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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Abiturprüfung für Schüler staatlich genehmigter Waldorfschulen im Freistaat Sachsen

Vollzitat: Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Abiturprüfung für Schüler staatlich genehmigter Waldorfschulen im Freistaat Sachsen vom 10. November 1995 (SächsGVBl. S. 368), die zuletzt durch die Verordnung vom 9. Februar 2004 (SächsGVBl. S. 67) geändert worden ist

Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus
über die Abiturprüfung für Schüler staatlich genehmigter Waldorfschulen im Freistaat Sachsen

Vom 10. November 1995

Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. August 2003

Aufgrund von § 62 Abs. 1 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen (SchulG) vom 3. Juli 1991 (SächsGVBl. S. 213), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Juli 1994 (SächsGVBl. S. 1434), in Verbindung mit § 19 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft (SächsFrTrSchulGF) vom 4. Februar 1992 (SächsGVBl. S. 37), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Juli 1994 (SächsGVBl. S. 1434), wird verordnet:

§ 1
Allgemeines

Diese Verordnung soll den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife durch Schüler freier Waldorfschulen ermöglichen und ihre Gleichwertigkeit mit der im Wege der Schulfremdenprüfung an staatlichen Gymnasien erlangten allgemeinen Hochschulreife sichern.

§ 2
Zulassung zur Prüfung

(1) Für Schüler, die an der Prüfung teilnehmen wollen, beantragt die besuchte Waldorfschule bei dem Oberschulamt, in dessen Dienstbezirk sie liegt, bis spätestens zu dem im Amtsblatt des Staatsministeriums für Kultus jährlich bekanntgegebenen Termin die Zulassung zur Abiturprüfung unter Beifügung folgender Unterlagen:

  1. eines Lebenslaufes in tabellarischer Form mit Angaben über den bisherigen Bildungsweg,
  2. einer beglaubigten Kopie der Geburtsurkunde,
  3. einer Erklärung darüber, ob und gegebenenfalls mit welchem Ergebnis der Antragsteller schon einmal an einer Prüfung zum Erwerb der allgemeinen Hochschulreife teilgenommen hat,
  4. einer Erklärung über die Wahl der Prüfungsfächer der mündlichen und schriftlichen Prüfung,
  5. eine Bescheinigung der zuletzt besuchten Waldorfschule über die in den letzten zwölf Monaten vor Antragstellung erbrachten Leistungen und
  6. eine Erklärung des Schulleiters, daß die Zulassung zur Prüfung befürwortet wird.

(2) Das Oberschulamt entscheidet über die Zulassung zur Prüfung.

(3) Zur Prüfung wird der Schüler zugelassen, für den die Zulassung nach Absatz 1 beantragt worden ist und der die Jahrgangsstufe 13 einer staatlich genehmigten Waldorfschule im Freistaat Sachsen besucht und nicht bereits zweimal die Abiturprüfung nicht bestanden und nicht bereits anderweitig die allgemeine Hochschulreife erworben hat. Geben die Antragsunterlagen Anlaß zu der Besorgnis, daß das Bestehen der Prüfung erheblich gefährdet ist, weist das Oberschulamt vor der Entscheidung über die Zulassung den Antragsteller und die besuchte Waldorfschule auf seine Bedenken hin. 2

§ 3
Ort und Termin der Prüfung

Die Prüfung an den Waldorfschulen findet zeitgleich mit der Abiturprüfung an den allgemeinbildenden staatlichen Gymnasien statt.

§ 4
Gliederung der Prüfung, Prüfungsfächer

(1) Die Abiturprüfung gliedert sich in einen schriftlichen und mündlichen Teil.

(2) Der schriftliche Teil umfaßt die Prüfung in vier Fächern. In zwei Fächern müssen vertiefte Kenntnisse auf dem Anforderungsniveau eines Leistungskurses nachgewiesen werden (Leistungskursfächer). Auf Antrag des Prüfungsteilnehmers oder der Erziehungsberechtigten kann in den Fächern der schriftlichen Prüfung auf Anordnung des Vorsitzenden des Prüfungsausschusses eine zusätzliche mündliche Prüfung stattfinden.

(3) Für die Leistungsfächer sind folgende Kombinationen zulässig:

  1. Deutsch – Mathematik;
  2. Deutsch – Fremdsprache;
  3. Deutsch – Chemie oder Biologie oder Physik;
  4. Deutsch – Geschichte;
  5. Deutsch – Musik oder Kunsterziehung;
  6. Mathematik – Fremdsprache;
  7. Mathematik – Chemie oder Biologie oder Physik;
  8. Mathematik – Geschichte;
  9. Mathematik – Musik oder Kunsterziehung;
  10. Fremdsprache – Geschichte.

(4) Durch die vier schriftlichen Prüfungsfächer müssen die Aufgabenfelder nach § 7 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die gymnasiale Oberstufe und die Abiturprüfung an allgemeinbildenden Gymnasien im Freistaat Sachsen (Oberstufen- und Abiturprüfungsverordnung – OAVO) vom 15. Januar 1996 (SächsGVBl. S. 26), die zuletzt durch Artikel 5 der Verordnung vom 8. Oktober 2003 (SächsGVBl. S. 641, 644) geändert worden ist, abgedeckt sein, wobei Gegenstand der schriftlichen Prüfung nur die in Absatz 3 genannten Fächer sein können. Außerhalb der nach Absatz 3 zulässigen Kombinationen dürfen die Fächer Musik und Kunsterziehung nicht Gegenstand der schriftlichen Prüfung sein.

(5) Der mündliche Teil umfaßt die Prüfung in vier, nicht bereits schriftlich geprüften Fächern. Zugelassen werden nur Prüfungsteilnehmer, die den schriftlichen Teil bestanden haben. In zwei mündlichen Prüfungsfächern können auf Antrag des Prüfungsteilnehmers an die Stelle der mündlichen Prüfung die Leistungen der Jahrgangsstufe 13 treten, wenn das Oberschulamt zuvor festgestellt hat, daß die Prüfungsteilnehmer dem Anforderungsniveau der Prüfung in diesen Fächern voraussichtlich gewachsen sein werden.

(6) Unter den Fächern der schriftlichen Prüfung müssen sich die Fächer Mathematik und Deutsch befinden. Unter den insgesamt sechs Fächern, die Gegenstand der schriftlichen Prüfung sind oder in denen der Prüfungsteilnehmer vor einer Fachprüfungskommission die mündliche Prüfung ablegt, müssen sich zwei Fremdsprachen befinden.

(7) Unter den Fächern der schriftlichen oder mündlichen Prüfung muß sich eines der Fächer Physik, Chemie oder Biologie befinden.

(8) Geographie kann nur mündliches Prüfungsfach sein. 3

§ 5
Prüfungsausschuß

(1) Zur Durchführung der Abiturprüfung wird ein Prüfungsausschuß gebildet, dessen Mitglieder vom Staatsministerium für Kultus berufen werden. Er besteht neben einem Vorsitzenden und einem stellvertretenden Vorsitzenden aus drei weiteren Lehrkräften. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses dürfen keine Lehrkräfte der Waldorfschulen sein.

(2) Der Prüfungsausschuß hat folgende Aufgaben:

  1. Berufung der Mitglieder der Fachprüfungskommissionen;
  2. zeitliche Planung der mündlichen Prüfung;
  3. Entscheidung über Anträge auf eine zusätzliche mündliche Prüfung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3;
  4. Aufsicht über die Vorbereitung und Durchführung des schriftlichen und mündlichen Teils der Prüfung;
  5. Genehmigung der Aufgaben für den mündlichen Teil der Prüfung;
  6. Feststellung und Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse der schriftlichen Prüfung und der Gesamtqualifikation der Prüfungsteilnehmer;
  7. Entscheidung bei Verdacht der Benutzung oder Bereithaltung unerlaubter Hilfsmittel oder der Täuschung oder des Täuschungsversuchs sowie bei ordnungswidrigem Verhalten im Zusammenhang mit der Prüfung;
  8. Herbeiführung einer Entscheidung durch das zuständige Oberschulamt in Ausnahmesituationen, insbesondere dann, wenn die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung nicht gewährleistet erscheint.

(3) Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses sorgt zusammen mit den Vorsitzenden der Fachprüfungskommissionen für eine einheitliche und vergleichbare Bewertung der Prüfungsleistungen.

(4) Über die Verhandlungen des Prüfungsausschusses wird ein Protokoll geführt, das vom Vorsitzenden und dem protokollführenden Mitglied des Prüfungsausschusses unterschrieben wird. 4

§ 6
Fachprüfungskommissionen

(1) Für jedes Abiturfach werden an den Waldorfschulen eine oder bei Bedarf mehrere Fachprüfungskommissionen gebildet. Die Fachprüfungskommission entscheidet über die Aufgabenstellung in der mündlichen Prüfung auf der Grundlage der vom Fachlehrer des Kurses unterbreiteten und vom Prüfungsausschuß genehmigten Aufgabenvorschläge und führt die mündliche Prüfung durch.

(2) Einer Fachprüfungskommission gehören ein Mitglied des Prüfungsausschusses als Vorsitzender und zwei weitere Lehrkräfte des jeweiligen Faches, davon eine Lehrkraft zugleich als Schriftführer, an.

(3) Lehrkräfte an Waldorfschulen können als Mitglieder in die Fachprüfungskommission berufen werden, wenn sie die staatliche Lehrbefähigung für die gymnasiale Oberstufe im betreffenden Fach besitzen. Über Ausnahmen von der Voraussetzung nach Satz 1 entscheidet das Staatsministerium für Kultus. 5

§ 6a
Bekanntgabe der Ergebnisse der schriftlichen Prüfungen

Sieben Tage vor Beginn der mündlichen Prüfungen sind den Prüfungsteilnehmern die Ergebnisse der schriftlichen Prüfungen und der Fachprüfungen gemäß § 36 Abs. 1 OAVO mitzuteilen. 6

§ 7
Gesamtqualifikation, Ergebnis der Abiturprüfung

(1) Die aus dem schriftlichen Prüfungsteil in die Gesamtqualifikation einzubringenden Punkte werden wie folgt berechnet:

  1. Punktzahl der beiden Leistungskursfächer, multipliziert jeweils mit dem Faktor zwölf und
  2. Punktzahl der beiden weiteren Fächer, multipliziert jeweils mit dem Faktor acht.

Wurde ein Fach schriftlich und mündlich geprüft, wird die Punktzahl in diesem Fach gemäß der in Anlage 1 festgelegten Berechnung ermittelt. Die gemäß Anlage 1 ermittelte Punktzahl wird bei Leistungskursfächern mit dem Faktor drei, bei den weiteren Fächern mit dem Faktor zwei multipliziert.

(2) Die aus dem mündlichen Prüfungsteil in die Gesamtqualifikation einzubringenden Punkte werden berechnet, indem die erreichte Punktzahl eines jeden Faches mit dem Faktor vier multipliziert wird.

(3) Zur Ermittlung der Punktzahl für die Gesamtqualifikation werden die gemäß Absatz 1 und 2 ermittelten Punktzahlen addiert.

(4) Die allgemeine Hochschulreife wird zuerkannt, wenn der Prüfungsteilnehmer

  1. in dem schriftlichen Prüfungsteil kein Fach mit null Punkten abgeschlossen und in mindestens zwei Prüfungsfächern, darunter einem Leistungskursfach, jeweils fünf Punkte in einfacher Wertung und insgesamt mindestens 200 Punkte erreicht hat und
  2. in dem mündlichen Prüfungsteil kein Fach mit null Punkten abgeschlossen und in mindestens zwei Prüfungsfächern, darunter in einem vor einer Fachprüfungskommission abgelegten Prüfungsfach, jeweils fünf Punkte in einfacher Wertung und insgesamt mindestens 80 Punkte erreicht hat.

(5) Der Prüfungsausschuß stellt den Teilnehmern, die die Prüfung bestanden haben, das Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife für Schüler der Freien Waldorfschule aus, das die Berechtigung zum Studium an einer Hochschule in der Bundesrepublik Deutschland bescheinigt. 7

§ 8
Wiederholung der Abiturprüfung

(1) Besteht ein Schüler die Abiturprüfung nicht, so wird ihm dies durch schriftlichen Bescheid des Prüfungsausschusses unter Hinweis auf eine eventuelle Wiederholbarkeit der Abiturprüfung bekanntgegeben.

(2) Die Abiturprüfung kann nur einmal und frühestens im zeitlichen Rahmen der allgemeinen Abiturprüfung an staatlichen Gymnasien des darauffolgenden Jahres an der Waldorfschule wiederholt werden. 8

§ 9
Andere Rechtsvorschriften, Übergangsregelung

(1) § 27 Abs. 1 und 2, §§ 29, 31 Abs. 3, §§ 32 bis 37, § 38 Abs. 2 Satz 2 bis 4 und Absatz 3 bis 6, §§ 40 und 41, § 43 Abs. 1 Satz 1 OAVO gelten entsprechend.

(2) Für Schüler, die im Jahre 1998 die Abiturprüfung wiederholen, findet diese Verordnung in der am 6. Dezember 1995 geltenden Fassung Anwendung. 9

§ 10
Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.

Dresden, den 10. November 1995

Der Staatsminister für Kultus
Dr. Matthias Rößler

Anlage 1

Marginalspalte

Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 1995 Nr. 29, S. 368

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. August 2003

    Fassung gültig bis: 31. Juli 2004