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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Historische Fassung war gültig vom 01.04.1997 bis 31.12.1998

Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen

Vollzitat: Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen vom 21. April 1993 (SächsGVBl. S. 301, 445), die zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 28. November 2023 (SächsGVBl. S. 870) geändert worden ist

Gemeindeordnung
für den Freistaat Sachsen
(SächsGemO)

Vom 21. April1993

Der Landtag hat am 18. März 1993 das folgende Gesetz beschlossen:

Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. April 1997

ERSTER TEIL
RECHTSSTELLUNG, AUFGABEN UND GEBIET DER GEMEINDE

ERSTER ABSCHNITT
RECHTSSTELLUNG UND AUFGABEN

§ 1
Wesen und Organe der Gemeinde

(1) Die Gemeinde ist Grundlage und Glied des demokratischen Rechtsstaates.

(2) Die Gemeinde erfüllt ihre Aufgaben in bürgerschaftlicher Selbstverwaltung zum gemeinsamen Wohl aller Einwohner durch ihre von den Bürgern gewählten Organe sowie im Rahmen der Gesetze durch die Einwohner und Bürger unmittelbar.

(3) Die Gemeinde ist rechtsfähige Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts.

(4) Organe der Gemeinde sind der Gemeinderat und der Bürgermeister.

§ 2
Aufgaben der Gemeinde

(1) Die Gemeinden erfüllen in ihrem Gebiet im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit alle öffentlichen Aufgaben in eigener Verantwortung und schaffen die für das soziale, kulturelle und wirtschaftliche Wohl ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen, soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen.

(2) Die Gemeinden können durch Gesetz zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet werden (Pflichtaufgaben). Werden den Gemeinden neue Pflichtaufgaben auferlegt, sind Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden, ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.

(3) Pflichtaufgaben können den Gemeinden zur Erfüllung nach Weisung auferlegt werden (Weisungsaufgaben). Das Gesetz bestimmt den Umfang des Weisungsrechts.

(4) In die Rechte der Gemeinden darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden.

§ 3
Gemeindearten

(1) Gemeinden im Sinne dieses Gesetzes sind die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sowie die Kreisfreien Städte.

(2) Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern können auf ihren Antrag von der Staatsregierung zu Großen Kreisstädten erklärt werden, wenn sie Gewähr für die ordnungsgemäße Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben bieten. Die Erklärung zur Großen Kreisstadt ist im Gesetz- und Verordnungsblatt bekanntzumachen. Auf Antrag einer Großen Kreisstadt kann die Erklärung von der Staatsregierung widerrufen werden. Der Widerruf ist im Gesetz- und Verordnungsblatt bekanntzumachen.

(3) Die Kreisfreien Städte sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, untere Verwaltungsbehörden im Sinne bundes- und landesrechtlicher Vorschriften.

§ 4
Satzungen

(1) Die Gemeinden können die weisungsfreien Angelegenheiten durch Satzung regeln, soweit Gesetze oder Rechtsverordnungen keine Vorschriften enthalten. Weisungsaufgaben können durch Satzung geregelt werden, wenn ein Gesetz hierzu ermächtigt.

(2) Satzungen werden vom Gemeinderat beschlossen. Ist nach den Vorschriften dieses Gesetzes eine Hauptsatzung zu erlassen, muß sie mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder des Gemeinderats beschlossen werden.

(3) Satzungen sind durch den Bürgermeister auszufertigen und öffentlich bekanntzumachen. Sie treten am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft, wenn sie keinen anderen Zeitpunkt bestimmen. Satzungen sind der Rechtsaufsichtsbehörde unverzüglich nach ihrem Erlaß anzuzeigen.

(4) Satzungen, die unter Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften zustandegekommen sind, gelten ein Jahr nach ihrer Bekanntmachung als von Anfang an gültig zustandegekommen. Dies gilt nicht, wenn

1.
die Ausfertigung der Satzung nicht oder fehlerhaft erfolgt ist,
2.
Vorschriften über die Öffentlichkeit der Sitzungen, die Genehmigung oder die Bekanntmachung der Satzung verletzt worden sind,
3.
der Bürgermeister dem Beschluß nach § 52 Abs. 2 wegen Gesetzwidrigkeit widersprochen hat,
4.
vor Ablauf der in Satz 1 genannten Frist
a)
die Rechtsaufsichtsbehörde den Beschluß beanstandet hat oder
b)
die Verletzung der Verfahrens- oder Formvorschrift gegenüber der Gemeinde

unter Bezeichnung des Sachverhalts, der die Verletzung begründen soll, schriftlich geltend gemacht worden ist. Ist eine Verletzung nach Satz 2 Nr. 2 oder 3 geltend gemacht worden, so kann auch nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist jedermann diese Verletzung geltend machen. Sätze 1 bis 3 sind nur anzuwenden, wenn bei der Bekanntmachung der Satzung auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften und die Rechtsfolgen hingewiesen worden ist.

(5) Absatz 2 Satz 1, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 gelten für anderes Ortsrecht und Flächennutzungspläne entsprechend.

§ 5
Name und Bezeichnung

(1) Die Gemeinden führen ihre bisherigen Namen. Die Bestimmung, Feststellung und Änderung des Namens der Gemeinde bedarf der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der obersten Rechtsaufsichtsbehörde.

(2) Die Bezeichnung „Stadt“ führen die Gemeinden, denen diese Bezeichnung beim Inkrafttreten dieses Gesetzes zusteht. Die Staatsregierung kann auf Antrag die Bezeichnung „Stadt“ an Gemeinden verleihen, die nach Einwohnerzahl, Siedlungsform und kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen städtisches Gepräge tragen. Wird eine Gemeinde mit der Bezeichnung „Stadt“ in eine andere Gemeinde eingegliedert oder mit einer anderen Gemeinde zu einer neuen Gemeinde vereinigt, kann die aufnehmende oder neugebildete Gemeinde diese Bezeichnung weiterführen.

(3) Die Gemeinden können auch sonstige überkommene Bezeichnungen weiterführen. Die Staatsregierung kann auf Antrag an Gemeinden für diese selbst oder für einzelne bewohnte Gemeindeteile sonstige Bezeichnungen verleihen, die auf der Geschichte oder der heutigen Eigenart oder Bedeutung der Gemeinden oder Gemeindeteile beruhen. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Die Benennung der Gemeindeteile sowie der innerhalb der bebauten Gemeindeteile dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, Wege, Plätze und Brücken ist Angelegenheit der Gemeinden. Gleichlautende Benennungen innerhalb derselben Gemeinde sind unzulässig.

§ 6
Wappen, Flaggen und Dienstsiegel

(1) Die Gemeinden können ihre bisherigen Wappen und Flaggen führen. Die erstmalige Führung von Wappen und Flaggen sowie deren Änderung bedürfen der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde.

(2) Die Gemeinden führen Dienstsiegel. Gemeinden mit eigenem Wappen führen dieses, die übrigen Gemeinden das Wappen des Freistaates Sachsen mit der Bezeichnung und dem Namen der Gemeinde als Umschrift in ihrem Dienstsiegel.

ZWEITER ABSCHNITT
GEBIET DER GEMEINDE

§ 7
Gebietsbestand

(1) Das Gebiet der Gemeinde bilden die Grundstücke, die nach geltendem Recht zu ihr gehören. Grenzstreitigkeiten entscheidet die Rechtsaufsichtsbehörde.

(2) Jedes Grundstück soll zu einer Gemeinde gehören. Aus besonderen Gründen können Grundstücke außerhalb einer Gemeinde verbleiben (gemeindefreie Grundstücke).

§ 8
Gebietsänderungen

(1) Das Gebiet von Gemeinden kann aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit geändert werden, indem die Grenzen von Gemeinden geändert, Gemeinden in andere Gemeinden eingegliedert oder mit anderen Gemeinden zu neuen Gemeinden vereinigt werden. Vor einer Gebietsänderung sind die Einwohner in dem unmittelbar betroffenen Gebiet, die das sechzehnte Lebensjahr vollendet haben, zu hören.

(2) Gebietsänderungen können von den beteiligten Gemeinden mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde vereinbart werden.

(3) Gegen den Willen einer beteiligten Gemeinde kann eine Gebietsänderung nur durch Gesetz erfolgen.

(4) Das Änderungsvorhaben ist für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Die Auslegung ist zuvor öffentlich bekanntzumachen. Die öffentliche Bekanntmachung muß enthalten:

1.
die Dienststelle, in der die Unterlagen ausliegen;
2.
die Tagesstunden, während derer die Einsichtnahme erfolgen kann;
3.
Beginn und Ende der Auslegungsfrist;
4.
den Kreis der Anhörungsberechtigten;
5.
den Hinweis, daß die Anhörungsberechtigten die Möglichkeit haben, während der Dauer der Auslegung schriftlich oder zur Niederschrift zu dem Änderungsvorhaben Stellung zu nehmen.

(5) Erfolgt eine Änderung des Gemeindegebietes durch Gesetz, so obliegt die Durchführung der Anhörung den Gemeinden als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung. Das Weisungsrecht ist nicht beschränkt.

(6) Für Rechtshandlungen, die wegen einer Änderung des Gemeindegebiets erforderlich sind, werden Gebühren und Auslagen, die auf Landesrecht beruhen, nicht erhoben.

§ 9
Vereinbarung über Gebietsänderungen

(1) Die Vereinbarung nach § 8 Abs. 2 muß von den Gemeinderäten der beteiligten Gemeinden mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder beschlossen werden. § 8 Abs. 1 Satz 2 gilt nicht, wenn in der Gemeinde, die in eine andere Gemeinde eingegliedert werden soll, oder in den Gemeinden, die sich zu einer neuen Gemeinde vereinigen wollen, über die Gebietsänderung ein Bürgerentscheid durchgeführt wird.

(2) In der Vereinbarung sind Bestimmungen über den Umfang der Gebietsänderung, den Tag der Rechtswirksamkeit und, soweit erforderlich, über die Auseinandersetzung und das in dem betroffenen Gebiet künftig geltende Ortsrecht zu treffen.

(3) Wird eine Gemeinde in eine andere Gemeinde eingegliedert, muß die Vereinbarung auch Bestimmungen über die befristete Vertretung der eingegliederten Gemeinde bei Streitigkeiten über die Vereinbarung und über die Aufnahme des Bürgermeisters oder von Gemeinderäten der einzugliedernden Gemeinde in den Gemeinderat der aufnehmenden Gemeinde enthalten. Sollen nicht alle Gemeinderäte der einzugliedernden Gemeinde in den Gemeinderat der aufnehmenden Gemeinde übertreten, werden die übertretenden Gemeinderäte vom Gemeinderat der einzugliedernden Gemeinde in entsprechender Anwendung des § 42 Abs. 2 bestimmt; die nicht gewählten Bewerber sind in der Reihenfolge ihrer Benennung als Ersatzleute festzustellen.

(4) Vereinigen sich mehrere Gemeinden zu einer neuen Gemeinde, muß die Vereinbarung auch Bestimmungen über den Namen und die vorläufigen Organe der Gemeinde enthalten. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Wird aufgrund einer Vereinbarung nach Absatz 3 oder 4 auf unbestimmte Zeit die Ortschaftsverfassung eingeführt, kann sie nur mit Zustimmung des Ortschaftsrats aufgehoben werden, frühestens jedoch zur übernächsten regelmäßigen Wahl nach ihrer Einführung. Der Beschluß des Ortschaftsrats bedarf der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder.

(6) Wird aufgrund einer Vereinbarung nach Absatz 3 oder 4 die Ortschaftsverfassung eingeführt, kann abweichend von § 66 Abs. 1 vereinbart werden, daß erstmals nach Einrichtung der Ortschaft die bisherigen Gemeinderäte der bisherigen oder eingegliederten Gemeinde die Ortschaftsräte sind. Abweichend von § 68 Abs. 1 Satz 1 kann vereinbart werden, daß dem bisherigen Bürgermeister bis zum Ablauf seiner Amtszeit das Amt des Ortsvorstehers übertragen wird; mit der Übertragung des Amtes ist er stimmberechtigtes Mitglied des Ortschaftsrats. Abweichend von § 68 Abs. 1 Satz 2 kann vereinbart werden, daß der Ortsvorsteher, wenn er als Bürgermeister bisher hauptamtlich Beamter auf Zeit war, hauptamtlicher Beamter auf Zeit ist. Endet die Amtszeit nach Satz 1 während der Wahlperiode des Ortschaftsrats, so kann der Ortschaftsrat den Amtsinhaber für die verbleibende Wahlperiode als Ortsvorsteher wiederwählen. Die Wiederwahl findet frühestens zwei Monate vor Ablauf der Amtszeit, spätestens am Tage vor Ablauf der Amtszeit statt. In diesem Falle bleibt der Ortsvorsteher stimmberechtigtes Mitglied des Ortschaftsrats. Er ist zum Ehrenbeamten auf Zeit zu ernennen.

(7) In einer Vereinbarung nach Absatz 3 oder 4 kann bestimmt werden, daß Bürgermeister oder Beigeordnete der bisherigen Gemeinde zu Beigeordneten der neugebildeten oder der aufnehmenden Gemeinde bestellt werden. § 55 Abs. 1 Satz 3 und § 56 Abs. 2 und 3 sind nicht anzuwenden.

(8) In den Fällen des Absatzes 4 ist die neue Gemeinde Rechtsnachfolgerin der bisherigen Gemeinden. In den Fällen des Absatzes 3 ist die aufnehmende Gemeinde Rechtsnachfolgerin der eingegliederten Gemeinde.

ZWEITER TEIL
EINWOHNER UND BÜRGER DER GEMEINDE

§ 10
Rechtsstellung der Einwohner

(1) Einwohner der Gemeinde ist jeder, der in der Gemeinde wohnt.

(2) Die Einwohner sind im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde nach gleichen Grundsätzen zu benutzen, und verpflichtet, die Gemeindelasten mitzutragen.

(3) Wer in der Gemeinde ein Grundstück besitzt oder ein Gewerbe betreibt, ohne Einwohner zu sein, ist im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen, die für Grundbesitzer und Gewerbetreibende bestehen, und verpflichtet, für seinen Grundbesitz oder Gewerbebetrieb zu den Gemeindelasten beizutragen.

(4) Durch Satzung können die Gemeinden ihre Einwohner und die nach Absatz 3 gleichgestellten Personen für eine bestimmte Zeit zur Mitwirkung bei der Erfüllung vordringlicher Aufgaben in Notfallen verpflichten, wenn die eigenen Mittel der Gemeinde hierfür nicht ausreichen. Der Kreis der Verpflichteten, die Art, der Umfang und die Dauer der Mitwirkung sowie die etwa zu gewährende Vergütung oder die Zahlung einer Ablösung sind durch die Satzung zu bestimmen.

(5) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für juristische Personen und nicht rechtsfähige Personenvereinigungen.

§ 11
Unterrichtung und Beratung der Einwohner

(1) Die Gemeinde informiert ihre Einwohner laufend über die allgemein bedeutsamen Angelegenheiten ihres Wirkungskreises.

(2) Über Planungen und Vorhaben der Gemeinde, die für ihre Entwicklung bedeutsam sind oder die die sozialen, kulturellen, ökologischen oder wirtschaftlichen Belange ihrer Einwohner berühren, sind die Einwohner frühzeitig und umfassend zu informieren.

(3) Die Gemeinde soll im Rahmen ihrer rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten die Einwohner in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches beraten, sowie über Zuständigkeiten in Verwaltungsangelegenheiten Auskünfte erteilen.

§ 12
Petitionsrecht

(1) Jeder Einwohner hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen in Gemeindeangelegenheiten mit Vorschlägen, Bitten und Beschwerden (Petitionen) an die Gemeinde zu wenden. Dem Petenten ist innerhalb angemessener Frist, spätestens aber nach sechs Wochen, ein begründeter Bescheid zu erteilen. Ist innerhalb von sechs Wochen ein Bescheid nicht möglich, ist ein Zwischenbescheid zu erteilen.

(2) Der Gemeinderat kann für die Behandlung von Petitionen, die in seine Zuständigkeit fallen, einen Petitionsausschuß bilden.

§ 13
Hilfe in Verwaltungsverfahren

(1) Die Gemeinden sind im Rahmen ihrer Verwaltungskraft ihren Einwohnern bei der Einleitung von Verwaltungsverfahren behilflich, auch wenn für deren Durchführung das Landratsamt oder das Regierungspräsidium zuständig ist. Zur Rechtsberatung sind die Gemeinden nicht berechtigt.

(2) Die Gemeinden sollen Anträge und Erklärungen, die beim Landratsamt oder beim Regierungspräsidium einzureichen sind, entgegennehmen und unverzüglich weiterleiten. Die Einreichung bei der Gemeinde gilt hinsichtlich der Wahrung von Fristen als bei der zuständigen Behörde vorgenommen, soweit Bundesrecht nicht entgegensteht.

(3) Die Gemeinden haben häufig benötigte Vordrucke, die ihnen von anderen Behörden überlassen werden, für ihre Einwohner bereit zu halten.

§ 14
Anschluß- und Benutzungszwang

(1) Die Gemeinde kann bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebietes den Anschluß an Anlagen zur Wasserversorgung, Ableitung und Reinigung von Abwasser, Fernwärmeversorgung und ähnliche dem öffentlichen Wohl, insbesondere dem Umweltschutz dienende Einrichtungen (Anschlußzwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen, der Bestattungseinrichtungen, der Abfallbeseitigungseinrichtungen und der Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben.

(2) Die Satzung kann bestimmte Ausnahmen vom Anschluß- und Benutzungszwang zulassen. Sie kann den Zwang auf bestimmte Teile des Gemeindegebietes oder auf bestimmte Gruppen von Grundstücken, Gewerbebetrieben oder Personen beschränken.

§ 15
Bürger der Gemeinde

(1) Bürger der Gemeinde ist jeder Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes, der das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt. Wer in mehreren Gemeinden wohnt, ist Bürger nur in der Gemeinde des Freistaates Sachsen, in der er seit mindestens drei Monaten seine Hauptwohnung hat. War in der Gemeinde, in der sich die Hauptwohnung befindet, die bisherige einzige Wohnung, wird die bisherige Wohndauer in dieser Gemeinde angerechnet.

(2) Die verantwortliche Teilnahme an der bürgerschaftlichen Selbstverwaltung der Gemeinde ist Recht und Pflicht aller Bürger und der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten.

(3) Bei einer Gebietsänderung werden Bürger, die in dem betroffenen Gebiet wohnen, Bürger der aufnehmenden oder neugebildeten Gemeinde; im übrigen wird bei der Berechnung der Frist nach Absatz 1 Satz 1 die Wohndauer in der bisherigen Gemeinde angerechnet.

(4) Auf der Grundlage der Verfassung des Freistaates Sachsen gewährleisten die Gemeinden die Rechte der Bürger sorbischer Nationalität. Die Gemeinden des sorbischen Siedlungsgebietes regeln die Förderung der sorbischen Kultur und Sprache durch Satzung. Gleiches gilt für die zweisprachige Benennung der Gemeinden und Gemeindeteile sowie der öffentlichen Gebäude, Einrichtungen, Straßen, Wege, Plätze und Brücken.

§ 16
Wahlrecht

(1) Die Bürger der Gemeinde sind im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt und haben das Stimmrecht in Gemeindeangelegenheiten. Die Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedsstaates der Europäischen Gemeinschaft sind auch wahlberechtigt und stimmberechtigt in Gemeindeangelegenheiten, sofern sie das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnen; § 15 Abs. 1 und 3 gilt entsprechend.

(2) Ausgeschlossen vom Wahlrecht und vom Stimmrecht ist,

1.
wer infolge deutschen Richterspruchs das Wahlrecht oder Stimmrecht nicht besitzt,
2.
für wen zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nach deutschem Recht nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist; dies gilt auch, wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in § 1896 Abs. 4 und § 1905 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten Angelegenheiten nicht umfaßt.

§ 17
Ehrenamtliche Tätigkeit

(1) Die Bürger und die nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten sind verpflichtet, eine ehrenamtliche Tätigkeit für die Gemeinde zu übernehmen und auszuüben.

(2) Soweit nichts anderes bestimmt ist, bestellt der Gemeinderat die Bürger und die nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten zur ehrenamtlichen Tätigkeit; er kann die Bestellung jederzeit widerrufen.

§ 18
Ablehnung ehrenamtlicher Tätigkeit

(1) Der Bürger und der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigte kann eine ehrenamtliche Tätigkeit aus wichtigem Grund ablehnen oder deren Beendigung verlangen. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Bürger

1.
älter als 65 Jahre ist,
2.
anhaltend krank ist,
3.
zehn Jahre dem Gemeinderat oder Ortschaftsrat angehört oder ein anderes Ehrenamt bekleidet hat,
4.
durch die Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit in seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit oder in der Fürsorge für seine Familie erheblich behindert wird,
5.
ein öffentliches Amt ausübt und die oberste Dienstbehörde feststellt, daß die ehrenamtliche Tätigkeit hiermit nicht vereinbar ist.

(2) Ob ein wichtiger Grund vorliegt, entscheidet der Gemeinderat.

§ 19
Pflichten ehrenamtlich tätiger Bürger

(1) Wer eine ehrenamtliche Tätigkeit ausübt, muß die ihm übertragenen Aufgaben uneigennützig und verantwortungsbewußt erfüllen.

(2) Der ehrenamtlich tätige Bürger und der ehrenamtlich tätige nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigte ist zur Verschwiegenheit über alle Angelegenheiten verpflichtet, deren Geheimhaltung gesetzlich vorgeschrieben, besonders angeordnet oder ihrer Natur nach erforderlich ist. Er darf die Kenntnis vom geheimzuhaltenden Angelegenheiten nicht unbefugt verwerten. Diese Verpflichtungen bestehen auch nach Beendigung der ehrenamtlichen Tätigkeit fort. Die Geheimhaltung kann nur aus Gründen des öffentlichen Wohls oder zum Schutz berechtigter Interessen Einzelner angeordnet werden. Die Anordnung ist aufzuheben, sobald sie nicht mehr gerechtfertigt ist.

(3) Gemeinderäte und Ortschaftsräte dürfen Ansprüche und Interessen eines anderen gegen die Gemeinde nicht geltend machen, soweit sie nicht als gesetzliche Vertreter handeln. Ob die Voraussetzungen dieses Verbots vorliegen, entscheidet im Zweifelsfall der Gemeinderat.

(4) Der Gemeinderat kann einem Bürger und einem nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten, der ohne wichtigen Grund eine ehrenamtliche Tätigkeit ablehnt oder aufgibt, seine Pflichten nach Absatz 1 gröblich verletzt, einer Verpflichtung nach Absatz 2 zuwiderhandelt oder eine Vertretung entgegen Absatz 3 ausübt, ein Ordnungsgeld bis zu 1 000 DM auferlegen.

§ 20
Ausschluß wegen Befangenheit

(1) Der ehrenamtlich tätige Bürger und der ehrenamtlich tätige nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigte darf weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn er in der Angelegenheit bereits in anderer Eigenschaft tätig geworden ist oder wenn die Entscheidung ihm selbst oder folgenden Personen einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann:

1.
seinem Ehegatten, früheren Ehegatten oder Verlobten,
2.
einem in gerader Linie oder in Seitenlinie bis zum dritten Grade Verwandten,
3.
einem in gerader Linie oder in Seitenlinie bis zum zweiten Grade Verschwägerten,
4.
einer von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen Person,
5.
einer Person oder Gesellschaft, bei der er beschäftigt ist, sofern nicht nach den tatsächlichen Umständen der Beschäftigung anzunehmen ist, daß kein Interessenwiderstreit besteht,
6.
einer Gesellschaft, bei der ihm, einer in Nummer 1 genannten Person oder einem Verwandten ersten Grades allein oder gemeinsam mindestens 10 vom Hundert der Anteile gehören,
7.
einer Gesellschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, ausgenommen einer Gebietskörperschaft, in deren Vorstand, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder vergleichbarem Organ er tätig ist, sofern er diese Tätigkeit nicht als Vertreter der Gemeinde oder auf deren Vorschlag ausübt.

(2) Absatz 1 gilt nicht

1.
für Wahlen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit,
2.
wenn die Entscheidung nur die gemeinsamen Interessen einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe berührt.

(3) Der ehrenamtlich tätige Bürger und der ehrenamtlich tätige nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigte, bei dem ein Tatbestand vorliegt, der Befangenheit zur Folge haben kann, hat dies vor Beginn der Beratung dieser Angelegenheit dem Vorsitzenden, sonst dem Bürgermeister mitzuteilen. Ob ein Ausschließungsgrund vorliegt, entscheidet im Zweifelsfall in Abwesenheit des Betroffenen bei Gemeinderäten der Gemeinderat, bei Ortschaftsräten der Ortschaftsrat, bei Mitgliedern von Ausschüssen der Ausschuß, sonst der Bürgermeister.

(4) Wer an der Beratung und Entscheidung wegen Befangenheit nicht mitwirken darf, muß die Sitzung verlassen. Ist die Sitzung öffentlich, darf er als Zuhörer anwesend bleiben.

(5) Ein Beschluß ist rechtswidrig, wenn bei der Beratung oder Beschlußfassung die Bestimmungen der Absätze I oder 4 verletzt worden sind oder wenn jemand ohne einen der Gründe des Absatzes 1 ausgeschlossen worden ist. Der Beschluß gilt jedoch ein Jahr nach der Beschlußfassung oder, wenn eine öffentliche Bekanntmachung erforderlich ist, ein Jahr nach dieser als von Anfang an gültig zustandgekommen. § 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 und 3 und Satz 3 gilt entsprechend.

§ 21
Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit

(1) Ehrenamtlich tätige Bürger und ehrenamtlich tätige nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigte haben Anspruch auf Ersatz ihrer notwendigen Auslagen und ihres Verdienstausfalls. Durch Satzung können Höchstbeträge oder Durchschnittssätze festgesetzt werden. Soweit kein Verdienstausfall entsteht, kann durch Satzung bestimmt werden, daß für den Zeitaufwand eine Entschädigung gewährt wird.

(2) Durch Satzung kann bestimmt werden, daß Gemeinderäten, Ortschaftsräten und sonstigen Mitgliedern der Ausschüsse und Beiräte des Gemeinderats und Ortschaftsrats eine Aufwandsentschädigung gewährt wird.

(3) Ehrenamtlich tätigen Bürgern und ehrenamtlich tätigen nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten wird Ersatz für Sachschäden in entsprechender Anwendung der für Beamte geltenden Bestimmungen gewährt.

(4) Ansprüche nach den Absätzen I bis 3 sind nicht übertragbar.

§ 22
Einwohnerversammlung

(1) Allgemein bedeutsame Gemeindeangelegenheiten sollen mit den Einwohnern erörtert werden. Zu diesem Zweck soll der Gemeinderat mindestens einmal im Jahr eine Einwohnerversammlung anberaumen. Einwohnerversammlungen können auf Gemeindeteile beschränkt werden. Die Einwohnerversammlung wird vom Bürgermeister spätestens eine Woche vor ihrer Durchführung unter ortsüblicher Bekanntgabe von Ort, Zeit und Tagesordnung einberufen. Den Vorsitz führt der Bürgermeister, sofern der Gemeinderat nicht eines seiner Mitglieder damit beauftragt. Gemeinderäte und Bürgermeister sollen den Einwohnern für Fragen zur Verfügung stehen.

(2) Eine Einwohnerversammlung ist anzuberaumen, wenn dies von den Einwohnern beantragt wird. Der Antrag muß unter Bezeichnung der zu erörternden Angelegenheiten schriftlich eingereicht werden. Der Antrag muß von mindestens 10 vom Hundert der Einwohner, die das sechzehnte Lebensjahr vollendet haben, unterzeichnet sein. Die Hauptsatzung kann ein geringeres Quorum, jedoch nicht weniger als 5 vom Hundert festsetzen.

(3) Die Einwohnerversammlung ist innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrages durchzuführen. Die Erörterung einer Angelegenheit in einer Einwohnerversammlung kann innerhalb eines Jahres erneut nur dann beantragt werden, wenn sich die Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat.

(4) Vorschläge und Anregungen der Einwohnerversammlung sind innerhalb von drei Monaten von dem zuständigen Organ der Gemeinde zu behandeln. Das Ergebnis der Behandlung der Vorschläge und Anregungen ist in ortsüblicher Weise bekanntzugeben.

§ 23
Einwohnerantrag

(1) Der Gemeinderat muß Gemeindeangelegenheiten, für die er zuständig ist, innerhalb von drei Monaten behandeln, wenn dies von den Einwohnern beantragt wird (Einwohnerantrag). § 22 Abs. 2, 3 und 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(2) In dem Einwohnerantrag können bis zu drei Personen benannt werden, die zur Abgabe von Erklärungen ermächtigt sind. Sie sind bei der Beratung im Gemeinderat zu hören.

§ 24
Bürgerentscheid

(1) In Gemeindeangelegenheiten können die Bürger und die nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten über eine zur Abstimmung gestellte Frage entscheiden (Bürgerentscheid), wenn ein Bürgerbegehren Erfolg hat oder der Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln die Durchführung eines Bürgerentscheides beschließt.

(2) Der Bürgerentscheid kann über alle Fragen durchgeführt werden, für die der Gemeinderat zuständig ist. Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über

1.
Weisungsaufgaben,
2.
Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
3.
Haushaltssatzungen und Wirtschaftspläne,
4.
Gemeindeabgaben, Tarife und Entgelte,
5.
Jahresrechnungen und Jahresabschlüsse,
6.
Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
7.
Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren,
8.
Anträge, die gesetzwidrige Ziele verfolgen.

(3) Bei einem Bürgerentscheid ist die Frage in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit mindestens 25 vom Hundert der Stimmberechtigten beträgt. Ist die nach Satz 1 erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden, hat der Gemeinderat zu entscheiden.

(4) Der Bürgerentscheid steht einem Beschluß des Gemeinderats gleich. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden.

(5) Ein Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.

§ 25
Bürgerbegehren

(1) Die Durchführung eines Bürgerentscheids kann schriftlich von Bürgern der Gemeinde und von nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten beantragt werden (Bürgerbegehren). Das Bürgerbegehren muß mindestens von 15 vom Hundert der Bürger der Gemeinde und der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten unterzeichnet sein; die Hauptsatzung kann ein geringeres Quorum, jedoch nicht weniger als 5 vom Hundert festsetzen. Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist.

(2) Das Bürgerbegehren muß eine mit ja oder nein zu entscheidende Fragestellung und eine Begründung enthalten sowie drei Vertreter bezeichnen, die zur Entgegennahme von Mitteilungen und Entscheidungen der Gemeinde und zur Abgabe von Erklärungen ermächtigt sind. Das Begehren muß einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag zur Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Richtet es sich gegen einen Beschluß des Gemeinderats, muß es innerhalb von zwei Monaten nach der öffentlichen Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht werden.

(3) Über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat. Die Entscheidung ist ortsüblich bekanntzugeben. Ist das Bürgerbegehren zulässig, so ist der Bürgerentscheid innerhalb von drei Monaten durchzuführen. Nach der Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens darf eine diesem widersprechende Entscheidung des Gemeinderats nicht mehr getroffen werden.

§ 26
Ehrenbürgerrecht

(1) Der Gemeinderat kann Personen, die sich in besonderem Maße um die Entwicklung der Gemeinde oder das Wohl ihrer Bürger verdient gemacht haben, das Ehrenbürgerrecht verleihen.

(2) Das Ehrenbürgerrecht kann aus wichtigem Grund durch Beschluß des Gemeinderats aberkannt werden.

DRITTER TEIL
VERFASSUNG UND VERWALTUNG DER GEMEINDE

ERSTER ABSCHNITT
GEMEINDERAT

§ 27
Rechtsstellung des Gemeinderats

(1) Der Gemeinderat ist die Vertretung der Bürger und der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten und das Hauptorgan der Gemeinde.

(2) In Städten führt der Gemeinderat die Bezeichnung Stadtrat.

§ 28
Aufgaben des Gemeinderats

(1) Der Gemeinderat legt die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt.

(2) Der Gemeinderat überwacht die Ausführung seiner Beschlüsse und sorgt beim Auftreten von Mißständen in der Gemeindeverwaltung für deren Beseitigung durch den Bürgermeister.

(3) Der Gemeinderat entscheidet im Einvernehmen mit dem Bürgermeister über die Ernennung, Höhergruppierung und Entlassung der Gemeindebediensteten sowie über die Festsetzung von Vergütungen, auf die kein Anspruch aufgrund eines Tarifvertrags besteht. Kommt es zu keinem Einvernehmen, entscheidet der Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Stimmberechtigten allein. Der Bürgermeister ist zuständig, soweit der Gemeinderat ihm die Entscheidung überträgt oder diese zur laufenden Verwaltung gehört.

(4) Ein Viertel der Gemeinderäte kann in allen Angelegenheiten der Gemeinde verlangen, daß der Bürgermeister den Gemeinderat informiert und diesem oder einem von ihm bestellten Ausschuß Akteneinsicht gewährt. In dem Ausschuß müssen die Antragsteller vertreten sein.

(5) Jeder Gemeinderat kann an den Bürgermeister schriftliche oder in einer Sitzung des Gemeinderats mündliche Anfragen über einzelne Angelegenheiten der Gemeinde richten, die binnen angemessener Frist zu beantworten sind. Das Nähere ist in der Geschäftsordnung zu regeln.

(6) Die Absätze 4 und 5 gelten nicht für die nach § 53 Abs. 3 Satz 3 geheimzuhaltenden Angelegenheiten.

§ 29
Zusammensetzung des Gemeinderats

(1) Der Gemeinderat besteht aus den Gemeinderäten und dem Bürgermeister als Vorsitzendem. In Städten führen die Gemeinderäte die Bezeichnung Stadträte.

(2) Die Zahl der Gemeinderäte beträgt in Gemeinden

Zahl der Gemeinderäte
bis zu Einwohnern Anzahl Gemeinderäte
bis zu 500 Einwohnern 8,
bis zu 1 000 Einwohnern 10,
bis zu 2 000 Einwohnern 12,
bis zu 3 000 Einwohnern 14,
bis zu 5 000 Einwohnern 16,
bis zu 10 000 Einwohnern 18,
bis zu 20 000 Einwohnern 22,
bis zu 30 000 Einwohnern 26,
bis zu 40 000 Einwohnern 30,
bis zu 50 000 Einwohnern 34,
bis zu 60 000 Einwohnern 38,
bis zu 80 000 Einwohnern 42,
bis zu 150 000 Einwohnern 48,
bis zu 400 000 Einwohnern 54,
mit mehr als 400 000 Einwohnern 60.

(3) Durch die Hauptsatzung kann bestimmt werden, daß die Zahl der Gemeinderäte sich nach der nächsthöheren oder nächstniederen Größengruppe richtet; in der höchsten Größengruppe kann die Zahl der Gemeinderäte um bis zu 10 erhöht werden.

(4) Änderungen der für die Zahl der Gemeinderäte maßgebenden Einwohnerzahl und Regelungen der Hauptsatzung nach Absatz 3 sind erst bei der nächsten regelmäßigen Wahl zu berücksichtigen.

§ 30
Wahlgrundsätze

(1) Die Gemeinderäte werden von den Bürgern und den nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.

(2) Gewählt wird aufgrund von Wahlvorschlägen unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältniswahl. Die Verbindung von Wahlvorschlägen ist unzulässig. Der Wahlberechtigte kann Bewerber aus anderen Wahlvorschlägen übernehmen und einem Bewerber bis zu drei Stimmen geben.

(3) Wird nur ein gültiger oder kein Wahlvorschlag eingereicht, findet Mehrheitswahl ohne Bindung an die vorgeschlagenen Bewerber und ohne das Recht der Stimmenhäufung auf einen Bewerber statt.

§ 31
Wählbarkeit

(1) Wählbar in den Gemeinderat ist, wer gemäß § 16 Abs. 1 wahlberechtigt zum Gemeinderat ist.

(2) Nicht wählbar ist,

1.
wer vom Wahlrecht ausgeschlossen ist (§ 16 Abs. 2),
2.
wer infolge deutschen Richterspruchs die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt.

Nicht wählbar sind ferner Staatsangehörige eines anderen Mitgliedsstaates der Europäischen Gemeinschaft, die nach dem Recht dieses Mitgliedsstaates infolge einer zivilrechtlichen Einzelfallentscheidung oder einer strafrechtlichen Entscheidung die Wählbarkeit verloren haben.

§ 32
Hinderungsgründe

(1) Gemeinderäte können nicht sein

1.
1.der Bürgermeister, die Beigeordneten und die Beamten und Angestellten der Gemeinde,
2.
2.die Beamten und Angestellten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, in der die Gemeinde einen maßgeblichen Einfluß ausübt, sowie die leitenden Angestellten einer juristischen Person des privaten Rechts, in der die Gemeinde einen maßgeblichen Einfluß ausübt,
3.
die Beamten und Angestellten eines Verwaltungsverbandes (§§ 5 und 23 SächsKomZG), dessen Mitglied die Gemeinde ist,
4.
die Beamten und Angestellten der erfüllenden Gemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft (§ 36 SächsKomZG), an der die Gemeinde beteiligt ist,
5.
die leitenden Beamten und Angestellten sowie die mit Angelegenheiten der Rechtsaufsicht befaßten Beamten und Angestellten der Rechtsaufsichtsbehörden,
6.
Personen, die mit dem Bürgermeister oder einem Beigeordneten in einem die Befangenheit begründeten Verhältnis nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 stehen oder als Gesellschafter an derselben Gesellschaft beteiligt sind.

(2) Der Gemeinderat stellt fest, ob ein Hinderungsgrund nach Absatz 1 gegeben ist. Bis zu dieser Feststellung bleibt die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit des Gemeinderats in den Fällen des Absatzes 1 unberührt.

§ 33
Wahlperiode

(1) Die Wahlperiode des Gemeinderats beträgt fünf Jahre.

(2) Die Wahlperiode endet mit Ablauf des Monats, in dem die regelmäßigen Wahlen der Gemeinderäte stattfinden. Wenn die Wahl von der Wahlprüfungsbehörde nicht beanstandet wurde, ist die erste Sitzung des Gemeinderats unverzüglich nach der Zustellung des Wahlprüfungsbescheides oder nach ungenutztem Ablauf der Wahlprüfungsfrist, sonst nach rechtskräftiger Erledigung der Beanstandung anzuberaumen. Bis zum Zusammentreten des neugebildeten Gemeinderats führt der bisherige Gemeinderat die Geschäfte weiter.

(3) Wird die Wahl des Gemeinderats nach seinem Zusammentreten rechtskräftig für ungültig erklärt, so führt er die Geschäfte bis zum Zusammentreten des neugewählten Gemeinderats weiter. Wird nach dem Zusammentreten des Gemeinderats die Neufeststellung des Wahlergebnisses rechtskräftig angeordnet, so führt er die Geschäfte bis zum Ablauf des Tages weiter, an dem das berichtigte Wahlergebnis öffentlich bekanntgemacht wird. Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit des Gemeinderats bleibt in den Fällen der Sätze 1 und 2 unberührt.

§ 34
Ausscheiden, Nachrücken, Ergänzungswahl

(1) Aus dem Gemeinderat scheiden die Mitglieder aus, bei denen während der Wahlperiode der Verlust der Wählbarkeit (§ 31) oder ein Hinderungsgrund (§ 32) eintritt oder bekannt wird. Die Feststellung über das Ausscheiden trifft der Gemeinderat.

(2) Tritt ein Gewählter nicht in den Gemeinderat ein oder scheidet er im Laufe der Wahlperiode aus, rückt der als nächste Ersatzperson festgestellte Bewerber nach.

(3) Ist die Zahl der Gemeinderäte während der Wahlperiode auf weniger als zwei Drittel der festgelegten Mitgliederzahl gesunken, ist eine Ergänzungswahl nach den für die Hauptwahl geltenden Vorschriften für den Rest der Wahlperiode durchzuführen, sofern dieser mindestens sechs Monate beträgt.

§ 35
Rechtsstellung der Gemeinderäte

(1) Die Gemeinderäte üben ihr Mandat ehrenamtlich aus. Der Bürgermeister verpflichtet die Gemeinderäte in der ersten Sitzung öffentlich auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten.

(2) Niemand darf gehindert werden, sich um das Mandat eines Gemeinderats zu bewerben, es zu übernehmen und auszuüben. Eine Kündigung oder Entlassung aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis, eine Versetzung an einen anderen Beschäftigungsort sowie sonstige berufliche Benachteiligungen aus diesem Grunde sind unzulässig. Steht der Gemeinderat in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis, ist ihm die für die Mandatsausübung erforderliche freie Zeit zu gewähren.

(3) Die Gemeinderäte üben ihr Mandat nach dem Gesetz und ihrer freien, dem Gemeinwohl verpflichteten Überzeugung aus. An Verpflichtungen und Aufträge, durch die diese Freiheit beschränkt wird, sind sie nicht gebunden.

(4) Die Gemeinderäte sind verpflichtet, an den Sitzungen teilzunehmen.

(5) Erleidet ein Gemeinderat einen Dienstunfall, hat er dieselben Rechte wie ein Ehrenbeamter.

(6) Auf Gemeinderäte, die als Vertreter der Gemeinde in Organen eines wirtschaftlichen Unternehmens (§ 97) Vergütungen erhalten, finden die für den Bürgermeister der Gemeinde geltenden Vorschriften über die Ablieferungspflicht entsprechende Anwendung.

§ 36
Vorsitz im Gemeinderat, Einberufung der Sitzungen

(1) Den Vorsitz im Gemeinderat führt der Bürgermeister.

(2) Der Gemeinderat beschließt über Ort und Zeit seiner regelmäßigen Sitzungen.

(3) Der Bürgermeister beruft den Gemeinderat schriftlich mit angemessener Frist ein und teilt rechtzeitig die Verhandlungsgegenstände mit; dabei sind die für die Beratung erforderlichen Unterlagen beizufügen, soweit nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen einzelner entgegenstehen. Der Gemeinderat ist einzuberufen, wenn es die Geschäftslage erfordert; er soll jedoch mindestens einmal im Monat einberufen werden. Der Gemeinderat ist unverzüglich einzuberufen, wenn es ein Viertel der Gemeinderäte unter Angabe des Verhandlungsgegenstandes beantragt. In Eilfällen kann der Gemeinderat ohne Frist, formlos und nur unter Angabe der Verhandlungsgegenstände einberufen werden.

(4) Zeit, Ort und Tagesordnung der öffentlichen Sitzungen sind rechtzeitig ortsüblich bekanntzugeben. Dies gilt nicht bei der Einberufung des Gemeinderats in Eilfällen.

(5) Auf Antrag von mindestens einem Fünftel der Gemeinderäte ist ein Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderats zu setzen, wenn der Gemeinderat den gleichen Verhandlungsgegenstand nicht innerhalb der letzten sechs Monate bereits behandelt hat oder wenn sich seit der Behandlung die Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat. Die Verhandlungsgegenstände müssen in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen.

§ 37
Öffentlichkeit der Sitzungen

(1) Die Sitzungen des Gemeinderats sind öffentlich, sofern nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen einzelner eine nichtöffentliche Verhandlung erfordern. Über Anträge aus der Mitte des Gemeinderats, einen Verhandlungsgegenstand entgegen der Tagesordnung in öffentlicher oder nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln, wird in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden. In nichtöffentlicher Sitzung gefaßte Beschlüsse sind in öffentlicher Sitzung bekanntzugeben, sofern nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen einzelner entgegenstehen. Beschließt der Gemeinderat, einen Verhandlungsgegenstand in öffentlicher Sitzung zu behandeln, so hat der Bürgermeister diesen auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Gemeinderats zu setzen.

(2) Die Gemeinderäte und der Bürgermeister sind zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet, bis der Gemeinderat im Einvernehmen mit dem Bürgermeister die Verschwiegenheitspflicht aufhebt; dies gilt nicht für Beschlüsse, die nach Absatz 1 Satz 3 bekanntgegeben worden sind.

§ 38
Verhandlungsleitung, Geschäftsgang

(1) Der Bürgermeister eröffnet und schließt die Sitzung und leitet die Verhandlung des Gemeinderats. Er übt die Ordnungsgewalt und das Hausrecht aus. Der Bürgermeister kann die Verhandlungsleitung an einen Gemeinderat abgeben.

(2) Der Gemeinderat regelt seine inneren Angelegenheiten, insbesondere den Gang seiner Verhandlungen, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften durch eine Geschäftsordnung.

(3) Bei grobem Verstoß gegen die Ordnung kann ein Gemeinderat vom Vorsitzenden aus dem Beratungsraum verwiesen werden; damit ist der Verlust des Anspruchs auf die auf den Sitzungstag entfallende Entschädigung verbunden. Satz 1 gilt entsprechend für sachkundige Einwohner, die zu den Beratungen zugezogen sind.

§ 39
Beschlußfassung

(1) Der Gemeinderat kann nur in einer ordnungsgemäß einberufenen und geleiteten Sitzung beraten und beschließen. Über Gegenstände einfacher Art kann im Wege der Offenlegung oder im schriftlichen Verfahren beschlossen werden; ein hierbei gestellter Antrag ist angenommen, wenn kein Mitglied widerspricht.

(2) Der Gemeinderat ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte aller Mitglieder anwesend und stimmberechtigt ist. Bei Befangenheit von mehr als der Hälfte aller Mitglieder ist der Gemeinderat beschlußfähig, wenn mindestens ein Viertel aller Mitglieder anwesend und stimmberechtigt ist.

(3) Ist der Gemeinderat nicht beschlußfähig, muß eine zweite Sitzung stattfinden, in der er beschlußfähig ist, wenn mindestens drei Mitglieder anwesend und stimmberechtigt sind; bei der Einberufung der zweiten Sitzung ist hierauf hinzuweisen. Die zweite Sitzung entfällt, wenn weniger als drei Mitglieder stimmberechtigt sind.

(4) Ist der Gemeinderat wegen Befangenheit von Mitgliedern nicht beschlußfähig, entscheidet der Bürgermeister an seiner Stelle nach Anhörung der nicht befangenen Gemeinderäte. Sind auch der Bürgermeister und sein Stellvertreter befangen, gilt § 117 entsprechend, sofern nicht der Gemeinderat ein stimmberechtigtes Mitglied für die Entscheidung zum Stellvertreter des Bürgermeisters bestellt.

(5) Der Gemeinderat beschließt durch Abstimmungen und Wahlen. Der Bürgermeister ist stimmberechtigt.

(6) Der Gemeinderat stimmt in der Regel offen ab; er kann aus wichtigem Grund geheime Abstimmung beschließen. Die Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. Stimmenthaltungen werden für die Ermittlung der Stimmenmehrheit nicht berücksichtigt.

(7) Wahlen werden geheim mit Stimmzetteln vorgenommen; es kann offen gewählt werden, wenn kein Mitglied widerspricht. Gewählt ist, wer die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Stimmberechtigten erhalten hat. Wird eine solche Mehrheit bei der Wahl nicht erreicht, findet zwischen den beiden Bewerbern mit den meisten Stimmen eine Stichwahl statt, bei der die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. Steht nur ein Bewerber zur Wahl, findet im Falle des Satzes 3 ein zweiter Wahlgang statt, bei dem die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreicht.

§ 40
Niederschrift

(1) Über den wesentlichen Inhalt der Verhandlungen des Gemeinderats ist eine Niederschrift zu fertigen; sie muß insbesondere den Namen des Vorsitzenden, die Zahl der anwesenden und die Namen der abwesenden Gemeinderäte unter Angabe des Grundes der Abwesenheit, die Gegenstände der Verhandlung, die Anträge, die Abstimmung und Wahlergebnisse und den Wortlaut der Beschlüsse enthalten. Der Vorsitzende und jedes Mitglied können verlangen, daß ihre Erklärung oder Abstimmung in der Niederschrift festgehalten wird.

(2) Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden, zwei Gemeinderäten, die an der Sitzung teilgenommen haben, und dem Schriftführer zu unterzeichnen. Sie ist innerhalb eines Monats, in der Regel jedoch spätestens zur nächsten Sitzung dem Gemeinderat zur Kenntnis zu bringen. Mehrfertigungen von Niederschriften über nicht öffentliche Sitzungen dürfen nicht ausgehändigt werden. Über die gegen die Niederschrift vorgebrachten Einwendungen entscheidet der Gemeinderat. Die Einsichtnahme in die Niederschriften über die öffentlichen Sitzungen ist den Einwohnern gestattet.

(3) Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

§ 41
Beschließende Ausschüsse

(1) Durch die Hauptsatzung kann der Gemeinderat beschließende Ausschüsse bilden und ihnen bestimmte Aufgabengebiete zur dauernden Erledigung übertragen. Durch Beschluß kann der Gemeinderat einzelne Angelegenheiten auf bestehende beschließende Ausschüsse übertragen oder für ihre Erledigung beschließende Ausschüsse bilden.

(2) Auf beschließende Ausschüsse kann nicht übertragen werden die Beschlußfassung über

1.
die Bestellung der Mitglieder von Ausschüssen des Gemeinderats, der Stellvertreter des Bürgermeisters, der Beigeordneten sowie Angelegenheiten nach § 28 Abs. 3 Satz 1 bei leitenden Bediensteten,
2.
die Übernahme freiwilliger Aufgaben,
3.
Satzungen, anderes Ortsrecht und Flächennutzungspläne,
4.
die Änderung des Gemeindegebietes,
5.
die Entscheidung über die Durchführung eines Bürgerentscheides oder die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens,
6.
die Regelung der allgemeinen Rechtsverhältnisse der Gemeindebediensteten,
7.
die Übertragung von Aufgaben auf den Bürgermeister,
8.
die Zustimmung zur Abgrenzung der Geschäftskreise der Beigeordneten,
9.
die Übertragung von Aufgaben auf das Rechnungsprüfungsamt,
10.
die Verfügung über Gemeindevermögen, das für die Gemeinde von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist,
11.
die Errichtung, wesentliche Erweiterung und Aufhebung von öffentlichen Einrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmen sowie die Beteiligung an solchen,
12.
die Umwandlung der Rechtsform von wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinde und von solchen, an denen die Gemeinde beteiligt ist,
13.
die Bestellung von Sicherheiten, die Übernahme von Bürgschaften und von Verpflichtungen aus Gewährverträgen und den Abschluß der ihnen wirtschaftlich gleichkommenden Rechtsgeschäfte, soweit sie für die Gemeinden von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind,
14.
Jahresrechnungen, Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse,
15.
die allgemeine Festsetzung von Abgaben und Tarifen,
16.
den Verzicht auf Ansprüche der Gemeinde und die Niederschlagung solcher Ansprüche, die Führung von Rechtsstreitigkeiten und den Abschluß von Vergleichen, soweit sie für die Gemeinde von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind,
17.
den Beitritt zu Zweckverbänden und den Austritt aus diesen.

(3) Im Rahmen ihrer Zuständigkeit entscheiden die beschließenden Ausschüsse an Stelle des Gemeinderats. Ergibt sich, daß eine Angelegenheit für die Gemeinde von besonderer Bedeutung ist, können die beschließenden Ausschüsse die Angelegenheit dem Gemeinderat zur Beschlußfassung unterbreiten. Ein Viertel aller Mitglieder eines beschließenden Ausschusses kann verlangen, daß eine Angelegenheit dem Gemeinderat zur Beschlußfassung unterbreitet wird, wenn sie für die Gemeinde von besonderer Bedeutung ist. Lehnt der Gemeinderat eine Behandlung ab, entscheidet der zuständige beschließende Ausschuß. Der Gemeinderat kann jede Angelegenheit an sich ziehen und Beschlüsse der beschließenden Ausschüsse, solange sie noch nicht vollzogen sind, ändern oder aufheben. Der Gemeinderat kann den beschließenden Ausschüssen allgemein oder im Einzelfall Weisungen erteilen.

(4) Angelegenheiten, deren Entscheidung dem Gemeinderat vorbehalten ist, sollen den beschließenden Ausschüssen innerhalb ihres Aufgabengebiets zur Vorberatung zugewiesen werden. Durch die Hauptsatzung kann bestimmt werden, daß Anträge, die nicht vorberaten worden sind, auf Antrag des Vorsitzenden oder eines Fünftels aller Mitglieder des Gemeinderats den zuständigen beschließenden Ausschüssen zur Vorberatung überwiesen werden müssen.

(5) Für die beschließenden Ausschüsse gelten die §§ 36 bis 40 und § 52 Abs. 2 und 3 entsprechend. Sitzungen, die der Vorberatung nach Absatz 4 dienen, sind in der Regel nichtöffentlich. Ist ein beschließender Ausschuß wegen Befangenheit von Mitgliedern nicht beschlußfähig, entscheidet der Gemeinderat in den Fällen des Absatzes 3 an seiner Stelle, in den Fällen des Absatzes 4 ohne Vorberatung. Die Entscheidung nach § 52 Abs. 2 Satz 5 im Falle des Widerspruchs des Bürgermeisters trifft der Gemeinderat.

§ 42
Zusammensetzung der beschließenden Ausschüsse

(1) Die beschließenden Ausschüsse bestehen aus dem Vorsitzenden und mindestens vier Mitgliedern. Der Gemeinderat bestellt die Mitglieder und deren Stellvertreter in gleicher Zahl widerruflich aus seiner Mitte. Nach jeder Wahl der Gemeinderäte sind die beschließenden Ausschüsse neu zu bilden.

(2) Die Zusammensetzung der Ausschüsse soll der Mandatsverteilung im Gemeinderat entsprechen. Kommt eine Einigung über die Zusammensetzung eines beschließenden Ausschusses nicht zustande, werden die Mitglieder von den Gemeinderäten aufgrund von Wahlvorschlägen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl unter Bindung an die Wahlvorschläge gewählt. Wird nur ein gültiger oder kein Wahlvorschlag eingereicht, findet Mehrheitswahl ohne Bindung an die vorgeschlagenen Bewerber statt.

(3) Der Bürgermeister kann einen Beigeordneten oder, wenn die Gemeinde keinen Beigeordneten hat oder alle Beigeordneten verhindert sind, ein Mitglied des Ausschusses, das Gemeinderat ist, im Vorsitz des beschließenden Ausschusses mit seiner Vertretung beauftragen.

(4) Gemeinderäte, die nicht Mitglied des Ausschusses sind, können an allen Sitzungen des Ausschusses teilnehmen, auch wenn diese nichtöffentlich sind.

§ 43
Beratende Ausschüsse

(1) Durch die Hauptsatzung kann der Gemeinderat zur Vorberatung auf bestimmten Gebieten beratende Ausschüsse bilden. Durch Beschluß kann der Gemeinderat bestehende beratende Ausschüsse mit der Vorberatung einzelner Angelegenheiten beauftragen oder für ihre Vorberatung beratende Ausschüsse bilden. Ist ein beratender Ausschuß wegen Befangenheit von Mitgliedern nicht beschlußfähig, entfällt die Vorberatung.

(2) Die Sitzungen der beratenden Ausschüsse sind nichtöffentlich.

(3) Für die beratenden Ausschüsse gelten §§ 36, 37 Abs. 2 Halbsatz 1, §§ 38 bis 40 und 42 entsprechend. Die Hauptsatzung kann bestimmen, daß der Ausschuß den Vorsitzenden aus seiner Mitte wählt der insoweit die Aufgaben des Bürgermeisters wahrnimmt; der Bürgermeister hat das Recht, an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen.

§ 44
Mitwirkung im Gemeinderat und in den Ausschüssen

(1) Der Gemeinderat und seine Ausschüsse können sachkundige Einwohner und Sachverständige zur Beratung einzelner Angelegenheiten hinzuziehen.

(2) Der Gemeinderat kann sachkundige Einwohner widerruflich als beratende Mitglieder in beratende und beschließende Ausschüsse berufen. Ihre Zahl darf die der Gemeinderäte in den einzelnen Ausschüssen nicht erreichen. Sie sind ehrenamtlich tätig.

(3) Der Gemeinderat und seine Ausschüsse können bei öffentlichen Sitzungen Einwohnern und den ihnen nach § 10 Abs. 3 gleichgestellten Personen sowie Vertretern von Bürgerinitiativen die Möglichkeit einräumen, Fragen zu Gemeindeangelegenheiten zu stellen oder Anregungen und Vorschläge zu unterbreiten (Fragestunde); zu den Fragen nimmt der Vorsitzende oder ein von ihm Beauftragter Stellung.

(4) Bei der Vorbereitung wichtiger Entscheidungen können der Gemeinderat und seine Ausschüsse betroffenen Personen und Personengruppen Gelegenheit geben, ihre Auffassung vorzutragen (Anhörung), soweit die Anhörung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist.

(5) Die Beigeordneten nehmen an den Sitzungen des Gemeinderats und der für ihren Geschäftskreis zuständigen Ausschüsse mit beratender Stimme teil.

(6) Der Vorsitzende kann den Vortrag in den Sitzungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse einem Bediensteten der Gemeinde übertragen; auf Verlangen des Gemeinderats muß er einen solchen zu sachverständigen Auskünften hinzuziehen.

(7) Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

§ 45
Ältestenrat

(1) Durch die Hauptsatzung kann bestimmt werden, daß der Gemeinderat einen Ältestenrat bildet, der den Bürgermeister in Fragen der Tagesordnung und des Gangs der Verhandlungen berät. Vorsitzender des Ältestenrats ist der Bürgermeister. Die Hauptsatzung kann bestimmen, daß der Vorsitzende aus der Mitte des Ältestenrats gewählt wird; der Bürgermeister hat das Recht, an den Sitzungen des Ältestenrats teilzunehmen.

(2) Das Nähere über die Zusammensetzung, den Geschäftsgang und die Aufgaben des Ältestenrats regelt die Geschäftsordnung.

§ 46
Beirat für geheimzuhaltende Angelegenheiten

(1) Durch die Hauptsatzung kann ein Beirat gebildet werden, der den Bürgermeister in geheimzuhaltenden Angelegenheiten (§ 53 Abs. 3 Satz 2) berät.

(2) Der Beirat besteht in Gemeinden mit nicht mehr als 10 000 Einwohnern aus zwei, in Gemeinden mit mehr als 10 000 aber nicht mehr als 30 000 Einwohnern aus drei, in Gemeinden mit mehr als 30 000 Einwohnern aus mindestens 4 und höchstens 6 Mitgliedern, die vom Gemeinderat aus seiner Mitte bestellt werden. Dem Beirat können nur Mitglieder des Gemeinderats angehören, die auf die für die Behörden des Freistaates Sachsen geltenden Geheimhaltungsvorschriften verpflichtet sind.

(3) Vorsitzender des Beirats ist der Bürgermeister. Die Hauptsatzung kann bestimmen, daß der Vorsitzende aus der Mitte des Beirats gewählt wird; der Bürgermeister hat das Recht, an den Sitzungen des Beirats teilzunehmen. Er beruft den Beirat ein, wenn es die Geschäftslage erfordert. Fällt die Angelegenheit in den Geschäftskreis eines Beigeordneten, nimmt dieser an der Sitzung teil. Die Sitzungen des Beirats sind nichtöffentlich. Im übrigen gelten für den Beirat die Vorschriften über beratende Ausschüsse entsprechend.

§ 47
Sonstige Beiräte

Durch die Hauptsatzung können sonstige Beiräte gebildet werden, denen Mitglieder des Gemeinderats und sachkundige Einwohner angehören. Sie unterstützen den Gemeinderat und die Gemeindeverwaltung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.

ZWEITER ABSCHNITT
BÜRGERMEISTER

§ 48
Wahlgrundsätze

(1) Der Bürgermeister wird von den Bürgern und den nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Die Wahl ist nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchzuführen.

(2) Gewählt ist, wer mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erhalten hat. Entfällt auf keinen Bewerber mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen, findet frühestens am zweiten und spätestens am vierten Sonntag nach der ersten Wahl eine Neuwahl statt. Für die Neuwahl gelten die Vorschriften über die erste Wahl mit der Maßgabe, daß die höchste Stimmenzahl und bei Stimmengleichheit das Los entscheidet.

§ 49
Wählbarkeit, Hinderungsgründe

(1) Wählbar zum Bürgermeister sind Deutsche, im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes, die das 21., aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet haben und die allgemeinen persönlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllen. § 31 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Leitende sowie mit Angelegenheiten der Rechtsaufsicht befaßte Bedienstete der Rechtsaufsichtsbehörden können nicht gleichzeitig Bürgermeister sein.

§ 50
Zeitpunkt der Wahl

(1) Wird die Wahl des Bürgermeisters wegen Ablaufs der Amtszeit oder wegen Eintritts in den Ruhestand oder Verabschiedung infolge Erreichens der Altersgrenze notwendig, ist sie frühestens drei Monate und spätestens einen Monat vor Freiwerden der Stelle, in anderen Fällen spätestens drei Monate nach Freiwerden der Stelle durchzuführen. Die Wahl kann mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bis zu einem Jahr nach Freiwerden der Stelle aufgeschoben werden, wenn die Auflösung der Gemeinde bevorsteht.

(2) Die Gemeinde kann den Bewerbern, deren Bewerbungen zugelassen worden sind, Gelegenheit geben, sich den Bürgern in öffentlichen Versammlungen vorzustellen.

§ 51
Rechtsstellung des Bürgermeisters

(1) Der Bürgermeister ist Vorsitzender des Gemeinderats und Leiter der Gemeindeverwaltung. Er vertritt die Gemeinde.

(2) In Gemeinden ab 3 000 Einwohnern ist der Bürgermeister hauptamtlicher Beamter auf Zeit, in Gemeinden mit bis zu 3 000 Einwohnern ist der Bürgermeister Ehrenbeamter auf Zeit. In Gemeinden mit mehr als 2 000 Einwohnern kann die Hauptsatzung bestimmen, daß der Bürgermeister hauptamtlicher Beamter auf Zeit ist. Der Bürgermeister kann nicht gleichzeitig sonstiger Bediensteter der Gemeinde sein.

(3) Die Amtszeit des Bürgermeisters beträgt sieben Jahre. Die Amtszeit beginnt mit dem Amtsantritt, der der Rechtsaufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen ist. Im Falle der Wiederwahl schließt sich die neue Amtszeit an das Ende der vorangegangenen an.

(4) In Kreisfreien Städten und Großen Kreisstädten führt der Bürgermeister die Amtsbezeichnung Oberbürgermeister.

(5) Der Bürgermeister führt nach Freiwerden seiner Stelle die Geschäfte bis zum Amtsantritt des neugewählten Bürgermeisters unter Fortdauer seines Dienstverhältnisses weiter. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Bürgermeister
a)
der Gemeinde schriftlich mitteilt, daß er die Weiterführung der Geschäfte ablehne,
b)
des Dienstes vorläufig enthoben ist oder wenn gegen ihn Anklage wegen eines Verbrechens erhoben ist,
c)
sich um eine Wiederwahl beworben hat, aber ohne Rücksicht auf Wahlprüfung und Wahlanfechtung nach Feststellung des Gemeindewahlausschusses nicht wiedergewählt worden ist; ist im ersten Wahlgang kein Bewerber gewählt worden, so ist das Ergebnis der Neuwahl (§ 48 Abs. 2 Satz 2) entscheidend,
2.
der Gemeinderat einen Amtsverweser nach § 54 Abs. 3 bestellt.

(6) Ein vom Gemeinderat gewähltes Mitglied vereidigt und verpflichtet den Bürgermeister in öffentlicher Sitzung.

(7) Der Bürgermeister kann von den Bürgern der Gemeinde und den nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten vorzeitig abgewählt werden. Er ist abgewählt, wenn sich für die Abwahl eine Mehrheit der gültigen Stimmen ergibt, sofern diese Mehrheit mindestens fünfzig vom Hundert der Bürger und der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten beträgt. Die Bestimmungen über den Bürgerentscheid gelten entsprechend. Der Bürgermeister scheidet mit dem Ablauf des Tages, an dem der Gemeindewahlausschuß die Abwahl feststellt, aus seinem Amt; er behält bis zum Ablauf seiner Amtszeit die Bezüge wie ein in den einstweiligen Ruhestand versetzter Beamter.

(8) Zur Einleitung des Abwahlverfahrens nach Absatz 7 bedarf es eines Bürgerbegehrens. Mit dem Bürgerbegehren muß mindestens ein Drittel der Bürger der Gemeinde und der nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Wahlberechtigten schriftlich die Durchführung des Verfahrens verlangen; in Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern kann die Hauptsatzung ein geringeres Quorum, jedoch nicht weniger als ein Fünftel, festsetzen. § 25 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 findet Anwendung.

(9) Das Abwahlverfahren nach Absatz 7 kann auch durch einen von mindestens drei Viertel der Stimmen aller Mitglieder des Gemeinderats zu fassenden Beschluß eingeleitet werden.

§ 52
Stellung des Bürgermeisters im Gemeinderat

(1) Der Bürgermeister bereitet die Sitzungen des Gemeinderats und der Ausschüsse vor und vollzieht die Beschlüsse.

(2) Der Bürgermeister muß Beschlüssen des Gemeinderats widersprechen, wenn er der Auffassung ist, daß sie rechtswidrig sind; er kann ihnen widersprechen, wenn er der Auffassung ist, daß sie für die Gemeinde nachteilig sind. Der Widerspruch muß unverzüglich, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Beschlußfassung gegenüber den Gemeinderäten ausgesprochen werden. Der Widerspruch hat aufschiebende Wirkung. Gleichzeitig ist unter Angabe der Widerspruchsgründe eine Sitzung einzuberufen, in der erneut über die Angelegenheit zu beschließen ist; diese Sitzung hat spätestens drei Wochen nach der ersten Sitzung stattzufinden. Ist nach Ansicht des Bürgermeisters auch der neue Beschluß rechtswidrig, muß er ihm erneut widersprechen und unverzüglich die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde über die Rechtmäßigkeit herbeiführen.

(3) In dringenden Angelegenheiten, deren Erledigung auch nicht bis zu einer ohne Frist und formlos einberufenen Gemeinderatssitzung (§ 36 Abs. 3 Satz 4) aufgeschoben werden kann, entscheidet der Bürgermeister anstelle des Gemeinderats. Die Gründe für die Eilentscheidung und die Art der Erledigung sind dem Gemeinderat unverzüglich mitzuteilen.

(4) Der Bürgermeister hat den Gemeinderat über alle wichtigen, die Gemeinde und ihre Verwaltung betreffenden Angelegenheiten zu informieren; bei wichtigen Planungen und Vorhaben ist der Gemeinderat möglichst frühzeitig über die Absichten und Vorstellungen der Gemeindeverwaltung und laufend über den Stand und den Inhalt der Planungsarbeiten zu informieren. Über Angelegenheiten, die nach § 53 Abs. 3 Satz 3 geheimzuhalten sind, ist anstelle des Gemeinderats der nach § 46 gebildete Beirat zu informieren.

§ 53
Leitung der Gemeindeverwaltung

(1) Der Bürgermeister ist für die sachgemäße Erledigung der Aufgaben und den ordnungsmäßigen Gang der Gemeindeverwaltung verantwortlich und regelt die innere Organisation der Gemeindeverwaltung.

(2) Der Bürgermeister erledigt in eigener Zuständigkeit die Geschäfte der laufenden Verwaltung und die ihm sonst durch Rechtsvorschrift oder vom Gemeinderat übertragenen Aufgaben. Die dauernde Übertragung der Erledigung bestimmter Aufgaben auf den Bürgermeister ist durch die Hauptsatzung zu regeln. Der Gemeinderat kann die Erledigung von Angelegenheiten, die er nicht auf beschließende Ausschüsse übertragen kann (§ 41 Abs. 2), auch nicht auf den Bürgermeister übertragen.

(3) Weisungsaufgaben erledigt der Bürgermeister in eigener Zuständigkeit, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist; dies gilt nicht für den Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen. Satz 1 gilt auch, wenn die Gemeinde in einer Angelegenheit angehört wird, die aufgrund einer Anordnung der zuständigen Behörde geheimzuhalten ist. Bei der Erledigung von Weisungsaufgaben, die aufgrund einer Anordnung der zuständigen Behörde geheimzuhalten sind, sowie in den Fällen des Satzes 2 hat die Gemeinde die für die Behörden des Freistaates Sachsen geltenden Geheimhaltungsvorschriften zu beachten.

(4) Der Bürgermeister ist Vorgesetzter, Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde der Gemeindebediensteten.

§ 54
Stellvertretung des Bürgermeisters

(1) In Gemeinden ohne Beigeordnete (§ 55) bestellt der Gemeinderat aus seiner Mitte einen oder mehrere Stellvertreter des Bürgermeisters. Die Stellvertretung beschränkt sich auf die Fälle der Verhinderung. Die Stellvertreter werden nach jeder Wahl des Gemeinderats neu bestellt. Sie werden in der Reihenfolge der Stellvertretung je in einem besonderen Wahlgang gewählt. Sind alle bestellten Stellvertreter vorzeitig ausgeschieden oder sind im Fall der Verhinderung des Bürgermeisters auch alle Stellvertreter verhindert, hat der Gemeinderat unverzüglich einen oder mehrere Stellvertreter neu oder auf die Dauer der Verhinderung zusätzlich zu bestellen. Bis zu dieser Bestellung nimmt das an Lebensjahren älteste, nicht verhinderte Mitglied des Gemeinderats die Aufgaben des Stellvertreters des Bürgermeisters wahr.

(2) Ist die Stelle des Bürgermeisters voraussichtlich längere Zeit unbesetzt oder ist der Bürgermeister voraussichtlich längere Zeit an der Ausübung seines Amtes verhindert, kann der Gemeinderat mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder einen Amtsverweser bestellen. Der Amtsverweser muß zum Bürgermeister wählbar sein. Der Amtsverweser ist von der Gemeinde zum Beamten zu bestellen, sofern er nicht bereits Beamter der Gemeinde ist.

(3) Ein zum Bürgermeister der Gemeinde gewählter Bewerber kann im Falle der Anfechtung der Wahl vor der rechtskräftigen Entscheidung über deren Gültigkeit vom Gemeinderat mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder zum Amtsverweser bestellt werden, wenn die Wahlprüfungsbehörde die Gültigkeit der Wahl festgestellt hat oder die Wahlprüfungsfrist ungenutzt verstrichen ist. Der Amtsverweser ist in Gemeinden mit hauptamtlichem Bürgermeister als Beamter auf Zeit, in Gemeinden mit ehrenamtlichem Bürgermeister als Ehrenbeamter auf Zeit zu bestellen. Seine Amtszeit beträgt zwei Jahre; Wiederbestellung ist zulässig. Die Amtszeit endet vorzeitig mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl zum Bürgermeister. Der Amtsverweser führt die Bezeichnung Bürgermeister; § 51 Abs. 4 gilt entsprechend. Die Amtszeit als Bürgermeister verkürzt sich um die Amtszeit als Amtsverweser.

§ 55
Beigeordnete

(1) In Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern können, in Kreisfreien Städten müssen als Stellvertreter des Bürgermeisters ein hauptamtlicher Beigeordneter oder mehrere hauptamtliche Beigeordnete bestellt werden. Die Zahl der Beigeordneten wird entsprechend den Erfordernissen der Gemeindeverwaltung durch die Hauptsatzung bestimmt. Sie darf höchstens betragen in Gemeinden von

Zahl der Beigeordneten
bis zu Einwohnern Anzahl Beigeordnete
mehr als 10 000
bis zu 20 000 Einwohnern 1,
bis zu 40 000 Einwohnern 2,
bis zu 60 000 Einwohnern 3,
bis zu 100 000 Einwohnern 4,
bis zu 200 000 Einwohnern 5,
bis zu 400 000 Einwohnern 6,
mit mehr als 400 000 Einwohnern 8.

(2) Neben den Beigeordneten können Stellvertreter des Bürgermeisters nach § 54 Abs. 1 bestellt werden, die den Bürgermeister im Falle seiner Verhinderung vertreten, wenn auch alle Beigeordneten verhindert sind.

(3) Die Beigeordneten vertreten den Bürgermeister ständig in ihrem Geschäftskreis. Die Geschäftskreise der Beigeordneten werden vom Bürgermeister im Einvernehmen mit dem Gemeinderat festgelegt. Der Bürgermeister kann den Beigeordneten allgemein oder im Einzelfall Weisungen erteilen.

(4) Der Gemeinderat bestimmt im Einvernehmen mit dem Bürgermeister, in welcher Reihenfolge die Beigeordneten den Bürgermeister im Falle seiner Verhinderung vertreten. In Kreisfreien Städten und Großen Kreisstädten kann der Gemeinderat den Beigeordneten die Amtsbezeichnung Bürgermeister verleihen.

(5) Kommt es in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 oder des Absatzes 4 Satz 1 zu keinem Einvernehmen, so gilt § 28 Abs. 3 Satz 2 entsprechend.

§ 56
Rechtsstellung und Bestellung der Beigeordneten

(1) Die Beigeordneten sind als hauptamtliche Beamte auf Zeit zu bestellten. Ihre Amtszeit beträgt sieben Jahre.

(2) Die Beigeordneten werden vom Gemeinderat je in einem besonderen Wahlgang gewählt. Sieht die Hauptsatzung mehrere Beigeordnete vor, sollen die Vorschläge der Parteien und Wählervereinigungen nach dem Verhältnis ihrer Sitze im Gemeinderat berücksichtigt werden.

(3) Für den Zeitpunkt der Bestellung gilt § 50 Abs. 1 entsprechend. Die Stellen der Beigeordneten sind spätestens zwei Monate vor der Besetzung öffentlich auszuschreiben.

(4) Beigeordnete können vom Gemeinderat vorzeitig abgewählt werden. Der Antrag auf vorzeitige Abwahl muß von der Mehrheit aller Mitglieder des Gemeinderats gestellt werden. Der Beschluß über die Abwahl bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder des Gemeinderats. Über die Abwahl ist zweimal zu beraten und zu beschließen. Die zweite Beratung darf frühestens vier Wochen nach der ersten erfolgen.

(5) Der Beigeordnete scheidet mit dem Ablauf des Tages, an dem die Abwahl zum zweitenmal beschlossen wird, aus seinem Amt. Er erhält bis zum Ablauf seiner Amtszeit die Bezüge wie ein in den einstweiligen Ruhestand versetzter Beamter.

§ 57
Hinderungsgründe

(1) Für Beigeordnete gelten § 49 Abs. 2 und § 51 Abs. 2 Satz 3 entsprechend.

(2) Beigeordnete dürfen weder miteinander noch mit dem Bürgermeister in einem die Befangenheit begründenden Verhältnis nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 stehen. Entsteht ein solches Verhältnis zwischen dem Bürgermeister und einem Beigeordneten, ist der Beigeordnete in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, entsteht ein solches Verhältnis zwischen Beigeordneten, ist der Beigeordnete mit der kürzeren Amtszeit in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.

§ 58

Besondere Dienstpflichten Für den Bürgermeister und die Beigeordneten gelten § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 entsprechend.

§ 59
Beauftragung, rechtsgeschäftliche Vollmacht

(1) Der Bürgermeister kann Bedienstete der Gemeinde mit seiner Vertretung auf bestimmten Aufgabengebieten oder in einzelnen Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung beauftragen. Er kann diese Befugnis auf Beigeordnete für deren Geschäftskreis übertragen.

(2) Der Bürgermeister kann in einzelnen Angelegenheiten rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 60
Verpflichtungserklärungen

(1) Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. Sie sind vom Bürgermeister handschriftlich zu unterzeichnen.

(2) Im Falle der Vertretung des Bürgermeisters müssen Erklärungen durch dessen Stellvertreter, den vertretungsberechtigten Beigeordneten oder durch zwei vertretungsberechtigte Bedienstete handschriftlich unterzeichnet werden.

(3) Den Unterschriften soll die Amtsbezeichnung und im Falle des Absatzes 2 ein das Vertretungsverhältnis kennzeichnender Zusatz beigefügt werden.

(4) Die Formvorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung oder aufgrund einer in der Form der Absätze 1 bis 3 ausgestellten Vollmacht.

DRITTER ABSCHNITT
BEDIENSTETE UND BEAUFTRAGTE DER GEMEINDE

§ 61
Einstellung, Aus- und Fortbildung

(1) Die Gemeinde ist verpflichtet, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen geeigneten Bediensteten einzustellen.

(2) Die Gemeinde fördert die Aus- und Fortbildung ihrer Bediensteten.

§ 62
Fachbediensteter für das Finanzwesen

(1) Die Aufstellung des Haushaltsplanes, des Finanzplanes und der Jahresrechnung, die Haushaltsüberwachung sowie die Verwaltung des Geldvermögens und der Schulden sollen bei einem Bediensteten zusammengefaßt werden (Fachbediensteter für das Finanzwesen).

(2) Der Fachbedienstete für das Finanzwesen muß die dafür erforderliche fachliche Vorbildung, Erfahrung und Eignung besitzen. Die erforderliche Eignung besitzt, wer entweder eine abgeschlossene wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung oder die Befähigung zum Gemeindefachbeamten besitzt. Diese Voraussetzung erfüllt, wer die Laufbahnbefähigung für den gehobenen oder höheren nichttechnischen Verwaltungsdienst erworben hat.

§ 63
Stellenplan

Die Gemeinde bestimmt im Stellenplan die Stellen ihrer Bediensteten, die für die Erfüllung der Aufgaben im Haushaltsjahr erforderlich sind. Für Sondervermögen, für die Sonderrechnungen geführt werden, sind besondere Stellenpläne aufzustellen. Bedienstete in Einrichtungen solcher Sondervermögen sind auch im Stellenplan nach Satz 1 aufzuführen und dort besonders zu kennzeichnen.

§ 64
Beauftragte

(1) Die Gemeinden können für bestimmte Aufgabenbereiche besondere Beauftragte bestellen.

(2) Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Frau und Mann haben die Gemeinden mit eigener Verwaltung Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. In Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern soll diese Aufgabe hauptamtlich erfüllt werden. Näheres regelt die Hauptsatzung.

(3) Die Beauftragten sind in der Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig und können an den Sitzungen des Gemeinderats und der für ihren Aufgabenbereich zuständigen Ausschüsse mit beratender Stimme teilnehmen.

VIERTER ABSCHNITT
ORTSCHAFTSVERFASSUNG

§ 65
Einführung der Ortschaftsverfassung

(1) Für Ortsteile einer Gemeinde kann durch die Hauptsatzung die Ortschaftsverfassung eingeführt werden.

(2) Mehrere benachbarte Ortsteile können zu einer Ortschaft zusammengefaßt werden.

(3) In den Ortschaften werden Ortschaftsräte gebildet und Ortsvorsteher bestellt.

(4) In den Ortschaften kann eine örtliche Verwaltung eingerichtet werden.

§ 66
Ortschaftsrat

(1) Die Mitglieder des Ortschaftsrats werden in der Ortschaft nach den für die Wahl des Gemeinderats geltenden Vorschriften gewählt. Wird die Ortschaftsverfassung während der Wahlperiode des Gemeinderats eingeführt, werden die Ortschaftsräte für die restliche Wahlperiode, im übrigen gleichzeitig mit dem Gemeinderat für dieselbe Wahlperiode gewählt. Wahlgebiet ist die Ortschaft; wahlberechtigt und wählbar sind die in der Ortschaft wohnenden Bürger der Gemeinde und Wahlberechtigten nach § 16 Abs. 1 Satz 2.

(2) Die Zahl der Ortschaftsräte wird durch die Hauptsatzung bestimmt.

(3) Versitzender des Ortschaftsrats ist der Ortsvorsteher.

(4) Nimmt der Bürgermeister an einer Sitzung des Ortschaftsrats teil, ist ihm vom Vorsitzenden auf Verlangen jederzeit das Wort zu erteilen. Gemeinderäte, die in der Ortschaft wohnen und nicht Ortschaftsräte sind, können an allen Sitzungen des Ortschaftsrats mit beratender Stimme teilnehmen.

§ 67
Aufgaben des Ortschaftsrats

(1) Soweit nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes der Gemeinderat ausschließlich zuständig ist und soweit es sich nicht um Aufgaben handelt, die dem Bürgermeister obliegen, entscheidet der Ortschaftsrat im Rahmen der ihm nach Absatz 3 zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel in folgenden Angelegenheiten:

1.
die Unterhaltung, Ausstattung und Benutzung der in der Ortschaft gelegenen öffentlichen Einrichtungen, deren Bedeutung über die Ortschaft nicht hinausgeht, mit Ausnahme von Schulen;
2.
die Festlegung der Reihenfolge der Arbeiten zum Um- und Ausbau sowie zur Unterhaltung und Instandsetzung von Straßen, Wegen und Plätzen, deren Bedeutung über die Ortschaft nicht hinausgeht, einschließlich der Beleuchtungseinrichtungen;
3.
die Pflege des Ortsbildes sowie die Unterhaltung und Ausgestaltung der öffentlichen Park- und Grünanlagen, deren Bedeutung nicht wesentlich über die Ortschaft hinausgeht,
4.
die Förderung von Vereinen, Verbänden und sonstigen Vereinigungen in der Ortschaft;
5.
die Förderung und Durchführung von Veranstaltungen der Heimatpflege und des Brauchtums in der Ortschaft;
6.
die Pflege vorhandener Patenschaften und Partnerschaften;
7.
die Information, Dokumentation und Repräsentation in Ortschaftsangelegenheiten.

Der Gemeinderat kann die Angelegenheiten im einzelnen abgrenzen und allgemeine Richtlinien erlassen.

(2) Der Gemeinderat kann durch die Hauptsatzung dem Ortschaftsrat weitere Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen, zur dauernden Erledigung übertragen; Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Dies gilt nicht für die in § 41 Abs. 2 genannten Angelegenheiten. § 41 Abs. 3 Satz 1 bis 5 gilt entsprechend.

(3) Dem Ortschaftsrat werden zur Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben angemessene Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt. Die ortschaftsbezogenen Haushaltsansätze sollen im Rahmen der Gesamtausgaben der Gemeinde unter Berücksichtigung des Umfanges der in der Ortschaft vorhandenen Einrichtungen festgesetzt werden.

(4) Der Ortschaftsrat ist zu wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde, die die Ortschaft betreffen, insbesondere bei der Aufstellung der ortschaftsbezogenen Haushaltsansätze, zu hören. Er hat ein Vorschlagsrecht zu allen Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen.

(5) Auf Beschluß des Ortschaftsrats ist ein Verhandlungsgegenstand, der in die Zuständigkeit des Ortschaftsrats fällt, auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderats zu setzen, wenn der Gemeinderat den gleichen Verhandlungsgegenstand nicht innerhalb der letzten sechs Monate bereits behandelt hat oder wenn sich seit der Behandlung die Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat.

§ 68
Ortsvorsteher

(1) Der Ortschaftsrat wählt den Ortsvorsteher und einen oder mehrere Stellvertreter für seine Wahlperiode. Der Ortsvorsteher ist zum Ehrenbeamten auf Zeit zu ernennen.

(2) Der Ortsvorsteher vertritt den Bürgermeister, in Gemeinden mit Beigeordneten auch die Beigeordneten ständig bei dem Vollzug der Beschlüsse des Ortschaftsrats. Der Bürgermeister und die Beigeordneten können dem Ortsvorsteher allgemein oder im Einzelfall Weisungen erteilen, soweit er sie vertritt. Der Bürgermeister kann dem Ortsvorsteher ferner in den Fällen des § 52 Abs. 2 und 3 Weisungen erteilen.

(3) Ortsvorsteher können an den Verhandlungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse mit beratender Stimme teilnehmen.

§ 69
Anwendung von Rechtsvorschriften

(1) Für den Ortschaftsrat gelten die Vorschriften über den Gemeinderat, für den Ortsvorsteher die Vorschriften über den Bürgermeister entsprechend, soweit nichts anderes bestimmt ist. Abweichend von § 51 Abs. 2 Satz 3 können Bedienstete der Gemeinde zugleich Ortsvorsteher sein. Die Entscheidung nach § 52 Abs. 2 Satz 4 im Falle des Widerspruchs des Ortsvorstehers trifft der Gemeinderat.

(2) Für die Durchführung von Einwohnerversammlungen zur Erörterung von Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen, gilt § 22 entsprechend. Soweit Angelegenheiten dem Ortschaftsrat zur Entscheidung übertragen sind, gilt für Einwohneranträge § 23 entsprechend. Die Hauptsatzung kann bestimmen, daß Bürgerentscheide und Bürgerbegehren in entsprechender Anwendung der §§ 24 und 25 in den Ortschaften durchgeführt werden können.

FÜNFTER ABSCHNITT
STADTBEZIRKSVERFASSUNG

§ 70
Stadtbezirksverfassung

(1) Die Kreisfreien Städte können durch Hauptsatzung das Stadtgebiet in Stadtbezirke einteilen. Bei der Einteilung soll auf die Siedlungsstruktur, die Bevölkerungsverteilung und die Ziele der Stadtentwicklung Rücksicht genommen werden.

(2) In den Stadtbezirken können Stadtbezirksbeiräte gebildet werden.

(3) In den Stadtbezirken können örtliche Verwaltungsstellen eingerichtet werden.

§ 71
Stadtbezirksbeirat

(1) Die Mitglieder des Stadtbezirksbeirats werden vom Gemeinderat aus dem Kreise der im Stadtbezirk wohnenden wählbaren Bürger und Wahlberechtigten nach § 16 Abs. 1 Satz 2 nach jeder regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte bestellt. Die Zahl der Mitglieder des Stadtbezirksbeirats wird durch die Hauptsatzung bestimmt; sie darf höchstens halb so groß sein wie die Zahl der Gemeinderäte nach § 29 Abs. 2 in Gemeinden mit einer Einwohnerzahl, die der von der Kreisfreien Stadt zu ermittelnden Einwohnerzahl des Stadtbezirks entspricht. Bei der Bestellung der Mitglieder des Stadtbezirksbeirats soll das von den im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählervereinigungen bei der letzten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte im Stadtbezirk erzielte Wahlergebnis berücksichtigt werden.

(2) Der Stadtbezirksbeirat ist zu wichtigen Angelegenheiten, die den Stadtbezirk betreffen, zu hören. Der Stadtbezirksbeirat hat ferner die örtliche Verwaltungsstelle des Stadtbezirks in allen wichtigen Angelegenheiten zu beraten. Sofern in den Ausschüssen des Gemeinderats wichtige Angelegenheiten, die den Stadtbezirk betreffen, auf der Tagesordnung stehen, kann der Stadtbezirksbeirat eines seiner Mitglieder zu den Ausschußsitzungen entsenden. Das entsandte Mitglied nimmt an den Ausschußsitzungen mit beratender Stimme teil.

(3) Vorsitzender des Stadtbezirksbeirats ist der Bürgermeister oder ein von ihm Beauftragter. Der Stadtbezirksbeirat bildet keine Ausschüsse. Die Vorschriften über den Geschäftsgang in beratenden Ausschüssen finden entsprechende Anwendung.

VIERTER TEIL
GEMEINDEWIRTSCHAFT

ERSTER ABSCHNITT
HAUSHALTWIRTSCHAFT

§ 72
Allgemeine Haushaltsgrundsätze

(1) Die Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, daß eine stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. Dabei ist den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts grundsätzlich Rechnung zu tragen.

(2) Die Haushaltswirtschaft ist sparsam und wirtschaftlich zu führen.

(3) Der Haushaltsplan muß in jedem Haushaltsjahr unter Berücksichtigung von Fehlbeträgen aus Vorjahren ausgeglichen sein.

§ 73
Grundsätze der Einnahmebeschaffung

(1) Die Gemeinde erhebt Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften.

(2) Die Gemeinde hat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen

1.
soweit vertretbar und geboten aus selbst zu bestimmenden Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen,
2.
im übrigen aus Steuern

zu beschaffen.

(3) Die Gemeinde hat bei der Einnahmebeschaffung auf die wirtschaftlichen Kräfte ihrer Abgabepflichtigen Rücksicht zu nehmen.

(4) Die Gemeinde darf Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.

§ 74
Haushaltssatzung

(1) Die Gemeinde hat für jedes Haushaltsjahr eine Haushaltssatzung zu erlassen.

(2) Die Haushaltssatzung enthält die Festsetzung

1.
des Haushaltsplans unter Angabe des Gesamtbetrages
a)
der Einnahmen und Ausgaben des Haushaltsjahres,
b)
der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsforderungsmaßnahmen (Kreditermächtigung),
c)
der Ermächtigung zum Eingehen von Verpflichtungen, die künftige Haushaltsjahre mit Ausgaben für Investitionen und Investitionsforderungsmaßnahmen belasten (Verpflichtungsermächtigungen),
2.
des Höchstbetrages der Kassenkredite,
3.
der Steuersätze, die für jedes Haushaltsjahr neu festzusetzen sind.

Sie kann weitere Vorschriften enthalten, die sich auf die Einnahmen und Ausgaben und den Stellenplan für das Haushaltsjahr beziehen.

(3) Die Haushaltssatzung tritt mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft und gilt für das Haushaltsjahr.

§ 75
Haushaltsplan

(1) Der Haushaltsplan ist Teil der Haushaltssatzung. Er enthält alle im Haushaltsjahr für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinden voraussichtlich

1.
eingehenden Einnahmen,
2.
zu leistenden Ausgaben,
3.
notwendigen Verpflichtungsermächtigungen.

(2) Der Haushaltsplan enthält den Stellenplan für die Bediensteten der Gemeinde nach § 63.

(3) Der Haushaltsplan ist in einen Verwaltungshaushalt und einen Vermögenshaushalt zu gliedern.

(4) Der Haushaltsplan ist nach Maßgabe dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften für die Führung der Haushaltswirtschaft verbindlich. Ansprüche und Verbindlichkeiten werden durch ihn weder begründet noch aufgehoben.

§ 76
Erlaß der Haushaltssatzung

(1) Der Entwurf der Haushaltssatzung ist an sieben Arbeitstagen öffentlich auszulegen. Einwohner und Abgabepflichtige können bis zum Ablauf des siebten Arbeitstages nach dem letzten Tag der Auslegung Einwendungen gegen den Entwurf erheben; in der ortsüblichen Bekanntgabe der Auslegung ist auf diese Frist hinzuweisen. Über fristgemäß erhobene Einwendungen beschließt der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung.

(2) Die Haushaltssatzung ist vom Gemeinderat in öffentlicher Sitzung zu beraten und zu beschließen.

(3) Die vom Gemeinderat beschlossene Haushaltssatzung ist der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen; sie soll ihr spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres vorliegen.

(4) Mit der öffentlichen Bekanntmachung der Haushaltssatzung ist der Haushaltsplan an sieben Arbeitstagen öffentlich auszulegen. In der Bekanntmachung ist auf die Auslegung hinzuweisen. Enthält die Haushaltssatzung genehmigungspflichtige Teile, darf sie erst nach der Genehmigung öffentlich bekanntgemacht werden.

§ 77
Nachtragssatzung

(1) Die Haushaltssatzung kann nur bis zum Ablauf des Haushaltsjahres durch Nachtragssatzung geändert werden. Für die Nachtragssatzung gelten die Vorschriften über die Haushaltssatzung entsprechend.

(2) Die Gemeinde hat unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn

1.
sich zeigt, daß ein erheblicher Fehlbetrag entstehen wird und dieser sich nicht durch andere Maßnahmen vermeiden läßt,
2.
bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Ausgaben bei einzelnen Haushaltsstellen in einem im Verhältnis zu den Gesamtausgaben des Haushaltsplanes erheblichen Umfang geleistet werden müssen,
3.
Ausgaben des Vermögenshaushaltes für bisher nicht veranschlagte Investitionen oder Investitionsförderungsmaßnahmen geleistet werden sollen,
4.
Bedienstete eingestellt, angestellt, befördert oder höhergruppiert werden sollen und der Stellenplan die entsprechenden Stellen nicht enthält.

(3) Absatz 2 Nr. 2 bis 4 findet keine Anwendung auf

1.
geringfügige Investitionen und Investitionsforderungsmaßnahmen sowie unabweisbare Ausgaben,
2.
die Umschuldung von Krediten,
3.
Abweichungen vom Stellenplan und die Leistung höherer Personalausgaben, die sich unmittelbar aus einer Änderung des Besoldungs- oder Tarifrechts ergeben.

§ 78
Vorläufige Haushaltsführung

(1) Ist die Haushaltssatzung zu Beginn des Haushaltsjahres noch nicht erlassen, darf die Gemeinde

1.
Ausgaben leisten, zu deren Leistung sie rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind; sie darf insbesondere Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen des Vermögenshaushalts, für die im Haushaltsjahr des Vorjahres Beträge vorgesehen waren, fortsetzen,
2.
Abgaben vorläufig nach den Sätzen des Vorjahres erheben,
3.
Kredite umschulden.

(2) Reichen die Deckungsmittel für die Fortsetzung von Bauten, Beschaffungen und sonstigen Leistungen des Vermögenshaushalts nach Absatz 1 Nr. 1 nicht aus, darf die Gemeinde mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde Kredite für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen bis zu einem Viertel des durchschnittlichen Betrages der Kreditermächtigungen für die beiden Vorjahre aufnehmen. § 82 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Der Stellenplan des Vorjahres gilt weiter, bis die Haushaltssatzung für das neue Jahr erlassen ist.

§ 79
Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben

(1) Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben sind nur zulässig, wenn

1.
ein dringendes Bedürfnis besteht und die Deckung gewährleistet ist oder
2.
die Ausgabe unabweisbar ist und kein erheblicher Fehlbetrag im Haushalt entsteht.

Sind die Ausgaben nach Umfang und Bedeutung erheblich, bedürfen sie der Zustimmung des Gemeinderats. § 77 Abs. 2 bleibt unberührt.

(2) Für Investitionen, die im folgenden Jahr fortgesetzt werden, sind überplanmäßige Ausgaben auch dann zulässig, wenn ihre Deckung im folgenden Jahr gewährleistet ist; sie bedürfen der Zustimmung des Gemeinderats.

(3) Absätze I und 2 gelten entsprechend für Maßnahmen, durch die überplanmäßige oder außerplanmäßige Ausgaben entstehen können.

§ 80
Finanzplanung

(1) Die Gemeinde hat ihrer Haushaltswirtschaft eine fünfjährige Finanzplanung zugrunde zu legen. Das erste Planungsjahr der Finanzplanung ist das laufende Haushaltsjahr.

(2) In der Finanzplanung sind Umfang und Zusammensetzung der voraussichtlichen Ausgaben und die Deckungsmöglichkeiten darzustellen.

(3) Als Grundlage für die Finanzplanung ist ein Investitionsprogramm aufzustellen.

(4) Der Finanzplan ist mit dem Investitionsprogramm dem Gemeinderat spätestens mit dem Entwurf der Haushaltssatzung vorzulegen.

(5) Der Finanzplan und das Investitionsprogramm sind jährlich der Entwicklung anzupassen und fortzuführen.

§ 81
Verpflichtungsermächtigungen

(1) Verpflichtungen zur Leistung von Ausgaben für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen in künftigen Jahren dürfen unbeschadet des Absatzes 5 nur eingegangen werden, wenn der Haushaltsplan hierzu ermächtigt.

(2) Die Verpflichtungsermächtigungen dürfen zu Lasten der dem Haushaltsjahr folgenden drei Jahre veranschlagt werden, erforderlichenfalls bis zum Abschluß einer Maßnahme; sie sind nur zulässig, wenn durch sie der Ausgleich künftiger Haushalte nicht gefährdet wird.

(3) Die Verpflichtungsermächtigungen gelten weiter, bis die Haushaltssatzung für das folgende Haushaltsjahr erlassen ist.

(4) Der Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen bedarf im Rahmen der Haushaltssatzung insoweit der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, als in den Jahren, in denen voraussichtlich Ausgaben aus den Verpflichtungen zu leisten sind, Kreditaufnahmen vorgesehen sind.

(5) Verpflichtungen im Sinne des Absatzes 1 dürfen überplanmäßig oder außerplanmäßig eingegangen werden, wenn ein dringender Bedarf besteht und der in der Haushaltssatzung festgesetzte Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen nicht überschritten wird.

§ 82
Kreditaufnahmen

(1) Kredite (§ 73 Abs. 4) dürfen nur im Vermögenshaushalt und nur für Investitionen, Investitionsförderungsmaßnahmen und zur Umschuldung aufgenommen werden.

(2) Der Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen bedarf im Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde (Gesamtgenehmigung). Die Genehmigung soll unter dem Gesichtspunkt einer geordneten Haushaltswirtschaft erteilt oder versagt werden; sie kann unter Bedingungen erteilt oder mit Auflagen verbunden werden. Sie ist in der Regel zu versagen, wenn die Kreditverpflichtungen die dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde gefährden.

(3) Die Kreditermächtigung gilt weiter, bis die Haushaltssatzung für das übernächste Jahr erlassen ist.

(4) Die Aufnahme der einzelnen Kredite, deren Gesamtbetrag nach Absatz 2 genehmigt worden ist, bedarf der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde (Einzelgenehmigung), soweit kraft Gesetzes Kreditaufnahmen beschränkt sind.

(5) Die Begründung einer Zahlungsverpflichtung, die wirtschaftlich einer Kreditaufnahme gleichkommt, bedarf der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde. Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich für die Begründung von Zahlungsverpflichtungen im Rahmen der laufenden Verwaltung.

(6) Die Gemeinde darf zur Sicherung eines Kredits keine Sicherheiten bestellen. Die Rechtsaufsichtsbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn die Bestellung von Sicherheiten der Verkehrsübung entspricht.

(7) Das Staatsministerium des Innern kann Ausnahmen nach Absatz 6 Satz 2 allgemein zulassen.

§ 83
Sicherheiten und Gewährleistung für Dritte

(1) Die Gemeinde darf keine Sicherheiten zugunsten Dritter bestellen. Die Rechtsaufsichtsbehörde kann Ausnahmen zulassen.

(2) Die Gemeinde darf Bürgschaften und Verpflichtungen aus Gewährverträgen nur zur Erfüllung ihrer Aufgaben übernehmen. Die Rechtsgeschäfte bedürfen der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, wenn sie nicht im Rahmen der laufenden Verwaltung abgeschlossen werden. § 82 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für Rechtsgeschäfte, die den dort genannten Rechtsgeschäften wirtschaftlich gleichkommen, insbesondere für die Zustimmung zu Rechtsgeschäften Dritter, aus denen der Gemeinde in künftigen Haushaltsjahren Verpflichtungen zur Leistung von Ausgaben erwachsen können.

(4) Das Staatsministerium des Innern kann Ausnahmen nach Absatz 1 allgemein zulassen.

§ 84
Kassenkredite

(1) Zur rechtzeitigen Leistung ihrer Ausgaben kann die Gemeinde Kassenkredite bis zu dem in der Haushaltssatzung festgelegten Höchstbetrag aufnehmen, soweit für die Kasse keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. Die Ermächtigung gilt weiter, bis die Haushaltssatzung für das folgende Jahr erlassen ist.

(2) Der Höchstbetrag der Kassenkredite bedarf im Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, wenn er ein Fünftel der im Verwaltungshaushalt veranschlagten Einnahmen übersteigt.

§ 85
Rücklagen

Die Gemeinde hat zur Sicherung der Haushaltswirtschaft und für Zwecke des Vermögenshaushalts eine allgemeine Rücklage in angemessener Höhe zu bilden. Sonderrücklagen dürfen nur gebildet werden, soweit das durch Rechtsvorschrift zugelassen ist.

§ 86
Gemeindekasse

(1) Die Gemeindekasse erledigt alle Kassengeschäfte der Gemeinde. Für Sondervermögen und Treuhandvermögen, für die Sonderrechnungen geführt werden, sollen Sonderkassen gebildet werden; sie sollen mit der Gemeindekasse verbunden werden.

(2) Die Gemeinde hat, wenn sie ihre Kassengeschäfte nicht durch eine Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung besorgen läßt, einen Kassenverwalter und einen Stellvertreter zu bestellen.

(3) Die anordnungsbefugten Bediensteten der Gemeinde, Leiter und Prüfer des Rechnungsprüfungsamtes sowie Rechnungsprüfer dürfen nicht gleichzeitig zum Kassenverwalter oder dessen Stellvertreter bestellt werden.

(4) Der Kassenverwalter, sein Stellvertreter und andere Bedienstete der Gemeindekasse dürfen untereinander, zum Bürgermeister, zu einem Beigeordneten, einem Stellvertreter des Bürgermeisters, zum Fachbediensteten für das Finanzwesen oder einem anordnungsbefugten Bediensteten, zum Leiter und zu den Prüfern des Rechnungsprüfungsamtes sowie zu einem Rechnungsprüfer nicht in einem die Befangenheit begründenden Verhältnis nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 stehen. In Gemeinden mit nicht mehr als 1 000 Einwohnern kann der Gemeinderat bei Vorliegen besonderer Umstände Ausnahmen vom Verbot des Satzes 1 zulassen.

§ 87
Übertragung von Kassengeschäften, Automation

(1) Die Gemeinde kann die Kassengeschäfte ganz oder zum Teil von einer Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung besorgen lassen, wenn die ordnungsgemäße Erledigung und die Prüfung nach den für die Gemeinde geltenden Vorschriften gewährleistet sind. Der Beschluß hierüber ist der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen.

(2) Für die automatisierte Ausführung der Kassengeschäfte und anderer Geschäfte im Bereich des Finanzwesens dürfen nur Programme verwendet werden, die von der Sächsischen Anstalt für kommunale Datenverarbeitung im Einvernehmen mit der überörtlichen Prüfungseinrichtung geprüft worden sind. Bei Gemeinden mit einer örtlichen Prüfung durch ein Rechnungsprüfungsamt kann der Bürgermeister dieses mit einer örtlichen Prüfung vor der Prüfung nach Satz 1 beauftragen. Im übrigen wirkt das Rechnungsprüfungsamt an der Prüfung nach Satz 1 mit. Die Sächsische Anstalt für kommunale Datenverarbeitung kann im Einvernehmen mit der überörtlichen Prüfungseinrichtung und der Gemeinde die Prüfung auch durch das Rechnungsprüfungsamt vornehmen lassen. Der Sächsischen Anstalt für kommunale Datenverarbeitung und der überörtlichen Prüfungseinrichtung ist Gelegenheit zu geben, die Programme und die Programmänderungen vor ihrer Anwendung zu prüfen. Bei Programmen, die für mehrere Gemeinden Anwendung finden sollen, genügt eine Prüfung. Der Sächsischen Anstalt für kommunale Datenverarbeitung, der überörtlichen Prüfungseinrichtung und dem beteiligten Rechnungsprüfungsamt ist zu ermöglichen, die Programmanwendung an Ort und Stelle zu prüfen.

§ 88
Jahresrechnung

(1) In der Jahresrechnung ist das Ergebnis der Haushaltswirtschaft einschließlich des Standes des Vermögens und der Schulden zu Beginn und am Ende des Haushaltsjahres nachzuweisen. Die Jahresrechnung ist durch einen schriftlichen Rechenschaftsbericht zu erläutern.

(2) Die Jahresrechnung ist innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Haushaltsjahres aufzustellen.

(3) Der Gemeinderat stellt die Jahresrechnung, in den Fällen des § 104 nach Durchführung der örtlichen Prüfung, spätestens bis 31. Dezember des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres fest.

(4) Der Beschluß über die Feststellung der Jahresrechnung ist der Rechtsaufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen und ortsüblich bekanntzugeben. Gleichzeitig ist die Jahresrechnung mit Rechenschaftsbericht an sieben Arbeitstagen öffentlich auszulegen; in der Bekanntgabe ist auf die Auslegung hinzuweisen.

ZWEITER ABSCHNITT
VERMÖGEN DER GEMEINDE

§ 89
Erwerb und Verwaltung von Vermögen

(1) Das Vermögen der Gemeinde soll unter Berücksichtigung seiner Bedeutung für das Wohl der Allgemeinheit ungeschmälert erhalten bleiben.

(2) Die Gemeinde soll Vermögensgegenstände nur erwerben, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) Die Vermögensgegenstände sind pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten und ordnungsgemäß nachzuweisen. Bei Geldanlagen ist auf eine hinreichende Sicherheit zu achten; sie sollen einen angemessenen Ertrag bringen.

(4) Besondere Rechtsvorschriften für die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes bleiben unberührt.

§ 90
Veräußerung von Vermögen

(1) Die Gemeinde darf Vermögensgegenstände veräußern, wenn sie sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht braucht und Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht entgegenstehen. Vermögensgegenstände dürfen in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden. Zur Förderung der Bildung privaten Eigenturns unter sozialen Gesichtspunkten kann die Gemeinde bei der Veräußerung von Eigentumswohnungen und Grundstücken angemessene Nachlässe gewähren.

(2) Für die Überlassung der Nutzung von Vermögensgegenständen gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) Der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bedürfen Rechtsgeschäfte, in denen sich die Gemeinde verpflichtet,

1.
Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte zu veräußern,
2.
andere Vermögensgegenstände unentgeltlich oder unter ihrem vollen Wert zu veräußern, sofern sie nicht geringwertig sind,
3.
Vermögensgegenstände mit besonderem wissenschaftlichen, geschichtlichen, künstlerischen oder denkmalpflegerischen Wert zu veräußern.

§ 91
Sondervermögen

(1) Sondervermögen der Gemeinde sind

1.
das Vermögen der Eigenbetriebe und der öffentlichen Einrichtungen, für die aufgrund gesetzlicher Vorschriften Sonderrechnungen geführt werden;
2.
das Vermögen der rechtlich unselbständigen örtlichen Stiftungen.

(2) Sondervermögen nach Absatz 1 Nr. 2 unterliegen den Vorschriften über die Haushaltswirtschaft. Sie sind im Haushalt der Gemeinde gesondert nachzuweisen.

§ 92
Treuhandvermögen

(1) Für rechtlich selbständige örtliche Stiftungen sowie für Vermögen, die die Gemeinde nach besonderen Rechtsvorschriften treuhänderisch zu verwalten hat, sind besondere Haushaltspläne aufzustellen und Sonderrechnungen zu führen.

(2) Geringfügiges Treuhandvermögen kann im Haushalt der Gemeinde gesondert nachgewiesen werden; es unterliegt den Vorschriften über die Haushaltswirtschaft.

(3) Für rechtlich selbständige örtliche Stiftungen bleiben Bestimmungen des Stifters, für andere Treuhandvermögen besondere gesetzliche Vorschriften unberührt.

§ 93
Freistellung von der Finanzplanung

Das Staatsministerium des Innern kann durch Rechtsverordnung Sondervermögen und Treuhandvermögen von den Verpflichtungen des § 80 freistellen, soweit die Finanzplanung weder für die Haushalts- oder Wirtschaftsführung noch für die Finanzstatistik benötigt wird.

§ 94
Örtliche Stiftungen

(1) Die Gemeinde verwaltet die örtlichen Stiftungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes, soweit durch Gesetz oder Stiftung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Bei nichtrechtsfähigen Stiftungen kann die Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Stiftungszweck ändern, die Stiftung mit einer anderen nichtrechtsfähigen Stiftung zusammenlegen oder sie aufheben, wenn der Stifter nichts anderes bestimmt hat.

(3) Enthält das Stiftungsgeschäft keine Bestimmung über den Vermögensanfall, fällt das Vermögen nichtrechtsfähiger Stiftungen an die Gemeinde. Die Gemeinde hat bei der Verwendung des Vermögens den Stiftungszweck möglichst zu berücksichtigen.

(4) Gemeindevermögen darf nur im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Gemeinde und nur dann in Stiftungsvermögen eingebracht werden, wenn der mit der Stiftung verfolgte Zweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann.

DRITTER ABSCHNITT
UNTERNEHMEN UND BETEILIGUNGEN DER GEMEINDE

§ 95
Unternehmen der Gemeinde

Unternehmen der Gemeinde können geführt werden:

1.
nach den Vorschriften dieses Gesetzes über die Haushaltswirtschaft,
2.
als Eigenbetriebe,
3.
in einer Rechtsform des privaten Rechts.

§ 96
Unternehmen in Privatrechtsform

(1) Die Gemeinde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben ein Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts nur errichten, übernehmen, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen, wenn

1.
durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde sichergestellt ist,
2.
die Gemeinde einen angemessenen Einfluß, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan des Unternehmens erhält und
3.
die Haftung der Gemeinde auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt wird.

(2) Die Gemeinde darf der Beteiligung eines Unternehmens, an dem sie mit mehr als 50 vom Hundert beteiligt ist, an einem anderen Unternehmen nur zustimmen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen.

(3) Rechtsgeschäfte nach Absatz 1 bedürfen der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde. Über die Genehmigung ist binnen sechs Wochen nach Eingang des Antrags zu entscheiden. Die Genehmigungsfrist kann durch die nächsthöhere Rechtsaufsichtsbehörde verlängert werden.

§ 97
Wirtschaftliche Unternehmen

(1) Die Gemeinde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben wirtschaftliche Unternehmen ungeachtet der Rechtsform errichten, übernehmen, unterhalten, wesentlich erweitern oder sich daran beteiligen, sofern

1.
der öffentliche Zweck dies rechtfertigt,
2.
das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht und
3.
der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann.

Im Bereich der Wohnungswirtschaft hat die Gemeinde darüber hinaus darauf hinzuwirken, daß die zur angemessenen Bewirtschaftung des Wohnungsbestandes erforderliche Kredit- und Investitionsfähigkeit gesichert ist und der von ihr unmittelbar oder mittelbar gehaltene Wohnungsbestand keine marktbeherrschende Stellung einnimmt.

(2) Wirtschaftliche Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Unternehmen, zu deren Betrieb die Gemeinde gesetzlich verpflichtet ist,
2.
Hilfsbetriebe, die ausschließlich zur Deckung des Eigenbedarfs der Gemeinde dienen.

(3) Wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde sind so zu führen, daß der öffentliche Zweck erfüllt wird; sie sollen einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen, soweit dadurch die Erfüllung des öffentlichen Zwecks nicht beeinträchtigt wird.

(4) Bankunternehmen darf die Gemeinde nicht betreiben. Für das öffentliche Sparkassenwesen gelten besondere Vorschriften.

§ 98
Vertretung der Gemeinde in Unternehmen

(1) Der Bürgermeister vertritt die Gemeinde in der Gesellschafterversammlung oder dem entsprechenden Organ eines Unternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts, an dem die Gemeinde beteiligt ist. Der Bürgermeister kann einen Bediensteten der Gemeinde mit seiner Vertretung beauftragen. Kann die Gemeinde weitere Vertreter entsenden, so werden diese vom Gemeinderat gewählt. Ist mehr als ein weiterer Vertreter zu entsenden, gilt § 42 Abs. 2 entsprechend. Der Gemeinderat kann den Vertretern der Gemeinde Weisungen erteilen.

(2) Hat die Gemeinde das Recht, Mitglieder des Vorstands, des Aufsichtsrats oder eines entsprechenden Organs eines Unternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts zu bestimmen, so werden diese vom Gemeinderat gewählt. Ist mehr als ein Mitglied zu bestimmen, gilt § 42 Abs. 2 entsprechend.

(3) Wird ein Vertreter der Gemeinde wegen seiner Tätigkeit im Organ eines Unternehmens haftbar gemacht, hat ihm die Gemeinde den Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Vertreter vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat; auch in diesem Fall ist der Schaden zu ersetzen, wenn er nach Weisung der Gemeinde gehandelt hat.

§ 99
Planung, Jahresabschluß und Prüfung

(1) Gehört ein Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts ausschließlich oder mehrheitlich der Gemeinde, hat sie dafür zu sorgen, daß in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag vorgeschrieben wird, daß

1.
in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Eigenbetriebsgesetzes für jedes Wirtschaftsjahr ein Wirtschaftsplan aufgestellt und der Wirtschaftsführung eine fünfjährige Finanzplanung zugrundegelegt wird,
2.
der Wirtschaftsplan und der Finanzplan der Gemeinde zur Kenntnis gebracht wird,
3.
in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches für große Kapitalgesellschaften ein Jahresabschluß und ein Lagebericht aufgestellt und in entsprechender Anwendung dieser Vorschriften oder des § 110 geprüft werden, sofern nicht weitergehende gesetzliche Vorschriften gelten oder andere gesetzliche Vorschriften entgegenstehen,
4.
der Jahresabschluß, der Lagebericht und der Prüfungsbericht des Abschlußprüfers der Gemeinde und der Rechtsaufsichtsbehörde zur Kenntnis gebracht werden.
5.
das Ergebnis der Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts ortsüblich bekanntgemacht wird,
6.
der Jahresabschluß und der Lagebericht nach ortsüblicher Bekanntgabe an sieben Arbeitstagen öffentlich ausgelegt werden.

(2) Bei einer geringeren Beteiligung soll die Gemeinde darauf hinwirken, daß die in Absatz 1 genannten Regelungen getroffen werden.

§ 100
Veräußerung von Unternehmen und Beteiligungen

Die vollständige oder teilweise Veräußerung eines Unternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts ist nur zulässig, wenn dadurch die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde nicht beeinträchtigt wird.

§ 101
Energieverträge

(1) Die Gemeinde darf Verträge über die Lieferung von Energie in das Gemeindegebiet sowie Konzessionsverträge, durch die sie einem Energieversorgungsunternehmen die Benutzung von Gemeindeeigentum einschließlich der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze für Leitungen zur Versorgung der Einwohner gestattet, nur abschließen, wenn die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde nicht gefährdet wird und die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Gemeinde und ihrer Einwohner gewahrt sind. Hierüber soll dem Gemeinderat vor der Beschlußfassung das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen vorgelegt werden.

(2) Dasselbe gilt für eine Verlängerung oder ihre Ablehnung sowie eine wichtige Änderung derartiger Verträge.

§ 102
Vorlagepflicht

Beschlüsse der Gemeinde über Maßnahmen und Rechtsgeschäfte nach§§ 97 Abs. 1, 100 und 101 sind der Rechtsaufsichtsbehörde unter Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen vorzulegen.

VIERTER ABSCHNITT
PRÜFUNGSWESEN

§ 103
Örtliche Prüfungseinrichtungen

(1) Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern haben ein Rechnungsprüfungsamt als besonderes Amt einzurichten, sofern sie sich nicht eines anderen kommunalen Rechnungsprüfungsamtes bedienen. Andere Gemeinden können ein Rechnungsprüfungsamt einrichten oder sich eines anderen kommunalen Rechnungsprüfungsamtes bedienen.

(2) Das Rechnungsprüfungsamt ist bei der Erfüllung der ihm zugewiesenen Prüfungsaufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. Es untersteht im übrigen dem Bürgermeister unmittelbar.

(3) Der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes muß hauptamtlicher Bediensteter der Gemeinde sein. Er muß die für sein Amt erforderliche Vorbildung, Erfahrung und Eignung besitzen.

(4) Die Leitung des Rechnungsprüfungsamtes kann einem Bediensteten nur durch Beschluß des Gemeinderats und nur dann entzogen werden, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben nicht mehr gewährleistet ist. Der Beschluß muß mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder des Gemeinderates gefaßt werden und ist der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen.

(5) Der Leiter und die Prüfer des Rechnungsprüfungsamtes dürfen zum Bürgermeister, zu einem Beigeordneten, einem Stellvertreter des Bürgermeisters, zum Fachbediensteten für das Finanzwesen sowie zum Kassenverwalter, zu dessen Stellvertreter und zu anderen Bediensteten der Gemeindekasse nicht in einem die Befangenheit begründenden Verhältnis nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 stehen. Sie dürfen andere Aufgaben in der Gemeindeverwaltung wahrnehmen, wenn dies mit der Unabhängigkeit und den Aufgaben des Rechnungsprüfungsamtes vereinbar ist. Sie dürfen Zahlungen für die Gemeinde weder anordnen noch ausführen.

§ 104
Örtliche Prüfung der Jahresrechnung

(1) Das Rechnungsprüfungsamt hat die Jahresrechnung vor der Feststellung durch den Gemeinderat daraufhin zu prüfen, ob

1.
bei den Einnahmen und Ausgaben und bei der Vermögensverwaltung vorschriftsmäßig verfahren worden ist,
2.
die einzelnen Rechnungsbeträge sachlich und rechnerisch vorschriftsmäßig begründet und belegt sind,
3.
der Haushaltsplan eingehalten worden ist und
4.
das Vermögen und die Schulden richtig nachgewiesen worden sind.

(2) Das Rechnungsprüfungsamt hat die Prüfung innerhalb von drei Monaten nach Aufstellung der Jahresrechnung durchzuführen. Es legt dem Bürgermeister einen Bericht über das Prüfungsergebnis vor. Dieser veranlaßt die Aufklärung von Beanstandungen. Das Rechnungsprüfungsamt faßt seine Bemerkungen in einem Schlußbericht zusammen, der dem Gemeinderat vorzulegen und auf dessen Verlangen vom Leiter des Rechnungsprüfungsamtes zu erläutern ist.

§ 105
Örtliche Prüfung der Jahresabschlüsse

Zur Vorbereitung der Beschlußfassung des Gemeinderats über den Jahresabschluß nach dem Eigenbetriebsgesetz hat das Rechnungsprüfungsamt aufgrund der Unterlagen der Gemeinde und der Betriebe zu prüfen, ob

1.
die für die Verwaltung der Gemeinde geltenden gesetzlichen Vorschriften und die Beschlüsse des Gemeinderats sowie die Anordnungen des Bürgermeisters eingehalten worden sind,
2.
die Vergütung der Leistungen, Lieferungen und Leihgelder der Gemeinde für die Betriebe, der Betriebe für die Gemeinde und der Betriebe untereinander angemessen ist und
3.
das von der Gemeinde zur Verfügung gestellte Eigenkapital angemessen verzinst wird.

Bei der Prüfung ist das Ergebnis einer Jahresabschlußprüfung (§ 110) zu berücksichtigen.

§ 106
Weitere Aufgaben des Rechnungsprüfungsamtes

(1) Außer der Prüfung der Jahresrechnung (§ 104) und der Jahresabschlüsse (§ 105) obliegen dem Rechnungsprüfungsamt

1.
die laufende Prüfung der Kassenvorgänge bei der Gemeinde zur Vorbereitung der Prüfung der Jahresrechnung,
2.
die Kassenüberwachung, insbesondere die Vornahme der Kassenprüfungen bei der Gemeindekasse und den Sonderkassen,
3.
die Prüfung des Nachweises der Vorräte und Vermögensbestände der Gemeinde und ihrer Sondervermögen,
4.
die Mitwirkung bei der Prüfung der Programme für die Automation im Finanzwesen nach § 87 Abs. 2 und
5.
die Prüfung der Finanzvorfälle nach § 56 Abs. 3 des Haushaltsgrundsätzegesetzes.

(2) Der Gemeinderat kann dem Rechnungsprüfungsamt weitere Aufgaben übertragen, insbesondere

1.
die Prüfung der Organisation und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung,
2.
die Prüfung der Vergaben,
3.
die Prüfung der Wirtschaftsführung der Eigenbetriebe und anderer Einrichtungen der Gemeinde,
4.
die laufende Prüfung der Kassenvorgänge bei den Sonderkassen,
5.
die Prüfung der Betätigung der Gemeinde in Unternehmen, an denen die Gemeinde beteiligt ist, und
6.
die Buch-, Betriebs- und Kassenprüfungen, die sich die Gemeinde bei einer Beteiligung, bei der Hergabe eines Darlehens oder sonst vorbehalten hat.

(3) Gehören der Gemeinde an einem Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit Anteile in dem in § 53 des Haushaltsgrundsätzegesetzes bezeichneten Umfang, soll sie darauf hinwirken, daß für die Prüfung nach Absatz 2 Nr. 5 die in § 54 des Haushaltsgrundsätzegesetzes vorgesehenen Befugnisse eingeräumt werden.

§ 107
Rechnungsprüfer

Gemeinden ohne Rechnungsprüfungsamt können einen geeigneten Bediensteten als Rechnungsprüfer bestellen oder sich eines anderen kommunalen Rechnungsprüfungsamtes bedienen. § 103 Abs. 2, 4 und 5 und §§ 104 bis 106 gelten entsprechend.

§ 108
Prüfungsbehörden für die überörtliche Prüfung

(1) Prüfungsbehörde ist die Rechtsaufsichtsbehörde, bei Gemeinden mit mehr als 2 000 Einwohnern bis zur Errichtung einer überörtlichen Prüfungsbehörde durch ein besonderes Gesetz der Sächsische Rechnungshof.

(2) Die Zuständigkeiten der Prüfungsbehörden nach Absatz 1 Satz 1 wechseln nur, wenn die Einwohnergrenze in drei aufeinanderfolgenden Jahren jeweils überschritten oder unterschritten wird. Die Änderung tritt mit dem Beginn des dritten Jahres ein. Ist mit der Prüfung bereits begonnen worden, bleibt die Zuständigkeit bis zu deren Abschluß nach § 109 Abs. 5 unverändert.

§ 109
Aufgaben und Gang der überörtlichen Prüfung

(1) Die überörtliche Prüfung erstreckt sich darauf, ob

1.
bei der Haushalts-, Kassen- und Rechnungsführung, der Wirtschaftsführung und dem Rechnungswesen sowie der Vermögensverwaltung der Gemeinde sowie ihrer Sonder- und Treuhandvermögen die gesetzlichen Vorschriften eingehalten und
2.
die staatlichen Zuwendungen bestimmungsgemäß verwendet worden sind.

Bei der Prüfung sind vorhandene Ergebnisse der örtlichen Prüfung (§§ 104 und 105) und der Jahresabschlußprüfung (§ 110) zu berücksichtigen.

(2) Auf Antrag der Gemeinde soll die Prüfungsbehörde diese in Fragen der Organisation und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung beraten.

(3) Die überörtliche Prüfung soll innerhalb von vier Jahren nach Ende des Haushaltsjahres unter Einbeziehung sämtlicher vorliegender Jahresrechnungen und Jahresabschlüsse vorgenommen werden.

(4) Die Prüfungsbehörde teilt das Ergebnis der überörtlichen Prüfung in Form eines Prüfungsberichts der Gemeinde und der Rechtsaufsichtsbehörde mit. Über den wesentlichen Inhalt des Prüfungsberichts ist der Gemeinderat zu unterrichten; jedem Mitglied des Gemeinderats ist auf Verlangen Einsicht in den Prüfungsbericht zu gewähren.

(5) Die Gemeinde hat zu den Feststellungen des Prüfungsberichts über wesentliche Beanstandungen gegenüber der Rechtsaufsichtsbehörde und, wenn die überörtliche Prüfungseinrichtung zuständig ist, gegenüber dieser innerhalb einer dafür bestimmten Frist Stellung zu nehmen; dabei ist mitzuteilen, ob den Feststellungen Rechnung getragen worden ist. Hat die überörtliche Prüfung keine wesentlichen Beanstandungen ergeben oder sind diese erledigt, bestätigt die Rechtsaufsichtsbehörde der Gemeinde den Abschluß der Prüfung. Soweit wesentliche Beanstandungen nicht erledigt sind, schränkt die Rechtsaufsichtsbehörde die Bestätigung entsprechend ein; ist eine Erledigung noch möglich, veranlaßt sie gleichzeitig die Gemeinde, die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.

§ 110
Jahresabschlußprüfung

(1) Der Jahresabschluß und der Lagebericht nach dem Eigenbetriebsgesetz sind zu prüfen, bevor der Gemeinderat den Jahresabschluß feststellt. Zuständig für die Jahresabschlußprüfung ist die überörtliche Prüfungseinrichtung, die die Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder in Einzelfällen durch einen als Wirtschaftsprüfer befähigten Prüfer (Abschlußprüfer) vornehmen läßt; die Gemeinde kann den Abschlußprüfer bestimmen. Gemeinderäte und Beschäftigte der Gemeinde dürfen nicht Abschlußprüfer sein; im übrigen findet § 319 Abs. 2 und 3 des Handelsgesetzbuchs entsprechende Anwendung.

(2) In die Prüfung des Jahresabschlusses ist die Buchführung einzubeziehen. Die Prüfung des Jahresabschlusses erstreckt sich darauf, ob die gesetzlichen Vorschriften und die ergänzenden Bestimmungen der Betriebssatzung beachtet sind. Der Lagebericht ist darauf zu prüfen, ob er mit dem Jahresabschluß in Einklang steht und ob die sonstigen Angaben im Lagebericht nicht falsche Vorstellungen von der Lage des Unternehmens erwecken. Nach Maßgabe des Prüfungsauftrages, der insoweit des Einvernehmens der Gemeinde bedarf, erstreckt sich die Jahresabschlußprüfung ferner auf die Ordnungsgemäßheit der Geschäftsführung. Im Prüfungsbericht sind auch die wirtschaftlich bedeutsamen Sachverhalte im Sinne des § 53 Abs. 1 Nr. 2 des Haushaltsgrundsätzegesetzes darzustellen.

(3) Bei der Jahresabschlußprüfung ist das Ergebnis einer örtlichen Prüfung (§ 105) zu berücksichtigen.

FÜNFTER TEIL
AUFSICHT

§ 111
Wesen und Inhalt der Aufsicht

(1) Die Aufsicht beschränkt sich darauf, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sicherzustellen (Rechtsaufsicht), soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Aufsicht über die Erfüllung von Weisungsaufgaben erstreckt sich auf die Gesetzmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung (Fachaufsicht), soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(3) Die Aufsicht ist so auszuüben, daß die Rechte der Gemeinden geschützt und die Erfüllung ihrer Pflichten gesichert sowie die Entschlußkraft und Verantwortungsbereitschaft gefördert werden.

§ 112
Rechtsaufsichtsbehörden

(1) Rechtsaufsichtsbehörde für kreisangehörige Gemeinden ist das Landratsamt als untere Verwaltungsbehörde, für Kreisfreie Städte das Regierungspräsidium. Obere Rechtsaufsichtsbehörde ist für alle Gemeinden das Regierungspräsidium. Oberste Rechtsaufsichtsbehörde ist das Staatsministerium des Innern.

(2) Leistet die Rechtsaufsichtsbehörde einer ihr erteilten Weisung keine Folge, so kann an ihrer Stelle die nächsthöhere Rechtsaufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen treffen.

§ 113
Informationsrecht

Soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, können sich die in § 112 Abs. 1 genannten Rechtsaufsichtsbehörden über einzelne Angelegenheiten der Gemeinden in geeigneter Weise informieren.

§ 114
Beanstandungsrecht

(1) Die Rechtsaufsichtsbehörde kann Beschlüsse und Anordnungen der Gemeinde, die das Gesetz verletzen, beanstanden und verlangen, daß sie von der Gemeinde binnen einer angemessenen Frist aufgehoben oder abgeändert werden. Sie kann ferner verlangen, daß Maßnahmen, die aufgrund derartiger Beschlüsse oder Anordnungen getroffen wurden, rückgängig gemacht werden. Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung.

(2) Wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß ein Beschluß oder eine Anordnung der Gemeinde das Gesetz verletzt, eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 aber noch nicht getroffen werden kann, kann die Rechtsaufsichtsbehörde die erforderlichen vorläufigen Maßnahmen treffen, insbesondere verlangen, daß der Vollzug vorläufig unterbleibt. Maßnahmen nach Satz 1 treten spätestens nach einem Monat außer Kraft.

§ 115
Anordnungsrecht

Erfüllt die Gemeinde die ihr obliegenden Pflichten nicht, kann die Rechtsaufsichtsbehörde anordnen, daß die Gemeinde innerhalb einer angemessenen Frist die notwendigen Maßnahmen durchführt.

§ 116
Ersatzvornahme

Kommt die Gemeinde einer Anordnung der Rechtsaufsichtsbehörde nach den §§ 113 bis 115 nicht innerhalb der bestimmten Frist nach, kann die Rechtsaufsichtsbehörde die Anordnung an Stelle und auf Kosten der Gemeinde selbst durchführen oder einen Dritten mit der Durchführung beauftragen.

§ 117
Bestellung eines Beauftragten

Entspricht die Verwaltung der Gemeinde in erheblichem Umfang nicht den Erfordernissen einer gesetzmäßigen Verwaltung und reichen die Befugnisse der Rechtsaufsichtsbehörde nicht aus, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung der Gemeinde zu sichern, kann die Rechtsaufsichtsbehörde einen Beauftragten bestellen, der alle oder einzelne Aufgaben der Gemeinde auf deren Kosten wahrnimmt.

§ 118
Vorzeitige Beendigung der Amtszeit des Bürgermeisters

(1) Wird der Bürgermeister den Anforderungen seines Amtes nicht gerecht und treten dadurch so erhebliche Mißstände in der Verwaltung der Gemeinde ein, daß eine Weiterführung des Amtes im öffentlichen Interesse nicht vertretbar ist, kann die Amtszeit des Bürgermeisters für beendet erklärt werden, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen.

(2) Die Erklärung der vorzeitigen Beendigung der Amtszeit erfolgt in einem förmlichen Verfahren, das von der oberen Rechtsaufsichtsbehörde eingeleitet wird. Auf dieses Verfahren finden die disziplinarrechtliehen Vorschriften entsprechende Anwendung. Die dem Bürgermeister erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Gemeinde.

(3) Bei vorzeitiger Beendigung seiner Amtszeit wird der Bürgermeister besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt, wie wenn er im Amt verblieben wäre, jedoch erhält er keine Aufwandsentschädigung. Auf die Dienstbezüge wird angerechnet, was er durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben schuldhaft unterläßt.

§ 119
Vorlage- und Genehmigungspflicht

(1) Ein Beschluß der Gemeinde, der nach gesetzlicher Vorschrift der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen ist, darf erst vollzogen werden, wenn die Rechtsaufsichtsbehörde bestätigt oder den Beschluß nicht innerhalb eines Monats beanstandet hat.

(2) Ein Beschluß der Gemeinde, der nach gesetzlicher Vorschrift der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bedarf, darf erst vollzogen werden, wenn die Genehmigung erteilt ist.

§ 120
Unwirksame und nichtige Rechtsgeschäfte

(1) Rechtsgeschäfte sind bis zur Erteilung der nach gesetzlicher Vorschrift erforderlichen Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde unwirksam; wird die Genehmigung unanfechtbar versagt, sind sie nichtig.

(2) Rechtsgeschäfte, die gegen das Verbot des § 82 Abs. 6 Satz 1 oder des § 83 Abs. 1 Satz 1 verstoßen, sind nichtig.

§ 121
Geltendmachung von Ansprüchen, Verträge mit der Gemeinde

(1) Ansprüche der Gemeinde gegen Gemeinderäte oder gegen den Bürgermeister werden von der Rechtsaufsichtsbehörde geltend gemacht. Die Kosten der Rechtsverfolgung trägt die Gemeinde.

(2) Beschlüsse über Verträge der Gemeinde mit einem Gemeinderat, dem Bürgermeister oder einem Beigeordneten sind der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen. Dies gilt nicht für Beschlüsse über Verträge, die nach einem feststehenden Tarif oder einem ortsüblichen Entgelt abgeschlossen werden oder die für die Gemeinde nur von geringer wirtschaftlicher Bedeutung sind.

§ 122
Zwangsvollstreckung

(1) Die Zwangsvollstreckung gegen die Gemeinde wegen einer Geldforderung bedarf der Zulassung durch die Rechtsaufsichtsbehörde, sofern es sich nicht um die Verfolgung dinglicher Rechte handelt.

(2) Die Zulassung hat zu erfolgen, soweit es sich nicht um Vermögensgegenstände handelt, die für die Erfüllung von Pflichtaufgaben der Gemeinde unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein überwiegendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(3) In der Zulassungsverfügung sind der Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden darf, zu bestimmen.

(4) Ein Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinde findet nicht statt.

§ 123
Fachaufsicht

(1) Die Zuständigkeit zur Ausübung der Fachaufsicht bestimmt sich nach den hierfür geltenden besonderen Rechtsvorschriften.

(2) Den Fachaufsichtsbehörden steht im Rahmen ihrer Zuständigkeit ein Informationsrecht nach § 113 zu. Für Aufsichtsmaßnahmen nach §§ 114 bis 118, die erforderlich sind, um die ordnungsgemäße Durchführung der Weisungsaufgaben sicherzustellen, ist nur die Rechtsaufsichtsbehörde zuständig, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(3) Werden den Gemeinden aufgrund eines Bundesgesetzes durch Rechtsverordnung neue Aufgaben als Pflichtaufgaben übertragen, können durch diese Rechtsverordnung ein Weisungsrecht vorbehalten, die Zuständigkeit zur Ausübung der Fachaufsicht und der Umfang des Weisungsrechts geregelt werden.

(4) Kosten, die den Gemeinden bei der Wahrnehmung von Weisungsaufgaben infolge fehlerhafter Weisungen einer Fachaufsichtsbehörde entstehen, werden vom Freistaat Sachsen erstattet.

SECHSTER TEIL
SONSTIGE VORSCHRIFTEN

§ 124
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer aufgrund von

1.
§ 4 Abs. 1 erlassenen Satzung über die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung,
2.
§ 10 Abs. 4 erlassenen Satzung über die Mitwirkung bei der Erfüllung vordringlicher Aufgaben in Notfallen,
3.
§ 14 erlassenen Satzung über den Anschluß- und Benutzungszwang

zuwiderhandelt, soweit die Satzung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind die Gemeinden.

§ 125
Maßgebende Einwohnerzahl

Kommt nach einer gesetzlichen Vorschrift der Einwohnerzahl einer Gemeinde rechtliche Bedeutung zu, ist die vom Statistischen Landesamt zum 30. Juni des Vorjahres fortgeschriebene Einwohnerzahl maßgebend, soweit nichts anderes bestimmt ist. Abweichend von Satz 1 sind Gebietsänderungen vom Tage der Rechtswirksamkeit an zu berücksichtigen.

§ 126
Übergangsvorschriften für den Geltungsbereich des Investitionsvorranggesetzes

(1) Der Bürgermeister entscheidet in eigener Zuständigkeit über den Erlaß von Bescheiden auf der Grundlage des Gesetzes über den Vorrang für Investitionen bei Rückübertragungsansprüchen nach dem Vermögensgesetz (InvestitionsvorranggesetzInVorG) vom 14. Juli 1992 (BGBl. I S. 1257, 1268).

(2) Anträge auf Vornahme rechtsgeschäftlicher Verfügungen auf der Grundlage dieser Bescheide sind vom Bürgermeister unverzüglich nach Ablauf der Anhörungsfrist gemäß § 5 Abs. 3 des Investitionsvorranggesetzes zusammen mit dem Vorhabenplan, der Mitteilung an den Anmelder gemäß § 5 Abs. 1 des Investitionsvorranggesetzes und dessen Äußerungen nach § 5 Abs. 2 und 3 des Investitionsvorranggesetzes dem Gemeinderat zur Entscheidung vorzulegen. Die Vorlage ist mit einem Entscheidungsvorschlag zu versehen. Kommt eine abschließende Sachentscheidung des Gemeinderats über den Antrag innerhalb von sechs Wochen nach der Vorlage nicht zustande, gilt der Entscheidungsvorschlag des Bürgermeisters als angenommen.

(3) Diese Bestimmung verliert ihre Gültigkeit zwölf Monate nach Ablauf des in § 4 Abs. 1 Satz 2 des Investitionsvorranggesetzes genannten Stichtags.

§ 127
Rechtsverordnungen

(1) Das Staatsministerium des Innern wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu regeln:

1.
Das Verfahren für die Anhörung der Einwohner bei Gebietsänderung, das Verfahren beim Antrag auf Anberaumung einer Einwohnerversammlung und bei einem Einwohnerantrag, das Verfahren bei einem Bürgerbegehren und die Durchführung eines Bürgerentscheids,
2.
die Form öffentlicher Bekanntmachungen,
3.
das Verfahren für die Erteilung von Genehmigungen und die Freistellung von Genehmigungspflichten nach diesem Gesetz,
4.
das Verfahren für die Verleihung von Bezeichnungen nach § 5 Abs. 2 und 3 und die Benennung der Gemeindeteile nach § 5 Abs. 4,
5.
die Zuständigkeit der Rechtsaufsichtsbehörden bei Streitigkeiten nach § 7 Abs. 1 Satz 2,
6.
die Verwaltung gemeindefreier Grundstücke,
7.
Grenzänderungen von Gemeinden nach § 8 Abs. 3, die nur Gebietsteile betreffen, durch deren Umgliederung der Bestand der beteiligten Gemeinden nicht gefährdet wird und die Zuordnung von gemeindefreien Grundstücken zu Gemeinden; § 8 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend,
8.
die Höchstbeträge für die Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit nach § 21,
9.
den Inhalt und die Gestaltung des Haushaltsplans, des Finanzplans und des Investitionsprogramms sowie die Haushaltsführung und die Haushaltsüberwachung,
10.
die Bestimmung eines vom Haushaltsjahr abweichenden Wirtschaftszeitraums,
11.
die Bildung und die Verwendung von allgemeinen Rücklagen und Sonderrücklagen,
12.
die Freistellung von der Vorlagepflicht nach § 102,
13.
die Erfassung, den Nachweis, die Bewertung und die Abschreibung von Vermögensgegenständen,
14.
Geldanlagen nach § 89 Abs. 3 Satz 2,
15.
die Gewährung von Nachlässen nach § 90 Abs. 1 Satz 3,
16.
die Ausschreibung von Lieferungen und Leistungen sowie die Vergabe von Aufträgen einschließlich des Abschlusses von Verträgen,
17.
das Prüfungswesen und die Befreiung von der Prüfungspflicht,
18.
die Stundung, die Niederschlagung und den Erlaß von Ansprüchen sowie die Behandlung von Kleinbeträgen,
19.
Aufgaben, Organisation, Buchführung und Beaufsichtigung der Gemeindekasse und der Sonderkassen, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Einrichtung von Gebühren- und Portokassen und die Gewährung von Handvorschüssen,
20.
Inhalt und Gestaltung der Jahresrechnung und der Sonderrechnungen sowie die Abdeckung von Fehlbeträgen; dabei kann bestimmt werden, daß vom Nachweis des Sachvermögens in der Jahresrechnung abgesehen werden kann.

(2) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Nr. 9 ergehen im Benehmen mit dem Staatsministerium für Finanzen.

§ 128
Muster für die Haushaltswirtschaft

Soweit es für die Vergleichbarkeit der Haushalte erforderlich ist, gibt das Staatsministerium des Innern durch Verwaltungsvorschrift Muster insbesondere für

1.
die Haushaltssatzung und ihre Bekanntmachung,
2.
die Gliederung und Gruppierung des Haushaltsplans und des Finanzplans,
3.
die Form des Haushaltsplans und seiner Anlagen, des Finanzplans und des Investitionsprogramms,
4.
die Gliederung, Gruppierung und Form der Vermögensnachweise,
5.
die Zahlungsanordnungen, Buchführung, Jahresrechnung und ihre Anlagen

im Sächsischen Amtsblatt bekannt. Die Gemeinden sind verpflichtet, diese Muster zu verwenden. Die Bekanntgabe von Mustern nach Satz 1 Nr. 2 und 3 erfolgt im Benehmen mit dem Staatsministerium für Finanzen.

§ 129
Sonstige Verwaltungsvorschriften

Das Staatsministerium des Innern kann sonstige Verwaltungsvorschriften zur Durchführung dieses Gesetzes erlassen. § 127 Abs. 2 gilt entsprechend.

§ 130
Änderung des Sächsischen Brandschutzgesetzes

Das Gesetz über den Brandschutz und die Hilfeleistung der Feuerwehren bei Unglücksfällen und Notständen im Freistaat Sachsen (SächsBrandschG) vom 2. Juli 1991 (SächsGVBI. S. 227, ber. 1992, S. 151), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. Januar 1993 (SächsGVBI. S. 9), wird wie folgt geändert:
§ 23 wird folgender Absatz 8 angefügt:
(8) Die Regelung der Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit nach § 21 Abs. 1, 2 und 4 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen bleibt unberührt.“

§ 131
Übergangsvorschriften

(1) Bürgeranträge, Bürgerentscheide und Bürgerbegehren, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleitet worden sind, sind nach den bisher geltenden Vorschriften durchzuführen.

(2) Die Wahlperiode der nach bisher geltendem Recht gewählten Gemeindevertretungen endet am 31. Juli 1994. Auf diese finden die Vorschriften des 3. Abschnitts des Ersten Teils der Kommunalverfassung mit Ausnahme von § 22 Abs. 7 und § 23 Abs. 4 weiterhin Anwendung. Von den Vorschriften des 1. Abschnitts des 3. Teils dieses Gesetzes sind nur § 33 Abs. 2 Satz 3 und § 39 Abs. 2, 3, 4, 5 und 7 anzuwenden.

(3) Die Amtsperiode der nach bisher geltendem Recht gewählten Bürgermeister und Beigeordneten endet am 31. Juli 1994. Auf diese finden die Vorschriften des 3. Abschnitts des Ersten Teils der Kommunalverfassung weiterhin Anwendung. Von den Vorschriften des 2. Abschnitts des 3. Teils dieses Gesetzes ist nur § 51 Abs. 5 anzuwenden.

(4) § 4 Abs. 4 gilt auch für Satzungen, anderes Ortsrecht und für Flächennutzungspläne, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes zustande gekommen sind, wenn die zur Beschlußfassung zuständige Stelle innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes auf die in der genannten Bestimmung bezeichneten Voraussetzungen für die Geltendmachung einer Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften und die Rechtsfolgen sowie auf die dort bezeichnete Frist, die mit der Bekanntmachung beginnt, für die jeweils in Betracht kommende Satzung, das andere Ortsrecht oder den Flächennutzungsplan durch öffentliche Bekanntmachung hinweist.

§ 132
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Mai 1993 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. I S. 255) außer Kraft, soweit es sich auf die Gemeinden bezieht; § 131 Abs. 2 Sätze 2 und 3 und § 131 Abs. 3 Sätze 2 und 3 bleiben unberührt.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 21. April 1993

Der Landtagspräsident
Erich lltgen

Der Ministerpräsident
In Vertretung
Steffen Heilmann
Der Staatsminister der Justiz

Der Staatsminister des Innern
In Vertretung
Friedbert Groß
Der Staatsminister für Kultus

Marginalspalte

Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 1993 Nr. 18, S. 301
    Fsn-Nr.: 230-1

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. April 1997

    Fassung gültig bis: 31. Dezember 1998