Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
über die Beschränkung der Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst
(Kapazitätsverordnung für den juristischen Vorbereitungsdienst – JVDKapVO)
Vom 7. März 1996
Rechtsbereinigt mit Stand vom 3. Juli 2002
Aufgrund von § 8 Nr. 8 des Gesetzes über die Juristenausbildung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Juristenausbildungsgesetz – SächsJAG) vom 27. Juni 1991 (SächsGVBl. S. 224), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. Februar 1996 (SächsGVBl. S. 93), wird im Einvernehmen mit den Staatsministerien des Innern, der Finanzen und für Wissenschaft und Kunst verordnet:
§ 1
Anwendung
(1) Die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst richtet sich nach den Bestimmungen dieser Verordnung, wenn
- 1.
- die im Haushaltsplan zum jeweiligen Einstellungstermin zur Verfügung stehenden Stellen und Mittel für die Zulassung aller Bewerber nicht ausreichen oder
- 2.
- die Ausbildungskapazitäten nicht ausreichen, um eine sachgerechte Durchführung des Vorbereitungsdienstes für alle Bewerber zu gewährleisten.
(2) Über die Zulassung entscheidet der Präsident des Oberlandesgerichts im Rahmen eines Auswahlverfahrens.
§ 2
Einstellungstermine
Einstellungen in den juristischen Vorbereitungsdienst erfolgen am 1. Mai und am 1. November eines jeden Jahres.
§ 3
Auswahlverfahren
(1) Am Auswahlverfahren kann nur teilnehmen, wer
- 1.
- die Erste Juristische Staatsprüfung bestanden hat und die sonstigen Voraussetzungen für die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst erfüllt und
- 2.
- die vollständigen Bewerbungsunterlagen spätestens zum 20. Februar eines Jahres für den Einstellungstermin 1. Mai und zum 31. Juli eines Jahres für den Einstellungstermin 1. November bei dem Präsidenten des Oberlandesgerichts vorgelegt oder sie innerhalb einer im Einzelfall gesetzten Nachfrist vervollständigt hat. 1
(2) Im Auswahlverfahren werden nur solche Umstände berücksichtigt, die mit der Bewerbung oder den nachgereichten Unterlagen schriftlich dargelegt und nachgewiesen worden sind.
§ 4
Ausbildungskapazität
(1) Die Ausbildungskapazität bestimmt sich nach der Zahl der bei den Amts- und Landgerichten in Zivilsachen tätigen Richter. Als Zivilsachen gelten nicht Familiensachen und Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit.
(2) Bei der Berechnung der Ausbildungskapazität wird die Zahl der Richter im Eingangsamt mit dem Faktor 1,5 multipliziert. Mit dem Faktor 0,75 wird multipliziert die Zahl der
- 1.
- Direktoren von Amtsgerichten,
- 2.
- Vorsitzenden von Zivilkammern,
- 3.
- Richter, deren Arbeitskraftanteil in Zivilsachen weniger als 75 vom Hundert, mindestens aber 50 vom Hundert beträgt,
- 4.
- Richter auf Probe oder kraft Auftrags mit einer Dienstzeit von mehr als einem Jahr,
- 5.
- schwerbehinderten Richter.
(3) Bei der Berechnung der Ausbildungskapazität finden keine Berücksichtigung:
- 1.
- Richter auf Probe und Richter kraft Auftrags mit einer richterlichen Dienstzeit von weniger als einem Jahr,
- 2.
- Richter mit Arbeitskraftanteilen in Zivilsachen von weniger als 50 vom Hundert.
(4) Maßgeblich sind die Verhältnisse am 1. Januar und 1. Juli eines Jahres für den jeweils folgenden Einstellungstermin. Der Präsident des Oberlandesgerichts teilt dem Staatsministerium der Justiz unmittelbar im Anschluß an die Kapazitätsermittlung, spätestens jedoch drei Monate vor jedem Einstellungstermin eines Kalenderjahres die Zahl der zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze mit.
§ 5
Zuteilungskriterien
(1) Von den zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätzen werden vergeben
- 1.
- 60 vom Hundert nach dem Ergebnis der Ersten Juristischen Staatsprüfung,
- 2.
- 30 vom Hundert nach der Dauer der Wartezeit,
- 3.
- die restlichen Plätze an Bewerber, für die die Versagung der Zulassung eine besondere Härte bedeuten würde.
(2) Bewerber, die sich länger als 24 Monate erfolglos um die Zulassung zum Vorbereitungsdienst im Freistaat Sachsen beworben haben, sind vor der Vergabe der Ausbildungsplätze nach Absatz 1 zu berücksichtigen.
(3) Soweit die Zahl der Ausbildungsplätze nach Absatz 1 Nr. 3 nicht voll in Anspruch genommen wird, werden die verbleibenden Ausbildungsplätze nach Absatz 1 Nr. 2 vergeben. Darüber hinaus freibleibende Ausbildungsplätze werden nach Absatz 1 Nr. 1 zugeteilt.
§ 6
Prüfungsergebnis
(1) Die Reihenfolge der Auswahl nach dem Prüfungsergebnis richtet sich nach der Prüfungsgesamtnote der Ersten Juristischen Staatsprüfung.
(2) Bei gleicher Leistung entscheidet die längere Wartezeit, bei gleicher Wartezeit das Los.
§ 7
Wartezeit
(1) Die Wartezeit beginnt mit dem auf den Eingang des ordnungsgemäß gestellten Antrags folgenden Einstellungstermin.
(2) Bei gleicher Wartezeit entscheidet das bessere Prüfungsergebnis, bei gleichem Prüfungsergebnis das Los.
§ 8
Härtefälle
(1) Eine besondere Härte ist dann gegeben, wenn die Ablehnung des Antrags auf Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst für den Bewerber mit Nachteilen verbunden wäre, die über das Maß der mit einer Ablehnung regelmäßig verbundenen Nachteile erheblich hinausgehen.
(2) Eine zu berücksichtigende Härte kann im Einzelfall insbesondere dann vorliegen, wenn der Bewerber
- 1.
- Schwerbehinderter oder einem Schwerbehinderten Gleichgestellter im Sinne des Schwerbehindertengesetzes ist oder
- 2.
- aufgrund gesetzlicher oder sittlicher Verpflichtung einer minderjährigen oder nicht erwerbsfähigen Person Unterhalt zu leisten hat und zur Erfüllung dieser Verpflichtung der Anwärterbezüge bedarf.
(3) Übersteigt die Zahl der berücksichtigungsfähigen Härtefälle die Zahl der zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze innerhalb der Härtefallquote, so richtet sich die Reihenfolge der Aufnahme nach dem höheren Lebensalter.
§ 9
Rangverbesserung
(1) Bewerber, die eine Dienstpflicht nach Artikel 12a Abs. 1 oder 2 des Grundgesetzes erfüllt haben oder mindestens zwei Jahre als Entwicklungshelfer im Sinne des Entwicklungshelfergesetzes vom 18. Juni 1969 (BGBl. I S. 549), zuletzt geändert durch Artikel 75 des Gesetzes vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261), tätig waren oder das freiwillige soziale Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres vom 17. August 1964 (BGBl. I S. 640), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2118), oder das freiwillige ökologische Jahr im Sinne von Artikel 1 des Gesetzes vom 17. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2118) geleistet haben, sind, soweit sich dadurch ihre Stellung in der Rangfolge der Bewerber verbessert, nach den Absätzen 2 und 3 mit dem sich daraus ergebenden Rang zu berücksichtigen.
(2) Bei der Auswahl nach dem Prüfungsergebnis sind sie so zu berücksichtigen, als wenn sie sich zu einem früheren, höchstens um die Dauer des Dienstes zurückverlegten Zeitpunkt beworben hätten.
(3) Bei der Auswahl nach der Wartezeit haben sie nur diejenige Wartezeit zu verbringen, die bei einer Bewerbung zu einem früheren, höchstens um die Dauer des Dienstes zurückverlegten Zeitpunkt bestanden hätte.
§ 10
Frist zur Annahme des Ausbildungsplatzes
Innerhalb von zehn Tagen nach Bekanntgabe seiner Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst hat der Bewerber dem Präsidenten des Oberlandesgerichts mitzuteilen, ob er den zugeteilten Ausbildungsplatz in Anspruch nimmt. Soweit die Annahmeerklärung unterbleibt, wird der nicht in Anspruch genommene Ausbildungsplatz im Nachrückverfahren entsprechend der Rangfolge vergeben.
§ 11
Zurückstellung
Kann eine Bewerbung aufgrund der Rangfolge nicht berücksichtigt werden, merkt der Präsident des Oberlandesgerichts die Bewerbung für das nächstfolgende Auswahlverfahren vor. Eine erneute Bewerbung ist nicht erforderlich. Bis spätestens zwei Wochen vor Ablauf der Antragsfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 hat der Bewerber schriftlich mitzuteilen, ob er an der Bewerbung festhält; anderenfalls wird der Bewerber nicht mehr berücksichtigt. Darauf ist der Bewerber hinzuweisen.
§ 12
aufgehoben
2
§ 13
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
Dresden, den 7. März 1996
Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann