Verordnung
der Sächsischen Staatsregierung
zur Durchführung von Modellvorhaben zur Pauschalierung der Sozialhilfe
(Sozialhilfe-Pauschalierungsverordnung – SächsSozPauschVO)
Vom 27. März 2001
Aufgrund von § 101a des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. März 1994 (BGBl. I S. 646, 2975), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 3. Mai 2000 (BGBl. I S. 632, 633) geändert worden ist, wird verordnet:
§ 1
Ermächtigung für die Sozialhilfeträger,
Gegenstand der Modellvorhaben
(1) Die Träger der Sozialhilfe werden ermächtigt, in Modellvorhaben die Pauschalierung von Sozialhilfeleistungen im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt zu erproben, soweit die Beträge für die Leistungen nicht durch das Bundessozialhilfegesetz festgesetzt oder aufgrund des Bundessozialhilfegesetzes festzusetzen sind. Die Kosten der Unterkunft sind von einer Pauschalierung ausgenommen. Die Weihnachtsbeihilfe ist als Pauschale anlässlich des Weihnachtsfestes zu gewähren.
(2) Gegenstand der Erprobung ist insbesondere, inwieweit durch pauschalierte Leistungen die Aufgaben des Bundessozialhilfegesetzes besser erfüllt, die Zielsetzung des Gesetzes genauer erreicht und dadurch Grundlagen geschaffen werden, die seiner Weiterentwicklung dienen. Durch die Erprobung soll festgestellt werden, ob die Pauschalierung der Stärkung der Selbstverantwortung der Hilfeempfänger, der Förderung von Maßnahmen zur Überwindung der Sozialhilfebedürftigkeit und der Vereinfachung des Verfahrens der Hilfeleistung dient.
§ 2
Teilnahme an den Modellvorhaben
(1) In die Modellvorhaben können alle Hilfeempfänger einbezogen werden. Der Träger der Sozialhilfe legt für die Durchführung der Modellvorhaben den Personenkreis unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 Abs. 2 und dem Gesichtspunkt der Geeignetheit fest und bestimmt die Voraussetzungen, unter denen diesem Personenkreis pauschalierte Leistungen gewährt werden.
(2) Bei Einführung der Pauschalierung und während des gesamten Zeitraumes, in dem pauschalierte Leistungen erbracht werden, sind die Hilfesuchenden nach § 8 Abs. 2 BSHG und § 14 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) – Allgemeiner Teil – (Artikel 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998, 3023) geändert worden ist, zu beraten. Der Sozialhilfeträger entscheidet, in welchen Fällen, im Zusammenwirken mit dem Hilfeempfänger ein Hilfeplan zu erstellen ist.
§ 3
Festsetzung und Bemessung der Pauschalbeträge
(1) Die Pauschalbeträge können für einzelne Bedarfe oder als Gesamtpauschale für mehrere Bedarfe festgesetzt werden. Sie sind in der Regel als Monatsbeträge zu gewähren. Die durch einen Pauschalbetrag gedeckten Bedarfe müssen beschrieben und von den Bedarfen, die damit nicht gedeckt werden sollen, abgegrenzt sein. Die Pauschalbeträge müssen dem Grundsatz der Bedarfsdeckung gerecht werden und jeweils alles umfassen, was typischerweise zu diesen Bedarfen gehört.
(2) Das Bemessungssystem für die Pauschalbeträge ist von dem Träger der Sozialhilfe festzulegen. Grundlage bilden die für den Bereich des jeweils zuständigen Sozialhilfeträgers vorliegenden statistischen Daten und Erfahrungswerte.
(3) Für Einsatzgemeinschaften nach § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG sollen gemeinsame Pauschalbeträge festgesetzt werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind bedarfsbeeinflussende Faktoren wie zum Beispiel Haushaltsgröße oder Haushaltstyp sowie Alter und Geschlecht der Personen zu berücksichtigen.
(4) Die Pauschalbeträge sind bei der Bestimmung des individuellen Anspruchs einzelner Mitglieder einer Einsatzgemeinschaft in der Regel anteilig pro Kopf zuzurechnen. § 111 Abs. 1 Satz 2 BSHG bleibt unberührt.
§ 4
Zusätzliche Leistungen
Während der Dauer der Erprobung sind neben auf der Grundlage dieser Verordnung festgesetzten Pauschalen zusätzliche Leistungen für einen von der Pauschalierung erfassten Bedarf nur in Härtefällen zu gewähren.
§ 5
Einsetzen der pauschalierten Leistungsgewährung
Die pauschalierte Leistungsgewährung im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt setzt ein, sobald dauerhaft Leistungen im Sinne des § 12 BSHG zu gewähren sind. Ein späteres Einsetzen ist in begründeten Fällen zulässig.
§ 6
Erhöhung der Vermögensfreigrenzen
Die Vermögensfreigrenzen nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG in Verbindung mit der dazu ergangenen Rechtsverordnung werden für die Teilnehmer am Modellvorhaben um 60 Prozent erhöht. Bei Beendigung der Teilnahme ist diese Vermögensfreigrenze ein weiteres Jahr bei der Gewährung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt (nicht einmaliger Beihilfen) zugrunde zu legen, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2004.
§ 7
Dauer der Modellvorhaben
Die Dauer der Modellvorhaben beträgt zwei Jahre, eine Verlängerung ist möglich. Ergebnisse über eine mindestens zweijährige Erprobung, die eine Auswertung nach den §§ 8 bis 10 zulassen, sind der für das Sozialhilferecht zuständigen obersten Landesbehörde spätestens zum 1. Januar 2004 vorzulegen.
§ 8
Auswertung der Modellvorhaben,
Auskunftspflicht der Sozialhilfeträger
(1) Ziele, Inhalt und Dauer der Modellvorhaben teilt der Träger der Sozialhilfe vor Beginn des Vorhabens der für das Sozialhilferecht zuständigen obersten Landesbehörde mit.
(2) Die Modellvorhaben sind so auszuwerten, dass sie eine bundesweite und eine landesweite Bewertung zulassen. Die Träger der Sozialhilfe sind verpflichtet, nach den Vorgaben der für das Sozialhilferecht zuständigen obersten Landesbehörde bei der Auswertung mitzuwirken und nach einem von dieser vorgegebenen standardisierten Verfahren Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen.
§ 9
Ziele der Auswertung
Die Auswertung der Modellvorhaben dient der Weiterentwicklung des Sozialhilferechts. Sie beinhaltet eine an der Aufgabe und Zielsetzung des Bundessozialhilfegesetzes ausgerichtete systematische Beschreibung und Bewertung der Erprobung auf der Grundlage empirisch gewonnener Daten.
§ 10
Beteiligung Dritter
Zur Unterstützung der Durchführung und Auswertung des Modellvorhabens sollen die für das Sozialhilferecht zuständige oberste Landesbehörde, die kommunalen Spitzenverbände und die Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege zusammenarbeiten.
§ 11
In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2004 außer Kraft.
Dresden, den 27. März 2001
Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
Der Staatsminister
für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie
Dr. Hans Geisler