Gemeinsame Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales
und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
zur gesundheitlichen Betreuung von Asylbewerbern durch die Gesundheitsämter im Freistaat Sachsen
und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
zur gesundheitlichen Betreuung von Asylbewerbern durch die Gesundheitsämter im Freistaat Sachsen
Vom 24. Januar 2008
Die nachfolgende Verwaltungsvorschrift enthält Festlegungen über die gesundheitliche Betreuung der Asylbewerber durch die Gesundheitsämter und daraus sich ergebende Verpflichtungen der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber, der anderen Wohnheime für ausländische Flüchtlinge – beide Institutionen nachstehend als zuständige Stellen bezeichnet – und der Ausländerbehörden. Aus Gründen des öffentlichen Gesundheitsschutzes wird folgendes festgelegt:
I.
Ärztliche Untersuchung
- 1.
- Allgemeines
- Jeder Asylbewerber, der in den Freistaat Sachsen einreist, hat sich einer Gesundheitskontrolle durch das zuständige Gesundheitsamt gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes(AsylVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 1993 (BGBl. I S. 1361), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970, 1995) geändert worden ist, zu unterziehen. Die Erstuntersuchung obliegt dem für den Sitz der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber zuständigen Gesundheitsamt.
- 2.
- Aufforderung zur Untersuchung
- Der Asylbewerber wird unmittelbar nach seiner Einreise in den Freistaat Sachsen von der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber aufgefordert, sich innerhalb von zwei Werktagen vom zuständigen Gesundheitsamt untersuchen zu lassen. Sie teilt außerdem dem zuständigen Gesundheitsamt Name, Geburtsdatum, Anschrift und Herkunftsland des Asylbewerbers schriftlich (vorab telefonisch) mit und übersendet bereits vorhandene amtsärztliche Untersuchungsergebnisse in einem verschlossenen Umschlag. Dem Asylbewerber werden ein Merkblatt über Zweck und Umfang der Untersuchung nach dem Muster der Anlage 1 und bereits ein Fragebogen zur Anamneseerhebung nach dem Muster der Anlage 2 in der jeweiligen Landessprache übergeben. Die Fragen hat der Asylbewerber vor der Arztvorstellung mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten. Der ausgefüllte Fragebogen ist dem Arzt zusammen mit der Aufforderung zur Untersuchung zu übergeben.
- 3.
- Untersuchung
- 3.1
- Die ärztliche Untersuchung erfolgt zum Ausschluss des Vorliegens von übertragbaren Krankheiten, von Ausscheidertum und von akut behandlungsbedürftigen Krankheiten und umfasst folgende Leistungen:
- a)
- Anamneseerhebung und allgemeine ärztliche Untersuchung, soweit dies zur Feststellung einer übertragbaren oder akut behandlungsbedürftigen Krankheit erforderlich ist. Die Vermittlung des erkrankten Asylbewerbers an ambulant tätige Ärzte zur weiteren Diagnostik und Therapie ist sicherzustellen;
- b)
- Röntgen-Untersuchung der Lunge ab dem 16. Lebensjahr zum Ausschluss einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose der Atmungsorgane, Tuberkulintestung bei Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres und bei Asylbewerbern, bei denen eine Röntgenuntersuchung aus Strahlenschutzgründen nicht indiziert ist (zum Beispiel Schwangere);
- c)
- serologische Untersuchung ab 14. Lebensjahr auf
- aa)
- Syphilis (Lues)
- bb)
- Hepatitis B (HBsAntigen)
- cc)
- Hepatitis C und
- dd)
- HIV-Infektion;
- d)
- Stuhluntersuchung zum Ausschluss weiterer übertragbarer Krankheiten, insbesondere auf Typhus, Paratyphus, Cholera (nur bei epidemischer und/oder klinischer Indikation), Enteritis infectiosa (speziell durch Salmonellen, Campylobacter, EHEC), Shigellen-Ruhr, Protozoen-Infektionen und Helminthosen;
- e)
- sofern Anhaltspunkte vorliegen, ist die Untersuchung auf das Bestehen von weiteren in § 6 Abs. 1 und § 34 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904, 2915) geändert worden ist, sowie § 1 Abs. 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales über die Erweiterung der Meldepflicht für übertragbare Krankheiten und Krankheitserreger nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSGMeldeVO) vom 3. Juni 2002 (SächsGVBl. S. 187) aufgeführten Krankheiten sowie auf Suchtkrankheiten auszudehnen.
- 3.2
- Bei Asylbewerbern, die aus einem anderen Bundesland in den Freistaat Sachsen kommen, sind nur die Untersuchungen durchzuführen, die im Einreiseland noch nicht durchgeführt worden sind. Bei fehlenden Untersuchungsdokumenten oder im Zweifelsfall sind Kontrolluntersuchungen durchzuführen.
- 3.3
- Bei Änderung des Aufenthaltsortes innerhalb des Freistaates Sachsen sind von dem jeweils örtlich zuständigen Gesundheitsamt nur die noch nicht durchgeführten Untersuchungen sowie die im Einzelfall erforderlichen Kontrolluntersuchungen vorzunehmen.
- 4.
- Dokumentation
- Die Untersuchungsergebnisse sind auf dem für den Freistaat Sachsen verbindlichen Untersuchungsbogen für Asylbewerber nach dem Muster der Anlage 3 zu dokumentieren. Bei Änderung des Aufenthaltsortes des Asylbewerbers ist der Untersuchungsbogen nach Abforderung durch die zuständige Unterbringungsbehörde oder das Gesundheitsamt an das für den neuen Aufenthaltsort zuständige Gesundheitsamt weiterzuleiten. Eine Durchschrift des Untersuchungsbogens verbleibt jeweils bei dem abgebenden Gesundheitsamt. Der mit der laut Nummer 3 festgelegten Untersuchung befasste Arzt des Gesundheitsamtes stellt dem Asylbewerber nach Vorliegen und Bewertung aller klinischen und paraklinischen Untersuchungsergebnisse eine ärztliche Bescheinigung nach dem Muster der Anlage 4 aus, die der zuständigen Unterbringungsbehörde vorzulegen ist.
- 5.
- Weitere Informationspflichten
- 5.1
- Sind aufgrund der Untersuchungsergebnisse im Einzelfall Maßnahmen, insbesondere seuchenhygienischer Art, zu treffen, hat das Gesundheitsamt unverzüglich die Zentrale Ausländerbehörde und die Unterbringungsbehörde zu unterrichten und notwendige Maßnahmen zu veranlassen. Erfolgte zwischen Untersuchung und Befund eine Änderung des Aufenthaltsortes, ist das nunmehr zuständige Gesundheitsamt umgehend zu informieren.
- 5.2
- Beim Auftreten meldepflichtiger übertragbarer Krankheiten ist nach dem Infektionsschutzgesetz zu verfahren. Bezüglich der Verpflichtung zur Meldung wird auf die §§ 8 bis 10 IfSG verwiesen.
II.
Gesundheitliche Beratung
- 1.
- Allgemeines
- Asylbewerber sind entsprechend ihrer konkreten Situation vom zuständigen Gesundheitsamt im Rahmen der vorbeugenden Gesundheitshilfe zu beraten, insbesondere gilt das für die Beratung in Krankheitsfällen, für die Beratung zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, für die Mütter- und Kinderberatung und für die Beratung Behinderter.
- 2.
- Schutzimpfungen bei Asylbewerbern
- Asylbewerber sind von den Gesundheitsämtern aufzuklären, welche Schutzimpfungen zweckmäßigerweise bei Erwachsenen und besonders bei Kindern durchgeführt werden sollen. Dabei wird generell auf die im Freistaat Sachsen öffentlich empfohlenen Schutzimpfungen verwiesen. Die Impfungen sind den Asylbewerbern von den Gesundheitsämtern kostenlos anzubieten.
III.
Hygienische Überwachung von Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften
In den Aufnahmeeinrichtungen und den Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber in kommunaler, karitativer oder privater Trägerschaft wird mindestens einmal jährlich eine Begehung durch das Gesundheitsamt durchgeführt. Wenn die hygienischen Verhältnisse es erfordern, hat das Gesundheitsamt weitere Überwachungsmaßnahmen durchzuführen. Dabei ist insbesondere das Vorhandensein und die Qualität der nach § 36 Abs. 1 IfSG vorgeschriebenen Hygienepläne zu überprüfen. Besonderes Augenmerk gilt ferner der hygienisch einwandfreien Beschaffenheit der Wohnräume, der Hygiene in Gemeinschaftsküchen, der ordnungsgemäßen Lagerung von Lebensmitteln, der Abfallbeseitigung und den Gemeinschaftstoiletten. Erforderliche seuchenhygienische Maßnahmen sind bei der Leitung der Einrichtung zu veranlassen. Die Regierungspräsidien als höhere Unterbringungsbehörden teilen den Gesundheitsämtern regelmäßig mit, welche Wohnheime in deren Zuständigkeitsbereich bestehen.
IV.
Anfallende Kosten
Alle unmittelbaren und mittelbaren Kosten, die im Rahmen von Untersuchungen und Maßnahmen nach Nummer 3.1 anfallen, sind von der Zentralen Ausländerbehörde zu tragen.
V.
Inkrafttreten
Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
Dresden, den 24. Januar 2008
Die Staatsministerin für Soziales
Helma Orosz
Der Staatsminister des Innern
Albrecht Buttolo
Anlage 1
(zu Ziffer I Nr. 2 Satz 3)
Merkblatt für Asylbewerber
über die ärztliche Untersuchung
durch die Gesundheitsämter
Asylbewerber, die in den Freistaat Sachsen einreisen, werden vom Gesundheitsamt ärztlich untersucht. Durch die Untersuchung sollen Krankheiten, insbesondere übertragbare Krankheiten, möglichst rasch erkannt und behandelt und Maßnahmen gegen eine Weiterverbreitung ergriffen werden. Die Untersuchung dient damit in erster Linie Ihrem eigenen Interesse, aber auch dem Interesse der Personen, die mit Ihnen in einer Wohngemeinschaft leben.
Die Untersuchung umfasst eine allgemeine körperliche Untersuchung (soweit dies zur Feststellung einer übertragbaren oder akut behandlungsbedürftigen Krankheit erforderlich ist), eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs (ab 16 Jahren) beziehungsweise einen Haut-Test auf Tuberkulose, ferner eine Blutuntersuchung auf Lues (Syphilis), infektiöse Gelbsucht und HIV-Antikörper sowie eine Stuhluntersuchung auf Erreger von Darminfektionen.
Soweit der Arzt des Gesundheitsamts Anhaltspunkte für andere Krankheiten feststellt, werden auch weitergehende Untersuchungen durchgeführt.
Wenn es zur Verhinderung der Weiterverbreitung einer übertragbaren Krankheit erforderlich ist, darf das Gesundheitsamt die Untersuchungsergebnisse an andere Stellen weitergeben, insbesondere, wenn Sie Ihren Wohnsitz wechseln, an ein anderes Gesundheitsamt. In anderen Fällen werden Untersuchungsergebnisse an andere Stellen nur weitergeleitet, wenn Sie damit einverstanden sind. Das Gesundheitsamt geht von Ihrem Einverständnis zur Unterrichtung eines anderen Gesundheitsamtes (zum Beispiel bei Wohnsitzwechsel) aus, wenn eine behandlungsbedürftige Krankheit festgestellt wurde oder wenn noch ergänzende Untersuchungen zur Abklärung Ihres Gesundheitszustandes erforderlich sind. Diese Unterrichtung liegt in Ihrem Interesse.