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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Paratuberkulose-Programm

Vollzitat: Paratuberkulose-Programm vom 10. November 2020 (SächsABl. S. 1521), enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 23. November 2021 (SächsABl. SDr. S. S 230)

Programm
des Sächsischen Staatsministeriums
für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt
und der Sächsischen Tierseuchenkasse
zur Kontrolle der Paratuberkulose in Sachsen
(Paratuberkulose-Programm)

Vom 10. November 2020

1. Einleitung

Die Paratuberkulose ist eine meldepflichtige Tierkrankheit der Wiederkäuer und gilt nach aktuellem Wissensstand als unheilbar. Sie wird durch eine Infektion mit Mycobacterium avium ssp. paratuberculosis hervorgerufen und verursacht wirtschaftliche Schäden vor allem beim Rind, aber auch bei kleinen Wiederkäuern. Sie findet sowohl national als auch international verstärkt Beachtung, da

erhebliche Auswirkungen der Infektion auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Tiere festzustellen sind und
Verdachtsmomente bestehen, dass die Paratuberkulose des Rindes möglicherweise im Zusammenhang mit Erkrankungen des Menschen (Morbus Crohn) stehen könnte.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat am 7. Juli 2014 „Empfehlungen für hygienische Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern“ (BAnz AT 01.08.2014) veröffentlicht, die in einem Unterpunkt Maßnahmen zur Bekämpfung der Paratuberkulose und zum Schutz Paratuberkulose-unverdächtiger Rinderhaltungen zusammenfassen. Im Zuge der Neuausrichtung des europäischen Tiergesundheitsrechts ist die Paratuberkulose aufgenommen worden in die Kategorie E, das heißt, es sind Maßnahmen zur Überwachung der Krankheit innerhalb der europäischen Union angezeigt (Durchführungsverordnung [EU] 2018/1882).

In den letzten Jahren wurden in mehreren Bundesländern in Deutschland Paratuberkulose-Programme aufgelegt, die unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen und unterschiedliche Wege beschreiten. Die Bemühungen zur Kontrolle der Paratuberkulose und Maßnahmen zur Reduzierung zumindest des klinischen Geschehens sind zentrale Ansatzpunkte der meisten Programme. Ein verpflichtendes einheitliches Vorgehen für Deutschland ist hingegen noch nicht erkennbar. Ein wesentlicher Diskussionspunkt ist der Handel von infizierten oder bereits den Erreger ausscheidenden Tieren.

Seit der Etablierung des Paratuberkulose-Programms in Sachsen im Jahr 2002 erfolgten mehrere Aktualisierungen, um insbesondere die neu entwickelten diagnostischen Verfahren aufzugreifen.

Die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen zeigen eindrucksvoll, wie weit verbreitet die Paratuberkulose in sächsischen Rinderbeständen ist. Den sächsischen Landwirten wird mit dem Programm die Möglichkeit gegeben, die Verbreitung der Paratuberkulose im eigenen Bestand zu erkennen, Bekämpfungsstrategien zur Eindämmung der Krankheit zu etablieren oder den Status „Paratuberkulose-unverdächtiger Bestand“ zu erreichen. Die qualitativ unterschiedlichen Stufen des Programms sollen die Tierhalter ermutigen, eine für ihre Bestandssituation und ihre betrieblichen Ziele geeignete Variante auszuwählen und bei Bedarf anzupassen.

Bei kleinen Wiederkäuern ist die Paratuberkulosesituation gegenwärtig noch nicht sicher zu beurteilen.

Im Anhang A des Programms sind die Maßnahmen für Rinder, im Anhang B die für Schafe und Ziegen aufgeführt.

2. Kosten

Die Kosten trägt der Tierhalter. Die Sächsische Tierseuchenkasse beteiligt sich gemäß nach Maßgabe der jeweils geltenden Satzung in Form einer Beihilfe an den Kosten. Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt beteiligt sich gemäß § 32 Absatz 3 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz.

3. Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Das Programm tritt am 1. Januar 2021 in Kraft. Gleichzeit tritt das Programm des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz und der Sächsischen Tierseuchenkasse zur Kontrolle der Paratuberkulose in Sachsen vom 18. September 2014 (SächsABl. 2015 S 36), das durch das Programm vom 29. November 2019 (SächsABl. 2020 S. 82) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 26. November 2019 (SächsABl. SDr. S. S 404), außer Kraft.

Dresden, den 10. November 2020

Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt
Dr. Stephan Koch
Abteilungsleiter

Sächsische Tierseuchenkasse
Dr. Hans Walter
Vorsitzender des Verwaltungsrates

Anhang A – Paratuberkulose bei Rindern

1.
Ziel des Programms

Ziele des Programms sind die Förderung von Untersuchungen zur Erkennung der Verbreitung der Paratuberkulose in sächsischen Rinderbeständen, die Begleitung infizierter Bestände bei der Bekämpfung der Paratuberkulose durch Beratung, Festlegung diagnostischer Maßnahmen und Empfehlungen zu den Hygienemaßnahmen im Betrieb sowie die Unterstützung interessierter Betriebe zur Erlangung und Sicherung des Status „Paratuberkulose unverdächtiger Bestand“

Das Programm richtet sich an Tierhalter, welche

die Verbreitung der Paratuberkulose in ihrem Rinderbestand erkennen wollen
gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung der Paratuberkulose in ihrem Rinderbestand durchführen
den Bestandsstatus „Paratuberkulose-unverdächtig“ anstreben und sichern wollen.

Ergänzend zu den oben genannten Zielstellungen ist die Abklärung klinischer Verdachtsfälle von Paratuberkulose durch geeignete diagnostische Maßnahmen für jeden Tierhalter möglich.

2.
Teilnahme am Programm und Verfahrensweise

Die Teilnahme am Programm ist freiwillig. Für die Untersuchungen stehen in Sachsen folgende diagnostische Verfahren zur Verfügung:

serologische Untersuchungen (Antikörpernachweis) in Blut- und Milchproben, bakteriologische (Kultur) und molekularbiologische (PCR) Untersuchungen zum Erregernachweis, Untersuchungen von Umgebungs- und Sockentupferproben zum Erregernachweis (Kultur, PCR), pathologisch-anatomische und histologische Untersuchungen von Sektionstieren incl. nachfolgender labordiagnostischer Untersuchungen.

Die Tierhalter können aus dem Untersuchungsspektrum die für ihren Bestand gewünschten Verfahren auswählen und gegebenenfalls auch kombinieren. Grundsätzlich stehen folgende Verfahrensweisen zur Verfügung:

a)
serologische Herdenuntersuchungen aller über 24 Monate alten Rinder als Statuserhebung sowie als nachfolgende jährliche Kontrolluntersuchungen über Blutproben oder über Milchproben (amtlich angewiesene Probenentnahmen z. B. auf BHV1 können genutzt werden)
b)
serologische, bakteriologische, molekularbiologische bzw. pathologische Untersuchungen von krankheitsverdächtigen Rindern in Fällen des klinischen Verdachts und der Abklärung von Krankheits- und Verlustgeschehen im Bestand
c)
bakteriologische bzw. molekularbiologische Untersuchung von Einzelkotproben aller Tiere über einem Alter von 24 Monaten
d)
bakteriologische bzw. molekularbiologische Untersuchung von Umgebungsproben bzw. Sockentupfern

Untersuchungen nach a) und b) können vom Tierhalter direkt an der LUA Sachsen in Kenntnis des Rindergesundheitsdienstes in Auftrag gegeben werden, Untersuchungen nach c) und d) können nur nach Absprache mit dem zuständigen Rindergesundheitsdienst veranlasst werden bzw. erfordern ein betriebliches Paratuberkuloseprogramm mit detaillierten Festlegungen (siehe Punkt 3.).

Der Tierhalter bestätigt mit seiner Unterschrift die Einhaltung der Festlegungen des betrieblichen Paratuberkuloseprogramms.

Die Landesuntersuchungsanstalt Sachsen teilt die Befunde dem Tierhalter, dem zuständigen Rindergesundheitsdienst, dem zuständigen Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt und dem betreuenden Tierarzt mit. Die Bestimmungen zur Meldepflicht der Paratuberkulose bleiben unberührt.

3.
Betriebliche Paratuberkuloseprogramme

Die betrieblichen Paratuberkuloseprogramme werden auf der Grundlage der Ergebnisse der Statuserhebung oder anderer diagnostischer Verfahren erstellt, wenn der Landwirt sich zu längerfristigen Bekämpfungsmaßnahmen entschlossen hat. Diese dienen der Eindämmung der weiteren Verbreitung der Paratuberkulose und dem Aufbau von Paratuberkulose unverdächtigen Rinderbeständen gemäß den oben genannten Empfehlungen für hygienische Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern.

Die betrieblichen Paratuberkuloseprogramme umfassen

a)
Maßnahmen zum Hygienemanagement mindestens mit Festlegungen zu
Geburtshygiene und Abkalbehygiene
Kolostrummanagement
Haltungs- und Tränkhygiene im Kälberbereich
Merzung von Tieren mit Erregerausscheidung
Abklärung klinischer Verdachtsfälle
b)
Festlegungen zur Durchführung der diagnostischen Untersuchungen
c)
Festlegungen zum Tierverkehr

Die Maßnahmen sollen so ausgerichtet werden, dass der Status „Paratuberkulose-unverdächtiger Bestand“ erreicht wird. Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Paratuberkulose-unverdächtiger Bestand richten sich in Sachsen nach den Empfehlungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 7. Juli 2014 für hygienische Anforderungen an das Halten von Wiederkäuern (BAnz AT 01.08.2014).

Der Rindergesundheitsdienst legt den betriebsspezifischen Untersuchungsumfang fest, wertet mindestens einmal jährlich die Ergebnisse mit dem Tierhalter und dem betreuenden Tierarzt aus und aktualisiert gegebenenfalls die Probenart und den Probenumfang entsprechend der wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Anhang B – Paratuberkulose der kleinen Wiederkäuer

1.
Ziel des Programms

In Sachsen liegen gegenwärtig nur eine geringe Anzahl an Untersuchungen über das Vorkommen von Paratuberkulose in Schaf- und Ziegenbeständen vor. Es treten bei kleinen Wiederkäuern Todesfälle auf, die häufig nicht abgeklärt werden. Eine sichere Diagnose ist oftmals nur durch Sektion verendeter Tiere zu stellen.

Das Ziel des Programms besteht darin, Todesfälle unklarer Genese durch Sektion der Tierkörper incl. einer bakteriologischen, histologischen und parasitologischen Untersuchung an der Landesuntersuchungsanstalt Sachsen abzuklären, wobei bei über 2 Jahre alten Schafen und Ziegen die Paratuberkulose besonders berücksichtigt werden soll.

2.
Teilnahme am Programm und Verfahrensweise

Die Teilnahme am Programm ist freiwillig. Zur Untersuchung geeignete verendete Schafe und Ziegen können vom Tierhalter zur Sektion an die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen gebracht werden. Bei mehr als einem Tierkörper ist eine Rücksprache mit dem Schaf- und Ziegengesundheitsdienst erforderlich.

In Ergänzung der pathologisch-anatomischen und labordiagnostischen Untersuchungen zur Abklärung der Krankheitsursachen wird bei über 24 Monate alten Schafen und Ziegen eine gezielte histologische Untersuchung des Dünndarmes auf Paratuberkulose vorgenommen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, nach Absprache mit dem Schaf- und Ziegengesundheitsdienst mittels serologischer Untersuchungen, Kotuntersuchungen und Umgebungsuntersuchungen die Verbreitung der Paratuberkulose im Bestand einzuschätzen.

Die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen teilt die Befunde dem Tierhalter, dem zuständigen Schaf- und Ziegengesundheitsdienst, dem zuständigen Lebensmittelüberwachungs- und Veterinäramt und dem betreuenden Tierarzt mit. Die Bestimmungen zur Meldepflicht der Paratuberkulose bleiben unberührt. Der Schaf- und Ziegengesundheitsdienst wertet die Untersuchungsergebnisse am Jahresende aus.

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsABl. 2020 Nr. 53, S. 1521
    Fsn-Nr.: 634-V20.4

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. Januar 2021

    Fassung gültig bis: 31. Dezember 2022