Konzeption
des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus
zur Einführung von Förderverträgen in die überörtliche Jugendarbeit
(Az.: 54-6909.10/1)
Vom 12. April 1999
- 1
- Begründung
- 1.1
- Der Freistaat Sachsen ist als überörtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Förderung der den örtlichen Bedarf übersteigenden Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen der Jugendhilfe zuständig. Von den für diesen Zweck zur Verfügung gestellten finanziellen Mitteln ist ein angemessener Anteil für die Jugendarbeit zu verwenden.
- 1.2
- In die Zuständigkeit des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus fällt die Förderung der den örtlichen Bedarf übersteigenden Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen der Jugendarbeit. Die nachfolgende Konzeption zur Einführung von Förderverträgen bezieht sich ausschließlich auf diesen Zuständigkeitsbereich. Einbezogen sind Angebote der Jugendarbeit und Jugendverbandsarbeit.
- 1.3
- Das Sächsische Staatsministerium für Kultus stellt 1999 und 2000 jeweils 16,3 Mio. DM zur Förderung der überörtlichen Jugendarbeit zur Verfügung. Davon entfallen ca. 4,8 Mio. DM auf Personal- und Sachkostenzuschüsse, 4,5 Mio. DM auf Zuschüsse für Jugendbildung, internationale Jugendarbeit sowie Kinder- und Jugenderholung und 7 Mio. DM auf Zuschüsse für Investitionen.
Die mit diesen Mitteln geförderten Angebote der Jugendarbeit sind zum überwiegenden Teil über mehrere Jahre konzipiert. Dies betrifft beispielsweise die Tätigkeit der landesweit anerkannten Träger der freien Jugendarbeit, die Tätigkeit der Jugendbildungsreferenten oder die Arbeit in den Stätten der Jugendarbeit, in den Jugenderholungseinrichtungen und in den Facheinrichtungen der Jugendarbeit.
Andere Angebote der Jugendarbeit sind auf einen Zeitraum während eines Haushaltsjahres begrenzt, kehren jedoch jedes Jahr als Leistungsangebot wieder. Beispiele dafür sind die Jugendbildungsmaßnahmen, die Maßnahmen der internationalen Jugendarbeit und die Maßnahmen der Kinder- und Jugenderholung. Die freien Träger erhalten hier in der Regel jährlich einen finanziellen Gesamtbetrag zur Bewirtschaftung. - 1.4
- Die Förderung der Angebote der Jugendarbeit erfolgt derzeit im Wege der jährlichen Zuwendung auf der Grundlage der Vorläufigen Sächsischen Haushaltsordnung sowie der dazu erlassenen Vorläufigen Verwaltungsvorschriften und auf der Grundlage der Förderrichtlinie zur Gewährung von Zuwendungen im Bereich Jugendarbeit/Jugendverbandsarbeit.
- 1.5
- Mit diesem Förderverfahren sind verschiedene Probleme verbunden. Dazu gehören unter anderem
- der mit der Beantragung, Bewilligung, Mittelbewirtschaftung, Verwendungsnachweisführung und Verwendungsnachweisprüfung verbundene Verwaltungsaufwand,
- die Betonung finanzieller Förderaspekte bei nachrangiger oder fehlender Betrachtung qualitativer und quantitativer Leistungsaspekte,
- die durch das Jährlichkeitsprinzip bedingten arbeitsrechtlichen, haftungsrechtlichen und zuwendungsrechtlichen Risiken bei den freien Trägern und
- die vorrangig antragsbedingte Steuerung der Angebotsstruktur an Stelle einer jugendhilfeplanerisch untersetzten strukturellen und inhaltlichen Planung.
- 2
- Zielstellungen
Das Sächsische Staatsministerium für Kultus ist bestrebt, die Förderung der überörtlichen Jugendarbeit durch die Einführung von Förderverträgen umzugestalten und dabei folgende Effekte zu erreichen. - 2.1
- Durch den Übergang von einseitigen Verwaltungsakten in Form von Zuwendungsbescheiden hin zu zweiseitigen Förderverträgen entsteht eine grundsätzlich neue Qualität der Förderung der überörtlichen Jugendarbeit. Der neue Weg der Förderung überträgt ein wesentliches Grundprinzip der Jugendhilfe, das partnerschaftliche Zusammenwirken von freien und öffentlichen Trägern, in die Förderpraxis.
- 2.2
- Durch die vertragliche Ausgestaltung der zu erbringenden Leistungen können qualitative und quantitative Aspekte stärker als bisher in die Bewertung der überörtlichen Jugendarbeit einfließen. Dies gelingt durch die Ergänzung der beim Zuwendungsbescheid vorherrschenden finanziellen Aspekte der Förderung um einvernehmlich ausgehandelte qualitative und quantitative Leistungskriterien.
- 2.3
- Die Formulierung der qualitativen Leistungskriterien sowie das darüber abzubildende Qualitäts-Controlling tragen zur Entwicklung fachlicher Standards im jeweiligen Handlungsfeld der Jugendarbeit bei. Die parallel zum Qualitäts-Controlling zu entwickelnden Maßnahmen zur Qualitätssicherung können in Empfehlungen zur Qualitätssicherung zu Gunsten anderer Träger der Jugendhilfe münden.
- 2.4
- Die Einführung von Förderverträgen soll zur Verwaltungsvereinfachung beitragen. Ansatzpunkte dafür sind unter anderem
- mehrjährige Festlegungen an Stelle der bisher jährlichen Zuwendungen,
- die Budgetierung im Sinne der Festbetragsfinanzierung,
- festgelegte Ratenzahlungen an Stelle des sonst üblichen Mittelabrufes,
- die Zulassung eines vereinfachten Verwendungsnachweises sowie
- Abweichungen von Formvorschriften (z.B. kein schriftlicher Antrag, kein Antragsprüfvermerk).
- 2.5
- Die freien Träger und das Sächsische Staatsministerium für Kultus erhalten bessere Steuerungsmöglichkeiten für den Fall, dass bestimmte Leistungen nicht oder nicht wie vorgesehen erbracht werden. Das Controlling deckt im Jahresverlauf sehr zeitnah Abweichungen auf und ermöglicht so Maßnahmen zur Sicherung der Leistungserfüllung oder die Wiederverfügbarkeit von Mitteln noch im laufenden Haushaltsjahr.
- 2.6
- Die über das Berichtswesen gewonnenen Daten bilden die Grundlage für die Erarbeitung einer Jugendförderbilanz. Damit wird es künftig möglich sein, die Leistungen der überörtlichen Träger der Jugendarbeit transparenter als bisher darzustellen. Die Jugendförderbilanz ist zugleich eine angemessene Grundlage für künftige Haushaltsplanungen und Haushaltsberatungen.
- 2.7
- Mit der Einführung und Umsetzung von Förderverträgen im Bereich der überörtlichen Jugendarbeit zeigt das Sächsische Staatsministerium für Kultus anderen interessierten Bundesländern sowie interessierten örtlichen Trägern ein mögliches Vorgehen beim Übergang zu Leistungsverträgen in der Jugendförderung auf.
- 3
- Vorgehensweise
- 3.1
- Das Sächsische Staatsministerium für Kultus sieht in der Anwendung des Verwaltungs-Controlling auf die Förderung der überörtlichen Jugendarbeit einen Weg, den aufgezeigten Problemen zu begegnen und die genannten Zielstellungen zu erreichen.
- 3.2
- Die vom REFA-Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung empfohlene Vorgehensweise bei der Einführung des Verwaltungs-Controlling umfasst folgende Schritte (REFA Arbeitsmaterial 014901/2, Darmstadt 1996).
- 3.2.1
- Schaffung der Voraussetzungen für die Einführung des Verwaltungs-Controlling
Voraussetzungen für die Einführung von Förderverträgen in die Förderung der überörtlichen Jugendarbeit sind- die Jugendhilfeplanung (Jugendpolitisches Programm der Sächsischen Staatsregierung – Landesjugendplan 1996),
- die Erarbeitung einer Konzeption einschließlich der Festlegung der Handlungsansätze, zu denen Förderverträge abgeschlossen werden sollen und
- die Ausbringung einer Verpflichtungsermächtigung im Haushaltsplan, die die Laufzeit der Förderverträge abdeckt.
- 3.2.2
- Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Das Sächsische Staatsministerium für Kultus bezieht die Landesarbeitsgemeinschaft Jugendarbeit, die landesweit anerkannten Träger der freien Jugendarbeit, die Verwaltung des Landesjugendamtes, den Landesjugendhilfeausschuss und die mitbetroffenen staatlichen Stellen ein. Die Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgt durch die genannten Organisationen, Vereine und Stellen. - 3.2.3
- Erarbeitung von Leitbildern und Zielen
Die allgemeinen Zielstellungen, die mit der Einführung von Förderverträgen in die Förderung der überörtlichen Jugendarbeit verbunden sind, finden sich unter Ziffer 2 dieser Konzeption. Unter fachlich-inhaltlichen Gesichtspunkten entwickeln die freien Träger für einzelne Handlungsansätze der Jugendarbeit konkrete Zielstellungen gemeinsam mit dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus. - 3.2.4
- Erarbeitung von Produkt-/Leistungsbeschreibungen
Mit der Erarbeitung von Produkt-/Leistungsbeschreibungen für einzelne Handlungsansätze der Jugendarbeit streben die freien Träger und das Sächsische Staatsministerium für Kultus die Erarbeitung vorläufiger Fachstandards an, die dann im Zuge der Erprobung von Förderverträgen zu evaluieren sind. - 3.2.5
- Definition von Zielen und Kennzahlen
Aufgabe ist es hier, zu den qualitativen, quantitativen und sonstigen Zielen Kriterien/Kennzahlen zu formulieren, an denen die Zielerreichung überprüft werden kann. Finden sich für einzelne Ziele keine geeigneten Kriterien/Kennzahlen, dann sind diese Ziele nicht in den Fördervertrag aufzunehmen. - 3.2.6
- Aufbau einer Kosten- und Leistungsrechnung
Sofern sich der Fördervertrag auf den Bereich der institutionellen Förderung bezieht, soll die Kosten- und Leistungsrechnung über die Ausarbeitung des sog. Betriebsabrechnungsbogens erfolgen. Bezieht sich der Fördervertrag auf andere Förderbereiche, sind die entsprechenden Festlegungen der Förderrichtlinie die Grundlage für die Kosten- und Leistungsrechnung. - 3.2.7
- Erarbeitung des Berichts- und Informationswesens
In Abhängigkeit von der Leistungserbringung über den Jahresverlauf sind relevante Berichtszeitpunkte im Verlauf und nach Abschluss des Haushaltsjahres festzulegen und diesen Berichtszeitpunkten zu berichtende Daten zuzuordnen. Das Berichts- und Informationswesen ist so auszugestalten, dass Abweichungen möglichst schnell zu erkennen sind, um Maßnahmen zur Zielerreichung noch zur Wirkung bringen zu können. - 3.2.8
- Planung des Budgets
Die Festlegung der Höhe des Budgets, von Auszahlungszeitpunkten und der Höhe der jeweiligen Raten erfolgt in Anlehnung an die derzeit gültigen Fördersätze sowie an den Leistungsfortschritt über den Jahresverlauf. - 3.2.9
- Treffen von Ziel-/Leistungsvereinbarungen
Der Abschluss von Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen den freien Trägern und dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus erfolgt in Form von Förderverträgen, die im Sinne von Zuwendungsverträgen auszugestalten sind. Dabei ist angestrebt, den Verwaltungsaufwand auch im Hinblick auf die Bewirtschaftung der finanziellen Zuschüsse möglichst gering zu halten. - 3.2.10
- Implementieren eines Datenverarbeitungssystems
Der Umfang sowie die Struktur der zu erfassenden Daten sind derzeit noch nicht ausreichend genau bekannt, so dass zu einer Unterstützung über die Nutzung von Datenverarbeitungssystemen hier keine Aussagen möglich sind. - 3.2.11
- Fortlaufende Aktualisierung
Die fortlaufende Aktualisierung zur Optimierung der Leistungserbringung erfolgt durch die vertragliche Einigung auf Maßnahmen, die bei Abweichungen einzuleiten sind.- Unter quantitativen Gesichtspunkten ist die Rückforderung von Zuschüssen wahrscheinlich, wenn die Leistung im Förderzeitraum nicht erbracht werden kann.
- Mit Bezug auf die qualitativen Leistungskriterien bzw. die vorläufigen Fachstandards ist zunächst nicht an die Rückforderung von Zuschüssen gedacht. Wesentlich ist hier vielmehr das Bemühen, die Qualität durch entsprechende Maßnahmen zu sichern oder aber die Qualitätskriterien neu zu fassen.
- 3.2.12
- Schließen eines Kontraktes mit der politischen Ebene
Die Unterzeichnung der Förderverträge soll durch den Sächsischen Staatsminister für Kultus und durch die jeweiligen Vorstandsvorsitzenden der freien Träger erfolgen. - 3.2.13
- Projektauswertung
Das Sächsische Staatsministerium für Kultus dokumentiert die Vorgehensweise bei der Einführung und beim Vollzug von Förderverträgen. Daneben erarbeiten die freien Träger und das Sächsische Staatsministerium für Kultus Abschluss- bzw. Erfahrungsberichte zu den jeweiligen Förderverträgen. In Auswertung dieser Unterlagen ist über das weitere Vorgehen zu entscheiden. - 3.3
- Dieses Vorgehen soll Anwendung auf die Ausarbeitung der Förderverträge finden und in folgende Vertragsstruktur münden:
- Erster Abschnitt: Anliegen und Ziele
- Zweiter Abschnitt: Leistungsbeschreibung
- quantitative Leistungsbeschreibung
- qualitative Leistungsbeschreibung
- sonstige Leistungsmerkmale
- Dritter Abschnitt: Vergütung, Zweckbindung, Fälligkeit
- Vierter Abschnitt: Leistungsnachweis und Folgen der Nichterfüllung
- Berichtswesen
- quantitative Nichterfüllung
- qualitative Nichterfüllung
- Sonstige Nichterfüllung
- Prüfrechte des Rechnungshofes
- Fünfter Abschnitt: Schlussbestimmungen
- Schlussbericht
- Änderungen
- Vertragsauflösung und deren Folgen
- 3.4
- Die Regelung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes zur Erbringung einer angemessenen Eigenleistung durch den freien Träger ist auch auf Förderverträge anzuwenden.
- 3.5
- Das Sächsische Staatsministerium für Kultus nimmt die Ausgestaltung der quantitativen und qualitativen Leistungskriterien sowie die Bezifferung des Förderbudgets gemeinsam mit den freien Trägern vor.
- 3.6
- Die Einführung der Förderverträge erfolgt zunächst modellhaft. Sofern sich Förderverträge als Form der Förderung von Angeboten der überörtlichen Jugendarbeit bewähren, ist über eine Einbeziehung weiterer Angebote der Jugendarbeit zu entscheiden.
- 4
- Handlungsansätze der Jugendarbeit, Zeitraum und Umfang
- 4.1
- Handlungsansätze für die Erprobung von Förderverträgen sind die Fachaufgaben der freien Träger mit den Schwerpunkten
- 4.1.1
- außerschulische Jugendbildung einschließlich der Mitarbeiter-/Multiplikatorenfortbildung,
- 4.1.2
- internationale Jugendarbeit,
- 4.1.3
- Kinder- und Jugenderholung,
- 4.1.4
- Jugendinformation/Jugendberatung und
- 4.1.5
- zentrale Aufgaben der Verbände.
- 4.2
- Die Erprobung der Förderverträge bezieht den Förderzeitraum vom 01. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2001 ein.
- 4.3
- Das jährliche Gesamtvolumen beträgt maximal 2 Millionen Deutsche Mark. Die Mehrjährigkeit der Förderverträge ist durch eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung im Haushaltsplan 1999 abgesichert.
- 4.4
- Durch die Ausschreibung der Förderverträge erhalten alle landesweit anerkannten Träger der freien Jugendarbeit die Möglichkeit, an der Erprobung von Förderverträgen teilzunehmen.
Dresden, den 12. April 1999
Dr. Matthias Rößler
Sächsischer Staatsminister für Kultus