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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Richtlinie des Regierungspräsidiums Leipzig zur Anerkennung und zur Tätigkeit von Sachverständigen für Schießstätten im Sinne des § 44 Waffengesetz (WaffG) – Schießstättensachverständigenrichtlinie

Vollzitat: Richtlinie des Regierungspräsidiums Leipzig zur Anerkennung und zur Tätigkeit von Sachverständigen für Schießstätten im Sinne des § 44 Waffengesetz (WaffG) – Schießstättensachverständigenrichtlinie vom 1. Juli 2002 (SächsABl. S. 862)

Richtlinie
des Regierungspräsidiums Leipzig
zur Anerkennung und zur Tätigkeit von Sachverständigen für Schießstätten im Sinne des § 44 Waffengesetz (WaffG) –
Schießstättensachverständigenrichtlinie

Vom 1. Juli 2002

Inhaltsübersicht

I.
Ermächtigung und Zweck
II.
Aufgaben des Schießstättensachverständigen
III.
Anerkennungsvoraussetzungen für die Bestellung; Gleichstellung
IV.
Antragstellung
V.
Verpflichtung
VI.
Anerkennung
VII.
Pflichten und Rechte des Schießstättensachverständigen
VIII.
Entschädigung
IX.
Verlängerung der Anerkennung
X.
Beendigung/Erlöschen der Anerkennung
XI.
In-Kraft-Treten

I.
Ermächtigung und Zweck

Gemäß Ziffer 14.4 des Erlasses des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Ausführung des Waffengesetzes – Waffenerlaß 1992 – vom 23. März 1992 (SächsABl. S. 406) bestellen die Regierungspräsidien des Freistaates Sachsen als höhere Waffenbehörden geeignete Personen zu Sachverständigen für nicht militärische und nicht polizeiliche Schießstätten im Sinne des § 44 Waffengesetz (WaffG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. März 1976 (BGBl. I S. 432), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 14. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3714, 3720) geändert worden ist.
Diese Richtlinie regelt die Voraussetzungen für die amtliche Bestellung von Schießstättensachverständigen sowie deren Tätigkeit im Regierungsbezirk Leipzig.

II.
Aufgaben des Schießstättensachverständigen

Dem Schießstättensachverständigen obliegt insbesondere die Abgabe von gutachterlichen Stellungnahmen zu Anträgen auf Erteilung einer Erlaubnis über das Betreiben einer Schießstätte gemäß § 44 Abs. 1 WaffG sowie die Mitwirkung bei der Abnahme und die Überwachung von Schießstätten im Regierungsbezirk.

III.
Anerkennungsvoraussetzungen für die Bestellung; Gleichstellung

Eine Bestellung zum Schießstättensachverständigen setzt voraus, dass keine Tatsachen bekannt sind, die den Bewerber für diese Tätigkeit als unzuverlässig im Sinne des Waffengesetzes erscheinen lassen. Darüber hinaus müssen folgende fachspezifische Voraussetzungen vorliegen:

1.
Vorbildung und praktische Tätigkeit des Bewerbers
1.1
Abgeschlossenes Studium einer technischen Fachrichtung an einer Universität oder Fachhochschule sowie
1.2
Nachweis über eine mindestens vierjährige praktische Tätigkeit, die ihrer Art nach geeignet ist, die erforderlichen Kenntnisse gemäß der Ziffern 2 und 3 zu erlangen, oder
1.3
in Ausnahmefällen, anstelle der Voraussetzungen der Ziffern 1.1 und 1.2, den Nachweis über eine zehnjährige Tätigkeit, die geeignet ist, die erforderlichen Kenntnisse gemäß der Ziffern 2 und 3 zu erlangen,
1.4
erfolgreicher Abschluss eines Lehrganges zum Schießstättensachverständigen beim Deutschen Schützenbund e. V. Wiesbaden.
2.
Technische Kenntnisse des Bewerbers
Zusätzlich zu den aufgabenbezogenen technischen Grundkenntnissen müssen
2.1
detaillierte Kenntnisse zu Waffen und der dafür zu verwendenden Munition,
2.2
Kenntnisse der Ballistik (Funktionsabläufe beim Schuss innerhalb der Waffe und die damit verbundenen innenballistischen Kenngrößen; außenballistische Faktoren, die die Flugbahn der Geschosse beeinflussen; die üblichen Bahnwerte von Geschwindigkeiten und maximalen Schussweiten; die problemlose Anwendung von Berechnungsverfahren der maximalen Bewegungsenergien von Geschossen sowie im Schießstättenbau vorgeschriebene Grenzwerte),
2.3
Kenntnisse über Schießstätten, insbesondere in Bezug auf Be- und Entlüftung, Schallschutz, Immissionsschutz, Baustoffe, vorbeugenden Brandschutz, Geschossfangsysteme, offene und geschlossene Schießstände sowie Spezialschießstände nachgewiesen werden.
3.
Rechtliche Kenntnisse des Bewerbers
3.1
Kenntnisse der speziellen rechtlichen Bestimmungen, die mit der Errichtung oder der Betreibung von Schießstätten im Zusammenhang stehen (Waffengesetz mit Verordnungen, Bundesimmissionsschutzgesetz mit Verordnungen, Erlaubnisverfahren, baurechtliche Vorschriften sowie einschlägige landesrechtliche Vorschriften),
3.2
Grundkenntnisse des auf die Sachverständigentätigkeit bezogenen Zivil-, Straf- und Prozessrechts sowie der Gewerbeordnung.
4.
Fortbildungsverpflichtung des Bewerbers
Der Bewerber ist nach der Bestellung verpflichtet, seine Kenntnisse gemessen an dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik ständig zu aktualisieren.
5.
Freistellungserklärung
Von dem Bewerber ist eine Erklärung über die Freistellung des Freistaates Sachsen von der Haftung für Amtspflichtverletzungen (Freistellungserklärung gemäß Anlage 1) abzugeben und der Abschluss einer Haftpflichtversicherung in angemessener Höhe nachzuweisen. Der Versicherungsnachweis muss die konkrete Formulierung enthalten, dass die Risiken im Rahmen der Sachverständigentätigkeit des Bewerbers durch diese Versicherung mit abgedeckt werden.
6.
Gleichstellung
Die für die Bestellung zum Schießstättensachverständigen erforderliche fachliche Qualifikation wird bei folgendem Personenkreis unterstellt:
 
Polizeibeamte und ehemalige Polizeibeamte, die bereits zu Schießstättensachverständigen bestellt sind beziehungsweise waren,
 
Sachverständige, die gemäß § 36 Gewerbeordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Februar 1999 (BGBl. I S. 202), die zuletzt durch Artikel 11 Abs. 17 des Gesetzes vom 20. Juni 2002 (BGBl. I S. 1946, 1997) geändert worden ist, von einer Industrie- und Handelskammer für das Sachgebiet „Sicherheit von nicht militärischen Schießstätten“ öffentlich bestellt und vereidigt wurden,
 
Inhaber eines vom Deutschen Schützenbund e. V. ausgestellten gültigen Ausweises für Schießstättensachverständige mit entsprechender Vorbildung.

IV.
Antragstellung

Die Anerkennung als Schießstättensachverständiger wird auf Antrag ausgesprochen. Der Antrag ist schriftlich beim Regierungspräsidium Leipzig, Braustraße 2, 04107 Leipzig, unter Beifügung folgender Unterlagen zu stellen:

polizeiliches Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde,
tabellarischer Lebenslauf mit beruflichem Werdegang,
beglaubigte Abschrift der Urkunde über den erfolgreichen Abschluss an einer Universität oder Fachhochschule (Ziffer III. 1.1) sowie den Nachweis gemäß Ziffern III. 1.2 oder III. 1.3,
Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme am Ausbildungslehrgang für Schießstättensachverständige des Deutschen Schützenbundes e. V. Wiesbaden (Ziffer III. 1.4).

V.
Verpflichtung

Ein Bewerber, der zum Schießstättensachverständigen bestellt wird, ist für diese Tätigkeit nach § 1 des Gesetzes über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (Verpflichtungsgesetz) vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547; BGBl. III 453-17), das durch das Gesetz vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942) geändert worden ist, durch das Regierungspräsidium Leipzig besonders zu verpflichten. Er ist auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten und die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung hinzuweisen. Über die Verpflichtung ist eine Niederschrift (Anlage 2) anzufertigen. Eine Verpflichtung entfällt, wenn der Sachverständige nachweist, dass er bereits nach dem Verpflichtungsgesetz verpflichtet worden ist.

VI.
Anerkennung

Der Sachverständige erhält über seine Anerkennung eine Urkunde (Anlage 3).
Die Anerkennung ist auf fünf Jahre befristet und kann auf Antrag, längstens bis zur Vollendung des 70. Lebensjahres, verlängert werden. Die Urkunde wird ausgehändigt, nachdem sich der Sachverständige durch schriftliche Erklärung (Anlage 4) zur gewissenhaften, unabhängigen und unparteiischen Erfüllung seiner Aufgaben verpflichtet hat.
Die Anerkennung als Sachverständiger ist gebührenpflichtig. Gemäß § 1 und § 6 Abs. 1, 2 des Verwaltungskostengesetzes des Freistaates Sachsen (SächsVwKG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1999 (SächsGVBl. S. 545), das durch Artikel 8 des Gesetzes vom 28. Juni 2001 (SächsGVBl. S. 426, 427) geändert worden ist, werden als Gebühr 50 EUR erhoben. Die Gebühr ist mit der Aushändigung der Urkunde fällig.

VII.
Pflichten und Rechte des Schießstättensachverständigen

Schießstättensachverständige sind verpflichtet, ihre Sachverständigentätigkeit auf der Grundlage der geltenden Rechtsvorschriften stets objektiv und unter Berücksichtigung der jeweils neuesten wissenschaftlich-technischen Erkenntnisse durchzuführen sowie ihr Wissen auf diesem Fachgebiet ständig zu vervollkommnen.
Schießstättensachverständige sind verpflichtet, dem Regierungspräsidium Leipzig folgende Änderungen unverzüglich schriftlich mitzuteilen:

Änderungen in Bezug auf das bei der Antragstellung eingereichte polizeiliche Führungszeugnis,
Änderung der Haftpflichtversicherung,
Änderung der Wohnanschrift,
ärztlich festgestellte, für die Sachverständigentätigkeit relevante Änderung des Gesundheitszustandes.

Schießstättensachverständige sind berechtigt, die Bezeichnung „Vom Regierungspräsidium Leipzig anerkannter Sachverständiger für nicht militärische und nicht polizeiliche Schießstätten im Sinne des § 44 WaffG“ zu führen.
Schießstättensachverständige haben ihre Arbeitsergebnisse in Schriftform abzufassen. Die Dokumente sind zu unterschreiben und mit der vorgenannten Bezeichnung zu versehen.
Schießstättensachverständige haben auf Anforderung des Regierungspräsidiums Leipzig ihre dokumentierten Arbeitsergebnisse zu erläutern. Schießstättensachverständige, die Dokumentationen, Berechnungen, Konstruktions- oder andere Unterlagen prüfen und begutachten, dürfen nicht an der Erarbeitung dieser Unterlagen mitgewirkt haben. Sie sind nicht berechtigt, Schießstätten zu prüfen und zu begutachten, für die sie als verantwortliche Personen Aufgaben und Befugnisse wahrzunehmen haben.
Schießstättensachverständige tragen für die Richtigkeit ihrer dokumentierten Arbeitsergebnisse sowie für die von ihnen vorgenommene sicherheitstechnische Bewertung zum Zeitpunkt der Dokumentation ihrer Arbeitsergebnisse die Verantwortung.
Die Anerkennung als Schießstättensachverständige berechtigt diese nicht, Weisungen und Anordnungen zu erlassen.

VIII.
Entschädigung

Schießstättensachverständige sind auf der Grundlage des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I S. 1756), zuletzt geändert durch Artikel 9 Abs. 4 des Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3422, 3430), zu entschädigen. Dieses Gesetz findet gemäß § 5 Abs. 1 1. Halbsatz der Kostenverordnung zum Waffengesetz (WaffKostV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. April 1990 (BGBl. I S. 780), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 10. Januar 2000 (BGBl. I S. 38) geändert worden ist, in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 5 Verwaltungskostengesetz (VwKostG) vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2911, 2914) geändert worden ist, Anwendung.
Ein Stundensatzrahmen zwischen 25,00 EUR und 35,00 EUR je nach Schwierigkeitsgrad der erbrachten Leistung gilt als angemessen.

IX.
Verlängerung der Anerkennung

Die Verlängerung der Anerkennung als Schießstättensachverständiger ist drei Monate vor Ablauf der auf der Bestellungsurkunde angegebenen Geltungsdauer beim Regierungspräsidium Leipzig unter Beifügung folgender aktueller Unterlagen zu beantragen:

polizeiliches Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde,
Nachweis der Haftpflichtversicherung gemäß Ziffer III. 5.

Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche Eignung im Sinne des § 5 Abs. 4 WaffG begründen, kann die Zustimmung von der Vorlage eines amts- oder fachärztlichen Zeugnisses über die geistige und körperliche Eignung des Antragstellers abhängig gemacht werden. Die Verlängerung ist gebührenpflichtig. Die Gebühr beträgt die Hälfte der für die Anerkennung zu erhebenden Gebühr.

X.
Beendigung/Erlöschen der Anerkennung

Die Anerkennung erlischt mit Rücknahme, Widerruf, Verzicht oder mit Ablauf der zeitlichen Befristung der amtlichen Bestellung.
Eine Rücknahme erfolgt insbesondere dann, wenn sich nachträglich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung nicht vorlagen. Ein Widerruf erfolgt insbesondere dann, wenn die fachliche oder persönliche Eignung nicht mehr gegeben ist.
Ein Verzicht ist durch den Schießstättensachverständigen schriftlich gegenüber dem Regierungspräsidium Leipzig zu erklären. Nach erfolgter Rücknahme, erfolgtem Widerruf oder Verzicht ist die Anerkennungsurkunde an das Regierungspräsidium Leipzig zurückzugeben.

XI.
In-Kraft-Treten

Diese Richtlinie tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.

Leipzig, den 1. Juli 2002

Regierungspräsidium Leipzig
Steinbach
Regierungspräsident

Anlagen:
Freistellungserklärung (Anlage 1)
Förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen (Anlage 2)
Anerkennungsurkunde (Anlage 3)
Verpflichtungserklärung (Anlage 4)

Anlagen

Anlage 1

Anlage 2

Anlage 3

Anlage 4

Marginalspalte

Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsABl. 2002 Nr. 31, S. 862
    Fsn-Nr.: 605-V02.1

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 2. August 2002

    Fassung gültig bis: 31. März 2003