikation entspricht, vergleichbar ist. Sie ordnet die Berufsqualifikation einer Laufbahn des mittleren, gehobenen oder höheren Dienstes zu. Sofern keine Anerkennung der Berufsqualifikation gemäß Titel III Kapitel II oder III der Richtlinie 2005/36/EG vorliegt, entscheidet die zuständige Behörde, ob und gegebenenfalls welche Ausgleichsmaßnahmen nach § 4 erforderlich sind.
§ 4
Ausgleichsmaßnahmen
(1) Die zuständige Behörde kann die Anerkennung davon abhängig machen, dass der Antragsteller nach seiner Wahl entweder einen Anpassungslehrgang oder eine Eignungsprüfung erfolgreich besteht, wenn
- 1.
- die nachzuweisende Ausbildungsdauer mindestens ein Jahr unter der für die Laufbahn geforderten Ausbildung liegt (zeitliches Defizit) oder
- 2.
- die bisherige Ausbildung des Antragstellers sich auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von der für die Laufbahn geforderten Ausbildung unterscheiden (inhaltliches Defizit) oder
- 3.
- wenn die Laufbahnbefähigung die Wahrnehmung eines umfangreicheren Aufgabenfeldes ermöglicht, als der reglementierte Beruf im Mitgliedstaat des Antragstellers, und wenn dieser Unterschied in einer besonderen Ausbildung besteht, die für den Erwerb der Laufbahnbefähigung vorgeschrieben wird und sie sich auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von den Qualifikationsnachweisen abgedeckt werden, die der Antragsteller vorlegt.
Dabei ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu verfahren. Insbesondere ist zu prüfen, ob die vom Antragsteller im Rahmen seiner Berufspraxis erworbenen Kenntnisse bereits das zeitliche oder das inhaltliche Defizit ganz oder teilweise ausgleichen können.
(2) Die zuständige Behörde legt die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen fest. Soweit Berufserfahrungen anzurechnen sind, sind die Anforderungen an die im Anpassungslehrgang zu erwerbenden oder in der Eignungsprüfung nachzuweisenden Kenntnisse und Fähigkeiten entsprechend zu reduzieren.
(3) Entsprechen sowohl der Ausbildungsinhalt als auch die Ausbildungsdauer nicht den Anforderungen nach § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c, kann nur der Ausgleich des inhaltlichen Defizits verlangt werden. Die Ausbildungsdauer gilt in diesem Fall als erfüllt.
(4) Abweichend von Absatz 1 ist der Ausbildungsnachweis, der auf der Grundlage eines rechtswissenschaftlichen Studiums erworben wurde, als Befähigung für die Laufbahn des höheren allgemeinen Verwaltungsdienstes nur anzuerkennen, wenn der Antragsteller mit Erfolg eine Eignungsprüfung abgelegt hat.
(5) Die zuständige Behörde führt die Ausgleichsmaßnahmen durch. Für die Durchführung der nach Absatz 4 erforderlichen Eignungsprüfung ist das Staatsministerium der Justiz zuständig.
§ 5
Bescheid
(1) Die Entscheidung über den Antrag ist dem Antragsteller innerhalb von vier Monaten nach Vorlage der vollständigen Unterlagen schriftlich mit einer Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung bekannt zu geben. Der Bescheid muss enthalten:
- 1.
- die Zuordnung der Berufsqualifikation des Antragstellers zu einer Laufbahn des mittleren, gehobenen oder höheren Dienstes,
- 2.
- in den Fällen des § 4 Abs. 1 die Feststellung über bestehende inhaltliche oder zeitliche Defizite gegenüber der zugeordneten Laufbahnbefähigung.
Sofern zeitliche oder inhaltliche Defizite festgestellt werden, muss der Bescheid darüber hinaus die Mitteilung über die Dauer und den wesentlichen Inhalt eines möglichen Anpassungslehrgangs sowie der Sachgebiete und des ungefähren Prüfungstermins einer möglichen Eignungsprüfung sowie eine Aufforderung zur Ausübung des bestehenden Wahlrechts enthalten.
(2) Im Anerkennungsbescheid ist darauf hinzuweisen, dass die Anerkennung keinen Anspruch auf eine Berufung in das Beamtenverhältnis begründet.
§ 6
Ablehnung des Antrages
Die Anerkennung ist zu versagen, wenn
- 1.
- die Voraussetzungen der §§ 2 und 4 Abs. 1 Satz 1 nicht erfüllt werden,
- 2.
- die für die Anerkennung erforderlichen Unterlagen trotz Aufforderung nicht in angemessener Frist vollständig vorgelegt werden oder
- 3.
- ein entsprechender Antrag bereits von derselben oder einer anderen Behörde bestands- oder rechtskräftig abgelehnt worden ist, es sei denn, die Sach- und Rechtslage hat sich zwischenzeitlich geändert.
§ 7
Ausübung Wahlrecht, Verfahren
(1) Der Antragsteller übt sein Wahlrecht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 durch schriftliche Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde aus. Die vom Antragsteller gewählte Ausgleichsmaßnahme ist zu gewähren.
(2) Die zuständige Behörde teilt dem Antragsteller schriftlich das weitere Verfahren zur Durchführung der gewählten Ausgleichsmaßnahme mit; insbesondere
- 1.
- im Falle der Eignungsprüfung den Termin, den Ablauf und den Ort, an dem die Eignungsprüfung stattfinden wird sowie den Inhalt des nach § 8 Abs. 2 Satz 1 erstellten Verzeichnisses der Sachgebiete,
- 2.
- im Falle des Anpassungslehrgangs den konkreten Zeitraum, in dem der Anpassungslehrgang stattfinden wird, und dessen Inhalt sowie die Stelle, bei der der Anpassungslehrgang zu absolvieren ist.
§ 8
Zweck und Inhalt der Eignungsprüfung
(1) Die Eignungsprüfung ist eine die beruflichen Kenntnisse des Antragstellers betreffende staatliche Prüfung, mit der seine Fähigkeit, die Aufgaben der angestrebten Laufbahn sachgerecht auszuüben, beurteilt werden soll. Sie muss dem Umstand Rechnung tragen, dass der Antragsteller in seinem Herkunftsmitgliedstaat bereits über eine Berufsqualifikation verfügt.
(2) Zur Durchführung der Eignungsprüfung ist ein Verzeichnis der Sachgebiete zu erstellen, die aufgrund eines Vergleichs zwischen der für die Laufbahnbefähigung verlangten Ausbildung und der bisherigen Ausbildung des Antragstellers nicht abgedeckt werden. Die Eignungsprüfung erstreckt sich auf die Sachgebiete, die aus dem Verzeichnis ausgewählt werden und deren Kenntnisse eine wesentliche Voraussetzung für die Erlangung der Laufbahnbefähigung sind. Die zuständige Behörde legt die konkreten Inhalte der vom Antragsteller abzulegenden Eignungsprüfung fest.
(3) Durch die Ablegung der Eignungsprüfung wird kein Ausbildungsverhältnis zum Freistaat Sachsen begründet.
§ 9
Durchführung des Prüfungsverfahrens
(1) Die zuständige Behörde richtet eine Prüfungskommission ein. Für die Durchführung einer Eignungsprüfung nach § 4 Abs. 4 ist eine Prüfungskommission beim Landesjustizprüfungsamt einzurichten.
(2) Die Prüfungskommission besteht aus einem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern. Für jedes Mitglied sind zwei Vertreter zu bestellen. Die Mitglieder und ihre Vertreter müssen die Befähigung für die vom Antragsteller angestrebte Laufbahn besitzen. Sie werden für die Dauer von drei Jahren bestellt. Dabei ist auch die Reihenfolge der Vertretung festzulegen. Die Mitglieder der Prüfungskommission sind bei ihrer Tätigkeit als Prüfer unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.
(3) Die Eignungsprüfung besteht aus einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung. Die schriftliche Prüfung ist von zwei der Mitglieder der Prüfungskommission unabhängig voneinander zu bewerten. Weichen die Bewertungen voneinander ab, entscheidet die Prüfungskommission mit Stimmenmehrheit. Der Antragsteller wird zur mündlichen Prüfung nur zugelassen, wenn die schriftliche Prüfung mindestens mit der Note „ausreichend“; anderenfalls gilt die Eignungsprüfung als nicht bestanden. Die Gegenstände der mündlichen Prüfung sind der beruflichen Praxis der jeweiligen Laufbahn zu entnehmen. Die Mitglieder der Prüfungskommission müssen während der mündlichen Prüfung ständig anwesend sein. Über die Bewertung der mündlichen Prüfung entscheiden die Mitglieder der Prüfungskommission mit Stimmenmehrheit.
(4) Die Leistungen der schriftlichen und der mündlichen Prüfung werden nach der Notenskala für Laufbahnprüfungen nach § 12 Abs. 3 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Laufbahnen der Beamten und Richter im Freistaat Sachsen (Sächsische Laufbahnverordnung – SächsLVO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. August 2000 (SächsGVBl. S. 398), die zuletzt durch Artikel 4 der Verordnung vom 11. November 2005 (SächsGVBl. S. 283, 285) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, bewertet. Bei der Bildung des Gesamtergebnisses sind das Ergebnis der schriftlichen Prüfung mit 60 Prozent und das Ergebnis der mündlichen Prüfung mit 40 Prozent zu berücksichtigen.
(5) Ist das Gesamtergebnis der Eignungsprüfung schlechter als „ausreichend“, ist die Eignungsprüfung nicht bestanden.
(6) Der Vorsitzende der Prüfungskommission gibt dem Antragsteller im Anschluss an die mündliche Prüfung das Gesamtergebnis der Eignungsprüfung bekannt. Die zuständige Behörde erteilt einen Bescheid über die Anerkennung der Berufsqualifikation.
(7) Über den Prüfungshergang ist eine Niederschrift aufzunehmen, in der festgestellt werden:
- 1.
- Zeit und Ort der mündlichen Prüfung,
- 2.
- die Zusammensetzung der Prüfungskommission,
- 3.
- die Namen der Prüfungsteilnehmer,
- 4.
- die Bewertung der schriftlichen Prüfung,
- 5.
- die Gegenstände und die Bewertung der mündlichen Prüfung,
- 6.
- das Gesamtergebnis,
- 7.
- besondere Vorkommnisse.
Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden und einem Mitglied der Prüfungskommission zu unterschreiben.
(8) Hat der Antragsteller die Eignungsprüfung nicht bestanden, darf er sie einmal wiederholen. Die Prüfungskommission kann bestimmen, dass die Eignungsprüfung nicht vor Ablauf einer Frist, die nicht mehr als ein Jahr betragen darf, wiederholt werden kann.
§ 10
Ordnungswidriges Verhalten und Rücktritt
(1) Über die Folgen eines ordnungswidrigen Verhaltens des Antragstellers, insbesondere eines Täuschungsversuchs, entscheidet die Prüfungskommission.
(2) Versucht der Antragsteller, das Ergebnis der schriftlichen oder mündlichen Prüfung durch Täuschung zu beeinflussen, ist die jeweilige Prüfung mit der Note „ungenügend“ zu bewerten. In schweren Fällen ist die Eignungsprüfung für nicht bestanden zu erklären.
(3) Die Eignungsprüfung kann nur innerhalb einer Frist von fünf Jahren seit dem Tag der Bekanntgabe des Gesamtergebnisses für nicht bestanden erklärt werden.
(4) Der Antragsteller kann nur aus wichtigem Grund von der Eignungsprüfung zurücktreten. Tritt der Antragsteller ohne wichtigen Grund zurück, gilt die Eignungsprüfung als nicht bestanden.
§ 11
Anpassungslehrgang
(1) Der Anpassungslehrgang besteht aus einer berufspraktischen Ausbildung in den Laufbahnaufgaben unter Anleitung und Verantwortung eines erfahrenen Beschäftigten (Ausbilder), der über die vom Antragsteller angestrebte Laufbahnbefähigung verfügt. Der Anpassungslehrgang kann eine theoretische Zusatzausbildung umfassen. Er darf die Dauer von drei Jahren nicht überschreiten.
(2) Die Einzelheiten des Anpassungslehrgangs, insbesondere die Dauer und der Inhalt werden von der zuständigen Behörde unter Berücksichtigung des festgestellten Defizits im Hinblick auf die für die Laufbahnbefähigung verlangte Ausbildung festgelegt.
(3) Der Anpassungslehrgang endet mit Ablauf der festgesetzten Zeit oder vorzeitig auf Antrag. Er kann außerdem vorzeitig von Amts wegen beendet werden, wenn schwerwiegende Pflichtverletzungen des Teilnehmers der Fortführung entgegenstehen.
(4) Die Leistungen während des Anpassungslehrgangs werden durch den Ausbilder nach der Notenskala für Laufbahnprüfungen nach § 12 Abs. 3 SächsLVO bewertet. Bei mehreren Lehrgangsabschnitten wird am Ende des Anpassungslehrgangs eine Gesamtnote in Form des rechnerischen Mittels gebildet; dabei zählt die Teilnote für einen theoretischen Lehrgang doppelt. Eine abschließende Prüfung findet nicht statt.
(5) Werden die Leistungen nicht mindestens mit der Gesamtnote „ausreichend“ bewertet, ist der Anpassungslehrgang nicht bestanden. Die zuständige Behörde erteilt einen Bescheid über das Nichtbestehen des Anpassungslehrgangs.
(6) Die zuständige Behörde gibt dem Antragsteller die Gesamtnote des Anpassungslehrgangs schriftlich bekannt. Die zuständige Behörde erteilt einen Bescheid über die Anerkennung der Berufsqualifikation.
(7) Hat der Antragsteller den Anpassungslehrgang in der festgesetzten Zeit nicht bestanden, kann die zuständige Behörde den Anpassungslehrgang bis zu einem Jahr höchstens jedoch bis zu einer Gesamtdauer von drei Jahren verlängern.
(8) Die Rechte und Pflichten während des Anpassungslehrgangs werden durch Vertrag zwischen dem Freistaat Sachsen, vertreten durch die zuständige Behörde, und dem Antragsteller festgelegt. Der Antragsteller befindet sich während des Anpassungslehrgangs in einem öffentlich-rechtlichen Berufsqualifikations-Anerkennungsverhältnis, welches durch das als Anlage 1 beigefügte Vertragsmuster näher geregelt wird. Der Anpassungslehrgang endet außer mit Ablauf der festgesetzten Zeit vorzeitig auf Antrag oder wenn schwerwiegende Pflichtverletzungen des Antragstellers der Fortführung entgegenstehen.
§ 12
Abschluss des Anerkennungsverfahrens
Mit erfolgreichem Bestehen der Eignungsprüfung oder des Anpassungslehrgangs erfolgt die Anerkennung der Berufsqualifikation als Befähigung für eine Laufbahn des mittleren, gehobenen oder höheren Dienstes, die der Fachrichtung der Berufsqualifikation entspricht.
§ 13
Befreiung von Ausgleichsmaßnahmen aufgrund gemeinsamer Plattformen
Auf Ausgleichsmaßnahmen ist zu verzichten, wenn die Berufsqualifikation des Antragstellers die Kriterien einer gemeinsamen Plattform im Sinne des Artikels 15 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG erfüllt.
§ 14
Führen von akademischen Titeln
Der Antragsteller ist berechtigt, einen in seinem Herkunftsmitgliedstaat erworbenen Hochschulgrad entsprechend § 31 des Gesetzes über die Hochschulen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Hochschulgesetz – SächsHG) vom 11. Juni 1999 (SächsGVBl. S. 294), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 15. Dezember 2006 (SächsGVBl. S. 515, 521) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, zu führen.
§ 15
Auskunfts- und Berichtspflicht
(1) Die zuständige Behörde benennt gegenüber dem Staatsministerium des Innern die Behörden und Stellen, die für die Ausstellung oder Entgegennahme der in dieser Verordnung aufgeführten Ausbildungsnachweise oder sonstigen Unterlagen und Informationen zuständig sind.
(2) Das Staatsministerium des Innern unterrichtet das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unverzüglich über die nach Absatz 1 benannten Behörden und Stellen sowie über die nach § 1 Abs. 7 für die Annahme der Anträge und die Entscheidung jeweils zuständige Behörde.
(3) Die zuständige Behörde ist verpflichtet, alle zwei Jahre dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie eine statistische Aufstellung der getroffenen Entscheidungen sowie eine Beschreibung der Hauptprobleme, die sich aus der Anwendung dieser Verordnung ergeben, zu übermitteln.
§ 16
Inkrafttreten und Außerkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
(2) Gleichzeitig tritt die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Umsetzung der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, für die Laufbahnen im Freistaat Sachsen (Sächsische EU-Hochschuldiplomanerkennungsverordnung – SächsEUDiplVO) vom 3. Oktober 1997 (SächsGVBl. S. 552) außer Kraft.
Dresden, den 14. Oktober 2008
Der Staatsminister des Innern
In Vertretung
Dr. Michael Wilhelm
Staatssekretär